Das Erste | Mittwoch, 04.03.2009 | 23:15 Uhr
Die ARD kündigt an:
Das Rätsel um den Palästinenserjungen Mohammed Al-Durah
Film von Esther Schapira und Georg M. Hafner
Das Bild ging um die ganze Welt: Ein Vater kauert hinter einem Betonfass, schützend den Arm um seinen kleinen Sohn gelegt. Er versucht, sich und sein Kind zu retten. Die tragische Szene wird gefilmt von einem Kameramann des französischen Fernsehkanals France 2. Weltweit ist zu sehen, wie Mohammed Al-Durah, der zwölfjährige Palästinenserjunge, an der Netzarimkreuzung in Gaza in den Armen seines Vaters stirbt, Opfer eines mörderischen Schusswechsels zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten. Aber stimmt die Geschichte? Oder sind die westlichen Medien Opfer palästinensischer Propaganda geworden? Ist die spektakuläre Szene eine Fälschung?
Erste Zweifel an der schlichten Wahrheit formulierte die ARD-Dokumentation „Drei Kugeln und ein totes Kind - Wer erschoss Mohammed Al-Durah?”(2002). Die akribische Recherche zeigte damals, dass nahezu ausgeschlossen ist, dass israelische Soldaten das Kind am 30. September 2000 erschossen. Was damals noch für heftige Angriffe gegen die ARD sorgte, ist mittlerweile allgemein akzeptiert. Demnach wären Palästinenser verantwortlich für den Tod des kleinen Jungen. Doch vielleicht ist die wahre Geschichte noch viel unglaublicher: Wurde Mohammed Al-Durah überhaupt erschossen? Die Zweifel jedenfalls an der Authentizität der Szene sind so schwerwiegend, dass kürzlich ein Gericht in Paris urteilte, es sei zulässig, von einer Fälschung zu sprechen. Sollten also tatsächlich jene Recht behalten, die seit Jahren behaupten, dass es sich um eine reine Propagandainszenierung handelt, dann wäre dies einer der größten Medienskandale - mit ungeheuerlichen Folgen. Wegen dieser Szene haben Menschen getötet und sind Menschen gestorben. Auch Al Kaida nutzt die Bilder - in einem Rekrutierungsvideo im Internet. In Freitagspredigten und auf Flugblättern wurden Muslime aufgerufen, Mohammed Al-Durah zu rächen. Ein Aufruf, der grausige Realität wurde mit der bestialischen Enthauptung des amerikanischen Journalisten Daniel Pearl durch Islamisten. Im Video seiner Hinrichtung wird das „Todesurteil” als Rache für die „Ermordung” Mohammed Al-Durahs gerechtfertigt und die berühmte Szene eingespielt. Weltweit wurden Straßen und Plätze nach ihm benannt und bis heute werden Kinder in Palästina aufgerufen, den „Märtyrer Mohammed Al-Durah” zu rächen und ihm nachzueifern.
Die Dokumentation „Das Kind, der Tod und die Wahrheit” geht den vielen Widersprüchen und Ungereimtheiten nach, versucht das Rätsel um den kleinen Palästinenserjungen zu lösen. Auf Mohammed Al-Durahs Grab steht: „Die in der Schlacht sterben, sterben nicht wirklich, sondern leben weiter.” Im Paradies - davon ist jeder gläubige Moslem überzeugt. Sollte Mohammed aber tatsächlich noch am Leben sein, dann wäre er heute 20 Jahre alt. Denkbar ist diese unglaubliche Geschichte, denn eines zeigen die Bilder ohne Zweifel nicht: den Tod Mohammed Al-Durahs. Der Film ist ein einzigartiges Anschauungsmaterial für die aktuellen Probleme der modernen Mediengesellschaft. Ist ein Bild wirklich oder wahr, ist es realistisch oder real? Feinheiten, die an der Front des Medienkrieges längst keine Rolle mehr spielen.