Das ZDF gehörte zu den Medien, die Thesen über einen Laborursprung des Coronavirus als Verschwörungstheorien brandmarkten. Der kürzlich veröffentlichte BND-Bericht lässt diese Kampagnen alt aussehen. Nun versucht man, alles zu vertuschen.
„Wurde das Virus in einem Labor gezüchtet? Klares Nein! Zahlreiche Forscher haben das Genom des neuen Erregers untersucht und erklären übereinstimmend: Sein Ursprung liegt im Tierreich und damit wahrscheinlich auf dem Wildtiermarkt – nicht im Labor.“ (ZDF heute, 26. März 2020)
Manchmal ist es schwer, zu erraten, was in den Köpfen von Täuschern vorgeht. Schämt das ZDF sich seiner Rolle bei der Vertuschung des Ursprungs des Corona-Virus SARS-CoV-2? Oder hat es jegliche Scham verloren? Es fehlen Worte, um das zu beschreiben, was der öffentlich-rechtliche Journalismus derzeit wieder mal der Wahrheit antut.
Vor einigen Tagen schrieb der Washingtoner ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen über „Die wahre Brisanz des BND-Reports zu Wuhan“. Theveßen nahm Bezug auf den BND-Bericht über einen Laborunfall in Wuhan als Ursprung der Corona-„Pandemie“. Einige Tage zuvor hatten auch ARD und ZDF darüber berichtet, dass es der deutsche Auslandsgeheimdienst laut Recherchen der Süddeutschen Zeitung und der Zeit schon 2020 für wahrscheinlich hielt, dass das Virus als Folge eines Laborunfalls im chinesischen Wuhan freigesetzt wurde.
Theveßen schreibt nun über ein „Horrorszenario, das Amerikas Geheimdienste umtreibt: „Ein Virus, das unterscheidet, welche ethnischen Gruppen es angreift und welche nicht“. Genau damit beschäftige sich nämlich „eine Forschungsabteilung der Nationalen Universität für Verteidigungstechnologie Chinas seit Jahren“. Sollte, so Theveßen, der BND-Bericht zu einem wahrscheinlichen Laborunfall in Wuhan dafür „weitere Anhaltspunkte liefern“, dann „wäre das politisch hochbrisant“. Theveßen nennt Details, spricht von Literatur, in der chinesische Wissenschaftler „über den militärischen Einsatz von Biotechnologie“ und die „Entwicklung von ‚ethnisch-spezifischen genetischen Waffen‘“ diskutierten. „Solche Gen-Angriffe“ würden „wegen ihrer hohen Tödlichkeit, niedrigen Kosten und unterschiedlichsten Angriffsmethoden einen fundamentalen Einfluss auf künftige Kriege haben“.
Lassen wir das mal sacken: Da wird also in China möglicherweise an Wegen zur Ausrottung der Menschheit geforscht, und ausgerechnet das ZDF überbringt uns diese Botschaft. Jenes ZDF, das seit 2020 als der verlängerte Arm Pekings fungierte, um alle zu diskreditieren, die einen Laborursprung des SARS-CoV-2-Virus auch nur diskutieren wollten – insbesondere Professor Roland Wiesendanger von der Universität Hamburg, in dessen Studie vom Februar 2021 die Gründe dargelegt wurden, warum ein natürlicher Ursprung des Virus sehr unwahrscheinlich, ein Laborursprung aber sehr wahrscheinlich ist. Zu ihm schickte das ZDF damals den Islamwissenschaftler Nils Metzger, dessen Zusatzqualifikation darin bestand, dass er schon 2020 versucht hatte, die These eines Laborunfalls zu diskreditieren. Unter der Schlagzeile „Rechte US-Netzwerke streuen Labor-Theorie“, schrieb er damals:
„Die Studie einer exil-chinesischen Forscherin zum Ursprung des Coronavirus macht Schlagzeilen. Das ist sorgfältig orchestriert vom früheren Präsidentenberater Steve Bannon.“
„Es ging nur darum, meine Person anzugreifen.“
Als Roland Wiesendanger im Februar 2021 seine Studie veröffentlichte, schickte das ZDF ausgerechnet Metzger zu ihm. Gegenüber Achgut.com schilderte Wiesendanger im März 2021 seine Begegnung mit dem ZDF. Es sei der 18. Februar 2021 gewesen, jener Tag, an dem die Universität Hamburg die Pressemitteilung über die Studie verschickte. Wiesendanger habe an jenem Tag viele Interviews gegeben, auch für Sat1 und Bild. „Gleich am Nachmittag, ca. 15 Uhr, rief mich dann ein Vertreter des ZDF, Herr Metzger, an.“
Es sei ein langes Gespräch gewesen, weit über eine halbe Stunde. „Herr Metzger äußerte sehr großes Interesse.“ Es sei ein „sehr konstruktives Gespräch über alle möglichen Aspekte“ gewesen, „inhaltbezogen, sachbezogen: Gain-of-function-Forschung, auch über die Konsequenzen, die sich daraus ergeben könnten“, auch in Zukunft. „Herr Metzger fand das offenbar so interessant, dass er zu mir sagte: ‚Halten Sie sich bereit, es kann sein, dass wir ein Interview mit Ihnen machen für die Spätnachrichten.’“
Doch Wiesendanger hörte nicht wieder von ihm:
„Es wurde Abend, es kam keinerlei Rückruf mehr, und es gab zu diesem Zeitpunkt ja auch noch nichts vom ZDF. Dann, kurz nach 21 Uhr wurde der bekannte Artikel von ZDFheute ins Internet gesetzt. Ich bin aus allen Wolken gefallen, weil der ja überhaupt nichts von dem enthielt, worüber wir schwerpunktmäßig gesprochen hatten. Da war nichts mehr an Inhalt, nichts von dem, was wir diskutiert hatten, es ging nur darum, diese formalen Aspekte der Studie und meine Person anzugreifen.“
Das Schlimmste aber sei das angebliche Zitat gewesen, das Nils Metzger und sein Co-Autor Oliver Klein am Schluss brachten: „Dass ich angeblich mit dem Universitätspräsidenten über mögliche Reaktionen gesprochen hätte, ‚die uns in die Ecke von Verschwörungstheorien stellen wollen’.“ Das sei eine „Unverschämtheit“, so Wiesendanger. „Dieses angebliche Zitat ist von verschiedenen Medien aufgegriffen worden. In dem Interview mit RTL, das war am Tag darauf, dem 19. Februar, habe ich ganz klar gesagt, dass ich das als journalistisches Fehlverhalten ansehe und dass ich dies in dieser Form niemals gesagt habe.“
Gerade die Veröffentlichung von Falschzitaten sei „ein unglaublicher Fall journalistischen Fehlverhaltens“, welches er „bisher in Deutschland nicht für möglich gehalten hätte“, so Wiesendanger damals.
Die Fakten und ihr Metzger
An dem Tag, als Wiesendanger seine Studie veröffentlichte, stellte ein Twitter-Nutzer namens „Argo Nerd“ einen Screenshot der NDR-Schlagzeile über die Studie („Hamburger Forscher: Coronavirus stammt wohl aus China-Labor“) neben Metzgers Beitrag über die von ominösen „rechten US-Netzwerken“ „gestreute“ Labortheorie und fragte sarkastisch (!): „Haben rechte US-Netzwerke die Hamburger Universität infiltriert?“
Darauf antwortete Metzger mit einem Tweet:
„Wiesendanger sagt selbst, ihn habe unter anderem besagte Studie der Exil-Chinesin Yan Li-Meng zu seinem Papier inspiriert. Die Desinformation kam also auch an der Uni Hamburg an.“
Metzger bezichtigte Wiesendanger damals also der „Desinformation“ – oder warf ihm mindestens vor, einer solchen aufgesessen zu sein. Wenn jemand vom ZDF (im Einklang mit der Propaganda des Regimes in Peking) die These eines Laborunfalls als „Desinformation“ bezeichnete – was war dann die richtige Information? Hören wir die Deutsche Welle vom 6. Mai 2020:
„Das Wichtigste zuerst: Das Corona-Virus ist nicht künstlich von Menschen erzeugt …“
Mit „Unsinn dieser Art“ würden „Verschwörungstheoretiker weltweit ähnliche, unhaltbaren Annahmen über die Herkunft des AIDS-Virus aus den 1980er Jahren aufwärmen“. Noch genauer wusste es „MDR Wissen“ vom 15. Februar 2021:
„Der Klimawandel hat die Wälder im Süden Chinas wachsen lassen. Sie wurden zum Hotspot für Fledermäuse und ihre Coronaviren – und zum idealen Ort für den Sprung auf den Menschen.“
Vom südchinesischen Yunnan sprangen die Viren 1.300 Kilometer weit, bis sie in unmittelbarer Nähe des Wuhan-Instituts für Virologie das allererste Opfer fanden (während es keine Fledermäuse oder andere Tiere gibt, die dieses Virus in sich tragen). Der Klimawandel ist schuld. So wird es wohl gewesen sein.
Drosten als Aufklärer? „Das ist Realsatire“
Günter Theißen, Molekularbiologe und Lehrstuhlinhaber für Genetik an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena, gehörte im März 2021 zu den Wissenschaftlern, die eine offene Diskussion über den Corona-Ursprung forderten.
In einem Interview mit der Tageszeitung Die Welt äußerte er sich vor einigen Tagen zu den mit fünf Jahren Verspätung bekannt gewordenen BND-Erkenntnissen, von denen ja auch die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Nachfolger Olaf Scholz wussten – während die für die Kontrolle der Nachrichtendienste zuständige Parlamentarische Kontrollkommission im Dunkeln gelassen wurde. „Ich war empört“, so Theißen.
„Dass es zwei Bundesregierungen gegeben hat, die Bescheid wussten und es für sich behielten. Dass es kein Wort an die Öffentlichkeit gab, keine neuen Untersuchungen, kein Hinweis, dass es entgegen allen selbstsicheren Behauptungen wohl doch ein Unfall gewesen war. Ich war empört, dass sie stattdessen die falsch abgebogene Diskussion haben weiter laufen lassen.“
Dass nun ausgerechnet Christian Drosten mit der Untersuchung der BND-Ergebnisse beauftragt wurde – jener Drosten, der maßgeblich an der Telefonkonferenz und dem E-Mail-Wechsel von Virologen im Februar 2020 beteiligt war, die verabredeten, die Labortheorie zu unterdrücken, um möglichen Schaden für ihre Interessen abzuwenden – sei „Realsatire“, so Theißen:
„Der Herr ist maximal befangen. Diese Untersuchung erfordert unabhängige Expertise, und zudem braucht es hier keinen Virologen. Es müssen Wissenschaftler sein, die molekularbiologische und forensische Daten interpretieren können.“
Warum sprach Merkel von einer „Naturkatastrophe“?
Zurück zum ZDF-Beitrag von Elmar Theveßen. Der enthält kein Wort darüber, welche Rolle das ZDF und andere Öffentlich-Rechtliche bei der Verbreitung der Verschwörungstheorie gespielt haben, das Virus stamme vom Fischmarkt. Kein Wort darüber, wie das ZDF damals alle verleumdete, die das, was Theveßen nun, im März 2025, als Neuigkeit verkauft, schon vor vier Jahren gesagt haben – insbesondere Roland Wiesendanger. Auffällig: Metzgers diffamierender Beitrag über Wiesendangers Studie von Februar 2021 ist spurlos aus dem Internet verschwunden, ebenso wie sein Pamphlet von September 2020, über die „rechten US-Netzwerke“, die die Labor-Theorie „streuen“. Spuren werden verwischt – wie in Wuhan, so im Nachrichtenlabor der Mainzelmännchen. Und die Bundesregierung schweigt. Die Falschinformation über das Virus, das vom Fischmarkt kam, wird ersetzt durch die neue Lüge: dass man es bis gerade eben nicht besser habe wissen können.
Achgut bat Roland Wiesendanger um einen Kommentar zum derzeitigen Sachstand und der Rolle des ZDF. „Das Bekanntwerden der Existenz und der Schlussfolgerung des BND-Berichts zum Ursprung der Coronapandemie wirft eine Reihe von drängenden Fragen auf, welche die Bevölkerung in den kommenden Tagen beantwortet haben möchte“, so Wiesendanger.
„1. Wieso hat die frühere Bundeskanzlerin trotz ihrer Kenntnis des BND-Berichts bereits im ersten Pandemiejahr in Fernsehansprachen und Interviews immer wieder von einem 'Naturereignis' bzw. einer 'Naturkatastrophe' gesprochen, obwohl ihr die hohe Wahrscheinlichkeit eines Laborursprungs – wie auch Mitgliedern des damaligen britischen Kabinetts – bekannt war? Was war ihre Motivation hierfür?
2. Gab es von politischer Seite Anweisungen gegenüber den Fernsehanstalten und anderen Medien, in unkritischer und unwissenschaftlicher Weise die Laborursprungshypothese auszuschließen oder gar mit allen Mitteln – inklusive Falschzitaten – zu bekämpfen?
3. Warum wird der Inhalt des BND-Berichts zum Pandemieursprung nach dem offiziell verkündeten Ende der Coronapandemie nicht einfach öffentlich gemacht? Was gibt es zu verbergen?
4. Warum beauftragt man von Seiten der Bundesregierung einmal mehr Personen zur Einschätzung der Inhalte des BND-Berichts, die nachweislich während der Pandemie eine Desinformationskampagne hinsichtlich des Pandemieursprungs betrieben und immer wieder Unwahrheiten verbreitet haben?
5. Was gedenkt die zukünftige Bundesregierung nun zu tun, um den biotechnologischen Bedrohungen – wie in der Hamburger Erklärung 2022 dargelegt und von Elmar Theveßen drei Jahre später in seinem Beitrag aufgegriffen – zeitnah zu begegnen?“
Jeder, der sich nach Veröffentlichung der RKI-Protokolle sowie nach Bekanntwerden des BND-Berichts „noch immer gegen eine umfassende und wahrheitsgemäße Aufarbeitung der Pandemiezeit auf nationaler Ebene stellt“, schade damit „in verantwortungsloser Weise der Demokratie in unserem Land“ und trage zu einer „Zementierung der Spaltung unserer Gesellschaft, die seit der Pandemie nicht wegzudiskutieren ist, bei“, so Wiesendanger weiter.
Redaktioneller Hinweis: Inzwischen hält auch der Ex-RKI-Chef Lothar Wieler, kaum in die sichere Pension entkommen, es für am wahrscheinlichsten, dass das Virus einem Labor in Wuhan entsprungen ist.
Stefan Frank, geboren 1976, ist unabhängiger Publizist und schreibt u.a. für Audiatur online, die Jüdische Rundschau und MENA Watch. Buchveröffentlichungen: Die Weltvernichtungsmaschine. Vom Kreditboom zur Wirtschaftskrise (2009); Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos (2012).
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