Eugen Sorg, Gastautor / 17.05.2021 / 14:00 / 38 / Seite ausdrucken

Das quälende Gefühl, im falschen Körper geboren zu sein

Die Lifestyle-Linke im reichen Westen hat ein neues Lieblingsobjekt: es ist der Transmensch. Als Mann geboren, aber sich als Frau definierend, oder umgekehrt, flirrt dieser zwischen den Geschlechtern und unterläuft die angeblichen Herrschaftszumutungen von Biologie, Tradition und Gesellschaft. Er verkörpert die Utopie einer entgrenzten, vom Schicksal erlösten Welt, in der die eigene Befindlichkeit als Realität verabsolutiert wird und in der alle Wünsche in Erfüllung gehen, wenn man nur fest daran glaubt und nicht daran gehindert wird. 

Ein eigentlicher Kult hat sich um diese kleine Minderheit von Menschen entwickelt, die unter Genderdysphorie oder Geschlechtsinkongruenz leiden, also jener seltenen psychiatrischen Störung, die dem bedauernswerten Zeitgenossen das quälende Gefühl gibt, im falschen Körper geboren zu sein. Modehäuser schicken Transgender-Models auf den Catwalk; Hollywood-Stars präsentieren stolz ihre Transkids; in Music Clips, TV-Serien und Filmen tauchen plötzlich vermehrt Transfiguren auf; Prominente, die sich einer operativen Geschlechtsumwandlung unterziehen, schaffen es aufs Titelblatt von Hochglanzmagazinen und werden wie Freiheitshelden gefeiert. 

Transgender zu sein, ist glamourös, und indem man sich mit der Trans-Community solidarisiert, fällt nicht nur ein wenig von deren Glanz auf einen zurück, sondern man kann auch öffentlich seine Toleranz und Aufgeschlossenheit signalisieren.

Mädchen, die Jungen sein wollen

Parallel zur Popularisierung der Transideologie explodierte die Zahl der Kinder und Teenager, die ihr naturgegebenes Geschlecht ablehnen und sich als transgender identifizieren. Schwedens staatliche Behörde für Gesundheit und Soziales zum Beispiel vermeldete, dass zwischen 2008 und 2018 die Anzahl von Genderdysphorie-Diagnosen bei Jugendlichen um 1.500 Prozent zugenommen habe. Ähnliche Befunde liefern auch Großbritannien, Australien, Kanada, Finnland, Deutschland, die USA, die Schweiz. Auffällig ist dabei der Umstand, dass die starke Zunahme vor allem auf die Mädchen zurückzuführen ist, die siebzig bis achtzig Prozent der Betroffenen ausmachen, während eine Dekade früher das Verhältnis zu den männlichen Jugendlichen ausgeglichen war. 

Was ist die Ursache für diese Entwicklung? Ist sie die Folge der Aufklärung über ein Thema, das man lange verdrängt hatte? Oder hat man es eher mit dem Phänomen einer zeitgeistigen subkulturellen „Cluster-Bildung“ zu tun, mit „sozialer Ansteckung“ unter den mit Internet aufgewachsenen Kindern und Jugendlichen, wie einzelne Studien nachzuweisen versuchen? Und warum sind autistische Jugendliche mit bis zu fünfzig Prozent Anteil signifikant übervertreten bei der Gruppe der Transgeschlechtlichen?                         

Zentrale wissenschaftliche und therapeutische Fragen sind völlig ungeklärt. Doch die Trans-Lobby hat kein Interesse, sie zu lösen. Man versteht sich als Bewegung, deren höherer Auftrag es ist, die wahren Genderidentitäten aus der gesellschaftlichen Zwangsjacke von Vorurteil und Konvention zu befreien. Und wer beispielsweise den Wunsch einer pubertierenden, unstabilen 14-Jährigen, ein Junge zu sein, nicht vorbehaltlos unterstützt, muss damit rechnen, von den gut organisierten Transaktivisten in den sozialen Medien als „transphob“ und „Hasser“ bloßgestellt und diffamiert zu werden. 

Die absurden Dogmen der Trans-Weltanschauung

Die Drohung mit dem Internet-Pranger wirkt. Es finden sich kaum noch Stimmen, die sich kritisch zu den schrillen Thesen und absurden Dogmen der Trans-Weltanschauung äußern. Eine Ausnahme bildet Keira Bell, eine heute 24-jährige Engländerin, die es mit dem Transestablishment aufnahm, indem sie dieses zwang, sich mit ihrer Geschichte auseinanderzusetzen. 

Keiras Vater verschwand früh aus der Familie, die Mutter war Alkoholikerin und psychisch krank. Keira fühlte sich verloren und einsam, ein Zustand, der sich noch verschlimmerte, als die Pubertät einsetzte. Sie hasste ihre wachsenden Hüften und Brüste, und sie realisierte verwirrt, dass sie sich von Mädchen angezogen fühlte. Sie kapselte sich ab, ging nicht mehr zur Schule, verfiel in Depressionen. Im Internet erfuhr sie von Frauen, die sich in Männer umwandeln lassen, und in ihr wuchs der Gedanke, dass all ihr Unglück daher rührte, dass sie in Wirklichkeit ein Junge war, der in einem Mädchenkörper steckte.

Sie wurde mit 15 Jahren an die Londoner Tavistock-Klinik überwiesen, spezialisiert auf Jugendliche mit Genderidentitäts-Problemen. Dort bestätigte man ohne Umschweife ihre Selbstdiagnose, und ab da ging es nur noch in eine Richtung. Mit 16 bekam sie Pubertätsblocker, mit 17 Testosteron-Injektionen und mit 20 ließ sie sich die Brüste abschneiden. Sie hieß jetzt Quincy, nach Quincy Jones, trat dominant auf und trug ein Bärtchen. Für kurze Zeit fühlte sie sich in einem Hoch.

Eine verstümmelte Frau

Bald aber regten sich böse Zweifel. Sie realisierte, dass sie trotz Brachialmedikation und Skalpell-Kosmetik kein Mann war und nie einer sein werde. „Die Genderdysphorie war ein Symptom meiner Misere und nicht deren Ursache.“ Sie war eine Frau, wie die Natur es bestimmt hatte, jetzt allerdings eine verstümmelte. Sie hatte keine Brüste mehr, ihre Vagina war durch die Medikamente geschrumpft und sie würde nie Kinder gebären können, während ihr der strenge Bartwuchs und die tiefe Stimme von ihrem Experiment als Mann bis ans Lebensende bleiben werden.    

Keira Bell war zutiefst verzweifelt. Doch anstatt sich umzubringen, machte sie etwas Sinnvolleres. Sie verklagte die Tavistock-Klinik. Diese habe ihre jungen Patienten nicht geschützt und schon Zehnjährigen Medikamente wie Pubertätsblocker verabreicht, ohne die möglichen Langzeitfolgen zu kennen oder zu kontrollieren. Vor einigen Monaten gab der High Court in London der Klägerin recht. Die Tavistock-Klinik stellte umgehend die Verschreibung von Pubertätsblockern an Kinder ein. Transaktivisten beschimpften Keira als Verräterin. Doch diese hatte die Genugtuung der Siegerin. Keira hatte die Debatte über den Transgenderismus neu geöffnet und verändert und wahrscheinlich viele Jugendliche und Kinder davor bewahrt, die gleiche schreckliche Erfahrung durchzumachen wie sie selbst.

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche.

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Ian Selhorst / 17.05.2021

Ich habe gestern den Gesetzentwurf zur “Stärkung der geschlechtlichen Selbstbestimmung” gelesen, über den am 19.05 im BT abgestimmt wird. Ich selber bin ein Transmann und befürworte Teile des Gesetzentwurfs, beispielsweise die Abschaffung der langwierigen Gutachten und Gerichtsverfahren. Aber: Menschen, die unter einer Geschlechtsdysphorie leiden oder meinen darunter zu leiden, benötigen meiner Ansicht nach eine sehr professionelle therapeutische Begleitung um das Risiko von Fehldiagnosen klein zu halten. Die medizinische Forschung ist noch nicht soweit eindeutige medizinische Diagnosen diesbezüglich leicht zu erstellen, wenn sie es überhaupt je sein wird. Einige Forscher gehen u.a. von unterschiedlichen “Gehirngeschlechtern” und hormonellen Ursachen aus, aber Geschlecht und Geschlechtsidentität sind sehr vielschichtig, heißt beinhalten viele Aspekte. Und §1 des Gesetzentwurfs bleibt diesbezüglich da schon uneindeutig. Wie dem auch sei, die Notwendigkeit einer sicheren Diagnose trifft besonders auf sehr junge Menschen vor und während der Pubertät zu, also in einer Zeit, in der die sexuelle sowie biologisch- und sozialgeschlechtliche Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Von daher halte ich es für nicht ratsam, wie §3 des Entwurfs fordert, einem Jugendlichen ab 14 Jahren das Recht zuzugestehen seinen Personenstand ohne sichere Diagnose einer Geschlechtsdysphorie zu ändern, da dies meiner Ansicht nach den Beigeschmack der Willkürlichkeit hat. Im Gesetzentwurf werden noch nicht einmal Kriterien erwähnt, nach denen sich eine Dissonanz zwischen empfundener Geschlechtsidentität und Personenstand manifestiert, geschweige denn die Notwendigkeit einer medizinischen Diagnose als Voraussetzung für die Personenstandsänderung festgeschrieben. Sehr bedenklich.

Marc Greiner / 17.05.2021

Gut, hat sie sich an der Klinik schadlos gehalten. Walt Heyer - kann man wahrscheinlich noch auf youtube finden - hat etwas ähnliches durchgemacht, nur, dass bei ihm die ganze Odysse Jahrzehnte dauerte. Auch er warnt eindringlich vor Therapien und klagt die ganze Trans-Industrie an. Ist interessant die ganze Lebensgeschichte von diesem Mann zu hören.

Axel Gojowy / 17.05.2021

Ich habe mehrmals versucht, unseren unglücklichen Hund (Rüde, Sitzpinkler) umoperiern zu lassen - vergeblich. Es fand sich keine Tierklinik. Sind Tierärzte einfach nur renitent, oder vernünftig?

fritz kolb / 17.05.2021

Das ist die pure Dekadenz einer übersättigten Gesellschaft. Auch wenn Faktenbasiertes scheinbar nicht mehr en vogue ist; es gibt nach wie vor nur zwei Geschlechter: die mit und die ohne. Alles andere ist in den meisten Fällen Beliebigkeit, Geltungssucht und Kommerzialisierung einer Modeerscheinung. Bis auf ganz, ganz, ganz wenige Ausnahmen.

Harald Hotz / 17.05.2021

Ohne mich je wirklich in das Thema (und das damit verbundene Leid) vertieft zu haben ... warum aber überhöht man die geschlechtliche Identität derart? Die Frau, die wie ein Mann leben möchte, kann dies heute doch in aller Regel zumindest in unserer Gesellschaft auch tun. Der Mann, der seine weiblichen Gefühle ausdrücken will, kann das ebenso und auch Frauenkleider tragen, wenn er will. Das alles geht doch heutzutage relativ problemlos, warum also dann noch derartig brutale medizinische Manipulationen? Weil sich damit viel Geld verdienen läßt, der Östrogen/Testosteron-Junkie so einträglich ist wie ein Heroinabhäniger? - Und die Natur nimmts doch mit der Geschlechtsidentität auch nicht so genau oder warum haben Männer Brustwarzen? Die Natur sagt sich: “Ich will Gene mischen, also mache ich mal 2 Geschlechter, aber nur so viel Unterschied wie nötig, alles andere wäre unökonomisch, also das gleiche Chassis, nur beim einen noch nen Henkel dran: paßt!” Wie kann man also der Geschlechtlichkeit eine so dominierende Rolle für das eigene Selbstempfinden geben?! Zunächst und zuerst sind wir doch alle Menschen!

Ralf.Michael / 17.05.2021

Transaktivisten ?? Was wollen Die denn ?? Die Weltherrschaft ?? Woher kommen die plötzlich Alle ?? Komisch, früher gab Die Nicht. Hoffentlich verschwinden Die irgendwann wieder im Tiefbunker ! Leider stürzt unsere Zivilitation immer schneller ab. Machen Sie doch mal ihre Augen richtig auf. Überall Rückschritt, Verfall und Dekadenz. Glauben Sie nicht ?? Sind Sie Blind oder einfach nur Doof ?? Überall nur noch Transgender und Diverse ?? Mag sein. Diversitäten sind aber NICHT der Mainstream und mir reicht es jetzt langsam. Für mich sind es (Sorry) ganz einfach nur Freaks in einer Freak-Show,  Sonst Nichts. Ich kann doch nichts dafür, wenn mein Nachbar Balla-Balla oder &%“Zx?;O))  ist ?? Sein Problem..

Dr. Joachim Lucas / 17.05.2021

Solche Hermaphroditen gab es bereits in der Antike und davor. Nur ist es heute ein zeitgeistiger Hype einer dekadenten Gesellschaft, dem vor allem junge Menschen nachlaufen. Ohnehin schon bedauernswert genug für die betroffenen Menschen, werden durch diese Mode vor allem junge, in ihrer Entwicklung noch ungefestigte Menschen lebenslang unglücklich gemacht. Mehr gibt es zu dieser Fußnote der Evolution nicht zu sagen.

Dieter Ehrlich / 17.05.2021

Deshalb müssen ja auch die “Kinderrechte” ins Grundgesetz. So kann man dann den Eltern, die ihren Puberrtiers die Geschlechtsumwandlung verweigern, das Erziehungsrecht entziehen. Der Staat weiß ja sowieso besser, was gut für das Kind ist.

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