Roger Letsch / 20.07.2024 / 06:05 / Foto: Montage nach Evan Vucci / 74 / Seite ausdrucken

Das ikonische Trump-Foto muss weg!

Die bereits legendären Trump-Bilder, die innerhalb weniger Sekunden des Trump-Attentats entstanden sind, müssen weg. Die Medien bemühen sich redlich sie verschwinden zu lassen – es wird nicht funktionieren.

Vermutlich beugt sich in jedem Verlag oder TV-Sender gerade jemand über die Tatstatur, um den wie auch immer gearteten Abgang von Präsident Joe Biden vorsorglich in Worte zu fassen. Aktuell enthalten die Nachrufe noch sehr viele Platzhalter, wir dürfen jedoch annehmen, dass viele Würdigungen und Danksagungen enthalten sein werden. „The other guy“ – Joe Bidens Bezeichnung für Trump – erfreut sich unterdessen der breiten Unterstützung seiner Partei und hält eine betont ruhige Rede beim Nominierungsparteitag. Seine Rhetorik ist sparsam, die Ereignisse sprechen ja auch für sich. Den Rest besorgt die Inszenierung in Milwaukee, wo wie im Panoptikum vier Tage lang die personifizierten Versäumnisse der Regierung Biden ihre Bühnenauftritte haben.

Die Berichterstattung auf der linken Seite des Medienspektrums ist sparsam und sehr darum bemüht, die emotional stärksten Momente geschickt zu überblenden. Etwa als die Familien der beim planlosen Abzug der Truppen aus Afghanistan ums Leben gekommenen Soldaten auftreten. MSNBC schaltet dann schnell ins Studio zurück. Der Kontrast zu Bidens Behauptung, unter seiner Ägide seien keine US-Soldaten getötet worden, wäre einfach zu groß. Man weiß zwar noch nicht, wer Biden letztlich ersetzen wird, das Orange-Man-Bad-Narrativ muss aber unbeschadet durch die Wirrungen dieser Übergangstage oder -wochen gebracht werden.

Kläglich und unkoordiniert wirken die Versuche, von Trumps neuem Heldenglanz ein paar Strahlen auf Joe Biden abzuspiegeln. Joy Reid versuchte es, indem sie behauptete – und MSNBC-Kollegin Jen Psaki pflichtet ihr eilig bei – wenn Biden seine neue Covid-Infektion gut überstehe, müsse man das doch irgendwie als gleichwertig zu Trumps „Kämpft, kämpft, kämpft“-Pose betrachten. Bei CNN sind sie mit dem Fatalismus schon ein Stück weiter, Van Jones Vergleich ist deshalb treffender: Eine Kugel konnte Trump nicht stoppen, ein Virus hat soeben Biden gestoppt.

Das Blut auf Trumps Gesicht war noch frisch

Was die Presse wirklich wurmt, ist nicht so sehr, dass die Kugel verfehlt hat. Es sind die Bilder, die innerhalb weniger Sekunden entstanden sind. Bilder, die länger wirken werden als jede Rede und jedes TV-Duell. Besonders dieses eine Foto, die ikonische „Iwojima“-Komposition mit der wie gemalt wirkenden Bilddiagonale, Trumps blutverschmiertem Gesicht, seiner Faust und der Flagge darüber. Evan Vucci heißt der Fotograf von Associated Press, der es gemacht hat, und das Time-Magazin war so begeistert, dass man es fast sofort auf den Titel der nächsten Print-Ausgabe hob.

Es gilt immer noch als Gipfel des Fotografenstolzes, das Titelfoto des Time-Magazin geliefert zu haben. Das war am 14. Juli, das Blut auf Trumps Gesicht war noch frisch. Doch so langsam sickerte in die Redaktionsstuben ein, welche Wirkmacht ausgerechnet dieses Bild hat. Und dass diese Erkenntnis bis zum 18. Juli auf sich warten ließ, ist nur so zu erklären, dass die Medien keine Ahnung haben, was die Amerikaner – und wenn schon nicht alle, dann doch sehr viele – von ihrem Präsidenten erwarten. Und diese Erwartung lässt sich nicht mit politischen Kategorien oder Steuersätzen ausdrücken, sondern mit Persönlichkeit und Führungsstärke.

Alle Schlammschlachten der vergangenen Monate, die nächtliche Hausdurchsuchung in Mar-a-Largo, der Medienspott über Schmiergelder an Pornostars, die erzwungene Anwesenheit in einem lächerlichen Gerichtsverfahren, der Mug-Shot in Atlanta, der Versuch, ihm und seiner Familie in New York jegliche Geschäfte zu verbieten… all das mündete in diese Szene und dieses eine Foto. „Kämpft, kämpft, kämpft!“ Das Foto ist gefährlicher als Trump selbst, das Foto muss weg!

Der „übermäßige Gebrauch“ des Fotos berge das Risiko, als „kostenlose PR“ für die Trump-Kampagne genutzt zu werden. Mit anderen Worten: Wer es verwendet, zeigt, druckt oder als Dokument der Zeitgeschichte behandelt, hilft Trump – und das möchte man um jeden Preis vermeiden. Man will das Foto „beerdigen“, so tief, wie man nur kann.

Und so wird es wohl nicht das Cover des Time-Magazin vom 5. August ausfüllen. Time Magazine präsentiert das neue neue Cover für die Ausgabe!

Auch ein Foto von Evan Vucci, aber diesmal eines nach der Veranstaltung: menschenleer, die Bühne verwaist, zwei einsame Klappstühle stehen auf der vermüllten Wiese. Schwarzweiß sind Foto wie Stimmung, eine große Hoffnungslosigkeit liegt über der Szene, nur die zum Häkchen zerflatterte US-Fahne hat Farbe.

Das Cover fragt: „What Unites Us“ und das Foto antwortet: Nichts. Hier ist niemand. Hier war auch niemand. Und die Bildunterschrift wie für ein Stillleben mit Äpfeln und Nüssen: „Der Veranstaltungsort der Trump-Kampagne in Butler, PA“. Und nun schnell abhaken und weiter gehen…

Jede Wette: Das wird nicht klappen!

 

Roger Letsch, Jahrgang 1967, aufgewachsen in Sachsen-Anhalt, als dieses noch in der DDR lag und nicht so hieß. Lebt in der Nähe von und arbeitet in Hannover als Webdesigner, Fotograf und Texter. Sortiert seine Gedanken in der Öffentlichkeit auf seinem Blog unbesorgt.de.

Foto: Montage nach Evan Vucci

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Leserpost

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Bernhard Piosczyk / 20.07.2024

Gerade ein Buch bestellt: David Talbot “Schachbrett des Teufels”. Über die CIA. Soll gut sein. Übrigens, die USA sind Pleite und brauchen dauernd Kriege und Farbrevolutionen. Mit Trump kommt ein Neues Management.

Uta Buhr / 20.07.2024

@Fritz Kolb: Sie treffen den Nagel mitten auf den Kopf. Von dem politischen Memmenhaufen in diesem Lande ist nixxxx, aber auch gar nixxxx zu erwarten. Am wenigsten jene Coolness eines Donald Trump. Ich habe gerade das Bild des vor ein paar Bauern davoneilenden Robäääääät vor Augen. Hasenfuß ist angesichts dieser Feigheit noch eine milde Bezeichnung. Liebe Achse, ich habe Ihren Spendenaufruf gelesen und verinnerlicht. In Kürze folgt eine neue Patenschaft. Fazit: Ein Leben ohne die Achse ist unter Umständen möglich. Aber völlig sinnlos. Frei mach Loriot.

Thomas Szabó / 20.07.2024

@ Ilona Grimm: Ich dachte mir schon, dass Sie an die biblische Apokalypse denken, aber ich überließ Ihnen das Wort, da Sie die Bibel-Expertin sind. Ich kann nicht umhin Ihnen zuzustimmen, dass die EU-Politik und insbesondere die deutsche Politik tatsächlich apokalyptische Ausmaße annimmt.

Rid Banks / 20.07.2024

Donald Trump wird seinen Gegnern schon zeigen wo der Frosch die Locken hat…

Markus Knust / 20.07.2024

Gerüchte besagen, Kamala Harris stelle gerade ein Team zusammen und suche auch nach einem Vize. Sollte das stimmen, hätte sich meine Theorie bewahrheitet: Michelle Obama wird sich nicht gegen Trump verheizen lassen und ihren Heiligenschein beschmutzen. Alle anderen ernstzunehmenden Kandidaten werden ähnlich denken und ihren Hut lieber beim nächsten Mal in den Ring werfen.  Wenn die Aussichten besser sind und keine ikonischen Fotos im Wege stehen. Zumal Trump genügend Muntion für seine Hater liefern dürfte, wenn sie in friedlichem Toleranzgebaren Hass und Hetze im Minutentakt absenden. Kamala Harris wäre jedenfalls das vollständige Eingeständnis das die Democrats diese Wahl als verloren ansehen. Sind aber nur vier Jahre, danach kann Barrack Obama vielleicht seine dritte Amtszeit angehen.

Arthur Strehlke / 20.07.2024

Nach längerem aufmerksamen betrachten verschiedener Social-Media Plattformen, scheint Trump sich mit dieser an Populismus kaum zu übertreffenden, Profilierung ein echtes Denkmal gesetzt zu haben. Nichtnur Republikanern scheint er damit Eindruck zu machen. Patrioten haben nun ihren neuen ,,Kämpfer” gefunden. Aufgegabelt habe ich dabei auch verschiedene Tweets die Trumps Bild mit einem Wahrzeichen gleichsetzen, wie das Kreuz zu Jesu, wenn man so will. Sicherlich wird auch der ein oder andere ,,Trumpianer” nun ein neues Bild am Hausaltar aufstellen. Bin mal gespannt, was sowohl, auf uns, als auch auf die Amerikaner zukommen wird. Denn wer könnte ,,America great again” besser machen, als ein kapitalistischer Soziopath, der sich charismatisch als starker Kämpfer für Freiheit darstellt ??? (Fangfrage)

Peter Petronius / 20.07.2024

“Das ikonische Trump-Foto muss weg!” - Das besagte Foto ist doch nicht ikonisch! So ein echter “Captain America” hätte die Kugel mit seinen Zähnen aufgefangen, geschluckt, in seinem Super-Magen vervielfältigt und diese Super-Kugeln aus seinem Maschinengewehr-Helden-Arsch auf den ursprünglichen Schützen zurückgefeuert. Hat er aber nicht. Vermutlich hat die Trumpsche Prostata den Lauf verengt, Ladehemmung.

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