Rainer Bonhorst / 11.02.2021 / 14:45 / Foto: Matthias Bauer / 51 / Seite ausdrucken

Das Matriarchat und die Befreiung der Friseure

Ohne eine Prise fröhlichen Sexismus und ohne eine Prise freundlichen Rassismus fehlte dem Leben eine Prise Frechheit. Und da ein bisschen Frechheit zu den Freuden des Lebens gehört, sei es gewagt. Hier also meine sexistische und rassismusverdächtige Analyse der jüngsten deutschen Friseur-Entscheidung. Warum, so fragt sich der verblüffte Beobachter, hat die Politik den Friseur für systemrelevant erklärt und beschlossen, ihn früher als andere aus der Corona-Quarantäne zu befreien?

Ich gebe zu: Die Erklärung liegt auf der Hand. Im Matriarchat, auch Mutti-Staat genannt, hat die Frisur und damit auch der Friseur einen ganz anderen Stellenwert als er ihn im Patriarchat vergangener Tage hatte. Hinzu kommt, dass sich das Friseurhandwerk eines Frauenüberschusses erfreut. Ein Entgegenkommen ist also auch ein Akt schwesterlicher Solidarität.

In Zeiten der Männerherrschaft hätte das Friseurhandwerk keine Chance auf bevorzugte Behandlung gehabt. Zumal unter reiferen, zum Beispiel alten weißen Männern die Notwendigkeit eines Friseurbesuchs oft stark reduziert ist. Der Haarschmuck der Frau hingegen hat eine derart zentrale Signalwirkung, dass sich die Männer in einigen Kulturkreisen dieser erotischen Herausforderung nicht gewachsen fühlen. Weshalb sie ihre Frauen dazu anhalten, ihre verlockende Haarpracht unter einem Kopftuch oder unter noch radikaleren Textilien zu verbergen.

Interessanterweise gibt es aber gerade unter nahöstlichen Männern einen überraschend starken Drang, sich häufig beim Friseur einzufinden. Der heißt meist nicht Friseur, sondern Barber. Dort, im Barbershop, drängen sie sich, um ihre akkuraten Bärte durch häufiges Trimmen in Form zu halten. Dies gilt allerdings nicht nur für Migranten, sondern auch für Profi-Fußballer, deren Hauptaugenmerk – neben ihrem Arbeitsgerät, dem runden Leder natürlich – der Gestaltung ihres Haupthaares gilt.

Große Koalition aus Frauen, Migranten und Kickern

Wir haben es hier also mit einer mächtigen Koalition zu tun: Die Sisterhood, dazu die große Zahl (nicht nur) nahöstlicher Bart-Enthusiasten plus die mächtige Gilde der Profi-Fußballer. Die corona-politische Befreiung der Friseure ist also nicht nur dem weiblichen Herzen geschuldet, sondern auch der politischen Klugheit.

So erklärt sich auch, warum – anders als das Friseurhandwerk – Kosmetik-Geschäfte und Fingernagelstudios von dem Befreiungsprivileg ausgeschlossen bleiben. Ihre weibliche Ausrichtung ist nicht zu bestreiten, aber ihre Lobby ist nicht breit genug. Auch das Matriarchat will sich nicht allzu offensichtlich dem Verdacht aussetzen, nur den Geschlechtsgenossinnen zu Willen zu sein. Diese Neigung zur Tarnung stammt noch aus Zeiten des Patriarchats, als es zur allgemeinen weiblichen Klugheit gehörte, dem Mann das Gefühl zu erhalten, der Chef zu sein. Auch das gehört zum immer noch verbleibenden kleinen Unterschied.

Hätte Corona uns noch während der Männerherrschaft erwischt und vor der großen Migration aus dem Orient, die politische Entscheidung wäre sicher anders ausgefallen. Nicht die Friseure hätten das Privileg bevorzugter Wiedereröffnung erhalten, sondern die Autohändler. Und der Vorschlag von Karl-Heinz Rummenigge, Profi-Fußballer vor dem Rest der Menschheit gegen Corona impfen zu lassen, wäre positiv in Erwägung gezogen worden.

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Richard Loewe / 11.02.2021

stimmt: Mutti ist nicht nur schoen wie ein Super Model, sie hat auch eine Frisur wie aus dem Bilderbuch. Handmodell ist sie natuerlich auch.

Wolfgang Kaufmann / 11.02.2021

@Georg Dobler – Ich setzt große Hoffnungen auf die Millionen Slawen aus Russland, Polen und Ex-Jugoslawien. Die sich auf Dauer nichts gefallen lassen. Die auch nicht auf die schiefe Bahn der Mode-Ideologien geraten sind, sondern einen gesunden moralischen Kompass mitbringen. Die wissen, dass das Geld nicht auf Bäumen wächst, sondern dass Wohlstand erarbeitet werden muss.

Peter Klein / 11.02.2021

Interessante Theorie. Allein mir fehlt der Glaube, das jetzt ernst zu nehmen. Eventuell verbreiten sich aktuell auf den ungepflegten Köpfen eher die Haarläuse rasant und die Friseure sind ja die Frontmelder. Nicht lachen, wer Kinder hat, kann fast immer von Lockdowns ganzer Kindergärten berichten. Wegen Haarläusen. Da droht die vierte Welle ..... Haarläuse. Die Kanzlerin reagiert hier weitsichtig um uns die nächste Pandemie zu ersparen. Die alles umfassende, globale Kopflauspandemie.

Horst Stegmeier / 11.02.2021

Allen, aber wirklich allen Friseuren würde ich als persönliche Genugtuung raten, allen die dieses Berufsverbot gebilligt haben, in Zukunft jegliche Dienstleistung zu versagen. In wenigen Monaten würden wir von diesen Vögeln vielleicht nur noch ganz wenige im Fernsehen zu ertragen haben. Da müsste man sich der Ehre halber einfach mal einig sein und auf den Lohn verzichten, da drauf kommt es dann auch nicht mehr an.

Mathias Pauls / 11.02.2021

Lieber Herr Bonhorst, mit Ihrer Analyse sind Sie schon auf dem richtigen Weg. Frauen sind deutlich robuster als allgemein angenommen, das habe ich in meiner Ehe, die schon über ein halbes Jahrhundert andauert, öfters festgestellt. Sie kännen bei der Reinigung des Syphons das Bad unter Wasser setzen, die Liebingsvase beim Staubsaugen umwerfen oder , wie bei mir, beim Löten eines Stromkabels einen heißen Tropfen Lötzinn auf den Fingernagel tropfen. Alles ist zeitlich begrenzt. Wenn aber eine Frau feststellt, dass der graue Scheitel im schwarzen Haar oder der schwarze Scheitel auf dem Kopf einer Blondiene jede Woche breiter wird, empfinden sie das als Demütigung. Politiker oder deren Berater wissen das. Wenn Frauen im Wahllokal mit einem breiten andersfarbigen Scheitel oder ausgewachsener Dauerwelle wählen können, werden sie sich rächen. Ähnlich wäre es bei Männern, wenn die Regierenden den Verkauf von Bier oder die Übertragungen von Sport Ereignissen verbieten würden. Das ist der wahre Grund. Liebe Grüsse, machen sie so weiter.

T. Schneegaß / 11.02.2021

@Rainer Niersberger: Der Doofmichel wurde doch tatsächlich stutzig, wenn er, äußerlich dem Neandertaler immer ähnlicher, die gestylte Prominenz sah. Da, und nicht etwa bei der Zahl 35 (diesen Schwindel merkt er nicht) drohten Frustreaktionen. Allein deshalb öffneten die Terroristen dieses Ventil. Nun weint der Doofmichel vor Dankbarkeit und fühlt sich gleichbehandelt.

lutzgerke / 11.02.2021

..  und an Reebock-Waldbrandaustretern, wer keinen Geschmack hat. Wer was auf sich hält, achtet auf die Schuhe. Die meisten geben sich keine Mühe mit der Kleidung und setzen auf Signalfarben. Und die Schuhe vernachlässigen sie ganz, obwohl sie ständig nach unten gucken. Die Haare sind nicht so wichtig, wer auffallen will ohne aufzufallen, wählt sorgsam aus und daß alles zusammenpaßt. Unmodern ist immer modern.

Marie-Luise Rethmann, Dresden / 11.02.2021

In den Staatskanzleien und Parteizentralen ist nicht ganz verborgen geblieben, dass die unbedarfte Chuzpe der Bundeskanzlerin, frisch onduliert an die Öffentlichtkeit zu treten, massiven Unmut bei den für dumm gehaltenen “Untergebenen” hervorgerufen hat. Und vielleicht haben Micheline und Michel bis zur Bundestagswahl doch noch nicht alles wieder vergessen und machen das einzig Naheliegende: CDU/CSU/SPD abwählen!

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