Thomas Rietzschel / 09.08.2019 / 15:00 / Foto: Raimond Spekking / 57 / Seite ausdrucken

Debatte um Deutschkenntnisse: Nix verstanden

Weil er noch nachdenkt, bevor er große Töne spuckt, zählt Carsten Linnemann zu einer schrumpfenden Minderheit in der Gesellschaft deutscher Politiker. Was er sagt, hat Hand und Fuß, auch wenn es nicht mehr als das ist, was einem der gesunde Menschenverstand ohnehin sagen würde.

Natürlich hat „ein Kind, das kaum deutsch spricht oder versteht“, auf einer deutschen Grundschule nichts verloren. Was es lerne sollte, rauscht an ihm vorbei. Wissen wird ihm vorenthalten. Sprachlich ausgegrenzt, bilden die zugewanderten ABC-Schützen eine Klasse in der Klasse. Unversehens beginnen sie, den Unterricht zu stören. Wie denn sonst sollten sie sich zur Geltung bringen. 

Die Lehrer können ein Lied davon singen. In Grundschulen, wo wie in Hamburg oder Berlin Kinder mit Migrationshintergrund in der Mehrheit sind, stehen die Pädagogen auf verlorenem Posten. Die Lehrpläne sind das Papier nicht wert, auf das sie gedruckt werden. Allein die Politiker, die höherrangigen zumal, wollen davon nichts wissen. Um jeden Zweifel an ihrer Flüchtlingspolitik im Keim zu ersticken, werden sie ausfällig, sobald es einer wagt, das Problem anzusprechen.

Die Worte im Mund verdreht

Ohne nur einen Moment über das Gesagte nachzudenken, haben Linke, Sozis, Grüne und die Maulhelden aus den Reihen der eigenen Partei, der CDU, Carsten Linnemann mit Verbalinjurien überzogen, ihm die Worte im Mund verdreht. Seine Aussagen seien „wirklich zum Fremdschämen“, befand die sozialdemokratische Bildungspolitikern Marja-Liisa Völlers. Von „populistischem Unfug“ sprach Schleswig-Holsteins christdemokratische Bildungsministerin Karin Prien, während die Linken-Chefin Katja Kipping den politischen Gegner kurzerhand des „Stimmenfangs im rechten Sumpf“ verdächtigte. 

Auch die Süddeutsche Zeitung wollte „eine Rhetorik der Ausgrenzung“ erkannt haben. Dabei hatte Carsten Linnemann doch keineswegs verlangt, fremdsprachig aufgezogene Kinder von den Grundschulen zu verbannen. Im Gegenteil, er votierte für die bundesweite Einführung von vorschulischen Grundkursen, die soweit mit der deutschen Sprache vertraut machen, dass die Kinder nach der Einschulung in der Lage sind, dem Unterricht gleichberechtigt zu folgen. Aber so genau wollte es die Meute gar nicht wissen. Schon die nüchterne, die allzu realistische Feststellung des Sachstandes galt ihr als Diskriminierung. 

Zuverlässig bewahrt der Blick durch die Brille der multikulturellen Ideologie vor der Wahrnehmung der Wirklichkeit. Diffamiert wird, was nicht in das eigene Weltbild passt. „Vielleicht“, so die Erziehungswissenschaftlerin Ingrid Gogolin in einem SPON-Interview, „vielleicht hat der junge Mann Probleme, sich bekannt zu machen? Und jetzt nutzt er das Sommerloch.“

Der junge Mann ist 42

Dass der Gescholtene unterdessen 42 Jahre und unter anderem stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist, mag der Megäre in der Hitze ihrer Entrüstung entgangenen sein. 

Peinlich erinnern die Aufschreie der Selbstgerechten an das Bellen der getroffenen Hunde. Weil sie selbst nicht genug deutsch verstehen, um den sachlichen Inhalt einer kritischen Aussage zu erfassen, reagieren sie unsachlich moralisierend, mit persönlicher Beleidigung und Verleumdung.

Die Probleme an sich spielen keine Rolle. Nur um den Gegner in die Pfanne zu hauen, werden sie aufgegriffen. Auf die Reizwörter kommt es an; ihre Bedeutung im Kontext wird übersehen. Als Wortfetzen müssen sie die vorgefasste Meinung untermauern. Mehr ist nicht drin bei der vorherrschenden Sprachkenntnis. 

Du verstehen Deutsch? ist eine Frage die man heute auch manchem Politiker stellen möchte. Wäre es nicht schon zu spät, sollten sie die Chance nutzen, gemeinsam mit den Kindern einen sprachlichen Vorkurs zu belegen. 

Foto: Raimond Spekking CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Dr. Günter Crecelius / 09.08.2019

‘Ich verstehe auch kaum Deutsch und bringe auch nur mit größter Mühe einen halbwegs geraden Satz heraus’ wäre das ehrliche Bekenntnis vieler derzeitiger Politiker und besonders Politikerinnen, von anderen gar nicht zu reden. Und es hat doch gereicht zu einem gutbezahlten Job. Warum sollen wir Migrantenkinder quälen?

Andreas Rühl / 09.08.2019

Das Absurdeste sei an dieser Stelle erwähnt: Spracherwerb von Kindern bis zu diesem Alter findet ja nicht nur bei den Eltern statt. Spracherwerb findet statt im Umgang mit Peergroups, mit Gleichaltrigen. Wenn ein Kind mit sechs Jahren nicht soviel Deutsch spricht, dass es einem Grundschuldunterricht der 1. Klasse folgen kann, heisst das nur eines: es hat sich nicht in einer peergroup bewegt, die Deutsch spricht, sondern entweder in keiner peergroup oder in einer nicht-deutsch-sprechenden. Kurzum: Das Kind teilt dann die fehlende Integrationsbereitschaft oder -fähigkeit seiner Eltern oder bewegt sich in einer Parallelgesellschaft. Jeder, das das abstreitet und meint, man könne nun mit 6 Jahren das vorher Versäumte flugs und leicht nachholen, irrt sich, diese Versäumnisse sind kaum oder nur schwer auszugleichen, das Kind startet bereits mit Handicap, zumal es auch noch die anderen Kinder - notabene - ausbremst. Einzige Lösung: Kindergartenzwang und - von mir aus auch Vorschule. Und bei den Kindergärten muss dafür Sorge getragen werden, dass dort nur Deutsch gesprochen wird, unter den Kindern mit den Kindern. Das hat nichts mit Germanisierung zu tun, sondern ist der schlichten Tatsache geschuldet, dass mangelnde Deutschkenntnisse das Hemmnis schlechthin sind für eine gelungene Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt. Wer das nicht begreift oder als fremdenfeindlich einstuft, ist in Wahrheit der Fremdenfeind Nr. 1 und will gar keine Integration. Der verfolgt andere Ziele, etwa die totale Vernichtung der Zivilgesellschaft. Wir müssen gar nicht erst von “Leitkultur” und diesem hohlen Zeug anfangen zu reden, es geht um einen Sprachererwerb, der lebensnotwendig ist für diese Kinder. Die Art und Weise, wie auf die Vorschläge reagiert wurde, zeigt nur, dass es nicht nur am Problembewusstsein fehlt, sondern vor allem am gesunden Menschenverstand.

Matthias Dittombee / 09.08.2019

Nun, Herr Linnemann hätte seine Erkenntnisse auch gleich an eine zufällig vorüberziehende Schafherde erzählen können, der Effekt wäre der gleiche: ein unmißverständliches Määäh. Den Tieren kann man ihr naturgegebenes Verhalten zugestehen. Den üblichen Empörungsblökern sollte man zum Trotze noch eine mitgeben, damit es die Aufregung lohnt. Das bleibt zum Schulbeginn noch im Gespräch, zumindest bestünde die Möglichkeit, daß sich die eine oder andere führende Leerkraft (neue Rechtschreibung) noch zu Worte meldet, wenn er/sie/es entgeistert vor der neuen Klasse steht.

Lars Schweitzer / 09.08.2019

Es ist wie bei der Inklusion oder diversen Schulreformen: Es geht ausschließlich um Ideologie und um deren Durchsetzung. Die Bedürfnisse und Interessen der Kinder, die Bedingungen, unter denen unterrichtet werden muss, Lösungen, die der Gesellschaft nutzen interessieren die Ideologen zuletzt. Linken Spinnern sind die Menschen nämlich komplett egal, sie sind nur Mittel zum Zweck, so, wie es gerade passt.

Jens Richter / 09.08.2019

Als wir nach England übersiedelten, waren unsere Kinder sieben und acht Jahre alt. Sie beherrschten die englische Sprache, von ein paar Brocken abgesehen, nicht. Sie wurden eingeschult, und niemanden kümmerten die rudimentären Sprachkenntnisse unserer Kinder. Sie mussten lernen, schnell lernen und waren nur zwei Jahre später Klassenbeste in diesem Fach. Inzwischen haben beide hier ihren Universitätsabschluss (Masters, PhD). Integration gelungen.

R.Krug / 09.08.2019

Den ´linken Schwaflern sei nahegelegt, die Texte richtig zu lesen und auch zu verstehen. Das erinnert mich an die Rede von Herrn Jenninger von 1988. Nix hatten die Kritiker verstanden aber verbal herum gepöbelt. Links eben.

Rainer D. Kettenring / 09.08.2019

Hinweis an alle Empörungsbeauftragen der BUNTEN LINKEN : Wenn Sie einen Satz hören, den Sie nicht verstehen. Ein paar Minuten nachdenken kann helfen. Im Notfall jemanden fragen, der Deutsch kann. Es muss nicht gleich jeder wissen, dass Sie nichts drauf haben. Nicht vergessen, die öffentliche Meinung ist nicht eins mit der veröffentlichten Meinung.

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