Manfred Haferburg / 09.10.2018 / 16:00 / Foto: Armin-Laschet.de / 13 / Seite ausdrucken

Das Hambacher Schießen

Der Ministerpräsident von NRW Laschet (CDU) fand im Frühjahr belgische Atomkraftwerke unsicher und setzte sich für deren Abschaltung ein. Dieser Ansicht kann man sein. Er schrieb einem besorgten Bürger (der Brief liegt der Redaktion vor):

Wir können unsere belgischen Nachbarn bei der Entscheidung zur Abschaltung der Kernkraftwerke unterstützen, indem wir für die belgischen Stromkunden eine sichere Versorgung aus anderen Kraftwerken des europäischen Stromverbundes zur Verfügung stellen. Genau dies habe ich in meinen Gesprächen mit der belgischen Regierung angeboten. (April 2018)

Da plädierte Herr Laschet noch dafür „dass die Versorgungssicherheit gegenwärtig nicht allein durch erneuerbare Energien gewährleistet werden kann“ und dass in der Energiepolitik alle drei Seiten des energiepolitischen Zieldreiecks – Sicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit – wieder stärker in ein ausgewogenes Verhältnis gesetzt werden.

Da kannte Laschet aber noch nicht den Ausgang des Hambacher Schießens. Wahrscheinlich kannte er da auch noch nicht seine Meinung zur Braunkohle. Nach dem gerichtlich verfügten Rodungsstopp im Hambacher Forst hat er die Akteure zu Gesprächen aufgefordert. „Rodungen wird es in absehbarer Zeit nicht geben, es ist jetzt der Raum für Gespräche, und den sollten alle Beteiligten nutzen“. Kostet ja nur ein paar Dutzend Millionen pro Woche. Es müsse ein Weg gefunden werden, „die unterschiedlichen Interessen miteinander zu versöhnen“.

„Die Räumung hatte nichts mit der Rodung zu tun.“

Laschet bestritt, dass die Gerichtsentscheidung auch eine Niederlage für ihn persönlich sei. „Ich habe gar nichts unterstützt, sondern die Entscheidung, dass der Hambacher Forst fallen soll, ist eine Entscheidung aus 2016 der Vorgängerregierung aus SPD und Grünen. Wir haben immer gesagt, entscheidend ist, was das Gericht sagt.“ Warum hat der Gerichtspräsident dann nicht den Job von Laschet?

Der Regierungschef verteidigte auch die wochenlange kostspielige Räumung des Forstes und die Zerstörung der Baumhäuser von Aktivisten: „Die Räumung war richtig, weil rechtswidrige Zustände nicht geduldet werden“, sagte er. „Die Räumung hatte nichts mit der Rodung zu tun.“ Jetzt bauen die Aktivisten wieder neue Baumhäuser. Baumhäuser im Hambi scheinen wohl auch nur temporär mit rechtswidrigen Zuständen zu tun zu haben. 

Der Winter naht. Man stelle sich vor, die Belgier wären so dusslig gewesen, sich auf die versprochene „sichere Versorgung aus dem europäischen Netz“ des Herrn Laschet zu verlassen. Dann wären sie wohl bald verlassen. Die Halbwertzeit eines Laschet-Versprechens beträgt nämlich weniger als ein halbes Jahr. Das hindert ihn aber nicht am Weiterschwadronieren, wenn es um Energiefragen geht. Gestern bezeichnete Herr Ministerpräsident Laschet bei Anne Will die französischen Kernkraftwerke als „marode“ (Min. 25:00). 

Das erregt aber nun doch den Widerspruch des oben genannten besorgten Bürgers, der nun seinerseits dem geehrten Landesvater die Leviten liest:

Sehr geehrter Herr Laschet,

 jetzt wundert es mich nicht mehr, warum ich auf meine Emails vom 21. Juli und 8. April 2018 keine Antwort von Ihnen oder aus Ihrem Haus bekomme. Ihre bei Anne Will vom 7. Oktober 2018 getroffene Feststellung zu "den maroden französischen Atomkraftwerken" stellt einen Höhepunkt in der ideologiegetriebenen undifferenzierten Meinungsmache zu einem komplexen Thema dar und zeugt lediglich von einer politisch opportunen Haltung, die sich an den Hoffnungen auf bessere Wahlergebnisse orientiert aber von keiner Sachkenntnis getrübt ist. 

Hier ein paar Fragen und Hinweise zur Sachkenntnis:

Kennen Sie die für Hersteller, Betreiber, unabhängige Gutachter und staatlichen Aufsichtsbehörden verbindlichen Sicherheitsstandards der IAEO und der Europäischen Union? Wissen Sie etwas über die sicherheitstechnische Bedeutung von OSART-Missions oder WANO Peer Reviews? Was wissen Sie über die Funktion von WENRA und ENSREG? Was verstehen Sie vom Alterungsmanagement bei AKWs? Kennen Sie die umfangreichen nationalen Regeln und Standards zur Gewährleistung der Sicherheit von AKWs als Grundlage für die Arbeit der für die Sicherheit verantwortlichen Fachleute bei Herstellern, Betreibern, unabhängigen Gutachtern und Aufsichtsbehörden?

Glauben Sie, dass die für die Sicherheit zuständigen Ingenieure und Naturwissenschaftler bei Herstellern, Betreibern, unabhängigen Gutachtern und staatlichen Aufsichtsbehörden verantwortungslos und inkompetent sind und deswegen gegen geltende Gesetze und Sicherheitsstandards verstoßen? Dann wird es höchste Zeit, dass man diese "Versager" zur Rechenschaft zieht. Im Zusammenhang mit dieser Problematik frage ich mich allerdings ernsthaft, wo eigentlich wirklich die maroden Institutionen und Strukturen zu suchen sind. Eine Frage, die auch im Hinblick auf die Qualität der politischen Bildung und Kultur zu stellen ist….“

Man höre sich die folgende Diskussion der Politiker bei Anne Will über vitale Energiefragen eines Industrielandes an, die von keinerlei Sachkenntnis getrübt ist. Man verhandelt „politisch“ über Physik, so als könnte ein Herr Hofreiter sie außer Kraft setzen, weil er ja sowieso bald in einer Regierungspartei sein wird: „Das wäre doch ’ne Supersache, die 2020 Ziele zu schaffen und bis 2030 aus der Kohle auszusteigen“. 

Sozusagen sozialverträgliche Physik

Hier gibt es sie noch, die Energiewende-Euphorie. NRW-Umweltministerin Svenja Schulze bringt „Sachen nach vorne“ und glaubt hartnäckig an Deutschlands Vorreiterrolle. Wovon man nichts versteht, der Schnabel umso leichter geht – sie ist Germanistin und Politikwissenschaftlerin. Der Biologe Hofreiter gibt den Vorreiter in Sachen „verstopfte Netze“. Um die Sache rund zu machen, wird Physik dann noch unter dem Gesichtspunkt der Arbeitnehmerinteressen diskutiert – sozusagen sozialverträgliche Physik: der Mensch im Mittelpunkt, aber der Kohleausstieg im Vordergrund. Später gibt es noch eine Meinungsumfrage über physikalische Probleme. Oder wie es die Umweltministerin formuliert: „Dass die Interessen der Beschäftigen und die Interessen des Kilmaschutzes berücksichtigt werden“. Bei ihr spielt die Physik wirklich keine Rolle. 

Zum guten Schluss eine Darstellung der Problematik aus der Sicht der Grünen Fraktionsvorsitzenden im NRW-Landtag: „Nazis und Kohle – braun ist Scheiße“. Dieser intellektuelle Sinnspruch wird nur noch getoppt durch die Hofreitersche Definition von „Redispatch-Kosten“ (Min. 48:00). Da muss sogar der NRW-Landesvater lachen.

Deutsches Talk-Show-Elend. Herr, lass Hirn erstrahlen. 

Foto: Armin-Laschet.de

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Frank Mora / 09.10.2018

Die Politik wird von den Gerichten vorgeführt? Wirklich? Die Gerichte können nur urteilen nach Gesetzen. Gesetzen, die von Politikern in Parlamenten verabschiedet wurden. Wenn sich nun die Politiker vor den Gerichten abducken oder Abmahnfirmen wie die DUH, staatlich finanziert, die Grundlagen der Wertschöpfung im Lande per Gericht angreifen, dann ist das nicht nur feige, sondern auch unredlich. Gesetze können von Politikern auch geändert werden. Machen sie ständig, wenn es um Steuergesetze geht. Auch rückwirkend, was die Rechtssicherheit ad Absurdum führt.

Gabriele Schulze / 09.10.2018

Wenn ich als sehr wenig Ahnung Habende schon leide - wie sehr erst jemand vom Fach!! Das ist mir beim Lesen Ihres Textes erst richtig klar geworden. Ich möchte bitte, daß diese dummen Leute endlich auch leiden!!!

Werner Geiselhart / 09.10.2018

Warum fällt mir da folgendes Wortspiel ein: Laschet -> Lasche -> Lusche. Für mich der Prototyp eines Abwiegelungs-, Beschwichtigungs-, Appeasementpolitikers, der keine eigene Meinung zu haben scheint und wenn er eine solche hat, diese nicht vertreten kann. Überhaupt in der ganzen Runde niemand mit Fachkenntnissen zum Thema, der diesem unsäglichen Hofreiter seinen wissenschaftlichen und technischen Unsinn um die Ohren hauen könnte, was eigentlich relativ leicht wäre. Dazu passend der neueste Bericht der Klimaalarmisten vom IPCC, wie von den Grünen vor der Wahl bestellt und von den Medien an oberster Stelle publiziert. Heute hat RWE bekanntgegeben, die Produktion um 40% zu kürzen, na dann gute Nacht!

Holger Sulz / 09.10.2018

Muahaha! Tränenwegwisch. ROFL! Welch wunderbarer Ausflug in die grünrote Physik, deren Gesetze man ganz demokratisch politisch festlegen kann. Schmerzlich vermisst habe ich nur die grüne Vorsteherdrüsin Frau Baerbock, die uns ja so eindrucksvoll über die wundersame Stromspeicherung im Netz aufgeklärt hat. Gefehlt hat auch der Tausendsassa Schellnhuber von der Holy Church of Climate Warming, der uns das Geschwurbel mit bedeutungsschwangerem Augenaufschlag wissenschaftlich bewiesen hätte. Dieser Tage kam mir zufällig ein Zitat aus der Offenbarung der Scientologen vom IPCC unter: “In climate research and modelling, we should recognise that we are dealing with a coupled non-linear chaotic system, and therefore that the long-term prediction of future climate states is not possible. The most we can expect to achieve is the prediction of the probability distribution of the system’s future possible states. Im Hinblick auf Klimawissenschaft und Modellierung sollte man daran denken, daß es sich um ein nicht-lineares, gekoppeltes, chaotisches System handelt. Dieser Umstand macht eine langfristige Vorhersage über die Zustände des zukünftigen Klimas unmöglich. Im besten Falle kann man erwarten, eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für mögliche zukünftige Klimazustände der Erde zu erhalten.” Man muß kein Mathematiker sein, um die Tragweite dieses Satzes zu begreifen: Sie wissen also garnichts. Ihr reines RECHENMODELL kann stimmen oder auch nicht. Es ist nicht kognitive Dissonanz bei den Grünrotreligiösen. Es ist einfach Wahn. 

fritz kolb / 09.10.2018

Es ist einfach nur noch peinlich und abstoßend. Und sehr ärgerlich für mich, gehöre ich doch zu der Minderheit einkommensteuerpflichtiger Deutscher, die das alles berappen müssen. Der Herr Laschet scheint heillos überfordert, was aber auch nicht anders erwartet werden konnte.  Dem Gericht gegenüber ist Skepsis wegen evtl. Grünfärbung angesagt, oder sind die RWE-Juristen dermaßen schlecht?  Interessant wäre es, die Begründung des Gerichtes für den Rodungsstop zu erfahren. War es vielleicht wieder seltene Fauna, die sich ähnlich wie beim Stuttgarter Bahnhofsprojekt dort heimlich neu angesiedelt hat?

Corinne Henker / 09.10.2018

Und Welt-online fragt heute: “Kann Laschet Kanzler?” Dushan Wegner hat zu diesem Thema einen guten Artikel auf Tichys Einblick geschrieben, er fasst die gegenwärtige Politik mit einem Wort zusammen: Idiocracy.

Bernhard Freiling / 09.10.2018

Mann, oh Mann, dieser “besorgte Bürger” scheint eine Koryphäe hinsichtlich des Einsatzes und der Überwachung von Atomkraftwerken zu sein. Vielleicht sollte man den mal einladen, als Autor für achgut tätig zu werden? ;-) ;-). Annalena, der HofreiterToni, Armin, die BundesDoro,.... Da weiß ich gar nicht mehr, wem ich die Anerkennung als Oberschwachmat des Monats (oder schon des Jahres?) zukommen lassen soll. Milos läßt grüßen.

Frank Stricker / 09.10.2018

Man muß sich diesen Wahnsinn mal vor Augen halten , da wurde in den letzten beiden Wochen der größte Polizeieinsatz in der Geschichte von NRW gefahren um die illegalen Baumhäuser zu beseitigen , jetzt ist die Polizei abgezogen und sofort werden wieder neue Barrikaden und Baumhäuser errichtet. Schneller kann man ca.  eine 1/4 Milliarde Euro Steuergelder wirklich nicht verbrennen. Darauf ein Tänzchen mit Theresa May und Jean Claude Juncker , Prost !

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