Manfred Haferburg / 16.03.2024 / 06:00 / Foto: Pixabay / 65 / Seite ausdrucken

Das grüne Abschalten geht weiter

Die Abschaltung der Kohlekraftwerke geht trotz aller Warnungen – zuletzt vom Bundesrechnungshof – munter weiter. Es ist einfach irre.

Die Netzbetreiber und der Bundesrechnungshof schlagen Alarm, dass die Netze nicht mehr in jeder Situation sicher betrieben werden können. Es wurden einfach zu viele Kraftwerke verschrottet, ehe ein funktionierender Ersatz zur Verfügung steht. Sie wissen schon: alte Brunnen zuschütten, ehe die neuen Brunnen Wasser geben. Brücken nach dem Passieren in die Luft sprengen. Die Achse hat hier und hier darüber berichtet. Der geniale Wirtschafts- und Klimaminister war über die Hiobsbotschaft des Bundesrechnungshofs leicht missgestimmt und meinte in seiner knuffigen Art, dass er den Bericht des Bundesrechnungshofes „zur Kenntnis genommen hat und mehr nicht“. Er schob noch ein norddeutsches „Danke dafür“ nach.

Kein Wunder über die Verärgerung, der Watschenbericht kam zur Unzeit. Herr Dr. Habeck hatte doch gerade den andächtig lauschenden Amerikanern mit hochdiplomatisch gesetzten Worten geraten, ihre „f…ing problems“ endlich zu lösen. Diesen neckisch-burschikosen Auftritt auf dem glatten internationalen Parkett hat er sich doch bei seiner feministischen Außenkollegin abgeschaut. Da machte es schon gar nichts mehr, dass er den womöglich künftigen Präsidenten der USA damit abwatschte, „alles kaputt gehauen“ zu haben. (Looking back, it can be said that Donald Trump “destroyed” all cooperation formats) Oh, oh, böse Zungen sagen, dass der Kaputthauer sehr nachtragend sein kann. Und, Herr Habeck, Sie brauchen doch Fracking-Gas, ganz viel Fracking-Gas, bis dann ganz bald der grüne Wasserstoff aus hunderten neuen Elektrolyseurfabriken durch die 10.000 Kilometer des neuen Wasserstoffnetzes zu den neuen vielen H2-Ready-Gasturbinen fließt.

Zum Glück löst gerade Herr Habeck in Deutschland alle seine f…ing problems. Make the Energiewende great again! Erfolge, wohin man schaut. Vorreiter, auf die Pferde, Augen zu und durch, das große Abschalten geht weiter. Deutschland ist zwar schon seit einem Jahr – nach der Abschaltung der letzten Kernkraftwerke Strom-Nettoimporteur mit Verschenken von Überproduktion und Höchstpreisen für importierten Atomstrom. Na und, ist doch nur das Geld der Stromkunden und Steuerzahler. Die Kosten für die Netzstabilisierung des Flatterstroms, Redispatch genannt, liegen bei über vier Milliarden Euro pro Jahr. Na und, ist doch nur das Geld der Stromkunden und Steuerzahler.

RWE „Grünwerdung“

Der Ausstiegsplan nach dem Kohleausstiegsgesetz gilt weiter und „zur Kenntnis genommen, mehr nicht“ gilt offenbar auch. Und nach diesem Gesetz werden im rheinischen Braunkohlerevier fünf große Kraftwerke noch in diesem Jahr stillgelegt, mit einer Gesamterzeugungskapazität von 2,5 Gigawatt – etwa so viel wie zwei Kernkraftwerke. RWE-Chef Krebber sagte: „In gut zwei Wochen werden wir im Rheinischen Revier die drei Braunkohleblöcke endgültig stilllegen, die von der Bundesregierung in der Energiekrise aus der Sicherheitsbereitschaft aktiviert worden waren. Planmäßig schalten wir zudem die beiden 600-Megawatt-Kohle-Blöcke in Neurath ab, deren Betrieb per Gesetz verlängert worden war.“

Investoren sprechen allen Ernstes vom „Grünwerden von RWE“. RWE betreibt dann in Deutschland nur noch drei Kohlekraftwerke. Die Regierung könnte den Reservebetrieb dieser letzten RWE-Braunkohleblöcke für längstens drei weitere Jahre anordnen. Die Kraftwerke gehörten dann zwar weiter RWE, doch über den Einsatz würden die Netzbetreiber verfügen. „Das wären dann nicht mehr unsere CO₂-Emissionen“, sagt Krebber. Nö, das ist dann Habecks CO2. Es wird dann nicht mehr vom Stromkunden bezahlt, sondern vom Steuerzahler.

Soweit ich das verstehe, gibt es für die abgeschalteten Kohlekraftwerke keinen Ersatz an „gesicherter Leistung“, das heißt Leistung, die man unabhängig vom Wetter steuern kann. Für ihren Ersatz bei Flaute und Dunkelheit sollen irgendwann eigentlich Gaskraftwerke gebaut werden. Es sollen 20 neue große Gaskraftwerke gebaut werden, nötig wären aber 40. Aber auch die 20 sind noch nicht mal in der Planung. Die Bundesregierung hat ihre „Kraftwerksstrategie“, nach der die Fördergelder versteigert werden sollen, noch immer nicht vorgelegt.

Politik aus der Anstalt

Diese Strategie hat jetzt zwei Jahre Verzögerung. In der Regierung zanken sich die Koalitionspartner wie die Kesselflicker, welches Ressort die Unsummen an Investitionen zu zahlen hat. Kosten um 16 Milliarden werden jongliert, die keiner hat und die man dem Bürger irgendwie mit wohlklingenden Bezeichnungen abknöpfen muss.

Und ohne die „Fördergelderversteigerung“ – lustiger Begriff – baut weder RWE noch jemand anderes ein Gaskraftwerk. Die können sich nämlich im EEG-Strommarkt nicht rechnen, da sie nur produzieren dürfen, wenn kein Wind geht. Das halbe Jahr stehen sie rum und kosten. Und der Brennstoff ist das Teuerste, was es auf dem Markt gibt. Und CO2-Zertifikate müssen sie auch kaufen. Und der Gasausstieg ist schon geplant, obwohl es noch keinerlei Wasserstoff gibt. Na und, ist doch nur das Geld der Stromkunden und Steuerzahler.

Das ist reinrassige Politik aus der Anstalt: Kohlekraftwerke heute verschrotten und darauf hoffen, dass morgen jemand so dumm ist, sich nicht rechnende Gaskraftwerke in großem Stil zu bauen. Kann man machen, muss aber fest daran glauben, dass der Krug weiter zu Wasser geht.

Genießen Sie die Komödie!

RWE-Vorstand Krebber sagt zu Gaskraftwerken sehr zurückhaltend: „Wir können uns vorstellen, bis 2030 Kraftwerke mit 3 Gigawatt Kapazität zu errichten“. Aber er wartet noch auf das „Ausschreibungsdesign“ – ein genauso lustiges Wort, wie „Fördergeldversteigerung“. Herr Krebber vom VEB RWE, nun geben Sie sich mal einen Ruck – regierungsamtlich geplant sind nämlich nicht drei, sondern 20 oder 40 GW Gaskraftwerke. Mit Ausschreibungsdesign ist nichts anderes gemeint als die Maximierung des Abgreifens von Subventionen, die der Stromkunde und Steuerzahler berappen muss. Na und…?

Was sagen Sie da, lieber Leser? Steuerzahler und Stromkunden? Das sind doch dieselben Leute! Na, Sie Blitzmerker, Sie. Aber kaufen Sie sich lieber Popcorn und genießen Sie den Unterhaltungswert einer Komödie, die sich „Energiewende“ nennt, und in deren nächstem Akt die Versteigerung von Fördergeld aus den Taschen der Steuerzahler und Stromkunden gezeigt wird. Stellen Sie sich das so ähnlich vor wie die Ziehung der Lottozahlen mit Robert Habeck als Lottofee und einem Jackpot, der an US-Großinvestoren geht.

Zum guten Schluss ein ganz heißer Tipp: kaufen Sie sich alle noch schnell ein gerade günstiges gebrauchtes Elektroauto und eine Wärmepumpe, dann gewinnt die Uraufführung der Energiewendekomödie enorm an Spannung.

 

Manfred Haferburg wurde 1948 in Querfurt geboren. Er studierte an der TU Dresden Kernenergetik und machte eine Blitzkarriere im damalig größten AKW der DDR in Greifswald. Wegen des frechen Absingens von Biermannliedern sowie einiger unbedachter Äußerungen beim Karneval wurde er zum feindlich-negativen Element der DDR ernannt und verbrachte folgerichtig einige Zeit unter der Obhut der Stasi in Hohenschönhausen. Nach der Wende kümmerte er sich für eine internationale Organisation um die Sicherheitskultur von Atomkraftwerken weltweit und hat so viele AKWs von innen gesehen wie kaum ein anderer. Im KUUUK-Verlag veröffentlichte er seinen auf Tatsachen beruhenden Roman „Wohn-Haft“ mit einem Vorwort von Wolf Biermann.

Foto: Pixabay

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Anna Hegewald / 16.03.2024

Danke, Herr Haferburg. Das ist alles nett zu lesen, aber schon lange nicht mehr lustig. Sondern beängstigend und beklemmend, wie wir hinsichtlich Steuern und Energiekosten zur Kasse gebeten - oder besser zur Ader gelassen - werden, und unsere Wirtschaft abgewickelt. Immer mehr Firmen verlassen das Land, diese Arbeitsplätze kommen nicht zurück. Und von der Schneeflöckchen-Generation gibt es viele, die sich die Windparks zur „Sicherung“ der Energieversorgung direkt im Vorgarten wünschen. Die Bande an Nichtskönnern, die sich in der Politik bereitgemacht hat und uns in Feudalmanier dirigiert, richtet uns zugrunde. Und das Gros der Leute lehnt sich zurück und genießt das Schauspiel bei Rotwein und Häppchen. Es ist zum Verzweifeln.

Gottfried Stutz / 16.03.2024

Es ist nicht die Frage, ob der Blackout eintritt, sondern die Frage, wann. Und sollte der Blackout länger als 48 Stunden dauern, dann ist endgültig aus mit Deutschland. Da werden auch die Franzosen nichts ändern können, weil sie dann, dank des Verbundnezues genauso mit in den Abgrund gezogen werden wie alle anderen Länder in €uropa auch. Nach 48 Stunden: 1. funktionieren keine Kliniken mehr, weil dann der Treibstoff für die Notstromgeneratoren verbraucht ist. 2. funktioniert kein Handynetz mehr, da auch die Umsetzer für maximal 2 Tage Notstrom haben. 3. funktionieren nur noch die wenigsten Rechenzentren, eine Verbindung dahin ist eh nicht mehr möglich 4. funktioniert keine Abwasserentsorgung mehr, Wasserversorgung gibt es nur noch in Gebieten, in denen die Wasserspeicher dauerhaft aus grösserer Höhe gespeist werden 5. was funktioniert: Die Anarchie und das Chaos. Wohl dem, der jetzt vorsorgt, es ist höchste Zeit. Meine Befürchtung ist, dass wenn es die Versorgen bis zur nächsten Wahl ohne Lastabwurf schaffen, das Netz am Laufen zu halten, wählen die Schlafschafe genau dieselben wieder, weil die Gehirnwäsche hervorragend funktioniert….

Thomas Schmied / 16.03.2024

“(...) kaufen Sie sich lieber Popcorn und genießen Sie den Unterhaltungswert einer Komödie (...)” Leider scheinen sich zu viele Deutsche wirklich dran zu halten: Sie essen weiterhin Popcorn und beobachten lächelnd ihre “Vertreter” dabei, wie sie an dem Stuhl sägen, auf dem sie sitzen. Wenn´s dann kracht, war´s ganz sicher Putin, Trump oder die AfD. Das sagt jedenfalls die Glaskugel.

Thomas Schmied / 16.03.2024

Sie dekonstruieren unser Land, vergraulen die letzten Leistungsträger und importieren wahllos Leistungsnehmer in Gesundheits- und Sozialsysteme, die dafür überhaupt nicht ausgelegt sind. Nebenbei sollen die Deutschen noch die Befeuerung des Ukrainekrieges finanzieren und man bittet sie sicherlich an dessen Ende erneut zur Kasse, wenn die Ukraine wieder aufgebaut werden soll. Das alles ziehen sie nach diesem auf so vielen Ebenen destruktiven “Corona”- Wahnsinn mit uns durch! Die Gesellschaft wurde tief gespalten. Die Stimmung im Land ist unten, den meisten Leuten in Deutschland geht es jetzt schon schlechter - und die Rechnung ist noch nicht mal da.

Gerhard Schweickhardt / 16.03.2024

Ich kann diesen Niedergang nicht genießen.  Keinen Tag war ich arbeitslos habe mal gut mal schlecht verdient und gut Steuern und Rentenbeiträge gezahlt. Mein Wunsch war, dass die Nachfolger bei der Selbstfindung auch ein nützliches Glied der Gesellschaft werden. Es wäre mir eine Freude auf Erden zu leben, nicht im depresiven Paradies.

Dirk Hermann / 16.03.2024

Ein flächendeckender Blackout hat auch einen Vorteil: Viele Menschen werden zum ersten mal einen richtigen Sternenhimmel sehen. Die Begeisterung wird aber nur kurz währen.

sybille eden / 16.03.2024

Dr. Thomas DÖRFLER, - Auch Aktionäre sind Wähler, Steuerzahler und Kunden. Die gehören auch zur Gesellschaft und sind keine Außer-irdischen !

sybille eden / 16.03.2024

Es ist doch überhaupt nicht beabsichtigt Reservestrom vorzuhalten. Es ist beabsichtigt die gesamte fossile Industrie und ihre fossile Wertschöpfung mit dem fossilen Konsum abzuschaffen ! Und zwar Ersatzlos, Herr Haferburg. Haben sie denn die Schriften des ” Club Of Rome” nicht gelesen ? Diese Gaskraftwerke werden nie gebaut werden !

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