Henryk M. Broder / 17.10.2018 / 09:05 / 16 / Seite ausdrucken

Das Jüdische Museum in Berlin will kein jüdisches Museum sein

Alan Posener beschreibt in der Welt, wie das 2001 eröffnete Jüdische Museum in Berlin (JMB) sich immer weiter von seinem jüdischen Erbe distanziert. Es ist „ein Haus voller unglücklicher Menschen“, das in einer tiefen "Sinn- und Führungskrise" steckt. Ein sehr lesenswerter Text über eine der großen Berliner Touristenattraktionen, die über 660.000 Besucher pro Jahr zählt.

Mir war das ganze Projekt von Anfang an suspekt. Ein „Jewrassic Park", wie es Thomas Lackmann treffend nannte. Das fing mit dem Bau von Daniel Libeskind an, bei dem man an alles, auch an einen "Raum der Stille" gedacht hatte, nur nicht daran, dass so ein Haus auch Toiletten und eine Klimaanlage brauchte. Ein Musterbeispiel für suggestive Architektur, die den Besuchern durch geneigte Flächen und steile Treppen Gefühle einzureden versuchte, die sie gar nicht haben konnten. Inzwischen arbeitet das JMB mit ausgewiesenen „Antizionisten" zusammen, finanziert aus öffentlichen Mitteln. Das Museum will „keine Institution zur Abwehr des Antisemitismus" sein; was die Referenten angeht, lehnt es "Gesinnungstests im Sinne einer Überprüfung ihrer politischen Anschauungen" ab. Dafür will es "produktive Unruhe in die Gesellschaft tragen", woran es gerade offenbar mangelt.

Mit aller Bescheidenheit möchte ich auf zwei Texte von mir aus dem Jahre 2001 hinweisen. Diesen über das Haus des Unfugs und diesen über die spektakuläre Eröffnung des JMB. Ich war dabei, und ich brauchte mehr als zehn Jahre, um mich von diesem Trauma zu erholen. 

 

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Wilfried Cremer / 17.10.2018

Bei Loriot hing zuerst nur das Bild schief. Am Ende war Chaos. Auf dem Wege der deutschen Vergangenheitsbewältigung befindet sich das Museum in irgendeiner Phase dazwischen. Es wird nicht besser.

Marc Blenk / 17.10.2018

Lieber Herr Broder, ich war genau einmal in dem Museum. Das muss kurz nach der Eröffnung gewesen sein. Wohl fühlte ich mich dort nicht. Ok, beim Besuch eines KZ geht es nicht darum, sich wohlzufühlen. Ein KZ bringt einem das Grauen nah. Aber ein Museum? Dort möchte ich etwas auf unterhaltende Weise erzählt bekommen. Und im und am Erkenntnisprozess Freude haben. Das ist mir damals nicht gelungen. Dort Freude zu empfinden an jüdischer Geschichte und Kultur. Ich hatte nicht erwartet, dass dort der Holocaust ausgeblendet sein würde, aber schon gedacht, dass dort so eine Art ‘offene Tür’ jüdischer Kultur zu finden sein würde. Stattdessen architektonische Enge und Beklemmung. Und was den heutigen Zentralratszinnober angeht mit der alten Leier jüdischen Selbsthasses, dem wohlfeilen Fingerzeig auf den deutschen Bürger mit dem bösen Großvater und dem Ranschmiss an den muslimischen Neubürger… Ich frage mich, was da falsch gelaufen ist. Wie manche Deutsche, die sich sehnlichst wünschen, sie würden sich als Volk auflösen oder aufgelöst werden, ist es bei bestimmten Juden ähnlich. Es müsse ja an dem Judenhass etwas dran sein, man muss es sich nur lange genug einreden. Und erst wenn Israel verschwunden ist und die Juden den Planeten verlassen haben, wäre endlich wieder Harmonie.  Selbstverleugnung, Selbsthass, Autoaggression. Die deutschen Juden müssen auf die Couch. Am besten gemeinsam mit den anderen deutschen nichtjüdischen Selbsthassern.

Peer Munk / 17.10.2018

Ich war dort in der Ausstellung “Welcome to Jerusalem” und war unangenehm überrascht - nachdem der Besucher sich im Keller zunächst in wohlfälliger Betroffenheit üben konnte angesichts der Verbrechen im 3.Reich, wurde oben dann im Grunde in alter antisemitischer Manier weitergemacht. Die Ausstellungsmacher vertreten offenbar die Linie der linksgrünen “Israelkritiker”: Israel sei eigentlich Schuld an der Gewalt im nahen Osten, die Palästinenser seien Opfer und Widerstandskämpfer. Etliches wurde verschwiegen, z.B. die Angebote, die Israel Arafat und später Abbas machten und die von den Palästinenserführen abgelehnt oder ignoriert wurden. Verstehe ich nicht, dass das jüdische Museeum solch eine Ausstellung macht.

Wolfgang Kaufmann / 17.10.2018

Nachdem wir 1945 die Kontrolle über das „Museum einer untergegangenen Rasse“ verloren haben, muss es ja wieder einer machen. Und bei Lichte betrachtet: Berlin ist ehrlicher als Prag. Viel einschlägiger Sachverstand findet sich übrigens auch in Köln mit seinem Grünen Brüter. Vielleicht dort eine Außenstelle einrichten – oder gleich ein entsprechendes Germanisches Museum? Ende Sarkasmus.

P.Steigert / 17.10.2018

Für die Linken in Berlin sind fällt das jüdische und israelische Selbstverständnis, das Bildungsbewußtsein usw. schon lange in die Kategorie “rechts”. Außerdem sind ja die Muslime angeblich schon die neuen Juden. Da will man das Gebäude sicher bald umwidmen, zusammen mit Hohenschönhausen.

Karla Kuhn / 17.10.2018

Gibt es nicht schon genug „produktive Unruhe”  in der Gesellschaft?”  “Mit aller Bescheidenheit möchte ich auf zwei Texte von mir aus dem Jahre 2001 hinweisen. Diesen über das Haus des Unfugs und diesen über die spektakuläre Eröffnung des JMB. Ich war dabei, und ich brauchte mehr als zehn Jahre, um mich von diesem Trauma zu erholen.”  Ich kenne das Museum nicht, ich kann mir kein Urteil bilden aber Museen sollen doch generell Zeitzeugen der Geschichte sein. Wenn es das nicht erfüllt, für was st es dann da?

Helge-Rainer Decke / 17.10.2018

@Sabine Schönfelder, woher haben Sie die Kenntnis darüber, das Museum hätte keine Toiletten? Als Besucher des Museums kann ich versichern, ich musste nicht auf einem Dixiklo meine Notdurft verrichten.

Marc Stark / 17.10.2018

Ein lesenswerter Artikel von Herrn Posner - Sachen gibts;-)

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