Jesus ist eine literarische Figur und Judas freilich auch. Aber Judas ist als Jünger Jesu nicht jüdischer als alle anderen auch (einschließlich Petrus) und wenn es eine religiös untermauerte Hinwendung zu einer jüdischen Schuld gibt, dann ist es Kaiphas. Rom ist nur dahingehend entlastet, dass es Kaiphas ist, der sie hier zu eigenen Zwecken instrumentalisiert. Sicher ist da auch ein Narrativ dabei. Aber es geht hier nicht um DIE Juden ansich sondern um das Establishment, dass sich lieber mit den fremdländischen und vor allem fremdreligiösen Besatzern als etwa dem einfachen Volk gemein machte. Die Besatzer sind dabei plottechnisch egal (wenns gepasst hätte wären auch Aliens gegangen), es geht darum, die neue Lehre von dem alten Jerusalemer Klerikal Hebräertum (Juden gab es damals noch garnicht, nur eine Region namens Judäa) abzugrenzen. Alles was später zum Antisemitismus wurde liegt daher auch nicht im Anfang des Christentums sondern ist erst deutlich später entstanden, als das Christentum schon eine missionierende und Europa dominierende Amtskirche war und die in Europa lebenden Juden sich nicht missionieren lassen wollten und/oder (noch schlimmer für die Christen und die Kirche), sich in den von Muslimen eroberten Gebieten lieber mit den neuen Herren arrangierten als etwa eine christliche Reconquista zu unterstützen. Hier ist dann auch wieder die Verbindung zu Kaiphas und dann auch Judas. Die ersten Pogrome fallen dann auch eher in diese Zeit als etwa in die Zeit von Konstantin, Chlodwig oder Otto III.
Wer mit der Kreuzigung Christi Antisemitismus begründen will, interpretiert die Bibel sehr einseitig. Die Geschichte spielte sich im jüdischen Kosmos ab, und das brachte es nun einmal mit sich, dass Täter UND OPFER Juden waren. Dass bei jenen, die die Hinrichtung forderten, einfach von “den Juden” die Rede ist, deute ich so, dass hier auf die breite Masse Bezug genommen wird. Aber in welchem Volk ist es nicht so, dass sich die Massen leicht gegen einen Störenfried wie Jesus aufbringen lassen? Menschen wie Maria, Maria von Magdala, Josef von Arimathäa oder Nikodemus sind überall die Ausnahme. Auf welche Texte bezieht sich Hyam Maccoby, wenn er schreibt, dass ursprünglich nicht von “Juden” die Rede war? Nach meiner Kenntnis wurden die Evangelien nie umgeschrieben. Und wie plausibel ist die Erklärung, dass man sich mit den Römern gut stellen wollte? Bekanntlich wurden die Christen während Jahrhunderten im Römischen Reich verfolgt.
Das Neue Testament enthält viele sogenannte “Unworte”, zu denen auch das “Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!” gehört. Ein Satz, den die Juden nie gesagt haben, der eine reine Erfindung des Evangelisten ist mit massiven Folgen für das geschundene Volk der Juden, wie ein jeder weiß. Ich kann es nur immer wieder empfehlen, das brillant geschriebene Buch “Der Jesuswahn” vom studierten Theologen Heinz-Werner Kubitza. Der etwas reißerische Titel sollte niemanden abschrecken. Ein fundiertes Buch zum Thema, trotz der anspruchsvollen Thematik köstlich, aber wissenschaftlich fundiert geschrieben. Sie werden die Bibel und das Christentum mit anderen Augen sehen! Unbedingt lesen!
Der Autor hat offensichtlich nichts vom Neuen Testament und den Evangelien verstanden, so wie diejenigen “Christen” die antisemitisch sind. Der Autor war wohl voreingenommenen, anders lässt sich eine solche Fehlinterpretation der Evangelien nicht erklären. Habe selten solch falsche Interpretationen der Evangelien gelesen. Antisemitismus steht im Widerspruch zu echtem christlichen glauben.
Wie könnte ich - die ich den Juden Jesus Christus glaube - nicht AUCH jüdisch sein ? I.d.R. beginne ich meinen Tag mit einem Wort aus dem Alten und aus dem Neuen Testament. Und wie ein Hammer trifft mich zuweilen die Schönheit der Sprache und die Wucht der Aussagen. Wie könnte man leben ohne den Trost der Psalmen und der Verheißungen. “Weiß nit , wo komm ich her, weiß nit, wo geh ich hin - mich wunderts, dass ich fröhlich bin.” Tragisch ist die irdische / menschliche Existenz in ihrer Stoffgebundenheit : um zu leben, müssen wir zerstören (essen), gleichzeitig fangen wir mit unserem 1. Atemzug an zu sterben… Und schuldig werden wir, weil wir die Fähigkeit haben, zwischen gut und böse zu wählen, und uns zuweilen (auch ohne Not, frei ) für das Böse entscheiden. (“Sünde” ?) Es fällt schwer, in dieser Schöpfung einen “Sinn” zu sehen - warum sind wir (das irdische Leben /die Evolution) mit so viel Schmerz und Elend konstruiert ? Warum gibt es das Negative (so es denn einen “Gott” gäbe )? Vielleicht hängt unsere Möglichkeit des Erkennens davon ab, dass wir Gegensätze brauchen : ohne Dunkel kein Hell , ohne Trauer keine Freude, ohne Schmerz kein Glück ? Dualität ? Angewiesen auf einen Bezug (“ein Wesen, das mir gleich sei…”) Yin & Yang, Tag und Nacht, das Eigene, Vertraute und das Fremde, Aufnehmen und Abgeben ? Wir sind m.E. darauf angewiesen, diese schicksalhaften Kreisläufe transzendieren zu können - durch eine Macht, die unsere Tragik auffängt und verwandelt : Religion. Das Kreuz : ältestes Symbol der Menschheit (irgendwo hörte ich, die Steinzeit hätte im Kreuz das Sonnenrad gesehen : Jahreskreislauf wohl) , Lebensbaum / Erkenntnisbaum , Brücke über die menschlichen Abgründe , zum Leben : das Karfreitagsgeschehen und damit verbunden Ostern - kann Kraftquelle und Kompass sein.
1. Betrachten wir es doch einmal neutraler: Ein junger Mann wird dem damaligen (religiösen) Establishment gefährlich. Man inflitriert den engsten Mitarbeiterkreis, läßt ihn geschickt über Gewährsleute final ausschalten, aber die Sache läuft aus dem Ruder. Die Bewegung ist nicht zu stoppen. Die nachfolgenden Generationen seiner Anhänger leiden weiter unter der Verfolgung durch das Establishment und halten das auch schriftlich fest! Ist das verwerflich? Übrigens: Derselbe junge Mann ist für das heutige (religiöse) Establishment seiner Stiftung genauso gefährlich wie damals. Deswegen wendet man sich lieber unverfänglicheren Themen wie z. B. “Klimarettung” zu und verschweigt seine eigentlichen Ziele, die Nächsten- und Feindesliebe der Kinder Gottes. Da ist für Antijudaismus überhaupt kein Platz. 2. Fehlinterpretationen fallen immer auf den Interpreten und nicht auf das interpretierte Werk zurück. Wenn Luther meinte, die ausgebleibene Bekehrung der Juden zum Christentum wäre der Hure Babylon (Papstkirche) anzukreiden und dann aus Enttäuschung über die ausbleibende Konversionswelle lossaut, ist das nicht den Evangelien sondern der Psyche eines starrsinnigen und unbelehrbaren Exmönches anzulasten. 3. Noch einmal: Die frömmeren Kreise in den Kirchen sind die engsten Freunde und Verteidiger Israels! Problematisch waren schon immer die sozialistisch (jeder Couleur) angehauchten Kreise! Der Text stichelt, aber sticht nicht!
Erwachsene Menschen, die sich für intelligent und aufgeklärt halten und so auch von anderen beurteilt werden, glauben an Götter und Leben nach dem Tod. Die Menschheit hat sich in den letzten 10.000 Jahren geistig nicht weiterentwickelt, nur die Waffen sind “perfekter” geworden. Und wenn man die Gläubigen - gleich welcher “Religion” befragt, wie sie es mit dem gütigen, allwissenden Gott vereinbaren, dass z.B. unschuldige Kinder geschändet, ermordet oder versklavt werden, dass die Mehrheit der Menschen in Armut lebt, während nur wenige unermesslichen Reichtum anhäufen, dass die Amtskirche ihre Reichtümer für sich behält, obwohl man damit die Not von Milliarden Menschen lindern könnte… kommen so hirnlose Antworten wie “Gottes Wille ist unerforschlich”. Da kann ich nur noch kotzen! Es wird Zeit, dass die erdgeschichtlich unbedeutende Ära homo “sapiens” zu Ende geht.
Hallo Linda Jäger, Sie schreiben: “Nur Kleingeister in allen Religionen neigen dazu, die Heiligen Schriften wörtlich zu nehmen.” Naja: das Problem dabei: der Katechismus der katholischen Kirche zumindest behauptet (§124), das Neue Testament sei die “endgültige Wahrheit der göttlichen Offenbarung” - ziemlich schweres Geschütz, eigentlich. Im vorderen Teil dieser endgültigen Wahrheit wird dann allerdings gezeigt, dass die Römer letztlich den Tod des Rabbi zu verantworten hätten. Weiter hinten, im Brief des Apostels an die Kollegen (Thessalonicher, 2:14) heißt es, es wären die Juden gewesen. Und außerdem würden die eh alle hassen. Also was jetzt? Das soll die Logik eines Gottes sein? Mir fällt da der Kommentar von W. Scholz zum Artikel ein, zum Christentum: “Wir haben also einen Messias, der gar nicht als solcher gewirkt hat, einen Gott, bei dem man nicht weiß, was er überhaupt will und Gläubige, denen das alles egal ist ...”: die beste Beschreibung des Christentums - und in nur einem einzigen Satz - der mir jemals untergekommen ist,. Nichts für ungut, und nichtsdestotrotz, Frau Jäger - Frohe Ostern!
Wenn es Außerirdische gibt, warum sollte der Sohn Gottes ein Mensch gewesen sein?
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