Wolf Biermann kriegt heute das Bundesverdienstkreuz. Dazu seine Presseerklärung:
Ja, einst! in den Großen Zeiten der Diktatur - der Dichter würde besser sagen: in der bleiernen Zeit - da waren solche Auszeichnungen eine funkelnde Schande. Im demokratischen Staat aber sind sie eine Ehre. Also wird mein linkes Herz nicht zittern unter diesem bundesdeutschen Orden am Bande auf der Brust. Im Gegenteil: Ich freue mich ohne Arg, und ohne die Pose einer ironischen Distanz.
Ich hatte das lehrreiche Privileg, in zwei deutschen Diktaturen zu überleben - und das war oft ein Steinefressen. Mein Vater Dagobert Biermann, kommunistischer Arbeiter und Widerstandskämpfer wurde 1943 in Auschwitz als Jude ermordet. Aber wäre er am Leben geblieben, dann hätten seine stalinistischen Genossen in der DDR ihn wahrscheinlich ins GULag geschickt oder nach Bautzen. Grade deshalb habe ich womöglich einen fast kindlichen Respekt vor der Demokratie. So geht es vielen von uns, die dermaßen lange hungerten nach dem guten, dem bekömmlichen Brot der Freiheit.
Uns gebrannten Kindern jedenfalls ist die unvollkommene, ja sogar eine kränkelnde Demokratie lieber als jede vollkommene und kerngesunde Diktatur.
Meine Literaturpreise, die sich an so Namen hängen wie Georg Büchner und Heinrich Heine und Friedrich Hölderlin, habe ich mir selbst verdient, allein durch die Gedichte und die Lieder. Aber dieses Bundesverdienstkreuz betrachte ich als eine Auszeichnung für all die tapferen Namenlosen, für all die Bedrückten, Bedrängten und Erniedrigten, die etwa mein Lied “Ermutigung” im VEB-Knast sangen, Frauen und Männer also, die sich in der DDR tapfer gewehrt haben.