Gerd Held / 24.07.2019 / 14:00 / Foto: 20Th Century Fox / 19 / Seite ausdrucken

Das Territorium als Anker – und warum das Auto dazugehört

Es gibt ein hartnäckiges Vorurteil, das in der Peripherie immer nur lokale, selbstgenügsame Gemeinschaften vermutet, mit dörflich-vertrauter Atmosphäre. Die Peripherie wäre also eine Ansammlung vieler kleiner, homogener und geschlossener Welten. Diese Beschreibung, die die Peripherie in die Kontinuität vormoderner Strukturen stellt, ist falsch. Die Peripherie hat eine eigene Art, modern zu sein. 

Die Modernität der Peripherie 

Zu recht wird die neuzeitliche „Gesellschaft“ von der vormodernen „Gemeinschaft“ unterschieden, und dabei auf die gelockerte, anonyme, „oberflächliche“ Integration hingewiesen, die auch die neuen Freiheitsgrade der Moderne ermöglicht. Es wäre nun ganz falsch, diese Integration nur als (groß-)städtische Errungenschaft zu sehen und in der Peripherie nur ein Nebeneinander isolierter Kleinst-Einheiten zu vermuten. Die Peripherie ist – auf ihre Art – durchaus mobil und vernetzt. Sie ist sogar über weitere Wege vernetzt als die meisten Großstadtbewohner in ihrer Alltags-Mobilität. Deswegen ist dort mit den „Gelben Westen“ auch eine Bewegung entstanden, die sich um die Verteidigung der Mobilität dreht. Das passt nicht ins Bild einer selbstgenügsamen Provinzialität. 

Das Integrationsmodell der Peripherie muss anders beschrieben und vom Integrationsmodell der Metropolen-Räume unterschieden werden. An der Peripherie fällt es schwerer, Arbeitsplätze, Wohnungen und Partnerschaften zu wechseln. Man ist mit seinen Investitionen stärker biographisch festgelegt: Das gilt für die Investition in einen bestimmten Beruf, aber auch für die Investition in einen Wirtschaftsbetrieb oder eine Immobilie. Die sozialen Beziehungen können dann durchaus weiträumig und komplex sein, aber die Ankerpunkte sind stärker fixiert. Mit anderen Worten: Die anonyme, oberflächliche Gesellschaftlichkeit, die in den Großstädten durch die Kontaktdichte und leichte Zugänglichkeit zur „Vielfalt“ gemildert wird, ist in der modernen Peripherie weniger milde.

Die Lebensform der Peripherie kann nicht die „Flexibilität“ haben, auf die die Großstädter so stolz sind. Die Integration der Peripherie ist auch anonym und oberflächlich, aber sie ist zusätzlich noch weiträumiger verstreut. Sie ist daher aufwändiger und auch starrer. Sie braucht bewusste Anstrengungen, festere Formen und Rituale. Sie kennt mehr Wiederholungen und weniger Wechsel. Das bedeutet für die Menschen nicht nur physische, sondern auch moralische Zumutungen. Eine der Fragen, die schon Max Weber stark beschäftigt haben (er widmete der Situation der Landarbeiter eine größere Studie) war, wie es die modernen Lohnarbeiter aushalten, im Rahmen einer hochentwickelten Arbeitsteilung ein Leben lang auf einen bestimmten, sehr eng gefassten Beruf festgelegt zu sein – und dabei gleichzeitig einen größeren Umkreis von Möglichkeiten vor Augen zu haben. In diesem Sinn könnte man sagen, dass die Peripherie eine Steigerung dieser modernen Spannungssituation darstellt – und in dieser Hinsicht also ihr typischster Fall ist.

Dieser Fall ist für einen erheblichen Teil der Bevölkerung und für den weitaus größeren Teil eines Staatsgebiets die Wirklichkeit. Und mehr noch: Allein auf Basis ihrer urbanen Zentren wäre ein modernes Land gar nicht lebensfähig. Es hätte gar nicht die notwendigen natürlichen und menschlichen Ressourcen. Es hätte auch nicht die kritische Größe, um die Skaleneffekte der Arbeitsteilung nutzen zu können. Kostensteigerungen oder Ausfälle an der Peripherie schlagen daher früher oder später auf die Zentren durch. Deshalb müssen die Institutionen und die materiellen Infrastrukturen der Moderne die periphere Situation miterfassen und mittragen.  

Das „Territorium“ als Institution und Infrastruktur 

Bei genauem Hinsehen sind weder die Institutionen noch die materiellen Infrastrukturen in der neuzeitlichen Ära „urban“. Sie sind übergreifend und umfassen (groß)städtische Räume und periphere Räume unterschiedlicher Größe und Ausdehnung. Sie sind „territorial“. Der Begriff des Territoriums ist elementarer Bestandteil des modernen Rechtsstaats als „Territorialstaat“ mit allgemein-verbindlichen Normen und Gesetzen, mit entsprechend ausgelegten und verteilten Organen der Legislative, der Judikative und der Exekutive. Ohne territoriale Verfassung wäre der Begriff der „Allgemeinheit“ gar nicht fassbar. Es gäbe keine repräsentative Demokratie. Es gäbe auch keine Bilanzfähigkeit der staatlichen Einnahmen und Ausgaben und kein Königsrecht des Parlaments, das Budgetrecht. Für die politische Herrschaft bedeutet das Territorialprinzip eine der elementarsten Einhegungen, noch vor der Gewaltenteilung. Nur so kann die Peripherie auf gleicher Rechtsgrundlage am Staats- und Rechtswesen teilhaben.

Nicht zufällig stellt Max Weber seine „Typologie der Städte“ unter den Oberbegriff „illegitime Herrschaft“ und verwendet den Oberbegriff „legitime Herrschaft“ nur für die modernen (territorial verfassten) Staaten (siehe Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Kapitel IX, Abschnitt 7 und 8). Erst hier gibt es echte Legitimationszwänge, weil der Wirkungsraum und der Verantwortungsraum von politischen Entscheidungen annähernd zur Deckung gebracht sind. Es ist daher sehr fragwürdig, wenn heute zum Beispiel in der Soziologie oder in den Medien vielfach von einer „Urbanisierung der Welt“ die Rede ist. Es ist hochproblematisch, wenn es heute in Frankreich Pläne gibt, die Aufteilung des Landes in „Departements“ aufzugeben und stattdessen eine Aufteilung in „Regionen“ (die jeweils auf eine Metropole zentriert sind) einzuführen. 

Das Territorium ist aber auch für die moderne Marktwirtschaft konstitutiv. In dem Moment, wo die Produktion große Investitionen erfordert, muss die Kohärenz und Stetigkeit von Märkten steigen. Dazu gehört die Vereinheitlichung technischer Normen, eine vollständigere und feinkörnigere Verkehrserschließung, der Aufbau von Bildungseinrichtungen und Sozialkassen. In seiner „Theory of size and shape of nations“ hat Wirtschaftshistoriker David Friedman einen Zusammenhang hergestellt zwischen der voraussetzungsvolleren Arbeit des Industriezeitalters und einer erhöhten Bedeutung territorialer Grenzen. Er zeigt auch, dass Nationen mit einer vorwiegend industriellen Basis zu einer „mittleren Größe“ tendieren – hinreichend groß, um Skaleneffekte zu nutzen; hinreichend klein, um die aufgebauten Bestände vor Missbrauch und Nachlässigkeit schützen zu können. 

Das „Territorium“ bedeutet Abgrenzung und Flächendeckung, aber das bedeutet mehr als die Ziehung von Linien auf einer Landkarte. Das Territorium ist nicht nur eine dünne Decke, die über die reale Welt gelegt wird. Es ist eine gebaute, tragende Struktur. Es bedeutet große Investitionen und ständigen Unterhalt. Als Max Weber von der „anstaltsmäßigen“ Form des modernen Staates sprach, hatte er vor allem die Verwaltungsbehörden und das „stehende“ militärische und polizeiliche Gewaltmonopol des Staates im Auge. Aber mindestens ebenso umfangreich sind die Infrastrukturen für Verkehr, Versorgung, Entsorgung. In ihnen bildet das Territorium eine eigene Materialität aus, die papierne Landkarte wird zur gebauten Realität in Stein und Stahl, zu einer eigenen „stehenden“ Landschafts-Schicht. 

Diese Territorialisierung ist von besonderer Bedeutung für die Peripherie. Denn sie bedeutet eine große Erleichterung für das oben beschriebene Problem, dass die Einseitigkeiten in der Peripherie die Menschen besonders festlegen. Sie mildert diese Festlegung und erhöht den Mindeststandard an Sicherheit, Bildung, Gesundheit, Kultur und Geselligkeit beträchtlich. In der Peripherie ist die Ordnungsidee „Territorium“ kein abstraktes Prinzip, sondern eine konkrete, alltägliche, praktische Realität. Ein Land, das „territorial“ geordnet ist, hat eine Grundlage an rechtlicher und materieller Gleichheit – und diese Gleichheit muss nicht stadtfeindlich sein, sondern kann sie nach unterschiedlichen Zentralitätsaufgaben in eine territoriale Ordnung eingliedern. Walter Christallers Modell der zentralen Orte ist dafür ein Beispiel.        

Die Nation: Erst das Land, dann das Volk 

Wenn man sich die Eigenart des „Nationalen“ vor diesem Hintergrund einer territorial verfassten Gesellschaft ansieht, erscheint es in einem neuen Licht. Es steht nicht für ethnisch-biologische Gemeinschaftsbildung und auch nicht für eine personalisierte, charismatische Partei- und Führer-Herrschaft. Stellt man den Gesichtspunkt der Territorialisierung („das Land“) voran, erscheint das, was „Nation“ ist, in einer nüchterneren und rationaleren Gestalt. Sie ist dann ein Gebilde mittlerer Größe und Reichweite, jenseits der provinziellen Enge und Kleinstaaterei, aber diesseits der großen Imperien und ihrer Weltansprüche. Das Territorium wirkt daher anspornend, aber auch mäßigend. Die Schicksalsgemeinschaft der Nation wird also nicht auf eine vorgängige biologische Besonderheit des Volkes begründet, sondern umgekehrt begründet das Territorialprinzip den Rahmen, in dem sich dann geschichtlich eine Schicksalsgemeinschaft mit ihren besonderen Eigenschaften, Erfahrungen und Traditionen entwickelt.

Diese Argumentation „Erst das Land, dann das Volk“ erfordert ein Umdenken, das im Rahmen dieser Thesen nur angedeutet werden kann. Sie bedeutet einen Abschied von der Grundidee des „Menschen im Mittelpunkt“, der wir intuitiv immer wieder zuneigen. Mit „dem Land“ stellen wir eine objektiv-räumliche Größe an die erste Stelle. Damit verbunden ist die These, dass die grundlegendste Verschiebung, die mit der Ära der Moderne erfolgte, ein Schub ins Dinglich-Weltlich-Objektive ist. Die moderne Marktwirtschaft und Staatlichkeit entstehen in einem Umfeld, in dem das Objektive (buchstäblich im Sinne des den Menschen „Entgegengeworfene“) ein ganz neues Gewicht hat. Diese Gewichtsverlagerung lässt nicht nur die Hervorbringungen der Zivilisation und Kultur immens wachsen, sondern sie entzieht diese Hervorbringungen auch zu einem erheblichen Teil dem Willen und Wissen der Menschen.

Die oben dargestellte Territorialisierung von Institutionen und Infrastrukturen ist eine Antwort auf diese Situation eines immens ausgedehnten, aber nur begrenzt beherrschbaren Weltbezugs. Sie ist die Erschließung einer äußeren Welt, aber sie geschieht durch Abgrenzung eines Inneren in dieser äußeren Welt (das Territorium) und einer Unterscheidung zwischen einer besonders tiefen Durcharbeitung dieses Innen und einer deutlich geringeren Intervention außerhalb der Landesgrenzen: Erst mit den territorial verfassten Nationen scheiden sich Innenpolitik und Außenpolitik, Binnenmarkt und Außenhandel.  

Um die Territorialisierung zu verstehen, reicht es also nicht, „Gesellschaft“ gegen „Gemeinschaft“ zu setzen (im Sinne der Unterscheidung von F. Tönnies). Es muss eine weitere Dimension eingeführt werden: der Sachbezug, das räumlich und zeitlich Objektive, die Verortung in Geographie und Geschichte. Wer von der Nation im modernen Sinne spricht, will nicht zurück zu einer starr gebundenen Gemeinschaft, sondern er sieht die Nation sehr wohl als Form von „Gesellschaft“. Aber indem er sie als Territorium (als „Land“) begreift und in die Sach-Dimension und -Logik der Moderne stellt, gibt er der Nation eine bestimmte Form und der national geformten Gesellschaft eine neuartige Bindung. 

Hier scheiden sich in Wahrheit die Geister zwischen „national“ und „global“. Denn die Vorstellung einer „globalen“ Gesellschaft ist völlig sachfern gewonnen und nur auf zwischenmenschliche Beziehungen (Kommunikationen) gebaut. Sie ist reine Soziologie und kennt nur die Unterscheidung „offen“ oder „geschlossen“. Sie kann deshalb bei den Nationen nur „Geschlossenheit“ finden, und kann auf der anderen Seite leichtfüßig zur global-offenen Weltgesellschaft springen. Der Verdacht liegt nahe, dass aus dieser globalisierenden „reinen“ Soziologie die Erfahrungswelt der Metropolen spricht, in deren Binnenraum sich tatsächlich „die Menschen“ als auffälligste Erscheinung aufdrängen. Allerdings setzt das voraus, dass die Metropolen schon nicht mehr die Peripherie ihres Landes wahrnehmen und nur noch ihre eigene Echokammer bilden.

Das bedeutet auf der anderen Seite, dass eine Rehabilitierung der Nationen sich nicht auf eine Rehabilitierung des Volks beschränken kann – im Sinn einer Suche nach einer unmittelbaren Volks-Identität oder eines Volks-Geistes. Sie muss sich vielmehr zunächst mit der Identität der Nation als Land befassen, mit der Geschichte ihrer gegenständlichen Beziehungen, mit ihrer territorialen Bildungsgeschichte und -geographie, die erst die Schicksalsgemeinschaft herstellte, in der sich die geistig-kulturellen und materiellen Bestände und Bindungen der Nation aufbauen konnten. Sie muss ein Land zu begreifen, muss sie sich auch mit prosaischen Gegenständen befassen.  

Automobil und Republik 

Damit kommen wir noch einmal auf das Auto zurück. Denn erst vor dem Hintergrund der territorialen Ordnungsidee wird die Bedeutung des Automobils – oder besser: des Automobil-Straßen-Systems – wirklich deutlich. Merkwürdigerweise wird die gegenwärtige „Auto-Debatte“ kaum so geführt. Obwohl es ein Massenverkehrsmittel ist und das Straßennetz die größte öffentliche Infrastruktur im Lande ist, wird der Autoverkehr hauptsächlich als „Privatsache“ behandelt. Dem Auto wird immer unterstellt, ein Instrument des Egoismus zu sein. Wie oft hat man schon die Story von den „Blechkisten“ erzählt, die die Menschen „voneinander isolieren“ und ihre Beziehungen „verdinglichen“. Da ist ein Blick in die Verkehrsstatistik hilfreich. Die folgenden beiden Tabellen zeigen die Anteile verschiedener Verkehrsmittel in verschiedenen Teilräumen im Berlin-Brandenburger Gesamtgebiet (Ist-Zustand 2006 und Prognose 2025).                  

Anteile an der Verkehrsleistung Stand 2006

Automobil: Berlin Kernbereich 44,1 %, Berlin Außenbereich 60,1 %, Brandenburg Umland 81,8 %.

Bus und Bahn: Berlin Kernbereich 45,4 % Berlin Außenbereich 30,6 % Brandenburg Umland 11,7 %.

Fuß und Fahrrad : Berlin Kernbereich 10,5 % Berlin Außenbereich 9,3 % Brandenburg Umland 6,5 %.

Anteile an der Verkehrsleistung Prognose 2025:

Automobil: Berlin Kernbereich 39,1 %, Berlin Außenbereich 54,5 %, Brandenburg Umland 75,1 %.

Bus und Bahn: Berlin Kernbereich 47,8 %, Berlin Außenbereich 32,6 % , Brandenburg Umland 15,7 %

Fuß und Fahrrad : Berlin Kernbereich 14,1 %, Berlin Außenbereich 12,9 %,  Brandenburg Umland 9,2 %.

Die Zahlen zeigen: Das Automobil hat selbst im Kernbereich Berlins einen Anteil von über 40 Prozent. Dieser Anteil wächst, je weiter man an die Peripherie geht. Die Bedeutung des Automobils sinkt auch bis 2025 nur unwesentlich. Selbst wenn man von einem wachsenden Anteil von Bus und Bahn ausgeht, ist eine Ersetzung des motorisierten Individualverkehrs durch den Öffentlichen Personennahverkehr nicht einmal annähernd in Sicht. Der Grund für diese fortdauernd starke Rolle des Automobils sind zunächst einmal die Wegdistanzen, die in der dispersen Siedlungsstruktur der Peripherie signifikant größer sind als im Zentrum und die sich auch nicht auf einigen wenigen Achsen bündeln lassen. Die schienengebundenen Verkehrsmittel können zu vertretbaren Kosten (die auch ökologische Kosten sind) nicht flächendeckend zur Verfügung gestellt werden. Noch stärker zeigt sich das, wenn man auch die Sachleistung des Transports (mitgeführte Dinge, z.B. bei Großeinkauf) einbeziehen würde. Spätestens, wenn man den Gewerbeverkehr von Handwerk in die Betrachtung mit einbezieht, wird das deutlich. Das Automobil ist ein entscheidendes Mittel, um die Härten der Peripherie zu mildern. In der Bewegung der „Blechkisten“ sind also die Bedürfnisse und Beziehungen lebendiger Menschen enthalten. Das Ressentiment gegen das Automobil kann einfache Lebensbedürfnisse in unerreichbare Ferne rücken und wahre Tragödien in mühsam aufgebauten Lebenswelten und Biographien anrichten. 

Die dargestellten Zahlenverhältnisse werfen aber auch ein Schlaglicht auf die Bedeutung des Automobils für die Gesamtheit eines Territorialstaates. Ohne die riesige Masse kleinteiliger Automobil-Bewegungen bliebe jedes Flächenland eine Fiktion ohne inneren Zusammenhang. Die „Fläche“ wäre als allgemeine Plattform des wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Lebens nicht praktikabel und würde de facto nicht existieren. Die Zahlenverhältnisse zeigen auch, wie beschränkt und einseitig der urbane Blick auf das Verkehrs- und Siedlungssystem ist und wie gefährlich es wird, wenn er sich als allgemeingültiger Blick durchsetzt. 

Erst an diesem Punkt wird auch die ganze Tragweite der Ökosteuer auf Sprit sichtbar. Sie trifft, zusammen mit der zwangsweisen Abschaffung des Verbrennungsmotors, das Auto als bezahlbares Massenverkehrsmittel, und sie trifft damit einseitig die Peripherie. Diese infame „Ökologie“ macht die territoriale Mobilität zur Geldfrage und führt zu einem neuen Privileg der (groß-)städtischen Räume und zu einer kalten Abwicklung der Peripherie. In der Ökosteuer auf Sprit kommt ein Rückzug der urbanen Sozialmilieus aus der territorialen Gesamtverantwortung zum Ausdruck. Sie spaltet die Republik. Die Bewegung der „Gelben Westen“ in Frankreich hat das intuitiv richtig erkannt. 

Zur geschichtlichen Entwicklungslogik des modernen Verkehrssystems 

Diese These wird noch verständlicher, wenn man die Auto-Mobilität in einen historischen Kontext stellt. Sie ist ein wichtiges Kapitel in einer langen Modernisierungsgeschichte, die die Verkehrs- und Siedlungssysteme territorialisierte und ihre Hierarchien feiner abstufte. Die verkündete „Verkehrswende“ ist ein historischer Bruch mit dieser Linie. In der modernen Verkehrsgeschichte gibt es ein überraschendes Phänomen: Mit zunehmender Reife nehmen nicht die Hauptlinien am meisten zu (sie fallen nur am meisten auf), sondern die Nebenlinien. Die Territorialisierung bedeutet eine Verfeinerung der Verkehrsnetze, und das Automobil ist ein wichtiger Agent dieser Verfeinerung. Im heute vorherrschenden Verkehrs-Diskurs wird das Augenmerk nur auf die Hauptlinien gelegt.

Auf dieser Grundlage wird die Erzählung von der „großen Beschleunigung“ präsentiert, die angeblich die gesamte Geschichte der Verkehrssysteme beherrscht. Dahinter steht die – häufig gar nicht bewusst reflektierte – Vorstellung, der Zweck des Verkehrs sei die Raum-Überwindung (und nicht die Raum-Erschließung). Hat man so alles auf das „Überwinden“ reduziert, landet man automatisch beim „immer weiter“ und „immer schneller“. Aber wird damit das Spezifische der modernen Entwicklung erfasst? Es gibt gute Gründe für eine andere Darstellung: Die vormoderne Zeit war durch einen Dualismus von (wenigen) sehr weiten Wegstrecken (Stichworte Fernhandel, Seidenstraße, Seefahrt) und (vielen) lokalen Strecken. Der Mittelbereich zwischen beiden war eher relativ schwach entwickelt.

Die Entwicklung der modernen Territorialökonomien und -staaten setzte aber genau in diesem mittleren Bereich an. Er dehnte einerseits die Lokalverkehre und nationalisierte ihren Umkreis, und er verdichtete zugleich die großen Netze, die bisher nur in Einzelrouten (Fernstraßen zu Lande und zu Wasser) bestanden hatten. Die Karten der Verkehrswege füllen sich und zeigen feinere Verästelungen. Man kann von einer großen Intensivierung in diesem mittleren Bereich des Verkehrssystems sprechen.

Das kann man an drei größeren Verschiebungen zeigen, die im Zuge der Territorialisierung des Verkehrssystems stattfanden. Die erste war überhaupt die Verlagerung vom Seeverkehr auf den Landverkehr, die mit dem Aufkommen der Eisenbahn verbunden war. Die zweite war – ebenfalls im Eisenbahnsystem – die Ergänzung der Hauptlinien durch einen Ausbau der Nebenlinien, die vor allem zwischen 1880 und 1920 stattfand. Die dritte Verschiebung war mit dem Automobil (PKW, Bus, LKW) verbunden. Mit dem motorisierten Straßenverkehr und einer Quantität und Qualität des Straßenbaus verdichtete sich das Verkehrsnetz noch weiter. Erst jetzt wurde auch das „tiefe Land“, die einzelnen Ortschaften, auch die schwierigen Berglagen durch ein motorisiertes Verkehrsmittel erschlossen. 

Das Verkehrssystem, so wie wir es heute vor uns haben, geht auf diese historische Linie zurück. Der automobile Massenverkehr liegt auf dieser Linie. Es bedeutete einen großen Fortschritt in der flächendeckenden Erschließung der Länder. Er stand nicht nur für Freiheit, sondern auch für die Allgemeingültigkeit und Zugänglichkeit von Freiheit. Er stärkte die republikanisch-demokratische Grundlage der Nationen. In der Gesamtentwicklung der Verkehrsmittel und -netze zeigt sich ein Wachstum und einen Ausbau im Bereich mittlerer Reichweite und Größe. Nur dadurch wurde der Gegensatz zwischen Zentren und Peripherien nicht weiter verschärft, sondern beide Seiten wurden anschlussfähig. In den einzelnen Entwicklungsschritten der Verkehrsmittel und -netze lässt sich die Herausbildung dieses vermittelnden territorialen Elements zeigen. 

Das gilt auch, wenn man das Siedlungssystem in diese geschichtliche Betrachtung mit einbezieht. Die Geschichtsschreibung ist immer noch voller Mythen, die die Errungenschaften der territorialen Moderne für das Verhältnis zwischen Peripherie und Zentrum nicht wahrhaben wollen. Im Bezug auf Frankreich gehört dazu die Legende vom „ewigen Parzellenbauern“ – von dem auf seiner Scholle fixierten Bauern, der die passive Basis und Verfügungsmasse für „bonapartische“ Alleinherrscher abgibt (so auch Karl Marx im „18. Brumaire des Louis Bonaparte“). Gérard Noiriel hat dieser Legende in seiner „Histoire populaire de la France“ widersprochen und gezeigt, dass die französische Peripherie schon im Laufe des 19. Jahrhunderts in beträchtlichem Ausmaß industriell und mobil geworden war. Man tut der französischen Peripherie keinen Gefallen, wenn man sie einfach durchgängig zum passenden passiven Gegenstück des „Pariser Zentralismus“ erklärt. Die Geschichte war schon weiter, und die Rolle der Peripherie war schon aktiver und eigenständiger. Auch die drei Jahrzehnte des französischen Wirtschaftswunders von 1945 bis 1975 (die „Trente Glorieuses“) liegen noch auf dieser aufsteigenden Linie im Rahmen eines territorialen Entwicklungsmodells. In dieser Zeit wurden Industriestandorte auf Land verlegt und dezentrale Infrastrukturen ausgebaut. 

Wenn heute tatsächlich die Metropolen einseitig in Politik, Wirtschaft und Kultur dominieren, wenn sie zu „den“ Räumen der Zukunft deklariert werden, und wenn „das Urbane“ zum einzigen Bezugspunkt der gehobenen Schichten geworden ist, dann ist das eine relativ späte und noch junge Wendung. Es ist auch eine räumliche Verengung, die eher an vormoderne und frühmoderne „Stadt-Hegemonien“ (Fernand Braudel) anknüpft. Es ist keineswegs gewiss, dass die gegenwärtige Metropolen-Konjunktur im geschichtlichen Maßstab dauerhaft sein wird. Umso wichtiger ist es, die territoriale Entwicklungslinie der klassischen Moderne nicht vorschnell aufzugeben – sondern ihre Vernunftgründe zu rekonstruieren und zu rehabilitieren. 

Zwei Ordnungsideen, zwei Entwicklungsmodelle

An diesem Punkt der Darstellung sind wir bei einem neuen Gegensatz angelangt. Es stehen sich nicht mehr zwei Teilräume gegenüber – Metropole und Peripherie – sondern zwei Ordnungsideen, zwei Entwicklungsmodelle für das ganze Land bzw. sogar für ein globales Ganzes. Diese Ordnungsideen sind nicht nur Entwürfe für den jeweiligen eigenen Teilraum, sondern definieren ein Allgemeines. Das heißt, dass sie auch den anderen Teilraum mit einbeziehen und ihm eine Position zuweisen. Der Ordnungsentwurf, der von den Metropolen ausgeht, weist der Peripherie einen bestimmten Platz und eine bestimmte Rolle zu. Und der Entwurf, der von der Peripherie ausgeht, tut das gleiche mit den Metropolen. Damit müssen die Begriffe wechseln: „Peripherie“ wird nun zur Ordnungsidee „territorial“, Metropole wird zur Ordnungsidee „urban“. 

Die Metropolen suchen ihre Dominanz dadurch zu generalisieren, dass sie „Urbanität“ zum Maßstab des Fortschritts, der Wissens, der Toleranz, der Solidarität, der Freiheit machen. Die ganze Gesellschaft – und nicht nur die eines Landes, sondern die „Weltgesellschaft“ – soll dazu berufen sein, „urban“ zu werden, und sie soll sich schon auf dem Weg dorthin befinden – wobei „Urbanität“ dann vielfach gar keinen Wohnort mehr meint, sondern eine Geisteshaltung, eine Mentalität, ein Habitus, eine Art des Kommunizierens. Die „urbane Gesellschaft“ wird dann mit der „Zivilgesellschaft“ gleichgesetzt. Mit einer multikulturellen Gesellschaft, einer (digitalisierten) Medien-Gesellschaft, usw. So kann es dann in der Stadtsoziologie zu Redewendungen wie der „vollständigen Urbanisierung der Welt“ kommen, ohne Rücksicht auf die siedlungsgeographische Realität. 

Aber die Dehnung des Begriffs „urban“ kann nicht über den kritischen Punkt dieses Ordnungsmodells hinwegzutäuschen: 

Die Ordnung, die mit der Dominanz der Metropolen verbunden ist, ist eine hoch selektive Ordnung. Eine Ordnung, in der alle wichtigen Positionen in wenigen exklusiven Teilräumen des Landes getroffen werden, während der Rest des Landes in Abhängigkeit gehalten wird. Alle wichtigen Faktoren, Ressourcen, Entscheidungen, Reichtümer, Verbindungen, Beziehungen sind an sehr wenigen Raumstellen konzentriert. Der Rest der Welt ist weitgehend zu einer passiven, abhängigen, subalternen Sekundärexistenz verurteilt, die immer vom Anstoß durch die großen urbanen Aktivräume, die Metropolen geweckt werden müssen – und jederzeit auch wieder abgeschaltet werden können. Die Allgemeinheit von Rechten und Gütern, die eigentlich die spezifische politische und wirtschaftliche Legitimität der Moderne ausmacht, ist in diesem Ordnungsmodell außer Kraft gesetzt. 

Deshalb muss ein alternatives Ordnungsmodell, das von der Peripherie ausgeht, dies Allgemeininteresse des ganzen Landes beinhalten. Es kann nicht nur das Partikularinteresse der Peripherie vertreten. Mit anderen Worten: Eine periphere Bewegung muss zur territorialen Bewegung werden. Sie muss – im wohlverstandenen Sinn – national werden.   

Dabei gibt es eine Schwierigkeit: Während das urbane Ordnungsmodell anschaulich ist und – auf Grund seiner räumlichen Konzentration – auf den ersten Blick eine Fülle des Lebens vorweisen kann (die berühmte „Vielfalt“), ist das territoriale Modell abstrakter. Das Territorium ist in der Summe und Gesamtbilanz reicher als eine nur-urbane Siedlungsform, aber dieser Reichtum ist nicht leicht greifbar und nicht anschaulich vor unseren Augen versammelt. Ein Territorium kann man sich als „Bedingung der Möglichkeit“ vorstellen, aber die unzählig vielen Formen, in denen aus diesen Möglichkeiten Realitäten werden, bleiben größtenteils dem Blick verborgen. Sie sind zu zerstreut. Ein „Land“ im territorialen (nicht ruralen) Sinn erfordert immer ein bisschen „Theorie“ (im weiten Wortsinn einer Reflektion), um präsent zu sein. Und es braucht Symbole, in denen als pars pro toto die Gesamtheit eines Territoriums in einem Objekt oder Ort anschaulich wird,

Das urbane Modell kann also leicht und schnell Geschichten erzählen, die dann freilich auch immer ein recht ähnliches Strickmuster haben und meistens sehr kurzlebig sind, während das territoriale Entwicklungsmodell zwar räumlich und sozial viel breiter und tiefer geht, aber zunächst eher spröde und unzugänglich wirkt. Dies Modell setzt die Einsicht voraus, dass das bunte Leben eine sehr harte, kalte, spröde Stabilität der Bedingungen braucht, die dieses Leben tragen. Eine Einsicht, die sich oft erst einstellt, wenn diese Stabilität ausfällt – wollen wir es beim Automobil als Massenverkehrsmittel wirklich erleben? Oder die Ver- und Entsorgungssysteme (Energie, Wasser, Müll), die nur als territoriale Systeme funktionieren – was die Gläubigen der „vollständigen Urbanisierung der Welt“ gerne in Anspruch nehmen, ohne darüber weiter nachzudenken. Oder die innere und äußere Sicherheit, die gleichfalls nur existiert, wenn sie flächendeckend existiert – weshalb einzelne Ausfälle der Sicherheit und Brüche des Landfriedens in der öffentlichen Wahrnehmung zu recht sehr schwer wiegen.

So ist die Stärke des territorialen Modells mit seiner Allgemeinverbindlichkeit, seiner Bilanzfähigkeit, seiner Verhältnismäßigkeit letztlich eine Stärke der Stabilität, aber nicht eine Vollversorgung der Menschen und eine Animation ihrer Lebensführung. 

In diesem Ordnungsmodell sind die Peripherien nicht dominant, so wie es die Metropolräume im urbanen Modell sind. Die Peripherien sind nur der Prüfstein, ob die Plattform des Territoriums real da ist, ob diese Plattform wirklich allgemeingültig ist und auch die entlegensten Existenzen mitträgt. Die Peripherien sind auch der Prüfstein, ob die Hoheit über die Grenzen wirklich besteht – denn sie bekommt als erstes zu spüren, wenn die Grenzen löchrig werden.

Den ersten Teil dieser Beitragsfolge finden Sie hier.

Den zweiten Teil dieser Beitragsfolge finden Sie hier.

Lesen Sie morgen: Zwei verschiedene Modelle der heutigen Politik.

Foto: 20Th Century Fox

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Leserpost

netiquette:

Thomas Weidner / 24.07.2019

Warum so kompliziert? In der Großstadt in der einzelne Mensch wesentlich wurzelärmer als auf dem Land. Damit ist er viel leichter manipulierbar für diejenigen, die sich selbst als “die Eliten” verstehen. Deshalb versucht die Politik ja auch, “den Sumpf der Peripherie” trocken zu legen. Durch Reduktion der Mobilität über Verteuerung usw. usw.

J.P.Neumann / 24.07.2019

Die “feindliche” Peripherie die bekämpft wird und von der Regierung benachteiligt wird existiert eigentlich nur in Europa und vielleicht U.S. Upper East Coast .  Dort wo ein steuerfinanzierter neuer Beamtenadel das Ruder übernommen hat.  Speichellecker inklusive.  Ansonsten ist Peripherie eher der (zurecht) wohlgelittene Goldesel.  In Texas ist alles Peripherie und wer dort gegen das Auto Politik macht, der kommt nicht ins Parlament, auch nicht bei nur 20% Wahlbeteiligung.

Günter Schaumburg / 24.07.2019

Sehr geehrte Frau Maack, und das nennt die Politik dann gleiche Bildungschancen für alle. Die Besitzer der großen Geldbeträge setzen ihre Brut in teure Privatschulen, um sie dann mit noch mehr Geld auf auserwählten Universitäten irgendwelche Abschlüsse machen zu lassen, damit die Establishmentnachfolge inzuchtmäßig erhalten bleibt. Dieses Geld-Bildungssystem wird mit Klauen und Krallen verteidigt. So war es früher und so wird es bleiben. Denn auch nicht wenige Politiker schicken ihren Nachwuchs auf sogenannte Eliteschulen, somit ist von dieser Seite keine Änderung zu erwarten. Gerecht wäre, zuallererst Privat- Schulen und Privat-Universitäten abzuschaffen. Natürlich Utopie. Denn die Demokra- tie ist die allerbeste Staatsform für die, die ihr vieles Geld nicht mit ihrer Hände Arbeit verdient haben.

Klaus Blankenhagel / 24.07.2019

Wenn die “Gruenen” ihren Artikel lesen, bekommen die Pickel ganz grosse!

Michael Koch / 24.07.2019

Ich finde diesen Artikel - ohne ihm vollständig beizupflichten - sehr gut. Er ist Meinung UND Vorschlag zur Diskussion. So sollte es sein! Will nicht zuviel schreiben. Aber: Die Überheblichkeit der “Urbanen” gegenüber den “Peripheren” hat keine echte Grundlage. Die Peripheren sind mobiler (sie müssen es ja auch sein), sie sind wesentlich flexibler (weil sie es eben sein müssen) und sie sind wesentlich besser auf Widrigkeiten vorbereitet, als dies “Städter” sind. Ich mochte noch nie Begriffe wie “Bauerntrottel” oder “Landei”. Dazu sage ich - als Städter: Ein Bauer kann ALLES! Ein Städter kann nur Bestimmtes. Ein Landwirt muß sich mit seinem Vieh auskennen, er muß sich mit dem Acker auskennen, er muß sich mit seinen Maschinen, Anlagen, Fahrzeugen und Geräten auskennen. Er muß sich mit Gesetzen, Vorschriften und Verordnungen auskennen. Er hält meist Haus, Hof und Wirtschaftsgebäude selbst in Schuß. Ein Bauer muß wirtschaften können, er muß weite Wege gehen/fahren bis er Hilfe bei einem Arzt oder einer Behörde bekommt.  Er kann nicht zu jeder beliebigen Zeit beliebige Dinge tun, denn er ist durch seine Wirtschaft gebunden. Wenn sich der Städter nach Feierabend in die Straßenbahn oder den Bus setzt, um mal schnell ins Kino oder Theater zu fahren, dann muß der “Periphere” schon etwas mehr Mühe auf sich nehmen. Dazu gäbe es noch viel mehr. Und aus genau diesen Gründen wählt man in den großen Städten eben eher “GRÜN”. - Warum? - Es ist pure Ignoranz und Dummheit, Überheblichkeit und Besserwisserei. Es ist die Verblödung durch vollkommene Weltfremdheit! Klar, der Artikel beschreibt noch viel mehr,  die Zielrichtung ist nicht die, welche ich gerade beschrieb, aber das wollte ich einfach mal loswerden. Und wo kommen wir denn ALLE her? - Vom und aus dem Lande!

Christian Feider / 24.07.2019

tja….mann kann das Ganze auch verkürzen,sogar,wenn man die Mobilität miteinbezieht… 1. Familie 2.Landesteil/Region/Bundesland 3. Nation all das sind wirklich greifbare Grössen,da sich im grössten Kreis zwar Dialekte und manche Wesenszüge unterscheiden, ein Ganzes aber noch erkennbar ist. Nun,ich wohne auf’m Dorf, zehn bis zwölf KM zum naechsten Krankenhaus, 35km zur naechsten grösseren “Stadt” weder heute,wo sich die Arbeitsplätze zb um Heidelberg ballen, noch früher konnte man in diesen Regionen arbeiten ohne eine individuelle Fortbewegungsmöglichkeit zu haben. Im Gegenteil,wie von Ihnen angesprochen,sind viele kleinere Zulieferer,die auf den Dörfern/Klein/Kreistädten vorhanden waren,ausgelagert worden gen “Ostasien” oder “Osteuropa”, weil die Buchhalter seit den 80ern den Kurs bestimmen. ich habe in sehr vielen Grosstädten früher gelebt und dort von “Elite”,gleich welcher Art, zu reden,ist mutig,denn das sind Hühnerkäfige,in denen 20% in den “guten Wohngegenden”(nirgends besser definiert als in HH mittels der Alster"grenze”) und 80% eher klein bis prekaeres Bürgertum darstellen. Tja,die Analyse war vollkommen zutreffend,nur wird sich hier im Gegensatz zu F keine Farbwestenfraktion bilden, denn die “soziale Abhaengigkeit” von Arbeitsplatz etc und dessen sofortiger Entzug bei Fehlerhalten mittels cross-informationen zwischen Staat/Arbeitgeber bedrohen mittlerweile jeden einzelnen

Werner Geiselhart / 24.07.2019

Ein anderer Aspekt ist, dass öffentliche Verkehrsmittel nie in der Lage sein werden, privat zurückgelegte Verkehrswege auch nur annähernd ersetzen zu können. Bereits heute ist der ÖPNV zu bestimmten Zeiten totel überlastet, muss aber zu 70% von der Allgemeinheit subventioniert werden. Er profitiert auch von den Abgaben/Steuern, die der Privatfahrer zum (angeblichen) Zwecke der Aufrechterhaltung der Infrastruktur abzudrücken hat, die in Wahrheit aber zum großen Teil in die Subvention des ÖPNV fließen. Fallen diese Abgaben im Zuge der geplanten Zurückdrängung/Abschaffung des Individualverkehrs weg, passiert zwangsläufig folgendes: Es müssen gigantische Gelder in die Erweiterung des ÖPNV gesteckt werden, es fallen aber die Milliarden weg, die bisher vom privaten Autobesitzer über Abgaben geleistet wurden. Der Staat muss also die Beschaffung und Bereitstellung von Verkehrsmitteln übernehmen, für die bisher der private Autofahrer auf eigene Kosten gesorgt hat und damit den Staat erheblich entlastet hat. Damit das auch nur annähernd funktioniert, müssen die Benutzer des ÖPNV in Zukunft kostendeckende Preise bezahlen, da es keine Melkkühe (Autofahrer) mehr geben wird, die die Subventionierung übernehmen. Da auch niemand mehr da ist, der die Infrastruktur bezahlt, die ja nach wie vor nötig ist, muss auch diese eingepreist werden. Ich vermute, der fünffache Fahrpreis wie bisher dürfte auf jeden Fall drin sein. Für bisherige Autofahrer fallen dann natürlich die Kfz-Kosten weg, so dass er diese gegenrechnen kann. Schlimm wird es aber für bisherige reine ÖPNV-Benutzer, da für diese die notwendige Preiserhöhung voll durchschlägt. Man könnte ja sagen, das sind vor allem die elitären Städter, da trifft es dann die Richtigen, doch es gibt ja noch jede Menge Leute, die hart am Existenzminimum leben und auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen sind. Also wieder einmal absolut unausgegorener ideologischer Unsinn, den uns (nicht nur) linksgrüne Demagogen da andrehen wollen.

Karl Eduard / 24.07.2019

Um Schäksbier zu zitieren, “Viel Lärm und (fast)nichts.”

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