Chaim Noll / 07.07.2020 / 05:55 / Foto: Armin Kübelbeck / 52 / Seite ausdrucken

Das Schweigen und Reden des Gregor Gysi

Gregor Gysi ist einer der einflussreichsten Männer im deutschen Politik-Betrieb. Er gehört zu den Wenigen, die Überblick haben über die undurchsichtigen Vermögenswerte der reichsten politischen Partei Deutschlands, der Linken, auch über verschwundene Millionen und verdeckte Konten, über das verschachtelte System von Beteiligungen, Anlagen und schattenhafter Verbringung. Viel Geld wurde beiseite geschafft beim Untergang der DDR und der gelungenen Transformation ihrer totalitären Einheitspartei in eine Mitwirkende von Merkels Marionettentheater.

Gregor Gysis großes Glück besteht darin, dass im rechten Augenblick die KGB-Akten aus dem Stasi-Hauptquartier in der Normannenstraße verschwunden sind, die Akten der so genannten „Hauptverwaltung Aufklärung“, abgekürzt HVA. Man könnte sagen: Gregor Gysi lebt vom Verschwundenen. Sich auf weitergehende Aussagen einzulassen, ist gefährlich, denn er prozessiert gern. In aller Unschuld. Wie alle Welt weiß, ist er Jurist, überaus wortgewandt, hochintelligent und von berlinischer Schlagfertigkeit. Ich habe miterlebt, wie er 1995 vor einem Hamburger Gericht gegen Bärbel Bohley geklagt und gewonnen hat, weil sie etwas über seine seltsame Rolle im untergehenden, heute in Verkleidung wieder auferstandenen sozialistischen deutschen Staat gesagt hatte, was zwar weitgehend bekannt, aber in dieser expliziten Formulierung schwer nachweisbar war.

Über manches kann Gregor Gysi eisern schweigen, wenn es sein muss, Jahrzehnte lang, „bis ins Grab“, über anderes redet er gern und viel. Zum Beispiel über Israel und Judentum. Obwohl er von beidem so gut wie nichts versteht. Trotz seiner jüdischen Großmutter, die er bei Bedarf ins Spiel bringt. Erst vor einigen Tagen wieder, als ihm Antisemitismus vorgeworfen wurde, nach der Rede im Bundestag über Israel und Pläne zur geplanten, sicherheitspolitisch motivierten Annexion des Jordantals. Er griff dabei auf ein antisemitisches Stereotyp zurück: Juden – in diesem Fall die israelische Regierung – wären letztlich selbst schuld am Judenhass in der Welt. Denn Israels Ruf werde bei Realisierung der Pläne „weltweit noch deutlich negativer. Das trifft ebenfalls weltweit alle Jüdinnen und Juden.“ Die Aussage bildete das Kernstück der auf Moral und Völkerrecht rekurrierenden, dennoch konfus wirkenden Rede des gewieften Advokaten.

Als Anwalt in Ost-Berlin war Gysi an undurchsichtigen Fällen beteiligt, die auch Juden betrafen. Wie war das zum Beispiel mit der Quasi-Enteignung der damals hochbetagten Witwe des Herausgebers der Zeitschrift Weltbühne, Hanna Budzislawski, geborene Levy, deren Erben, Tochter und Enkelin, leer ausgingen? Und welche Rolle spielte dabei der um das Wohl der Juden „weltweit“ besorgte Rechtsanwalt Gregor Gysi? Sicher eine Affäre, über die er weiterhin schweigen wird. Der Journalist Andreas Juhnke hat 1991 in der Zeitschrift Transatlantik darüber eine Recherche veröffentlicht – sie prallte ab an der Beliebtheit der linken Gallionsfigur Gysi. Auch Transatlantik ist inzwischen verschwunden. Nur Gregor Gysi bleibt, der große Redner und Moralist.

Foto: Armin Kübelbeck CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Uta Buhr / 07.07.2020

Gysi - ein zwergenhafter Mann mit großer KIappe, der ausschließlich Lügen und Banalitäten entfleuchen. Dennoch ein beim (noch) wohlstandsbesoffenen Geschwätzrunden-Publikum umjubelter Hochstapler. Daran ist sehr leicht das in Deutschland vorherrschende extrem niedrige intellektuelle Niveau zu erkennen, Aus dem einstigen Land der Dichter und Denker ist das Land der nicht ganz Dichten und völlig Gedankenlosen geworden. Und leider keine Besserung in Sicht. Vielen Dank für diesen Beitrag, lieber Herr Noll. Bitte mehr davon.

Karla Kuhn / 07.07.2020

Lieber Herr Noll, ich liebe Ihre absolut realistischen Beiträge sehr aber über “Güsi” (herrlich Frau IIona Grimm, vor allem das mit dem SCHRUMPFEN,  KÖSTLICH,  ich schließe mich Ihrem Kommentar voll an) werde ich mich nicht weiter auslassen. Der Mann ist es mir einfach nicht wert und weil das so ist, unterschreibe ich auch den Kommentar von Johannes Schuster sehr gerne. Nach Gysi wird später wahrscheinlich KEIN Hahn mehr krähen.  Frau Andrea Reich, ich glaube nicht, daß Gysi “große Beliebtheitswerte” bei der Bevölkerung hat, viele kennen ihn überhaupt nicht, was viele ehemalige DDR-ler von dem Typ halten werde ich hier nicht schreiben. Ihnen Herr Noll, wünsche ich alles Gute.

Günter Schaumburg / 07.07.2020

Es war im Frühsommer 1991. Herr G. war vom Asta der Goethe-Universität zu einem Vortrag eingeladen, das Thema erinnere ich nicht mehr. Als Widerständler in der DDR und Aufarbei- tungskämpfer bin ich mit meiner Frau nach Frankfurt gefahren, um Herrn G. Zu hören, und auch zu befragen. Das Auditorium war brechend voll von vor allem jungen Leuten, und wir ergat- terten einen Platz ziemlich weit hinten. Dann erschien der Herr G., ein Jubelsturm brach los und dem Tribun fehlte bloß noch der goldene Lorbeer auf dem Haupt. Herrn G.‘s Rede war für gelernte DDR-Bürger der übliche Sermon, beeindruckte aber das Jungvolk außerordent- lich. Zuletzt konnten Fragen gestellt werden. Irgendwann sah man auch meinen erhobenen Arm und ich fragte schlicht und klar, ob es denn stimme, daß der Redner auch mit dem MfS (Herr G. war ja Rechtsanwalt und hatte Klienten aus der Dissidenten-Szene) zusammen- gearbeitet hat. Ich hatte noch nicht geendet, da erhob sich ein irres Gebrüll:“Fascho raus, Fascho raus…”. Herr G. machte keinerlei Anstalten, in irgendeiner Art beruhigend auf den Mob einzuwirken. Ein Herr neben mir sagte leise:“Es ist besser, wenn Sie jetzt gehen.” So wur- den wir mit ordinärstem Wolfsgeheul aus dem Saal getrieben. Ich sagte zu meiner Frau: “Die werden wieder Macht bekommen, sie sind auf dem Wege.”

beat schaller / 07.07.2020

Danke Herr Noll für Ihren Mut, die Dinge so klar auf den Punkt zu bringen. Die Kommentare dazu sind wie meistens hervorragend und sie zeigen einen wesentlichen Punkt auf. Man muss einfach genügend Wissen haben über die anderen politischen Mitspieler um erstens in Sicherheit zu leben und zweitens SEINE Dinge irgendwie durchpressen zu können. Darin ist Gysi offensichtlich Meister und die Abhängigkeit der Anderen wohl viel zu gross. Wie sonst könnte sich ein solche aktuelle Regierung mit all ihren Verfehlungen immer noch halten. Massen hat doch das in einem Interview auf die Frage geantwortet,  ober er denn nicht Angst hätte kalt gestellt zu werden? <Wissen schafft Sicherheit.< So ungefähr war seine Antwort. In dieser Regierung sind zu viele Verflechtungen und natürlich damit auch Verfehlungen, sonst müsste das Ganze uns längst um die Ohren fliegen. Aber, die Zeit wird kommen, denn es sind Brandherde genug da die am brodeln sind, und die Corona Folgen sind noch nicht in voller Sichtbarkeit zu sehen, weshalb man dem Volk ja immer die neuen Wellen und dieselben irren Zahlen um die Ohren schlägt, damit man trotz Überdruck den Deckel noch drauf behalten kann. b.schaller

Mike Höpp / 07.07.2020

Nun bin ich zwar täglich Leser hier und teile die allermeisten Ansichten. Aber als “gelernter Ossi” hege ich Sympathie für Gysi! Natürlich hat auch er ‘blinde Flecken’ und verschweigt manches. Dennoch und trotzdem: für mich ist er nicht nur ein intelligenter, sondern auch ein kluger Politiker, der nicht im Mainstream mitschwimmt. So manche Rede im Bundestag spricht heikle Themen an und zeigt das ‘Wegducken’ der CDUSPDGRÜNENFDP auf, die doch indessen mehr SED geworden ist als eine Linke nach Gysis Geschmack sein würde. Nur hat er ja nichts mehr zu sagen und so linkisch Linke wie Kipping versuchen ihr Glück. Ich erinnere mich noch gut an solche Sätze wie den, die BRD habe bis heute keine Verfassung, sei bis heute kein souveräner Staat….etc.. Das sind Aussagen, die nur er sich so erlaubt hat. Dass sein Verhältnis zu Israel ambivalent sein mag, gestehe ich gern ein. Ist meines auch. Allerdings, weil ich einfach nicht genug weiß! Die Besitzergreifungen palestinensischen Territoriums sehe ich mit Befremden, weiß aber nichts über Ursachen, Rechtfertigungen oder Ursachen. Ich weiß, dass ich nichts weiß. Nun aber schlicht alles gut zu finden, was Israel tut, verbietet sich ebenso wie das extrem- Links, nun in Palestine das Opfer zu sehen. Gysi ist dabei für mich nicht das Zünglein an der Waage. Stattdessen wünschte ich mir so geschliffene Zungen im Bundestag, die sich nicht einschüchtern lassen. Nicht umsonst muss ich mir oft anhören, ich sei so links, dass ich schon wieder rechts bin….

Belo Zibé / 07.07.2020

Ich habe mir in den vergangenen Monaten einige Interviews der USC Shoah Foundation mit Überlebenden der Shoah angesehen. Darunter auch jenes mit dem in der Slowakei geborenen Gideon Frieder , *1937, der in Obhut »einfacher«  und anständiger christlicher Bauern in der Slowakei überlebte. Ohne die Deutschen zu rechtfertigen, was er mehrere Male betont, beschreibt er die Slowakei als willfährige Helferin , der die deutschen Interessen entgegenkamen, sowie die Ukrainer, deren Eifer sogar den der SS überragte. Seine Rückschlüsse aus den gemachten Erfahrungen sei die Erkenntnis , dass Juden am Ende allein stehen , weil letztlich niemand da sei , der ihnen hilft. Aus diesen Gründen habe er im Verteidigungsministerium intensiv daran mitgewirkt, Israel resistent zu machen. Gerade deutsche Politiker , deren vermeintliche Moral und Hybris mittlerweile wieder wie ein Doppelkinn aus dem Hemdkragen quillt, sollten sich dieser Realität bewusst sein. Abgesehen davon, dass in einem totalitären System niemand zu Amt und Würden kommt, der seine Eignung nicht unter Beweis gestellt hat , ist Gregor Gysi ein anschauliches Beispiel dafür, dass Intelligenz kein grundsätzliches Schutzschild gegen Ideologie und Opportunismus darstellt.  »KaLeun« Gysi der untergegangen SED hat sie mit der PDS wieder auf Sehrohrtiefe gebracht, um mit der LINKEN in den parlamentarischen Hafen der BRD einzulaufen , wo die Luken nun geöffnet sind und der Inhalt unter Beifall zum Vorschein kommt.

Hjalmar Kreutzer / 07.07.2020

Der sehr eloquente und omnipräsente Herr Gysi kann trefflich analysieren, was alle anderen falsch machen. Als Wirtschaftssenator selbst in Verantwortung, machte er eher eine blasse Figur und nutzte eine angebliche Bonusmeilenäffäre, um sich nach 5 Mon. zu verpixxeln. Jetzt ist er wieder der gefragte Talkshowgast, der die Welt erklärt.

Carlos Redder / 07.07.2020

“Gregor Gysis großes Glück besteht darin, dass im rechten Augenblick die KGB-Akten aus dem Stasi-Hauptquartier in der Normannenstraße verschwunden sind” Guten Tag Herr Noll. Das ist - in einem Satz - die Crux um diesen alten, weissen Mann. Aber, dito, auch eine alte, weisse Frau wird seinerzeit (...oder später) aufgeatmet haben. Cleveres SED Pack hat sich offensichtlich in dieser Oase der volldämlichen Bundesmichel prima eingerichtet - selbstverständlich meine ich damit nicht besagte alte, weisse ex-DDR´ler. Vorsichtshalber…

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Chaim Noll / 25.03.2024 / 06:30 / 43

Die Juden-Selektion der deutschen Linken

Einige aus der NS-Zeit bekannte Methoden im Umgang mit Juden erfreuen sich zunehmender Beliebtheit bei deutschen Linken, besonders bei grünen Funktionsträgern. Betroffen sind israelische Staatsbürger,…/ mehr

Chaim Noll / 11.03.2024 / 06:15 / 68

Deutschlands Dunkel – das Licht der Linken

Sollte der „Kampf gegen Rechts“ sein Endziel erreichen, wird Deutschland das, wovon die Betreiber der Kampagne träumen: ein durchgängig linkes Land. Die sich „links“ nennen,…/ mehr

Chaim Noll / 02.03.2024 / 10:00 / 31

Ist Yuval Avraham ein „Antisemit“? Oder Claudia Roth? Oder ich?

Das Wort „Antisemitismus" taugt noch als Popanz im „Kampf gegen Rechts“, aber am eigentlichen Problem geht es glücklich vorbei. Fasziniert verfolge ich aus der Ferne…/ mehr

Chaim Noll / 27.01.2024 / 06:00 / 128

Der Faschismus von Links

Der stupide Aufruf eines Spiegel-Kolumnisten zur „gesellschaftlichen Ächtung“ von AfD-Wählern ist faschistoid, weil er auf die Ausgrenzung und Vernichtung Andersdenkender zielt.  Manchmal, wenn ich deutsche Medien lese,…/ mehr

Chaim Noll / 20.01.2024 / 06:00 / 46

Südafrika-Klage gegen Israel: Wer im Glashaus sitzt…

Vor dem Hintergrund des massenhaften Mordens im eigenen Land ist die Klage Südafrikas vor dem Gerichtshof in Den Haag nichts als eine Farce. Für viele…/ mehr

Chaim Noll / 06.01.2024 / 06:00 / 72

Deutschlands Pakt mit dem Terror

Westliche Staaten, allen voran Deutschland, pumpen seit Jahrzehnten üppige Summen Geldes in die Palästinensergebiete, ohne dass sich dort etwas Nennenswertes entwickelt hätte. Die Milliarden landen…/ mehr

Chaim Noll / 31.12.2023 / 12:00 / 32

Warum ich mich trotzdem auf 2024 freue

Der Autor lebt im Süden Israels, und nur wenige Kilometer von ihm entfernt ist Krieg. Welche Hoffnungen verbindet er mit dem Jahr 2024 für Israel…/ mehr

Chaim Noll / 10.12.2023 / 10:00 / 112

Was ist seit 2015 an deutschen Schulen geschehen?

In der neuesten Pisa-Studie, die vergangene Woche vorgestellt wurde, schneiden die deutschen Schüler so schlecht ab wie noch nie. Der Abstieg nahm nach 2015 dramatische…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com