Henryk M. Broder / 04.10.2015 / 16:30 / 15 / Seite ausdrucken

Das ist ja irre! (2)

Am Ende des Tages sind die Deutschen doch ein deppertes, autoritätsfixiertes und gehorsamversifftes Volk. Nun gut, nicht alle Deutschen und nicht die Deutschen, aber immer noch genug, um sich ohne aufzumucken von einer ehemaligen FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda regieren zu lassen.

WELT ONLINE hat heute früh mit dieser Schlagzeile aufgemacht. „Alle warten jetzt auf ein Signal der Kanzlerin“. Im Vorspann war zu lesen: „Während täglich Tausende von Menschen ungehindert einreisen, fordern Spitzenpolitiker aus Union und SPD ein Signal Angela Merkels. Die Kanzlerin soll eingreifen und den Flüchtlingsstrom begrenzen.“

Ich fürchte, meine Kollegen von WO haben Recht. Die Bundesrepublik ist ein ostelbischer Gutshof, auf dem nur der Gutsherr etwas zu sagen hat. Er bestimmt, was die Kühe zu fressen bekommen und wann sie scheißen dürfen, wie lange das Gesinde arbeiten und welche Magd ihm nächtens zu Diensten sein muss. Die BRD ist eine One-Woman-Show. Es gibt keine Regierung, kein Parlament, keine Gewaltenteilung, keine 16 Ministerpräsidenten, keine Opposition. Die Kanzlerin kümmert sich um alles, persönlich und eigenhändig. Wie Fidel Castro, Hugo Chavez und Ferdinand Piech.

Vor etwas mehr als einem Monat hat sie sich über alle Gesetze, Regeln und Zuständigkeiten hinweggesetzt und die Tore weit aufgemacht. Nun soll sie die Schoten wieder dichtmachen, ebenso persönlich und eigenhändig. Spitzenpolitiker von Union und SPD „warten“ auf ein „Signal“ der Chefin. Irgendwo im BuKaAmt muss es einen Knopf geben, mit dem sie die Ampeln von Grün auf Rot schalten kann. Sie könnte auch an die deutsch-österreichische Grenze bei Freilassing fahren und sich dort quer über die Saalbachbrücke legen, um den Flüchtlingsstrom zu stoppen, wie eine Panzersperre am Westwall. Es wäre ein Signal, das die Spitzenpolitiker von Union und SPD, Kauder und Oppermann vorneweg, bestimmt begrüßen würden. Ein Wort von Mutti, und die Flüchtlinge strömen zurück in ihre Herkunftsländer, der Rhein fließt bergauf und die nächste Sonnenfinsternis findet im Foyer des Bundeskanzleramtes statt.

Dazu passt auch eine andere Nachricht der letzten Tage. Bei einem Treffen der Kanzlerin mit Vertretern von Verbänden, Religionsgemeinschaften, Institutionen und Gewerkschaften meldete sich der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, zu Wort und sagte, in den jüdischen Gemeinden gebe es   „jetzt die Befürchtung, dass der arabischstämmige Antisemitismus in Deutschland“ um Zuge der massenhaften Zuwanderung „zunehmen könnte“. Das war sehr vornehm und sehr zurückhaltend formuliert.

Danach soll in der Runde „betretene Stille“ geherrscht haben. Eine Frage stand stumm im Raum. Unter den vielen Facharbeitern, die es nach Deutschland zieht, soll es auch Antisemiten geben? Die Kanzlerin, so wird berichtet, machte sich eine Notiz und versprach: „Darum müssen wir uns kümmern.“

Durch eine Verknüpfung glücklicher Umstände ist eine Kopie des Zettels mit der Notiz der Kanzlerin in unsere Hände geraten. Darauf steht: „Schuster benimmt sich daneben. Wird nicht wieder eingeladen.“

Wird fortgesetzt.
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Test 45: 38900

Peter Gegesy / 05.10.2015

War noch für (1) gedacht, konnte aber nicht mehr eingegeben werden.Nachdem der Artikel (das ist ja irre! (1)) und die vorhergehenden Kommentare etwas zur Erheiterung beigetragen haben, möchte ich nun was zu Grund 2 dieses Stoffels sagen, zu der 150 Milliarden-Euro-Fantasterei, obwohl ich leider das Video nicht einsehen kann. Übrigens, der Kerl, der aussieht wie ein etwas abgemagerter und gealterter Altmaier, ist mir schon irgendwo mal unangenehm aufgefallen. Wird wohl irgendeine Quasselrunde gewesen sein. Nun, Ende November 2014 hatte die Bertelsmann-Stiftung ihre im Auftrag des ZEW durchgeführte Studie in einer knapp 2 Seiten starken Pressemeldung unter folgendem Titel präsentiert: „Sozialstaat profitiert von Zuwanderung (Ausländer haben den Sozialstaat 2012 um 22 Milliarden Euro entlastet – 3.300 Euro pro Kopf. Noch stärker profitieren könnte Deutschland, wenn es mehr in Bildung investiert und auf qualifizierte Zuwanderung setzt)“. Das hieße: Alles läuft prima mit der Zuwanderung und könnte nur noch besser werden. Rechnet man diesen Betrag nun auf die gesamte Lebenszeit der Zuwanderer hoch, so kommt man eben bei einer Gesamtzahl von 6,6 Millionen auf viele 100 Milliarden Euro. Die 150 wären somit noch bescheiden angesetzt. Dieser (betrügerische) Titel und nur soviel von der gesamten Presseerklärung wurde prompt in so gut wie allen Medien publiziert und im ÖR-Fernsehen triumphierend verkündet. Es war der größte konzertierte Volksbetrug den ich bisher erlebt habe. Allein Dorothea Sims hat gleich in einem Artikel in der Welt, unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Presseerklärung sowie der Studie selbst, diese Mogelerklärung so gut wie in ihr Gegenteil verkehrt. Es folgten ihr dann Prof. Rainer Osbild und Hans-Werner Sinn mit noch ausführlicheren Darlegungen. Im Abschnitt 5f. der Presseerklärung heißt es dann plötzlich: ..die allgemeinen Staatsausgaben – also inkl. Schuldendienst, Straßenbau, Verwaltung und Verteidigung – sind zur Zeit wesentlich höher als die Einnahmen.Rechnerisch trägt jeder Deutsche zum langfristigen Staatsdefizit 3.100 Euro bis zum Lebensende bei, jeder Ausländer aufgrund der…schlechteren Integration am Arbeitsmarkt sogar 79.100 Euro“. Wohlgemerkt, es geht um Defizite pro Bürger und nicht um positive Beiträge! Bei den Zugewanderten, Nichtstaatsbürgern somit 25 mal höher als bei den Deutschen.Also, insgesamt, unter Berücksichtigung sämtlicher Staatsausgaben, die rechnerisch den Bürgern zuzuweisen sind, ist von einem riesigen Defizit im Staatshaushalt die Rede, das sich über die Jahrzehnte noch zu einem enormen Betrag anwachsen wird (wie in der Studie selbst ausgeführt- ich glaube es waren ca. 1,5 Billionen). Mit anderen Worten, der Sozialstaat in seinem jetzigen Umfang ist auf Dauer nicht finanzierbar.Großmeister Beise, der offensichtlich nicht einmal die Presseerklärung gelesen, sondern sich einfach mit den reißerischen Schlagzeilen begnügt hat, schwafelt in seinem SZ-Artikel vom 4. Januar 2015 breit darüber, wer nun eigentlich mit seinen Berechnungen recht habe, Holger Bonin, mit seiner Bertelsmann-Studie (d.h., den Schlagzeilen) oder Hans-Werner Sinn „mit seinen Zahlen“, der auch die sonstigen Staatsausgaben allen Personen zurechnet, nicht nur den deutschen Bürgern. Er kann ja nicht wissen, dass Hans-Werner Sinn ansonsten mit geringen Modifikationen etwa die gleichen Zahlen heranzieht, die in der Studie verwendet werden, nur deckt er das kaschierte, desaströse Ergebnis auf und präsentiert es in seinem ganzen erschreckenden Ausmaß.

Brigitte Mittelsdorf / 05.10.2015

Da sieht man doch, dass eine "vornehme" und "zurückhaltende" Formulierung gar nichts nützt. Warum legt der Zentralrat der Juden nicht die Fakten auf den Tisch? Warum positioniert er sich nicht eindeutig? In der heutigen Zeit "vornehm" zu sein, bedeutet, eines Tages gar nicht mehr da zu sein.

Rudolf Stein / 05.10.2015

@ Peter BereitIch weiß nicht, ob Sie jemals in der DDR gelebt haben und / oder jemals in der FDJ waren. Ich besuchte von 1947 bis 1951 das Gymnasium meiner Heimatstadt; ich bin also schon ein Methusalem. In der Zeit von 1949 bis 1951 war ich Mitglied der FDJ und gehörte der Leitung unserer FDJ-Gruppe an, als Sekretär für Agitprop.

Daniela Ben Hanoch / 05.10.2015

Stimmt der letzte Satz? Gibt es diesen Zettel wirklich?

Andreas Galau / 05.10.2015

Das Signal hat die Kanzlerin doch gegeben:Sie ist erstmal nach Indien abgedüst. Was kümmert sie die Probleme hierzulande?

Horst Jungsbluth / 05.10.2015

Vom Sozialismus lernen, heißt untergehen lernen, so könnte man das bezeichnen, was sich seit Jahren in unserem Land abspielt. Es ist nicht nur so, dass man all das wie eine Wiederholung aus den neunziger Jahren wahrnimmt, als Streiks, Demonstrationen und eben diese Flüchtlingsströme der Destabilisierung des demokratischen Rechtsstaates dienten, sondern die erschütternde Tatsache, dass unsere Institutionen ganz offenkundig nicht mehr funktionieren. Man könnte sie also abschaffen, um Geld zu sparen und die Gebäude nutzen, um Flüchtlinge unterzubringen. Die geradezu krankhafte Fixierung auf die Kanzlerin macht mehr als deutlich, dass unsere "höchsten Würdenträger" aber auch die Medien das System eines demokratischen Rechtsstaates gar nicht verstehen wollen und auch nicht, dass sie in erster Linie für das Wohl ihres Landes und der eigenen Bürger zuständig sind. Wir sind nicht in der Lage, die Probleme in der gesamten Welt zu lösen, wenn wir hier nicht einmal die einfachsten Dinge auf die Reihe bringen. Ganz abgesehen von den vielen Fehlentscheidungen sollte man sich endlich auch damit beschäftigen, dass einflussreiche Kräfte ganz bewusst die Zerstörung des demokratischen Rechtsstaates betreiben und dieses auch noch dreist ankündigen.

Martina Maier / 04.10.2015

Die ganze Show "Nie wieder Judenhass" mit Kundgebung der Kanzlerin war eine einzige Lüge, zumal ja auch dort nicht benannt wurde, von welchem Bevölkerungsanteil letztes Jahr im Sommer "Juden ins Gas" gerufen wurde. Die Integrationsministerin blieb der Kundgebung ganz fern, weil es ja nicht darum geht, den Vätern zu helfen, ihren Töchtern das freiwillige Koptuchtragen aufzuzwingen, sondern nur um klitzekleine tausendfache Einzelfälle von muslimischen Antisemitismus. Man will sich ja schließlich nicht die Wählerstimmen und auf keinen Fall die Aussicht auf den Friedensnobelpreis verderben. Die Juden sind es ja gewohnt, dass man auf ihre Kosten sich seine Vorteile holt. Arafat hatte ja schließlich auch einen, und das hat niemanden gestört, wie er zu den Juden stand und er für den Tod von vielen Menschen verantwortlich ist und dies biss heute noch seine Wirkungen zeigt.So wird eben alles weggeräumt was unangenehm ist und den Weg zur Glückseligkeit stört. Bei dem einen ist das Paradies mit den Jungfrauen, bei dem anderen ist es eben die Befriedigung der eigenen Eitelkeit.

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