Das oberste britische Gericht hat die von Premierminister Boris Johnson erwirkte parlamentarische Zwangspause für unzulässig erklärt und mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Premierminister Boris Johnson fordert Neuwahlen und will bei seinen Brexit-Plänen bleiben.
Das sagen britische Journalisten zu der Entscheidung:
„Die Abgeordneten haben die Führung übernommen“ – Robert Peston, Ressortleiter Politik, ITV News
„Was in aller Welt passiert jetzt? Der wichtigste Punkt ist der: Das oberste Gericht hat die Tatsache formalisiert, dass Boris Johnsons Minderheitsregierung der Diener des Unterhauses ist. Der Supreme-Court wird intervenieren und jeden Versuch Johnsons, die Macht der Abgeordneten zu neutralisieren, verhindern. Das heißt: Er ist ihr Gefangener. Wenn die Abgeordneten ‚nein“ zu einem No-Deal-Brexit sagen, kann er sie nicht mehr umgehen. Also hat er die Wahl: Er kann mit den Abgeordneten zusammenarbeiten, und einen Kompromiss finden. Oder er kann zurücktreten.“
„Ein schwerer Schlag für einen gescheiterten Premierminister“ – Martin Kettle, Kolumnist, The Guardian
„Das oberste Gericht hat Boris Johnsons Regierung und ihren Umgang mit dem Brexit vollständig zerlegt. Das einstimmige Urteil der 11 Richter, das am heutigen Vormittag von Lady Hale verkündet wurde, ist ein tiefgreifende Zurückweisung der Versuche des Premiers, ohne Parlament zu regieren, Großbritannien bis zum 31. Oktober ohne Deal aus der EU zu führen und eine vorgezogene Parlamentswahl zuwege zu bringen. Das Urteil war einschneidend und enthielt kein Geschwafel. Es war bewusst in einem Stil gehalten, der die besten Traditionen des britischen Verfassungsrechts reflektiert. Eine Tradition, deren Fundament die parlamentarische Souveränität bildet.“
„Eine Tyrannei der Richter“ – Brendan O’Neill, Chefredakteur, Spiked-Online
„Mit diesem Urteil ist eine Schicht in der britischen Politik zum Vorschein gekommen, die an der Grenze zur Tyrannei agiert. Eine Schicht, die über allen und allem steht, einschließlich der Regierung. Eine Schicht von nicht-repräsentativen, nicht-rechenschaftspflichtigen Individuen, die sich nun erdreisten, die Autorität zu haben, Regierungsentscheidungen zu annullieren. Diese Entscheidung schwächt unmittelbar die moralische und politische Autorität zukünftiger Regierungen und ihre Fähigkeit, mit dem Parlament zu interagieren, Verträge zu verhandeln und den Volkswillen auszuführen. Heute wurde ein Präzedenzfall geschaffen, dass all diese Dinge potentiell den Entscheidungen übergeordneter, angeblich weiserer politisierter Gerichte unterworfen werden können. Das ist eine Schande.“