Gastautor / 04.04.2020 / 06:15 / Foto: Georges Biard / 96 / Seite ausdrucken

Das Lächeln der Misanthropen

Von Johannes Mellein.

Vor kurzem musste sich das Model Doutzen Kroes bei ihren Fans für ein Video entschuldigen, in dem sie sich positiv über das Corona-Virus äußerte: „Danke Corona“, hatte die Niederländerin unter anderem gesagt, und dann die Stille und die Ruhe für die Natur in Folge des Shutdowns gelobt. Der Beitrag provozierte eine Reihe empörter Reaktionen, woraufhin Kroes das Video zurückzog. Doch auch in anderen Ecken des Internets wird das Virus wahlweise als gerechte Strafe oder sinnvoller Beitrag im Kampf gegen die „Überbevölkerung” gefeiert.

Während die Pandemie wütet, grassiert der Ökologismus: Der Begriff meint die Politisierung von Ökologie im Dienste moralisch-ästhetischer Leitbilder. Wissenschaftliche Ökologie will die Funktionsweise von Ökosystemen verstehen. Sie versucht abzuschätzen, was passiert, wenn Menschen in Ökosysteme eingreifen. „Stille und Ruhe für die Natur“ sind aber rein ästhetische Zielsetzungen, die mit wissenschaftlicher Ökologie in etwa so viel zu tun haben wie eine Vorlesung in Geologie mit einem Töpferkurs. Ökologisten erheben den Planeten selbst zum Subjekt. Jeder Eingriff in seine vermeintlich stabilen und harmonischen Kreisläufe gilt als sündhafte Verschlechterung.

Die gute Nachricht ist, dass Ausfälle wie der von Kroes nicht ohne Widerspruch bleiben. Die schlechte lautet, dass sie nicht aus heiterem Himmel kommen. Nicht nur das Topmodel folgt hier einer Mode, die in westlichen Gesellschaften seit längerem angesagt ist: einer mehr oder weniger expliziten Menschenfeindlichkeit aus ökologistischen Motiven. Die kaum verhohlene Freude über menschenleere Orte, die einst vor Leben wimmelten, spricht jedenfalls Bände und hat mehr als nur ein antihumanistisches Gschmäckle. Leider scheint es, als würde der ökozentrische Antihumanismus durch den Ausbruch des Coronavirus an Virulenz gewinnen.

Globalisierungsfurcht, Modernitätsskepsis, Naturschwärmerei

Ein Hinweis darauf ist die krampfhafte Suche nach einem Schuldigen. Vielen fällt es offenbar schwer, zu akzeptieren, dass bestimmte Naturvorgänge (wie etwa das erstmalige Überspringen eines Virus vom Tier auf den Menschen) nicht vollständig beherrschbar sind und dem Zufall unterliegen. Es läge nahe, sich dieser Wahrheit zu stellen und pragmatisch nach Möglichkeiten zu fahnden, wie moderne Gesellschaften durch Hygiene, Forschung und Kooperation ihre Resilienz gegenüber derartigen Schocks ausbauen können, aber stattdessen werden in zahlreichen Debattenbeiträgen Globalisierungsfurcht, Modernitätsskepsis und Naturschwärmerei zu einer trüben Melange verrührt.

Besonders die politisierte Ökologie ist stets für einen Theaterdonner auf medialen Bühnen gut. Zum Beispiel beim öffentlich-rechtlichen Sender Arte, dessen Social-Media-Team die These verbreitet, es sei sicher, „dass die menschengemachte Umweltzerstörung das Auftreten solcher Krankheiten begünstigt.“ In dem zweieinhalbminütigen Video heißt es: „Schuld an dieser Entwicklung ist auch der Mensch. Er gefährdet das Gleichgewicht der Ökosysteme und verändert so die Übertragungskette der Viren.” Als Beispiel wird das Nipah-Virus genannt, dessen Ausbruch in Malaysia zwischen 1998 und 1999 etwa 100 Menschen das Leben kostete. Die Übertragungskette verlief wohl von Flughunden auf Schweine und von dort auf die Mitarbeiter von Schlachthöfen. Der Beitrag macht die Rodung von Wäldern in Indonesien für die Migration infizierter Flughunde ins benachbarte Malaysia verantwortlich, aber die Beweisführung bleibt vage, schon allein weil die besagten Tiere bereits davor in zahlreichen Regionen Südostasiens heimisch waren – so zum Beispiel auch in Indien und Bangladesch.

Woher dann die „Sicherheit” rührt, dass Pandemien wie Corona durch menschliche Umwelteingriffe wahrscheinlicher werden, erfährt der geneigte Zuschauer nicht. Naheliegende Einwände werden außer Acht gelassen: Etwa die Frage, ob die Transformation von Kulturlandschaften und das Leben in Städten, wie sie für die Moderne charakteristisch sind, nicht eher dazu beitragen, den menschlichen Kontakt mit Wildtieren zu reduzieren? Von Ungeziefer wimmelnde Wohnräume und ein Leben mit dem Vieh unter einem Dach gehören in weiten Teilen der Welt zum Glück der Vergangenheit an. Und müsste eine faire Bilanz nicht auch die Vorteile der globalisierten Wirtschaftsordnung betrachten, zu denen nicht nur die Verbreitung von Impfungen und anderen medizinischen Innovationen zählt, sondern auch der menschheitsgeschichtlich beispiellose Massenwohlstand, den hunderte Millionen Asiaten seit knapp einer Generation genießen? Fragen über Fragen.

Ein ökologistisches Schauermärchen

In einer „Analyse“ für die Wochenzeitung „Die Zeit“ stößt die Redakteurin ins gleiche Horn wie ihre deutsch-französischen Kollegen: Experten meinten, „es sei kein Zufall, dass das Virus gerade jetzt ausbricht, und noch weniger, dass es sich so schnell verbreiten kann.“ Den Beleg für die steile These im ersten Halbsatz bleibt sie aber genauso schuldig. Das folgende Zitat von Johannes Vogel, Botaniker und Direktor des Berliner Museums für Naturkunde, glänzt nämlich ebenso mit koketter Unbestimmtheit, wie das Skript des Arte-Filmchens von zuvor, aber urteilen Sie selbst:

„Wir schauen zu wenig auf die Tatsache, dass ein falsches Mensch-Natur-Verhältnis viele unserer Probleme befeuert, meist sogar verursacht […]. Nicht nur Viren breiten sich aus. Ganze Länder werden überflutet, Wälder brennen, Gletscher schmelzen, Ozeane erwärmen sich und Insekten sterben. Die großen Herausforderungen – der Klimawandel, der Verlust der biologischen Vielfalt und eben das Aufkommen ganz neuer Erreger, die den Menschen letztlich wieder bedrohen – hängen alle zusammen."

Es hängt eben alles mit allem zusammen. Aber wie? Sieht man einmal von der Binsenweisheit (die zugleich ein glücklicher Umstand ist) ab, dass mehr Menschen als je zuvor die Erde bevölkern, warum sollte dann der Ausbruch neuer Krankheiten genau heute wahrscheinlicher sein als zum Beispiel vor 200 Jahren? Pandemien gibt es mindestens, seit es Fernhandel gibt, was unter anderem das Beispiel der Großen Pest beweist, deren Erreger sich im 14. Jahrhundert seinen Weg über die fernöstliche Seidenstraße bis in die Hafenstädte Westeuropas bahnte. Natürlich verlief die Ausbreitung damals langsamer, aber auf der anderen Seite waren die Menschen der Vormoderne den Krankheitsfolgen in einem Maße schutzlos ausgeliefert, das heutige Zeitgenossen erschaudern ließe.

Man kann solche Dinge trotzdem schreiben, man kann sie auch senden. Aber der penetrante Versuch, trotz unklarer Faktenlage jedes Übel dieser Welt mit menschengemachten Umweltveränderungen erklären zu wollen, beschädigt am Ende die eigene Glaubwürdigkeit. Und die sollte einem kostbar sein, gerade wenn man sich dem Kampf gegen die Erderwärmung verschrieben hat. Das ökologistische Schauermärchen von der „Rache des Planeten” ersetzt in jedem Fall keine rational begründete Politik, die bedrohliche Umweltentwicklungen ernsthaft adressiert und entschärft.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Novo-Argumente.

Lesen Sie zum gleichen Thema auf Achgut.com: Das Märchen mit den drei Planeten – Heute ist Welt-Misanthropen-Tag

Foto: Georges Biard CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Maria Walter / 04.04.2020

Die Klimareligion ist ein Ersatz für den christlichen Glauben. In himmelschreiendem Maße ähnelt sie den Götzendiensten vergangener Kulturen. Wir erlebten ja sogar kürzlich die Anbetung einer amazonischen Holz-Fruchtbarkeitsgöttin durch den - man beachte! - Papst! und ihm genehmer angeblicher Kardinäle und Bischöfe. Durchgesetzt werden sollte damit neben dem peinlichen Erstziel deutscher Bischöfe aus ja nun offenbarem Grund, nicht wahr, das Zölibat abzuschaffen, ganz unverholen der Austausch der katholisch-christlichen Religion mit einem menschenverachteten Ökokult. Es ist ein inhumaner Sozialismuss im Mantel des Lichts, der Gottt negiert, der den Menschen die Erde geschenkt hat, Nationen, Völker, Ehe und Familie geschaffen hat und dazu bestimmt, verantwortungsvoll aber zu seiner Freude und der Freude Gottes die Erde zu “beackern.”. Das Beackern ist jetzt angeblich Sünde, das Leben und Atmen ist angeblich Sünde. Man hörte ja auch schon, dass der Vatikan plante, sogenannte “Ökosünden” zu kreieren und damit ganz offenbar die Sünden für gut zu erklären, die Gott als solche bezeichnet hat, und daran kein Jota ändern wird. Dieses Sünden redet ein Großteil der Kleriker aber gut und segnet alles, was damit zu tun hat. Warum wohl? Weil es die eigenen sind? wie bei vielen solcher “Models! usw., die deshalb so empfänglich für diese Thesen sind und sie sich durch Sozialisierung bestätigen lassen, weil das Gewissen schreit? Die Entwicklung, die mit der Anbetung falscher Götter, entsteht, ist schon tausend Mal auf dieser Erde abgelaufen und wird im jetzigen Fall mit verheerenden Folgen enden - nämlich mit Vernichtung, zuerst der Alten, die man gerade angeblich “schützt”, indem man sie abseits stellt, dann mit weiteren Gruppen. Die “Geschlechtertrennung” in Peru hat auch wohl kaum etwas mit einem Virus zu tun. Offensichtlich nur dann begreift der Mensch, wer Gott ist und wer nicht, wenn die totale Vernichtung kommt. Es kehre um, wer das begreift, man hat nicht mehr viel Zeit.

Gertraude Wenz / 04.04.2020

Lieber Herr Dr. Karl Wolf, einfach super, Ihr Kommentar!

Rudolf Kempe / 04.04.2020

Da erinnere ich mich an meine Jugend. Lang ist’s her. Wir reisten mit einer Jugendgruppe, vermittels der Deutsch Französischen Freundschaft, an die Côte Azur. Dort lernte ich meine erste Große Liebe kennen. Es war spät am Abend an der Croisette von Cannes. Da erschien Sie. Eine bildhübsche, blutjunge, kluge Französin. Wir hatten Sex am Strand vor dem Hotel Carlton. Sex der nie enden wollte. Wer das nicht erlebt hat, der weiß nicht, wie wunderbar es ist, eine gebildete Schönheit verführt zu haben. À la recherche du temps perdu:-)

Gudrun Dietzel / 04.04.2020

Dieser junge, schöne Mann (Autor, googeln Sie ihn mal!), fest angestellt als Referent in einer FDP-Rathausfraktion, hat sich natürlich nicht von ungefähr die ebenso schöne Doutzen Kroes ausgesucht, als AUFHÄNGER für seinen Text lediglich, denn fürderhin kommt die junge Dame im Artikel gar nicht mehr vor, aber gleich und gleich gesellt sich gern und Mellein hatte Erfolg: Das Model war sein Köder am Angelhaken, und viele der älteren Achgut-Leser sind genau auf den Trick mit der Schönen hereingefallen, manche haben sich ganz und gar auf das Niveau von Jung-und-manchmal-oberflächlich-bis-doof herabgelassen und schimpfen völlig am Problem vorbei mit. Nach dem Lesen fragte ich mich: Wo saß eigentlich das Problem? Unter dem Tisch vermutlich…

Jens Richter / 04.04.2020

Wir erleben seit einigen Jahrzehnten einen zuckersüßen Neo-Biedermeier. Die gute Stube mit Genrebild ist nun der idyllische Bio-Kleinbauernhof, der Vater mit Hirsch über’m Bett ist jetzt der Zausel mit der Latzhose. Dieses vermeintliche Idyll soll das Modell einer naturgesunden Klein-Klein-Welt sein. “Globalismus”? Gerne, wenn halb islamistan ins Idyll eingeladen wird. Sonst ist es die kalte Welt der bösen weißen Kapitalisten, die wichtige Brutstätten des Borkenkäfers zubetonieren, Wälder herzlos abholzen und dadurch Viren ins Idyll schleusen.

Jürgen Fischer / 04.04.2020

Weil ja gerade so viel über Überbevölkerung und (zu) hohe Bevölkerungsdichte geredet wird, schleicht sich eine gemeine Frage in meinen Hinterkopf: wie steht’s eigentlich um den Ort mit der höchsten Bevölkerungsdichte der Erde? Wie ist der Corona-Stand im Fürstentum Monaco? Hab bisher noch keinen Pieps von dort vernommen.

Jürgen Keil / 04.04.2020

Aus dem Buch von Prof. Wolfgang Behringer: „Kulturgeschichte des Klimas“, S. 282: „Die Bestrebungen zum Schutz der Natur sind konservativer Art: < Naturschützer > möchten nicht die   < Natur > erhalten, sondern eine gewohnte Art von Natur, einen ökologischen Zustand, der so viel oder so wenig < natürlich > ist wie jeder andere Zustand.  Beim < Naturschutz > geht es weniger um die Natur als um menschliches Wohlbefinden.“ Wie sagte doch in einem Film im ÖR einer der Protagonisten, selten so einen realistischen Spruch gehört, allerdings in einem etwas anderen Zusammenhang gesprochen: “Ihr könnt die Welt nicht verändern. Aber ihr fühlt euch gut dabei!”

Thomas Schmied / 04.04.2020

Der gute, satte Mensch rief: “Danke, gerechte Natur! Danke für Corona! Danke für die Reduzierung der bösen Menschheit und ihrer zerstörerischen Technik!” Dann drehte er sich um, sah in das offene Maul eines Löwen - und schrie nach einem Gewehr.

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