In diesem Artikel auf Achgut.com habe ich kürzlich auf das Programm „Neustart im Team“ (NesT) von Bundesregierung und evangelischer Kirche hingewiesen. Das Programm sieht vor, Patenschaften für Zuwanderer zu übernehmen, diesen bei Behördengängen und der Arbeitssuche zu helfen, die Wohnung zu organisieren und die Kaltmiete für zwei Jahre zu übernehmen.
Es war angeregt worden, besonders lautstarke und willkommenstrunkene Fürsprecher unbegrenzter Flüchtlingsaufnahme damit zu konfrontieren, selbst einmal mit gutem Beispiel voran zu gehen. Als Prototyp kann Zeitgeist-Papst Franziskus gelten, der, im Vatikan hinter dicken Mauern sitzend und geschützt von einer Privatarmee, davon redet, es sei Sünde Mauern zu errichten.
Leser S. hat sich nun die Mühe gemacht, einschlägige Politiker und Prominente anzuschreiben. Die Originalantwortschreiben liegen Achgut.com vor. Insgesamt hat er 45 Personen kontaktiert. Davon haben es lediglich zwölf für notwendig erachtet, überhaupt zu antworten. Von diesen zwölf Personen hat eine einzige zugesagt, das NesT- Projekt mit einer Spende zu unterstützen. Hier das Anschreiben des Lesers:
Engagement als nicht prominenter Rentner
„Sehr geehrte(r) X,
durch Ihre Präsentation in den Medien und bei öffentlichen Auftritten sind Sie in der breiten Öffentlichkeit als jemand bekannt, der Werte vertritt und Haltung zeigt. Sie haben sich auch als überzeugter Unterstützer unserer Regierung bei der Aufnahme von schutzbedürftigen Flüchtlingen positioniert.
Die Bundesregierung hat nun ein breites Bündnis von staatlichen (BMI, BAMF, IntB) und zivilgesellschaftlichen Akteuren (Kirchen, Wohlfahrtsverbände, NGOs, Stiftungen sowie UNHCR) unter dem Namen NesT (Neustart im Team) initiiert. Wer eine NesT-Patenschaft im Rahmen einer Mentoren-Gruppe für einen Flüchtling übernimmt, muss diesen ein Jahr bei Behördengängen, Schulbesuchen und dergleichen begleiten sowie bei der Arbeitssuche helfen. Weiterhin muss eine Wohnung organisiert und die Nettokaltmiete für zwei Jahre finanziert werden.
Wie in einer Meldung der “Welt“ zu lesen war, haben sich zur Enttäuschung der Bündnis-Akteure bisher lediglich 25 anstelle der zunächst angepeilten 500 Teilnehmer gemeldet. Das ist beschämend und wird denjenigen in unserer Gesellschaft Vorschub leisten, die die Flüchtlingspolitik der Regierung per se diffamieren und deren Unterstützer sie nur allzu gerne als Heuchler entlarven würden.
Auch oder gerade IHRE Teilnahme an diesem Programm würde die Reputation als gesamtgesellschaftliche Aufgabe für die gute Sache stärken und Ihre persönliche Haltung in diesem Kontext glaubwürdig unterstreichen. Sollte Ihnen die aktive Teilnahme in einer Mentoren-Gruppe aus zeitlichen Gründen nicht möglich sein, so können Sie diese ersatzweise auch monetär unterstützen (Finanzierung der Nettokaltmiete für zwei Jahre).
Als nicht prominenter Rentner möchte ich dennoch meine beschränkten Möglichkeiten und Mittel nutzen, um möglichst öffentlichkeitswirksam Werbung für das Projekt und den vielen (so meine Hoffnung) prominenten Teilnehmern zu machen.
Im ersten Schritt werde ich diversen Prominenten aus den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen dieses - oder ein entsprechend abgewandeltes - Anschreiben zusenden. Im zweiten Schritt werde ich nach Einhaltung einer gewissen “Bearbeitungszeit“ von circa vier Wochen dieses Anschreiben (inkl. einem Verzeichnis der Angeschriebenen) sowie die jeweilige Resonanz darauf an maximal vielen Redaktionen von Print- bzw. Onlinemedien zur Veröffentlichung als “offenen Brief“ anbieten.
Ich hoffe sehr, dass ich durch diese Aktion einen kleinen Anteil zur Stärkung eines breiten zivilgesellschaftlichen Engagements beitragen kann.
Mit freundlichen Grüßen
XXX“
Nicht mal ein Textbaustein
Die folgenden Personen waren nicht einmal in der Lage, auf die schriftliche Anfrage von Herrn S. wenigstens mit einem Textbaustein zu reagieren:
Anja Reschke, ARD Panorama
Georg Restle, ARD Monitor
Claus Kleber, ZDF
Grüne Roht
Grüne Goering- Eckart
Grüne Hofreiter
Grüne Habeck
Linke Pau
Linke Jelpke
Linke Dagdelen
SPD Maas
SPD Gabriel
SPD Lauterbach
SPD Kahrs
SPD Nahles
SPD Stegner
SPD Kühnert
SPD Schwesig
SPD Dreyer
SPD Chebli
CDU Amthor
CDU Kauder
CDU de Maiziere
Michael Mittermeier
Oliver Welke
Bülent Ceylan
Kaya Yanar
Ingo Appelt
Olaf Schubert
Oliver Pocher
Torsten Sträter
Jochen Busse
Jan Böhmermann
Kochtreffs, Ausflüge, Schwimmkurse
Die folgenden Adressaten waren immerhin fähig, in der Regel durch ihre Assistenten, zu antworten, wenn auch nicht unbedingt auf die Inhalte einzugehen:
Annalena Baerbock, Grüne:
„Sie haben Recht, das Thema braucht politisches und ehrenamtliches Engagement.
Frau Baerbock hat vor Jahren einen Verein gegründet, dessen Arbeit Sie bei Interesse und vielleicht auch als Anregung hier finden:
http://hand-in-hand-potsdam.de/der-verein/“
(Dort werden Kochtreffs organisiert, Ausflüge und Schwimmkurse ...)
Aydan Özoguz, SPD:
„Das Patenschaftsprogramm NesT wurde von Frau Özoguz Nachfolgerin als Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Frau Widmann-Mauz, mitinitiiert. Ich habe mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem dort angesiedelten Arbeitsstab gesprochen, welche sich zeitnah gerne mit Ihnen in Verbindung setzen werden, um Ihnen den Sachstand des Projekts zu erläutern.“
(Ist tatsächlich passiert, es gibt jetzt schon 52 NesT-Teilnehmer deutschlandweit ...)
Eckart von Hirschhausen:
„Neben seiner aktuellen Bühnentournee, seinen Moderationen und redaktionellen Beiträge ist er für seine Stiftung HUMOR HILFT HEILEN, bei der Deutschen Krebshilfe, der Bahn-Stiftung, der Stiftung Depression, der Bundesligastiftung und im Beirat von Phineo aktiv und unterstützt unter anderem Ärzte ohne Grenzen, Amnesty International, ein Kinderhaus in Mainz und die ACHSE, die Allianz für chronische seltene Erkrankungen. Zudem setzt er gerade alle noch verfügbaren Kapazitäten für das wichtige Thema Klima und Gesundheit ein, um das Bewusstsein für das Thema Klimawandel zu stärken. Er gehört als einer der ersten Unterzeichner den Scientists for Future an und dem Deutschen Netzwerk für Klimawandel und Gesundheit. Mit einem Wort – der Tag hat einfach viel zu wenig Stunden für all die schönen Projekte und relevanten Anfragen, die Herrn von Hirschhausen erreichen.“
(Immerhin, Herr von Hirschhausen unterstützt die ACHSE. Ach so, den Verein ...)
Katja Kipping signalisiert immerhin Bereitschaft zu einer Spende
Bartsch, Linke
„Auf Grund der mangelnden Zeit kann Herr Bartsch selbst nicht an dem Programm teilnehmen. Auch eine Spende an das Bundesprogramm durch einen Oppositionspolitiker wäre ein wenig schräg – der Haushalt der Bundesregierung muss die hinreichende Finanzierung des Programms sicherstellen.“
(Zahlen sollen die anderen ...)
Bernd Riexinger, Linke
„Die Aufnahme von Schutzsuchenden darf nicht von den individuellen Möglichkeiten von Helfer*innen abhängen. Auch die Verpflichtung von Helfer*innen hier in erhebliche finanzielle Verpflichtungen einzusteigen sehen wir kritisch, da, wie geschrieben, dies wir die Aufnahme von Schutzsuchenden als staatliche Aufgabe sehen.“
(siehe ob*innen)
Hermann Gröhe, CDU
„Wie Sie sich sicherlich vorstellen können, sind meine zeitlichen Möglichkeiten durch mein Bundestagsmandat und die verschiedenen anderen Aufgaben im politischen Bereich eingeschränkt. Ich bitte Sie daher um Ihr Verständnis, dass ich eine so verantwortungsvolle Aufgabe, wie sie bei „Neustart im Team“ gefordert ist, zusätzlich zu meinen anderweitigen Verpflichtungen zurzeit nicht übernehmen kann. Trotz meiner Wertschätzung für Ihr Anliegen möchte ich Ihnen mein Befremden darüber zum Ausdruck bringen, dass Sie Ihre Aufforderung zur Mitwirkung bei „Neustart im Team“ mit der Drohung eines öffentlichen Prangers für diejenigen verbinden, die Ihrer Forderung nicht folgen wollen, sich aber vielleicht bereits anderweitig gesellschaftlich engagieren. Dies halte ich weder für sachdienlich noch zielführend.“
(Practice what you preach?)
Keine Zeit beziehungsweise zu viele anderweitige Verpflichtungen haben auch Ralph Brinkhaus, Paul Ziemiak, Peter Tauber, Dieter Nuhr und Lars Klingbeil.
Ein recht ausführliches Antwortschreiben kam von Katja Kipping, die als einzige die Bereitschaft zu einer Spende signalisiert und unter anderem mitteilt:
„Auch habe ich meinen Anteil an einer Gästewohnung zur Verfügung gestellt, damit dort eine Geflüchtete wohnen kann. Leider habe ich als Abgeordnete, als Parteivorsitzende mit einem zeitaufwändigen Ehrenamt und nicht zuletzt auch als Mutter keine freien Zeitressourcen, um solch eine verantwortungsvolle Aufgabe wie die Patenschaft beim NestProgramm zu übernehmen. Solch eine Patenschaft erfordert ja eine enorme Verbindlichkeit und freie Zeitressourcen. Wenn man wie ich diese Zeitressourcen nicht hat, wäre es geradezu fahrlässig meinerseits eine Zusage zu treffen, damit Erwartungen zu wecken, die ich faktisch nicht einhalten kann. Gerne unterstütze ich das NesT-Projekt mit einer Spende. Da ich bereits jedoch viele laufende Spendenverpflichtungen habe und das NestProgramm nicht das einzige Projekt in diesem Bereich ist, dass mich anfragt, muss das leider sehr deutlich unterhalb der von Ihnen erwünschten Summe bleiben.“
(Ob es umgesetzt wurde, ist unbekannt)
Fragen Sie doch auch mal nach!
Es bleibt die Frage offen, warum diese Menschen der Allgemeinheit Ausgaben aufbürden wollen, nämlich die Kosten für Flüchtlingsunterbringung, die sie selbst nicht willens sind zu bestreiten. Nun war nicht zu erwarten, dass von den meisten Politikern viel mehr als irgendwelche Sprechblasen als Antwort kommen. Aber irgendwann wird es nicht mehr ausreichen, Wasser zu predigen, Wein zu trinken und ansonsten auf die Verpflichtung des Staates (= aller anderen) zu verweisen.
Vielleicht wird Matteo Salvini irgendwann doch noch Premierminister und quartiert George Clooney in dessen Villa am Comer See ein paar Mittelmeer-Flüchtlinge ein. Das Beispiel könnte europaweit Schule machen. Unpersönliche, karge Asylbewerberheime könnten endlich aufgelöst und deren Insassen bei Mitbürgern eingewiesen werden, die durch besondere Sympathie für Schutzsuchende und gelebte Willkommenskultur aufgefallen sind. Es liegt auf der Hand, dass es Flüchtlingen nicht zumutbar ist, bei intoleranten und vorurteilsbeladenen Fremdenfeinden, womöglich gar Sachsen, unterzukommen.
Nach wie vor ist das Thema „Warum nimmst Du denn nicht an NesT teil?“ ein schlagkräftiges Argument, das auch gegenüber persönlich Bekannten vorgebracht werden kann, insbesondere solchen, die „vor Selbstgerechtigkeit kaum gehen“ können (Bechlenberg) mit „Wir-Machen-Aber-Alles-Sowas-Von-Richtig-Visagen“ (Kerkeling). Vielleicht kann der eine oder andere Leser über seine Erfahrungen in den Kommentaren berichten.
Titus Gebel ist Unternehmer und promovierter Jurist. Er gründete unter anderem die Deutsche Rohstoff AG und ist Autor des Buches Freie Privatstädte - Mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt, in dem er einen Weg in eine positive Zukunft aufzeigt.