Das September-Klima: Kalte La Nina, heiße Inflation

Die aus den Fugen geratenen Gas- und Strompreise bilden den Kontrast für das energiepolitische Wunschkonzert der Klimapolitik der nächsten Bundesregierung. Zunächst aber wie immer zur Temperaturkurve.

Die Abweichung der globalen Mitteltemperatur der satellitengestützten Messungen vom Durchschnitt der Jahre 1991–2020 stieg im September 2021 auf 0,25 Grad Celsius. Die sich entwickelnde La Nina wird sich mit einer Verzögerung von 2 bis 3 Monaten in sinkenden globalen Temperaturen bemerkbar machen. Einen größeren Einfluss auf das nordeuropäische Winterwetter hat allerdings die nordatlantische Oszillation NAO (Druckluftunterschied zwischen Azorenhoch und Islandtief), die sich in einer negativen Phase befindet und damit einen kälteren Spätherbst begünstigt. Alles weitere bleibt Spekulation um einen milden oder bitterkalten Winter. Letzterer hätte vor dem Hintergrund von leeren Gasspeichern und exorbitant hohen Gasspreisen weitreichende Folgen für unsere Gesellschaft.

Seit Mitte des Jahres steigen die Preise für Erdgas, Kohle, Öl und Strom massiv an. Der Preis für die Kilowattstunde (kWh) Strom hat sich an der Leipziger Börse auf 13 Eurocent pro kWh nahezu verdreifacht, der Gaspreis hat sich verfünffacht. Im zurückliegenden Wahlkampf war das kein Thema. Aber an der Entwicklung der Preise ist die Politik nicht ganz unbeteiligt. Die Gründe sind

  • der in ganz Europa und insbesondere in Deutschland vorgenommene Kohleausstieg zwischen 2017 und 2021 (Italien, UK, Spanien, Niederlande, Deutschland),
  • die Verdreifachung der CO2-Zertifikatspreise seit 2020 von 20 auf über 60 Euro pro Tonne CO2 durch die Verknappung der Emissionszertifikate durch die Europäische Union. Das trifft auch die Gasverstromung.
  • der Wechsel von Kohlestrom zu teurerem Gasstrom,
  • die weltweite gestiegene Nachfrage nach Gas infolge der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie
  • sowie ein äußerst schwaches Windjahr von Januar bis September 2021.

Der Schwarze Peter wird schnell Wladimir Putin zugeschoben. Doch Russland hat genau die Gasmengen geliefert, die von den Gasimporteuren bestellt worden sind. Offensichtlich ist nicht genug Gas geordert worden, wie selbst Bundeskanzlerin Merkel einräumte.

Auch die Strompreise schießen in die Höhe

Die Strompreise für die Industrie haben sich verdreifacht, der Haushaltsstrom wird von 31 Ect/kWh auf etwa 40 Ect/kwh ansteigen. Mehr als die Hälfte des Strompreises sind Steuern und Abgaben, von der EEG Umlage bis zur Stromsteuer. Hier wäre viel Spielraum für die Bundesregierung, die Kosten zu senken.

Die Verknappung der gesicherten Stromerzeugung durch den Kernenergieausstieg und den bereits begonnenen Kohleausstieg treibt aber nicht nur die Preise. Er macht in Zeiten der Dunkelflaute des Winters die Stromversorgung zur Strommangelwirtschaft mit der erhöhten Gefahr gezielter oder unfreiwilliger Abschaltungen. Vor diesem Hintegrund ist die Stilllegung der noch am Netz befindlichen sechs Kernkraftwerke, die noch 11 Prozent der Stromversorgung liefern, unverantwortbar. Der Zubau an Windkraft und Solaranlagen in den nächsten acht Jahren wird allenfalls reichen, um diese gesicherte Leistung zu ersetzen, selbst wenn die Installation von Windkraftwerken und Solaranlagen pro Jahr verdoppelt wird. Bis 2030 ist dann weder Strom für ein einziges zusätzliches Elektroauto noch zusätzlicher CO2-freier Strom für die Industrie bereitgestellt. Von der Wärmeversorgung gar nicht zu reden.

Ursache in der Veränderung der Wolken

Rolf Dübal und ich haben eine viel beachtete Publikation in "Atmosphere" veröffentlicht (Dübal, H.‐R.; Vahrenholt, F. Radiative Energy Flux Variation from 2001–2020 Atmosphere 2021, 12, 1297 doi.org/10.3390/ atmos12101297). Wir untersuchten die Strahlungsbilanz der Erde in den letzten 20 Jahren anhand der Daten des satellitengestützten CERES Projektes der NASA. Die Untersuchung hat ein  überraschendes Ergebnis zutage gefördert: die Erwärmung der Erde in den letzten 20 Jahren ist im Wesentlichen auf eine höhere Durchlässigkeit der Wolken für die kurzwellige Sonneneinstrahlung zurückzuführen. Die kurzwellige Reflexion durch die Wolken ist in diesem Zeitraum stark zurückgegangen und zwar gleichermaßen auf der Nord- und Südhalbkugel (s. Abb.). Das bedeutet bei nahezu konstanter Sonneneinstrahlung, dass mehr kurzwellige Strahlung die Erdoberfläche erreicht hat und damit zur Erwärmung beitrug. Die langwellige Rückstrahlung (der sog. Treibhauseffekt) trug nur zu einem geringeren Teil zur Erwärmung bei. Er wurde sogar weitgehend kompensiert durch die ebenfalls ansteigende Durchlässigkeit der Wolken für von der Erde ausgehende langwellige Strahlung.

Die Zeitspanne von 20 Jahren ist noch zu kurz, um abschließend entscheiden zu können, ob die jetzige Heizphase eine temporäre oder permanente Entwicklung ist. Im ersteren Fall müssen die Klimaprognosen grundlegend überarbeitet werden. Der physikalische Mechanismus, der zu der Wolkenverdünnung geführt hat, wird in der Literatur unterschiedlich diskutiert.. Die Wolkenveränderungen können durch Rückgang der Aerosole, durch Erwärmung der Atmosphäre auf Grund natürlicher Ursachen (z.B. der AMO oder der PDO), durch anthropogene Erwärmung durch CO2 oder einer Kombination dieser einzelnen Faktoren ausgelöst worden sein. Eines kann allerdings schon jetzt festgehalten werden: Die Erwärmung der letzten 20 Jahre wurde stärker durch Veränderung in den Wolken als durch den klassischen Treibhauseffekt verursacht. Ein Zusammenfassung der Publikation auf Deutsch ist hier zu finden.

Beachten Sie auch Fritz Vahrenholts Website Kalte Sonne.

Foto: Volker Debus/Deutsche Wildtier Stiftung CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Michael Lorenz / 12.10.2021

All das interessiert die Entscheider nicht und ebensowenig die GEZ-Medien, FFF-Kinder, -Omas, -Eltern. Haben wir Heiligabend 20° plus, ist es der menschgemachte Klimawandel. Bleibt man Silvester schon 1 Meter neben der Fahrspur hoffnungslos im Schnee stecken, ist es der menschgemachte Klimawandel. Das Einzige, was zu einem “nachhaltigen” Lerneffekt führt, ist live dabeizusein, wenn Heizung, Trinkwasser, Einkaufsmöglichkeiten, Tanken, Geldautomaten Kommunikation ... usw. gleichzeitig ausfallen und Fahrstuhlbenutzer nur noch beten können, dass sie da lebend wieder rauskommen. Es ist extrem traurig - aber dieses Land lernt schon seit einem knappen Jahrhundert ausschließlich aus Schmerzen. Man kann inzwischen nur noch beten: je früher das kommt, umso weniger schlimm die Folgen.

T, Schneegaß / 12.10.2021

Herr Vahrenholt, da müssen Sie aber mal heute den Staats-Meteorologen Plöger auf LOCUS online (das ist das Portal, das sämtliche Absurditäten in diesem Land in gigantische Erfolge der Abrissbirnen-Bande umschreibt) lesen, dann wissen Sie, wo der Klima-Hammer hängt. Angesichts dieser nahenden Katastrophe fragt sich der Normalo erst recht, warum er sich kurz vor dem Ende der Welt noch impfen lassen soll?

Emmanuel Precht / 12.10.2021

Und der Plöger Sven, der die Klimaproklamationen der Buntesregierung im ARD unter die “Menschen” bringt, durfte heute im Online-Lokus seinen Sermon ablassen. Tenor: “Wir werden alle sterben”. Na was denn sonst? Wohlan…

Rupert Reiger / 12.10.2021

Super, wir können Geld drucken wie wir wollen, oder wo bleibt die Inflation? Es gibt verschiedene Ursachen für Inflation bzw. die jetzige Inflation hat nicht die gewünschte Ursache! 1) Draghi wollte immer die 2% gute Inflation. Sie entsteht dadurch, dass Kredite nur teilweise gedeckt sind, also eine Geldschöpfung darstellen und sie sollten Investitionen befeuern. Jedoch diese 2% wurden nie erreicht, da das Geld, wie in Krisenzeiten, nicht investiert sondern gehortet wurde. So führten Wahlversprechen auf Pump (Stimmenkauf) zu Minuszinsen, alleinig zum Verhindern des Staatsbankrotts und so zur Vernichtung der (Alters-) Rücklagen und so zum Vertrauensverlust, dem Verhinderer von Investitionen. Es zählt nur noch Sicherheit wie Immobilien. So funktionierten Draghi, Lagarde nicht und der Corona-Fond wird nicht funktionieren! 2a) Die jetzige Inflation hat einen anderen Grund, sie ist zum einen durch Knappheit getrieben und ist nicht Punkt 1) zuzurechnen. 2b) Zum anderen wirkt jetzt verteuernd die Energiewende durch Verteuern der Energie direkt und durch verteuernde (CO2) Steuern. Verteuerte Energie fließt überall ein z.B. in die Produktion. Auch diese Inflation ist nicht durch Investitionen getrieben, ist somit nicht Punkt 1) zuzurechnen. 2a) und 2b) führen jetzt gerade zum schlimmen Fall der Stagflation. 3) Wiederum andererseits Hyperinflation ist nur durch den Staat durch totalen Vertrauensverlust verursacht. So zeigte sich unter Draghi trotz Geldschwemme Deflation und jetzt durch Knappheit und Steuern Stagflation. Das Geld wird gehortet in einem Damm von Geld. Durch weiteren Vertrauensbruch durch die Politik, dann erst (!!) bricht dieser Damm und führt zu Hyperinflation. Digitaler Euro, dann Finanzflusskontrollen, dann Lebensmittelkarten neu = bedingungsloses Grundeinkommen folgen; das zusammen ist dann schon obiger totaler Vertrauensverlust. Enden Demokratien durch Stimmenkauf auf Schulden, zwangsweise im Staatsbankrott? Das heißt „die Mutter aller Krisen”.

Angela Seegers / 12.10.2021

Danke Herr Riedel, Island ist total schön und die sitzen ja auf Energie per se. Heißes Wasser überall. Also Länder mit heißen Quellen haben keine Probleme oder wie? Ich habe aber auch gehört, dass Deutschland im Bereich Geothermie Forschung betreibt. Ist das nun Wahrheit oder nicht? Es kann doch nicht sein, dass wir nur abhängig von „außen“ sind und damit erpressbar. Es wäre essenziell für Deutschland autark im Strombereich zu werden. Kernenergie mit Recycling von Brennstäben oder diese neuen chinesischen Reaktoren (Thorium?), Frankreich plant doch auch gerade neue Kernreaktortypen. Wir brauchen kreative Köpfe und nicht nur drüber reden.

Heribert Glumener / 12.10.2021

“Winter mit starkem Frost und viel Schnee wie noch vor zwanzig Jahren wird es in unseren Breiten nicht mehr geben.” Dies prognostizierte Mojib Latif (Max-Planck-Inst. für Meteorologie, HH) im Jahr 2000 (Orig.-zitat, SPIEGEL). Mittlerweile hat Latif seine Prognosen angepasst. Klima bleibt hip, Klima ist young & sexy. It’s the flexibility, stupid!

B.K.Kopp / 12.10.2021

Für die klimapolitische Debatte wünscht man sich einen langen, kalten Winter. Für das Bankkonto, und die wirtschaftliche Gesamtbelastung, das Gegenteil. Das Dilemma muss erst ertragen werden.

Ernst-Friedrich Siebert / 12.10.2021

So wenig, wie die “Pandemiemaßnahmen” etwas mit unserer Gesundheit zu tun haben, haben die “Klimamaßnahmen” etwas mit dem Klima zu tun. Fragen wir: Wem nützt es? Antwort: Dem Great Reset, und aus diesem Grunde werden auch die vernünftigsten und plausibelsten Studienergebnisse nicht durchdringen. Oder glaubt jemand, daß beispielsweise eine promovierte Physikerin das nicht verstehen könnte, wenn sie denn wöllte?

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