Stefan Frank / 06.08.2022 / 12:00 / Foto: Pixabay / 20 / Seite ausdrucken

Das Russland-Geschäft der Emirate

Die Vereinigten Arabischen Emirate nutzen die durch den russischen Überfall auf die Ukraine entstandene diplomatische Situation, um sich zu einem wichtigen strategischen Partner sowohl Russlands als auch des Westens zu machen.

Vor Kurzem berichteten indische Zeitungen, dass Russland, um westliche Sanktionen zu umgehen, die Zahlungen für seine Erdöllieferungen an indische Unternehmen in Emirati-Dirham (AED) verlangt, der offiziellen Währung der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Die Nachrichtenagentur Reuters hat diese Berichte inzwischen überprüft und bestätigt:

„Eine von Reuters eingesehene Rechnung zeigt, dass die Rechnung für die Lieferung von Öl an eine Raffinerie in Dollar berechnet, während die Zahlung in Dirham verlangt wird.“

Die Rechnung zeige, so Reuters, Zahlungen an die Gazprombank über die Mashreq Bank, deren Partnerbank in Dubai.

Die Mashreq Bank ist das drittgrößte Kreditinstitut der VAE. Sie zahlte letztes Jahr eine Geldstrafe in Höhe von 100 Millionen US-Dollar an die US-Finanzbehörden, nachdem bekannt geworden war, dass sie zwischen 2009 und 2015 Zahlungen an den Sudan in Höhe von vier Milliarden US-Dollar abgewickelt hatte, die sie nach den damals geltenden amerikanischen Sanktionen gegen das ostafrikanische Land bei der Finanzaufsicht hätte melden müssen, was aber nicht geschah.

Indien war früher kein wichtiger Abnehmer russischen Erdöls. Im Zuge der westlichen Sanktionen aber bietet Russland sein Öl mit einem großen Preisabschlag an – und Indien greift zu. Der Juni war der zweite Monat in Folge, in dem nicht mehr Saudi-Arabien, sondern Russland Indiens zweitwichtigste Bezugsquelle – nach dem Irak – für Erdöl war. Laut Informationen von Reuters haben mindestens zwei indische Unternehmen ihre Rechnungen in Dirham bezahlt, weitere solche Geschäfte stünden bevor.

Reger Dreieckshandel

Um diese Geschäfte zu ermöglichen, entwickeln Russland, Indien und die VAE die dazu nötige Finanzinfrastruktur. Im Juni teilte die Moskauer Börse mit, „in naher Zukunft“ einen Handel der Devisen Armeniens, Usbekistans und der VAE aufnehmen zu wollen. Insgesamt 20 Währungspaare, die gegeneinander getauscht werden können, seien geplant.

Auch das ist ein Schritt zur Umgehung westlicher Sanktionen, da bei exotischen Währungen – und dazu gehören fast alle Landeswährungen der Welt – der Handel über den US-Dollar läuft. Will also etwa ein Urlauber aus Deutschland Euro gegen brasilianische Real tauschen, wird seine Bank die Euro zuerst in US-Dollar tauschen und diese dann in brasilianische Real. Das geschieht deshalb, weil ein direkter Handel nicht liquide genug wäre, es also zu wenig Angebot und Nachfrage gäbe, um in jeder Handelsminute Kurse stellen zu können. Der Dollarhandel hingegen ist immer liquide, rund um die Uhr.

Andrey Skabelin, der Devisenmarktdirektor der Moskauer Börse, sagte im Gespräch mit RIA Novosti:

„In den kommenden Monaten planen wir, den Handel mit dem armenischen Dram, dem usbekischen Sum und dem emiratischen Dirham aufzunehmen. Wir sehen Interesse an diesen Währungen und wissen, dass sie Liquidität haben werden. Sobald eine Reihe technischer Probleme gelöst sind, werden wir diese Währungspaare einführen.“

Russland, Indien und die Vereinigten Arabischen Emirate kooperieren auch dabei, russischen Schiffen den notwendigen Versicherungsschutz zu geben, den sie in der EU und den USA nicht mehr bekommen.

Die staatliche russische Reederei Sowkomflot unterhält ein Tochterunternehmen in den VAE namens SCF Management Service. Es hat seinen Sitz in Dubai – während seine Website in Russland registriert ist – und stellt die für den Öltransport nötigen Tanker zu Verfügung. Indiens Schiffsregister IRClass stellt diesen Schiffen dann ein Zertifikat aus, das ihnen bescheinigt, sicher und seetüchtig zu sein. Dieses benötigen die Schiffe, um in See stechen und Häfen anlaufen zu können und den nötigen Versicherungsschutz zu erhalten. Indien akzeptiert als Versicherer auch russische Unternehmen.

Steueroase Dubai

Dubai gilt als sicherer Hafen für russische Oligarchen, die westlichen Sanktionen ausweichen. Der dortige Immobiliensektor verzeichnete im Mai und Juni starke Zuwächse gegenüber dem Vorjahreszeitraum – insbesondere im Luxussegment –, aufgrund von Käufen russischer Anleger.

Die Vereinigten Arabischen Emirate vermarkten sich offensiv als Steueroase. 2017 setzten die EU-Finanzminister das Land auf eine „schwarze Liste“ von 17 Staaten, die von Unternehmen besonders rege zur Steuervermeidung genutzt werden. In der Vergangenheit dienten die VAE auch zur Umgehung von Sanktionen gegen den Iran. So wurde iranischer Stahl nach Dubai verschifft, um dort mit der Herkunftsangabe „Vereinigte Arabische Emirate“ auf dem Weltmarkt verkauft zu werden, unter anderem nach Indien.

Aber die Vereinigten Arabischen Emirate sind nicht nur ein begehrter Partner Russlands, sondern auch des Westens: Anfang der Woche war der Monarch und Präsident der VAE, Scheich Mohammed bin Zayed, zu Besuch in Paris, wo er von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und der First Lady Brigitte Macron zu einem Staatsbankett empfangen wurde.

Am Montag unterzeichneten die beiden Staatschefs ein Abkommen über die Zusammenarbeit in den Bereichen Wasserstoff, erneuerbare Energien und Kernenergie. Am Dienstag verkündete Frankreichs Energiekonzern Total eine „strategische Partnerschaft“ mit dem staatlichen Konzern Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC), die unter anderem die Lieferung von Diesel vorsieht. Diesel-Treibstoff ist nämlich in der EU im Zuge der Russland-Sanktionen und fehlender europäischer Raffineriekapazitäten knapp geworden.

Und so liefern die VAE beiden Seiten, was sie jeweils wünschen. Der amerikanische Journalist und Buchautor Lee Smith, der lange Zeit in verschiedenen arabischen Ländern gelebt hat, vertritt in seinem 2010 erschienenen Buch The Strong Horse die These, dass es ein Kennzeichen der nahöstlichen Kultur und Politik sei, auf das „stärkste Pferd“ zu setzen. Da im Konflikt zwischen dem Westen und Russland noch nicht klar ist, wer das stärkere Pferd ist, ist es schlau – und in jedem Fall geschäftstüchtig – von Scheich Mohammed bin Zayed, auf beide Pferde zu setzen.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Andreas Schuem / 06.08.2022

@ Herr Krautner; weder aus Vorsatz noch aus Dummheit, sondern auf Weisung ihrer US-amerikanischen Führungskräfte. Dafür können sich die deutschen Versallen von der Atlantikbrücke, wenn sie US- amerikanischen Interessen gut gedient haben, irgend wann eine Millionenvilla kaufen.

Dr Stefan Lehnhoff / 06.08.2022

Nein!-Doch. Ohhh!

Franz Klar / 06.08.2022

Ruschisses Öl wird billigst an Outlawstaaten verhökert , unanbringliches Gas direkt in der Taiga abgefackelt - den nächsten Wirtschaftsnobelpreis kann nur EINER kriegen ..... Den Friedensnobelpreis hat ER schon sicher !

Christian Feider / 06.08.2022

und was waere an der Haltung Indiens und der der Emiratis nun so “verdammenswert”? Beide sind weder Nachbarn der Ukraine,noch haben sie dieser “unverbrüchliche” ewige Solidarität geschworen noch betrifft Sie die irrationale Haltung der “westlichen Wertegemeinschaft”,die keinerlei Skrupel hat,selbst Länder in die Steinzeit zu bomben,wenn es passt,anderen bei Grenz-und Bevölkerungsstreitigkeiten aber jedes Recht zur Konfliktlösung abspricht? Doppeldenk in reinster Form

Johannes Schuster / 06.08.2022

Wenn die USA nicht ihre woken Spinner in den Griff bekommen, werden sie ganz andere Probleme bekommen, wenn ihnen China alle Errungenschaften der Kriege in Fernost zerbröseln wird und sich in Arabien etabliert. Wenn es weiter um LSDIQ80- und Gender geht, kann die USA sich gleich für einen Dollar an China verkaufen. Wir brauchen ein anderes Psychosetting im Westen und sicher etwas anderes als die Geronto - Rallye einer überalterten Kaste an Politikern. Ein paar progressive aber konservativ strukturierte Macher brauch der Westen, keine Ethikspinner und behaarte Damenbeine mit Regenbogen - Haarfarbe. Man sollte sich auch überlegen, wie lange man Gates und diverse andere Selbstverliebte noch tragen kann bis das Desaster im eigenen Stall zu einem passiven Sieg der Gegenspieler wird, wenn es überhaupt Gegenspieler sind, denn die Suppenspucker sind bekanntermaßen die Deutschen, die sich an jeden Scheiß halten, den sie sich als Regel auf die Schwarte schreiben….

Arthur Sonnenschein / 06.08.2022

Die VAE wurden als Staat mit dem Abschluss des Abraham-Abkommens zur Führungsmacht in der Region an der Seite Israels unter britisch/amerikanischer Leitung befördert. Sie lösten damit vor knapp 2 Jahren die Saudis ab, die nach 1991 vom Irak übernahmen, die nach 1979 mit dem Fall des Schah diese Rolle vom Iran erbten. Die Emirate übernehmen mit der Reorganisation der Ressourcenströme eine wichtige Rolle im gegen Europa und Deutschland gerichteten Spiel der USA und werden darüber hinaus zum Bollwerk gegen den türkisch-katarischen Einfluss ausgebaut. Damit ist die Zerschlagung des saudischen Staates vorerst vom Tisch, der europäische Schwerpunkt Berlin wird durch Paris geschwächt und das Projekt der Vereinahmung des politischen Islams für britisch-amerikanische Interessen kann weiter entwickelt werden. Selbst die planlose Führung im Weissen Haus dürfte das nicht ändern wollen.

H. Krautner / 06.08.2022

Die VAE machen alles richtig. Jeder Staat, verfolgt außenpolitisch die eigenen Interessen, außer Deutschland. Deutschland vertritt außenpolitisch in Bezug zum Ukrainekonflikt und im Verhältnis zu Russland die Interessen der USA, zu Lasten der eigenen Bürger. Mit Vorsatz oder aus Dummheit?

Rainer Niersberger / 06.08.2022

Die Annahme, dass hier auf das “stärkste Pferd” gesetzt wird, ist ebenso zutreffend wie “normal”. Es gibt nur ein Land, in dem ein Regime “unnormal” und damit gegen die nationalen Interessen bzw die seiner Buerger handelt und dieses Land ist bekannt.  Interessant ist allenfalls, dass ein “evolutionär” voellig gebotenes Vorgehen hierzulande in das Gegenteil verkehrt wurde und die Masse der Lemminge dazu jubelt, eine Folge der ideologischen Moralisierung und Konditionierung. Uebrigens gilt dieses normale Vorgehen nicht nur fuer die Energieversorgung, sondern, wie es aussieht, auch immer mehr fuer die Migrationspolitik inzwischen auch innerhalb der EU, wieder mit der bekannten Ausnahme, die nicht genug von den vielen Mio an maennlichen Migranten bekommen kann. Vielleicht ist aus dem Selbsthass inzwischen eine Art Todestrieb entstanden, der gar nicht schnell genug realisiert werden kann.  Jedenfalls ist klar, dass es bei diesem moralideologischen Prozess kein Ende, nicht einmal eine Verlangsamung geben wird, im Gegenteil. Die nicht nur von linksgruen gewuenschte Perspektive der finalen Verabschiedung dieser Nation und seiner Gesellschaft wird taeglich realer. Solange die weltweit immer noch gültigen evolutionären Mechanismen der Staerke, des Wettbewerbs, der Konkurrenz und des Gewinnens des “Tuechtigen” hierzulande, nach Innen wie nach Aussen, nicht wieder reaktiviert werden, was die lebensuntuechtige Mehrheit naturgemaess nicht will,  solange geht der Weg nach unten oder besser nach draußen weiter. Ein failed state ist allenfalls zur Resteverwertung oder Ausbeinung interessant, ansonsten ein Paria. Mit dem, was hierzulande inzwischen allein hochgehalten wird, lockt man international keinen irgendwo hervor.  Der Verwesungsgeruch schreckt ab. Der Weg Sch’lands in den letzten 80 Jahre ist ebenso bemerkenswert wie keineswegs zufaellig.

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