Die Herren Gündogan und Özil hat niemand gezwungen, sich mit Herrn Erdogan ablichten zu lassen. Ich habe meinen Wehrdienst bei der Bundeswehr abgeleistet. Ich habe das Recht (Redefreiheit), zu äußern, daß ich nicht neben Herrn Gündogan und Özil im Schützengraben liegen möchte.
Offenbar gibt es doch so etwas wie Nationalstolz in der BRD. Zumindest gibt es einige Fußballfans, die Nationalstolz haben und sich diesen auch nicht ausreden lassen wollen von naiven Schreiberlingen. Diese Fans akzeptieren die Beschwichtigungen offenbar nicht; diese Fans werten die Aktion, die Tat in London, und nicht den Schwall der Worte, die die Tat entkräften soll. Offenbar wundern sie sich, wie schnell nach der Londoner Audienz eine zweite Audienz beim eigentlichen Präsidenten organisiert wurde. Ich bin auch Fußballfan und ich denke, ich verstehe die Pfeifer. Sie äußern erstens ihre Empörung und zweitens ihre Forderung, daß Özil und gündogan aus der deutschen Mannschaft entfernt werden sollten. Denn Fußballfans wie ich sind einfach gestrickt: Kampf, Ehrlichkeit, Hingabe. Vor allem die Hingabe, dieses herrliche Wort, das wir fast vergessen und nur für unsere Frauen reserviert haben, ist uns der wichtigste Wert. Bei einem Thomas Müller steht Hingabe außerhalb jedes vernünftigen Zweifels, denn Thomas verkörpert sie geradezu. Mesut Özil ist hier das genaue Gegenteil. Und wenn Mesut dann noch den falschen Präsidenten hofiert, dann ist dies eben der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Ich bin mir sicher, daß weiter gepfiffen wird und das eine Mehrzahl keinen Mesut Özil in der Nationalmannschaft sehen will. Bei Gündogan mag das etwas anders sein, weil er sich besser artikulieren kann, weil er ein starker Zweikämpfer ist und weil er den Dortmund-Bonus hat. Mir ist die Vorfreude auf Rußland 2018 verleidet: ein vermeintliches Bekenntnis zu Erdogan und verlogene Beschwichtigungen dämpfen meine Freude am Fußball. Ich will Hingabe, keine Kommuniqueés!
Das Skandalöse in dieser Angelegenheit ist jedoch, dass sich die Bundesregierung im Prinzip genauso verhalten hat wie die beiden Fußballer. Auch bei der Regierung hat es (vor gut einem Jahr) nicht gehupt im Gehirn nach Verhaftungswellen, abgeschaffter, freier Presse und dem Wunsch nach Ermächtigungsgesetzen von Seiten Erdoghans - wo es doch genau hier bei jedem Deutschen mit ein wenig Einsicht in die Zeitgeschichte hupen sollte. Die Regierung hat Erdoghan bzw. seinen Parteisoldaten NICHT klar und deutlich den Wahlkampf für dieses antidemokratische Ansinnen untersagt, sondern sich drauf eingelassen und dann mit vorgeschobenen Pillepalle-Begründungen versucht, das Schlimmste zu verhindern - so wie jetzt die beiden Fußballer. Insofern gilt das Pfeiffen (hoffentlich!) auch ein klein wenig der Regierung, die sich auch nicht getraut hat, Farbe zu bekennen. Damals (beim Erdoghan’schen Wahlkampf in Deutschland) haben diejenigen, von denen ich ein “Pfeifkonzert” erwartet hätte (die Massenmedien), lauthals geschwiegen.
Die Fußballfangemeinde war noch nie ein Hort der politischen Korrektheit. So gesehen ist das Scheitern eines entsprechenden Diktats nicht überraschend. Für den DFB, der sich beim Thema Integration - zu Recht - stark engagiert hat, sollte dies allerdings ein Weckruf sein. Auch beim Fußball gibt es kein grenzenloses Multikulti.
Böse Zungen behaupten ja bis heute der Bombenalarm in Hannover Ende 2015 zum Länderspiel Deutschland gegen die Niederlande in der HDI-Arena wäre gar kein echter Alarm gewesen, sondern Kanzlerin Merkel hatte schlichtweg Angst ausgepfiffen zu werden, was dann natürlich für Jeden der den Fernseher zu laufen hätte mehr als ersichtlich geworden wäre. Nun, nichts genaues weiß man nicht - bis heute! Damals war es im Zuge der Anschläge in Frankreich und kurz nach der Öffnung unserer Grenzen kein Problem diese Spielabsage „damit“ zu begründen. Ich glaube „die Mannschaft“ ist froh das es nun nach Russland geht. Merkel sowieso. Trotzdem, der Geist ist aus der Flasche, allerdings und da widerspreche ich Ihnen, sehr geehrter Herr Quencher, nicht erst seit gestern!
Es heißt doch auch nicht mehr deutsche Nationalmannschaft, sondern nur noch „Die Mannschaft“, auf den Trikots fehlen die Nationalfarben und generell scheint es das DFB-Team zu sein. Warum genau beschwert man sich nun über negative Fan-Reaktionen, bzw. mangelnde Unterstützung, wenn man zuvor schon alles getan hat um einen neutralen, nicht-nationalen Eindruck zu vermitteln. Das Treffen der zwei Spieler mit Erdogan war nur der letzte Tropfen.
In der Sportfachzeitschrift ‘Kicker’ war gestern in einem langen Artikel über die Probleme, die Herr Löw mit zur WM nach Rußland mitnähme auch folgender hoffnungsfroher Satz des Chefreporters des besagten Blattes in der Causa Gündogan/Özil zu lesen: “”“Beim Turnier in Russland wird sich der Widerstand verringern, da dort nicht so viele deutsche Fans in den Stadien sitzen werden.”“” (Karlheinz Wild zum Fall Gündogan/Özil) Also Fazit: Die Regierung schafft das aufsässige Volk ab und braut sich ein neues zusammen und der DFB kann seine beiden Lieblinge vor den lästigen Zuschauern schützen, weil - siehe “”“......”“” oben. Das ist die Bunte Republik Schland, wie sie real leibt und lebt.
Der DFB Präsident verteidigt die beiden Spieler.: „Sie haben, als die Kameras, die Fotografen reinkamen, natürlich gesagt, was sollen wir denn machen? Sollen wir weglaufen? Wir wollten den Respekt und die Höflichkeit bewahren.“ Da alles so spontan war, hat Herr Can die Einladung des türkischen Präsidenten auch abgelehnen können und die Spieler Gündogan und Özil hatten völlig unvorbereitet ein Trokot zwecks Übergabe an Erdogan dabei. Was für mich einen besonders bitteren Nachgeschmack hat, war die Reaktion des Bundespräsidenten. Die „Bad Boys“ haben die Ehre einer Audienz bei Herrn Steinmeier erhalten, nicht der Spieler, der sich vorbildlich verhalten hat.
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