Henryk M. Broder / 07.03.2019 / 06:10 / Foto: Pixabay / 84 / Seite ausdrucken

ZDF: Grüner als grün und nachhaltig wortkarg

Am 1. März dieses Jahres, um fünf nach acht, verbreitete das ZDF in einer hausinternen Mitteilung die frohe Botschaft, mit dem Umwelt- und Klimaschutz gehe es kräftig voran.

Sonne, Wind und Wasser – Grüner Strom für das ZDF

Sonne, Wind und Wasser – das ZDF steigt um auf grünen Strom und leistet damit als Unternehmen einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz. Für das Sendezentrum in Mainz und die 16 Inlandsstudios wird die Strommenge einer mittleren Kleinstadt benötigt. Da zahlt es ein auf die Umweltbilanz des Senders, den Stromanbieter zu wechseln und seit Januar dieses Jahres  auf "grünen Strom" umzusteigen.

Nach einer europaweiten Ausschreibung bezieht das ZDF Strom aus hundert Prozent erneuerbaren Energien. Der Energiemix für Ökostrom setzt sich zusammen aus 52 Prozent Photovoltaik- und Windenergie und 48 Prozent sonstiger erneuerbarer Energien – hauptsächlich Wasserkraft.

Dazu kommt seit 2017 in Mainz eine Photovoltaik-Anlage auf dem Parkdeck mit einem Stromertrag von 100.000 Kilowattstunden pro Jahr. Zum Vergleich: Ein 4-Personen-Haushalt in einem Mehrfamilienhaus benötigt bei einem mittleren Verbrauch bis zu 3.200 Kilowattstunden Strom im Jahr. Mit dem Solarstrom werden die innerbetrieblichen Elektrofahrzeuge "betankt". Der überschüssige sonnenerzeugte Strom wird direkt ins lokale Elektroversorgungsnetz eingespeist.

Bei der Umstellung auf grünen Strom waren die Berliner Vorreiter: Auf dem Dach des Hauptstadtstudios wurde bereits im August 2013 eine Photovoltaikanlage mit 27 Modulen installiert. Sie leistet ein nicht unerhebliches Einsparpotenzial bei der konventionellen Energieversorgung und bietet unserem Berliner Elektro-Fahrzeug die nötige Power.

Zukünftig ist der Strom im ZDF grün – und das bundesweit.

Spannend, um nicht zu sagen: geradezu aufregend an dieser Meldung fand ich die saubere Aufteilung des "Energiemix" – 52 Prozent Photovoltaik- und Windenergie und 48 Prozent sonstiger erneuerbarer Energien – hauptsächlich Wasserkraft.  Wie kriegen die vom ZDF das hin, und wo sind die Wasserfälle, welche die Wasserkraft in Energie umwandeln? Konnte es eine Falschmeldung sein, die irgendein Spaßvogel dem ZDF unterjubeln wollte? Also wandte ich mich am 2. März an die für "Kommunikation" zuständige Stelle im ZDF:

sehr geehrter herr stock, sehr geehrter herr berendsmeier,

mir liegt eine stellungnahme vor, die vom ZDF bzw. im Auftrag des ZDF verbreitet worden sein soll: Sonne, Wind und Wasser – Grüner Strom für das ZDF. 

können sie mir bitte bestätigen, dass es sich tatsächlich um eine information ihres hauses handelt und bei dieser gelegenheit erklären, zu welchem zweck das ZDF vier dieselmotoren mit generatoren für die zentrale am lerchenberg angeschafft hat, wenn der strombedarf des hauses "aus hundert Prozent erneuerbaren Energien" generiert werden soll?

kommen sie gut durch das närrische wochenende und lassen sie bitte keinen müll auf den straßen liegen.

beste grüße, ihr hb

Die Herren Stock und Berendsmeier waren vermutlich bereits mit den Vorbereitungen der großen ZDF-Karnevalsgala beschäftigt. Meine Anfrage landete auf dem Schreibtisch einer Mitarbeiterin, die mir am 4. März antwortete:

Sehr geehrter Herr Broder,

das ZDF bezieht seit Januar 2019 Strom aus alternativen Energien. Die Dieselgeneratoren sichern als Netzersatzanlage die Stromversorgung im Fall eines Netzausfalls.

Mit freundlichen Grüßen,

Barbara Matiaske

HA Kommunikation - Presse und Information

Mit einer so raschen Antwort – an einem Rosenmontag in Mainz! – hatte ich nicht gerechnet. Mit einer dermaßen lustlosen auch nicht. Ich verließ einen Empfang bei der Botschaft der Mongolischen Republik noch vor dem Beginn des Unterhaltungsprogramms und machte mich auf den Heimweg, weil ich auf meinem iPhone E-mails lesen, aber nicht schreiben kann.

sehr geehrte frau matiaske,

vielen dank für die rasche antwort. erlauben sie mir bitte eine nachfrage:

bedeutet die umstellung auf strom aus alternativen energien eine kostenersparnis oder verursacht sie mehrkosten? warum haben sie den erwerb der vier dieselgeneratoren in der meldung Grüner Strom für das ZDF nicht erwähnt? und kommt im falle eines netzausfalls, der hoffentlich nie eintreten möge, bio-diesel zum einsatz?

das wäre alles für heute. danke für ihr entgegenkommen.

beste grüße, ihr hb

Die Antwort kam umgehend, um 8.55 Uhr des folgendes Tages landete sie in meinem Postfach.

Sehr geehrter Herr Broder,

erlauben auch Sie mir eine Nachfrage: In welcher Funktion fragen Sie und woher haben Sie den Artikel „Grüner Strom für das ZDF“?

Viele Grüße

Barbara Matiaske

HA Kommunikation - Presse und Information

Das klang noch unleidiger als die letzte E-mail. Ich dachte kurz über meine "Funktion" nach und antworte sehr höflich, um eine Eskalation der Situation zu verhindern.

sehr geehrte frau matiaske,

ich tue es in meiner funktion als gebührenzahler.

wenn sie weitere informationen über mich benötigen, wenden sie sich bitte an ihren intendanten. der artikel „Grüner Strom für das ZDF“ wurde mir zugeschickt. deswegen habe ich sie um eine bestätigung gebeten, dass es tatsächlich eine publikation ihres hauses ist.

und nun seien sie bitte so nett und beantworten meine fragen. dafür bezahle ich sie.

dankbare grüße, b.

Frau Matiaske von der HA Kommunikation – Presse und Information beim ZDF antwortete knapp unterhalb der Schallgeschwindigkeit. Sie hatte offenbar den Tag in Erwartung einer E-mail von mir an ihrem Schreibtisch am Lerchenberg verbracht.

Sehr geehrter Herr Broder,

Informationen zum Thema Nachhaltigkeit im ZDF finden Sie auf den Seiten unternehmen.zdf.de https://www.zdf.de/zdfunternehmen/engagement-csr-108.html

Mit freundlichen Grüßen, Barbara Matiaske

So, das war die Quittung für meine exzessive Freundlichkeit. Ein Verweis zum Thema Nachhaltigkeit im ZDF. Darüber wollte ich schon lange alles wissen. Vor allem, aus welchen nachhaltigen Quellen die Mitarbeiter ihren Humor hernehmen und wo der Abfall, der am Lerchenberg produziert wird, am Ende der Woche entsorgt wird. We'll keep you posted!

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netiquette:

Wilfried Cremer / 07.03.2019

Da geht noch was. Das ZDF sitzt doch am Rhein und müsste darauf kommen. Wenn man denselben mit sogenannten Laufwasserkraftwerken komplett zubaut, kann man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Erstens den Energiebedarf ganz Deutschlands decken und zweitens die Schifffahrt und damit die Kraftstoffversorgung für Verbrennungsmotoren stoppen.

Martin Landvoigt / 07.03.2019

Respekt muss man dem ZDF schon zollen. Sie sind wenigstens konsequent inkonsequent! Konsequent ohne Inkonsequenz wäre es, den Betrieb ohne Dieselgeneratoren zu betreiben. Und wenn es eben kein Grünstrom gibt - abends bei Flaute - dann eben den Sendebetrieb einstellen. Es ginge Deutschland dann vermutlich besser. Aber die 48 % sonstige: Das kann ja neben der Wasserkraft die in Deutschland knapp ist, ja nur Biogas sein. Und das ist aus Öko-Sicht auch nicht prickelnd. Die vielen Grünstrom-Kunden, auch die Bahn, verbrauchen vermutlich das Zehnfache an Wasserkraft, was die Schweiz, Österreich und Norwegen produziert. Kann denn sichergestellt werden, dass die ihren Strom per Zertifikat nur einmal verkaufen? Und wie kommt der Auslandsstrom nach Mainz? Vor allem der aus Norwegen? Wir wissen: Das Netz ist nicht der Speicher, Fernübertragung ist verlustreich und teuer. Ich denke: Nachhaltiger Dummfug. Herr Broder: Danke, dass Sie nachgehakt haben. Derartige Machenschaften gehören entlarvt.

Marcel Seiler / 07.03.2019

Grüner Strom: HA, HA, HA, HA, HA, HA! Das ist so verlogen: wer will von solchen Leuten noch Nachrichtensendungen sehen?

Horst Hauptmann / 07.03.2019

Ich verweise auf einen früheren Beitrag hier bei Achgut. Der handelte von Stromfiltern. Diese lassen nur grünen Strom durch. Strom aus Atomkraftwerken und Kohlekraftwerken wird abgezweigt und als Spannungsabfall in den Stromsee verworfen. Dort versickert er mit der Zeit und wird wieder zu Kohle. Die bleibt dann im Boden!! Für immer!! Darauf wächst dann ein Forst. Bevor die Diesel angeworfen werden, muss natürlich der Stromfilter abgeschaltet werden, sonst bleibt der schwarze Kanal schwarz. Abgesehen vom fachlichen Unfug ist die Idee doch genial: grüner Strom für grüne Inhalte! Passt! Und wer bei sich zuhause einen Stromfilter installieren möchte (Prototypen bei Annalena Baerbock erhältlich): bitte daran denken, dass dieser in den grün/gelben Adern des Kabels fließt. Die schwarzen und braunen Adern bitte nicht anfassen (Kooohlestrom) und Atooooomstrom - oh Gott) und die blaue Ader schon gar nicht: AFD-Strom.

Frank Volkmar / 07.03.2019

Ich vermute einmal die Umstellung auf “grünen Strom” gehört zu den Fakten und die Herkunft “Wasserkraft” oder auch “erneuerbare Energien” gehört zu den Deutungsmustern, die mit dazu geliefert werden. Insofern haben sich die Ausgaben für Frau Wehling mit ihrem Berkeley International Framing Institute schon gelohnt.

K.Anton / 07.03.2019

Die ZDF hat offensichtlich 1. März mit 1.April vrewechselt.

Ernst Wegmann / 07.03.2019

Die jahrelang selbst betriebene energ-ethische Willensbildung lässt die ÖR mit Sicherheit glauben, man würde sie neben der Demokratie- auch für die Klimarettung bezahlen.

Karsten Paulsen / 07.03.2019

Eine Motorradtour ließ mich bei Vermietern aufschlagen, die ihr ganzes Anwesen mit Photovoltaik und Wärmegewinnung aus Sonnenkraft umgestellt hatten. Da ich mich insbesonders für Warmwasser durch Sonnenlicht interessierte suchte ich mit den Vermietern das Gespräch. Da hatte ich einen noch wunden Punkt getroffen, aufgebracht berichtete man mir, dass das Versprechen mit dieser Technologie Geld einzusparen nicht eingelöst werden konnte. Der erzielbare Gewinn sei so klein, dass sich die gesamte Anlage vorrausichtlich niemals armotisieren wird. Die ganzen Umbauten und Investitionen hätte man sich sparen können.

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