Man muss nicht mit der Vorsehung im Bunde sein, um abzusehen, dass es dem RKI in ein, zwei Wochen, wenn nicht in Tagen, gelingen wird, Infektionszahlen zu melden, die Deutschland in ein geschlossenes Risikogebiet verwandeln. Irgendwo gibt es immer eine Hochzeit, ein Altenheim oder wie jüngst in Kassel eine Flüchtlingsunterkunft, punktuelle Corona-Hotspots, die es statistisch erlauben, eine ganze Stadt oder Region als verseucht auszuweisen.
Um die Bewegungsfreiheit der Bürger innerhalb des Landes wäre es dann von heute auf morgen geschehen. Aufgrund des bis zum 8. November verlängerten Beherbergungsverbots gäbe es kaum noch einen Ort, an dem in Hotels und Pensionen nächtigen könnte, wer aus einem Risikogebiet kommt. Eine Einschränkung der Reisefreiheit, die selbst die kollektive Inhaftierung der Menschen im Osten vor 1989 übertreffen würde.
Back to the roots
Politisch gesteuert, mutiert die Bundesrepublik zur „DDR plus“. Ein Déjà-vu für jeden, der sich noch zu erinnern vermag. Ein Weg „back to the roots“ für die Kanzlerin. Zeigte sie sich doch nach der gestrigen Beratung mit den Ministerpräsidenten der Länder geradezu erbost darüber, dass nicht alle diese Marschrichtung vorbehaltlos einschlagen wollten, die bundesweite Verhängung der Reiseverbote nochmals vertagt werden musste.
Wenn sie erklärte, „Ich bin nicht zufrieden“, man sei „nicht hart genug" gewesen, dann verriet der Ton weniger Sorge um das infektiöse „Unheil“ als vielmehr Wut und Zorn. Da sie in Sachen Infektionsschutz gegenüber den Ländern nichts zu melden hat, nur so tun kann als ob, blieb es Merkel verwehrt, deren Chefs auf Linie zu bringen. „Das ist das, was mich betrübt“, soll sie nachher gesagt haben.
Andererseits ist es eben auch nur eine Frage kurzer Zeit, bis das RKI mit Zahlen aufwarten wird, die aus dem Flickenteppich deutscher Risikogebiete ein geschlossenes Ganzes machen. Spätestens dann dürften wir mit der völligen Abschaffung jeglicher, auch der innerdeutschen Reisefreiheit in der „DDR plus“ angekommen sein.
Die Kanzlerin könnte zufrieden abtreten.