Der brennende Autofrachter in der Nordsee ist ein PR-Gau für das Elektroauto und die Verkehrswende. Es ist erstaunlich, welche Gefahren die Weltretter für den Klimaschutz in Kauf nehmen. Im Zentrum des Problem stehen diesmal Lithium-Ionen-Batterien. Hier ein näherer Blick auf deren Janusköpfigkeit.
Mit dem Ziel, das Wetter auf der Erde positiv zu beeinflussen (Klimapolitik), hält die Bundesregierung es für eine gute Idee, 15 Millionen E-Autos bis 2030 in den Verkehr zu bringen. Bislang sind es rund eine Million Elektroautos. Daher fördert sie den Kauf solcher Fahrzeuge mit einem Umweltbonus. Seit Juli 2016 wurden rund 3,5 Milliarden Euro für 820.000 E-Autos ausgezahlt. Weitere 400 Millionen Euro stellt das Wirtschaftsministerium zur Verfügung, um die Nachfrage weiter anzukurbeln, um „Planbarkeit und Sicherheit für Verbrauchende und Wirtschaft sicherzustellen“, so das mit der deutschen Sprache hadernde Habeck-Ministerium. Ab 2035 sollen zudem keine neuen Verbrenner-Autos mehr in der EU zugelassen werden, auch das soll der E-Mobilität auf die Sprünge helfen, deren Selbstmarketing nicht so berauschend ist.
Das Kraftzentrum der E-Autos sind sogenannte Lithium-Ionen-Batterien, die sich bedauerlicherweise spontan entzünden können (siehe Achgut.com: „Die wahren Verbrenner“). Die Gründe können ganz unterschiedlich sein. Defekte Akkus, zu kalte oder heiße Lagerung oder die sogenannte Tiefenentladung. Dabei entlädt sich die Batterie vollständig, durch Zellschäden kann es zur Selbstentzündung kommen. Klar ist: „Je mehr Lithium-Ionen-Akkus im Einsatz sind, desto größer wird die Brandgefahr“, wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) informiert.
Die Bauweise mache die Batterien zwar kompakt, heißt es auf deren Seite weiter, berge aber auch negative Effekte. „Bei einer Überladung, Beschädigung oder Überhitzung kann es zu einer unkontrollierten Freisetzung der gespeicherten Energie kommen. Das nennt man ‚thermisches Durchgehen‘ (engl.: thermal runaway).“ Kommt es dazu, erhitzen sich die Lithium-Ionen-Zellen im Akkublock. Dabei könne eine Zelle „mehrere hundert Grad Celsius erreichen und wiederum andere Zellen anheizen – es kommt zur Kettenreaktion, der Akku explodiert.“
Experte meint es besser zu wissen als die Seefahrer
Das kann katastrophal enden. Im April 2021 gab es in einer Pekinger Stromspeicherungs-Anlage „einen Thermal Runaway gigantischen Ausmaßes“, wie Achgut.com berichtete. 235 Feuerwehrleute mit 47 Löschfahrzeugen waren im Einsatz. „Während der Löscharbeiten explodierte plötzlich der nördliche Teil des Bahnhofs, wobei zwei Feuerwehrleute getötet und ein weiterer verletzt wurden“, liest man auf chinadaily.com.
Auf der Internet-Seite der AXA-Versicherung wird ein weitere Großbrand in den USA geschildert:
"Am 30. Juni 2021 brach in einer verlassenen Lagerhalle in Morris, Illinois, ein gewaltiger Industriebrand aus. Schwarze, giftige Rauchwolken waren schon von weitem zu sehen. Als die Feuerwehrleute eintrafen, wussten sie nicht, was in der Lagerhalle gelagert wurde. Sie begannen die Brandbekämpfung mit dem Einsatz von Löschwasser, was zu einer erhöhten Intensität des Feuers und gelegentlichen großen Explosionen aus dem Inneren des Lagers führte.
Zur Überraschung der Feuerwehrleute und der Stadtverwaltung wusste niemand, dass das verlassene Lagerhaus zur Lagerung von Hunderten von Batterien genutzt wurde. Nachdem sie von den Batterien erfahren hatten, verzichteten die Feuerwehrleute auf den Einsatz von Wasser oder Schaum und beschlossen stattdessen, das Feuer brennen zu lassen.
Während das Feuer weiter brannte, mussten aufgrund der giftigen Dämpfe und des die in die Luft gelangten Rauchs fast 1.000 Anwohner evakuiert werden. Die Feuerwehr und andere staatliche Stellen wandten sich an die EPA (Environmental Protection Agency) und andere Feuerwehreinrichtungen, um zusätzliche Ratschläge zu erhalten, wie das wachsende Feuer gelöscht werden kann. Sie setzten 1.000 Pfund einer trockenen Chemikalie namens Purple-K (Kaliumbicarbonat, Handelsname Ansul) ein, um es damit zu ersticken. Nach Angaben von Beamten, die damals vor Ort waren, „lachte das Lithiumfeuer“ über das Purple-K. Anschließend pumpten die Beamten 28 Tonnen trockenen Zement in das Lagerhaus, um die brennenden Batterien abzudecken."
Im Moment steht bei der offenbar durch E-Autos entzündeten Autofähre in der Nordsee die Gefahr im Mittelpunkt, die die Stromspeicher für Schiffe heraufbeschwören. Gestern wurde das noch brennende Schiff abgeschleppt, es liegt nun 16 Kilometer nördlich der Watteninseln Schiermonnikoog und Ameland. Der Greenpeace-Experte Manfred Santen schafft es während eines langen Interviews mit der Tagesschau, das Wort "Elektroauto" nur einmal eher beiläufig zu erwähnen.
Eine Reederei aus Norwegen, Havila Kystruten, hat indes entschieden, dass keine Elektroautos und Hybrid-Fahrzeuge mehr auf ihren Fähren erlaubt sind. „Jeder Brand in Elektro-, Hybrid- oder Wasserstofffahrzeugen würde externe Rettungsmaßnahmen erfordern und könnte die Menschen an Bord und die Schiffe in Gefahr bringen“, so Geschäftsführer Bent Martini. Man unterstütze zwar „klimafreundliche“ und „grüne“ Bemühungen, aktuell gebe es aber noch keine sicherere Lösung, weshalb es verantwortungslos gegenüber den Gästen, Mitarbeitern und der Natur wäre, das Risiko einzugehen.
Ganz anders zitierte Anfang Januar die Nachrichten-Website der Tagesschau den Experten Jochen Schäfer, der als ehrenamtlicher Fachberater für Elektromobilität des Deutschen Feuerwehrverbandes vorgestellt wird und sein Bestes gibt, um die Gefahr herunterzureden: „Es gibt Systeme, wie Brände von E-Autos und Batterien auch an Bord eines Schiffes gut in den Griff zu bekommen sind“, die oben erwähnte Entscheidung der norwegischen Reederei hielt er für ein „völlig falsches Signal“, der Transport von Lithium-Ionen-Batterien sei gar nicht riskanter als der Transport von Verbrennern. Entscheidend sei „die richtige Ausbildung der Crew, damit die im Ernstfall gut agieren kann.“
Strenggenommen handelt es sich gar nicht um Feuer
Auch wäre beim Verband Deutscher Reeder keine erhöhte Anzahl von Schiffsbränden, die durch E-Autos verursacht wurden, bekannt. Die International Maritime Organization (IMO) hatte von einer „zunehmende[n] Zahl von Zwischenfällen mit Bränden, die auf die Beförderung von Fahrzeugen mit alternativen Energien zurückzuführen sind“, gesprochen. Indes gibt die aktuelle Realität in der Nordsee den Befürchtungen der norwegischen Fährbetreiber recht.
Doch warum ist es eigentlich so schwierig, brennende E-Autos zu löschen? Achgut-Autor Hans Hofmann-Reinecke wies auf eike-klima-energie.eu darauf hin, dass es sich strenggenommen gar nicht um Feuer handelt.
„Benzin oder Kohle haben eine wesentlich höhere Energiedichte als eine Li-Batterie, d.h. sie speichern mehr Kilowattstunden pro kg. Allerdings geben sie die nur ab, wenn auch Sauerstoff dazu kommt. Ohne den gibt‘s kein Feuer. Und so kann jegliches konventionelle Feuer gelöscht werden, indem man Sauerstoff fernhält, etwa durch eine Feuerdecke, Pulver oder Wasser. Eine Batterie bleibt von diesen Maßnahmen unbeeindruckt, da sie keinen Sauerstoff braucht, um ihre Energie zu entfalten. Das heißt nicht, dass die Materialien, aus denen die Batterie besteht, nicht auch noch ‚ganz normal‘ brennen können – aber das ist das kleinere Problem.“
Dazu passend, schreibt der ADAC, im Gegensatz zu brennendem Treibstoff, „dem die Einsatzkräfte meist durch Löschschaum den notwendigen Sauerstoff entziehen, sei bei Lithium-Ionen-Akkus aber Wasser das geeignete Löschmittel.“ Es reiche daher nicht, die sichtbaren Flammen zu ersticken.
Der gefährliche Rauch
Zur Löschproblematik kommt erschwerend hinzu, dass der Rauch sehr gefährlich ist. In geringen Dosen wird Lithium zwar als Medikament eingesetzt. Doch eine Konzentration von 4 mmol/l ist bereits tödlich, das entspricht 72 mg/dl bzw. 72 mg pro 100 ml. In einem Tesla-Akku sind 10 kg Lithium verbaut, also eine ganze Menge potenzielles Gift. Das Umwelt-Bundesamt warnt: „Brennende lithiumhaltige Batterien und Akkus können stark reizende, ätzende sowie giftige Dämpfe und Substanzen freisetzen. Daher besteht im Brandfall ein erhöhtes Risikopotenzial.“ Da darf man sich ruhig fragen, ob es so eine gute Idee ist, den Individualverkehr auf diese Technologie umzustellen und welche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Die AfD fragte die Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage:
„Beschäftigt sich die Bundesregierung mit der möglichen Überlastung der Umwelt in Bezug auf Lithium und seine Verbindungen, aber insbesondere hier mit der potenziellen, großflächigen Kontamination des Grundwassers, und wenn ja, welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um dieser möglichen Überlastung der Umwelt, aber insbesondere der potenziellen, großflächigen Kontamination des Grundwassers und dessen Auswirkungen in den kommenden Jahren gerade auch durch den Ausbau der Elektromobilität entgegenzuwirken, und wenn nein, warum nicht (bitte ausführlich begründen)?“
Siebenjährige suchen unter Tage nach Metall
Die Antwort der Bundesregierung besteht aus zwei Sätzen: „Eine großflächige Kontamination des Grundwassers durch Lithium und seine Verbindungen ist nicht zu erwarten, weil Lithium-Ionen-Akkus nach der Nutzung ordnungsgemäß zu sammeln und zu verwerten sind. Damit werden Stoffeinträge in den Boden und das Grundwasser vermieden.“ Die Bundesregierung erwartet also, dass nichts passiert, weil man sich an die bestehenden Gesetze, in diesem Fall die EU-Richtlinie 2006/66/EG, halten wird. Nun muss man nicht immer gleich panikgetrieben vom Schlimmsten ausgehen, aber ist das zufriedenstellend?
Die E-Auto-Thematik hat auch eine ethische Dimension. Kobalt für Lithium-Akkus wird oft illegal durch afrikanische Kinder abgebaut. Um einen Eindruck davon zu bekommen, sei die Hilfsorganisation Hope For The Future zitiert. Aus Armutsgründen stürzen sich Menschen
„im wahrsten Sinne des Wortes in unregulierte Minen-Kooperationen. Bis zu 45 Meter sind die Löcher zum Schürfen tief und sind mit teils instabilen Untertagelabyrinthen durchquert. Kinder und Eltern arbeiten zu jeder Zeit ohne Mundschutz und Barfuß. Die abgebauten Erze werden dann zu nahegelegenen Bächen getragen, um sie zu waschen und zu sortieren, was wiederum das angrenzende Trinkwasser verschmutzt und unbrauchbar macht. Alle Böden sind sehr brüchig. Die Arbeit ist tückisch. Sowohl beim Waschen als auch beim Abbauen. Täglich gibt es Unfälle. Menschen werden lebendig unter den Massen an Erde begraben. Diejenigen, die überleben, atmen Unmengen an giftigen Kobaltstaubes ein und sterben verfrüht an Lungenerkrankungen. Je tiefer die Schächte, desto enger werden sie auch. Genau hier kommt (…) Kinderarbeit ins Spiel. Siebenjährige suchen unter Tage nach Metall. Bis zu 12 Stunden arbeiten die Minderjährigen für einen Lohn von ein bis zwei Dollar durchschnittlich.“
Erstaunlich, welche Gefahren man für den Klimaschutz in Kauf nimmt
Man darf damit rechnen, dass die klimapolitisch forcierte Elektro-Mobilität auf einer Menge Ausbeutung und Leid beruht, die Welt kein besserer Ort durch sie wird, eher im Gegenteil. UNICEF schätzt, dass „ungefähr 40.000 Kinder in kongolesischen Kobaltminen arbeiten. Die jüngsten von ihnen sind gerade einmal vier Jahre alt.“ (aktiv-gegen-kinderarbeit.de)
Skurril: Während Grüne sich ein gutes Gewissen verschaffen, indem sie glauben, ihre Kaufentscheidungen wirkten sich positiv auf die Erdtemperatur aus – ein doch recht spekulativer Zusammenhang –, kommt ihnen das sehr viel Näherliegende nicht in den Sinn: dass sie Kinderarbeit befördern.
Es erstaunt doch sehr, wie viel man für die „Rettung“ des Klimas bereit ist, in Kauf zu nehmen. Von einem intakten moralischen Kompass scheinen die Weichenstellungen nicht getrieben zu sein. Die Katastrophe vor der Nordsee ist für die E-Mobilität das größte anzunehmende PR-Desaster. Vielleicht schweigen sich die Autohersteller auch deshalb so auffallend darüber aus, wessen Autos da brennen. Mercedes und BMW haben inzwischen zugestanden, dass Fahrzeuge aus ihren Werken an Bord sind.
Lesen Sie auf der Achse auch: „Chinas Elektroauto-Zombies“ und „Die wahren Verbrenner" von Dirk Maxeiner.
Redaktioneller Hinweis: In einer früheren Version stand, dass Lithium oft durch afrikanische Kinder abgebaut wird. Bei der anschließend thematisierten Kinderarbeit im Kongo geht es aber um Kobalt, das wiederum in Lithium-Ionen-Akkus verbaut wird.
Felix Perrefort ist Redakteur und Autor der Achse des Guten.