Thomas Baader, Gastautor / 07.02.2020 / 06:20 / Foto: Jonathunder / 110 / Seite ausdrucken

Das große Thüringen-Rätsel. Fortsetzung!

Im Moment überschlagen sich die Ereignisse in Thüringen. Ob bei all den Forderungen nach Rücktritt, Neuwahlen etc. auch schon jemand daran gedacht hat, dass es so weitergehen könnte:

Der Landtag wird nicht aufgelöst, weil AfD und CDU dagegen stimmen. Daraufhin stellt Thomas Kemmerich die Vertrauensfrage und ist nicht länger Ministerpräsident. Der weiter bestehende Landtag tritt nun erneut zusammen, um den Ministerpräsidenten zu wählen (und die allgemeine Erwartungshaltung wird sein, dass es nun doch auf Bodo Ramelow hinausläuft).

In dieser Situation entscheidet sich die AfD überraschend dafür, geschlossen für Bodo Ramelow zu stimmen! Damit wäre Bodo Ramelow im ersten Wahlgang gewählt, was mit den Stimmen von Rotrotgrün alleine niemals möglich gewesen wäre. Nun entstünde für Bodo Ramelow ein Dilemma: Nimmt er die Wahl nicht an, ist er nicht Ministerpräsident. Nimmt er die Wahl an, tut er damit exakt dasselbe, was der gescholtene Thomas Kemmerich zuvor getan hat – er lässt sich "von Faschisten ins Amt hieven".

Und wie wir alle wissen: Wenn so etwas geschieht, ist es die Pflicht eines aufrechten Demokraten, sich zu verweigern. "Sich wählen lassen von" gilt bereits, das haben wir ja in der aktuellen Debatte gelernt, als "zusammenarbeiten mit". Sobald diese Regel erst einmal etabliert ist, wird es für die AfD extrem leicht, Ministerpräsidenten bei knappen Mehrheitsverhältnissen zu verhindern – sie braucht ja immer nur einfach für den Kandidaten zu stimmen, den sie ablehnt.

Teil 1 des Großen Thüringen-Rätsels finden Sie hier

Teil 3 des großen Thüringen-Rätsels finden Sie hier

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Lutz Herzer / 07.02.2020

Ein von der AfD ins Amt gehievter Bodo Ramelow würde wahrscheinlich feststellen, dass selbstverständlich nicht alle AfDler Faschisten seien. Auch sei das Abstimmungsverhalten ein Zeichen für Einsichtigkeit und den richtigen Weg, auf dem sich die AfD nun befände und müsse mit der Akzeptanz desselben honoriert werden.

Alois Fuchs / 07.02.2020

Sie machen mit Ihrem Tipp einen schweren Fehler, Herr Baader. Sie überschätzen nämlich die Charakterfestigkeit eines Kandidaten der Stasi- und Mauerschützenpartei maßlos - oder unterschätzen dessen Charakterlosigkeit, was auf das Gleiche hinausläuft. Es würde also nicht funktionieren, leider.

Thorsten Struhs / 07.02.2020

Sollte noch mal was schiefgehen mit der “Haltung” wird in Thüringen der Papst zur Teufelsaustreibung anreisen. Schlägt das fehl wird der Freistaat mit Stacheldraht eingezäunt und exkommuniziert.

Gabi von Bose / 07.02.2020

Weitergedacht… Wenn die AfD dieses Szenarium verwirklicht, wird erst einmal eine “Experten”-Regierung in Thüringen eingesetzt. Das Wort fiel bereits einige Male. Auf den Fuß folgt dann die Feststellung, dass die AfD dieses Land in den Abgrund stößt und sie deshalb verboten werden muss. Unvorstellbar? Glaube ich nicht. Zum Wohle der Demokratie, wie Merkel und ihre Entourage sie sich basteln, ist doch in diesem Land inzwischen alles möglich. Argumente und Experten werden sich finden.

Burkhard Mundt / 07.02.2020

Rot-Rot-Grün - Schwarz - Gelb könnte aber auch tricksen. Gemäß Art. 70 Abs. 3 der thüringischen Landesverfassung wird der MP vom Landtag in geheimer Wahl und ohne Aussprache gewählt; erreicht nach zwei Wahlgängen kein Kandidat die absolute Mehrheit, gilt derjenige als gewählt, der in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen erhält. Zu jedem Wahlgang können neue Kandidaten hinzukommen. Lösung: Ramelow tritt in den Wahlgängen 1 und 2 nicht an, CDU und FDP enthalten sich. Im 3. Wahlgang stellt sich Ramelow zur Wahl und wird von Rot-Rot-Grün bei wiederum Stimmenthaltung von Schwarz-Gelb mit den meisten Stimmen zum MP gewählt. Damit ist er auch ohne die Stimmen der AfD gewählt. Eine “(widerliche) Scharade” (Ramelow)?  Mitnichten. So geht Demokratie heutzutage in Deutschland. Und Frau Mufti ist zufrieden. Denn sie “hat Deutschland gerettet” (S. Gabriel).

D.Lorenz / 07.02.2020

So etwas begreifen Sie, lieber Herr Baader und noch ein paar Restmenschen dieser Bananenrepublik mit eigenem Verstand, aber weder Journalismus noch Politik. Wie man sich selbst so aushebeln kann, ist mir völlig schleierhaft. Der AFD sind damit alle Handlungsoptionen gegeben, die bestehende Demokratie an der Nase herumzuführen und ihre Vertreter lächerlich zu machen. Ein katastrophaler Fehlschlag der bürgerlichen Mitte. Die FDP ist praktisch klinisch tot und Lindner Geschichte. Seine Idee war nicht so dumm, nur muß man auf den folgenden Krawall vorbereitet sein und nicht sich selbst verleugnen. AKK ist “beim Rennen aus der Kurve geflogen”. Inzwischen scheint sie niemand mehr wirklich für ernst zu nehmen. Merkel schreit wildgeworden aus Afrika, wo sie gleich bleiben könnte und die CDU fängt sich an zu zersetzen. Weimarer Verhältnisse lassen grüßen.

Karsten Dörre / 07.02.2020

Die Demokratie-Arithmetik gilt für alle gewählten Parteien. In dieses Dilemma haben sich alle Alt-Parteien selbst gebracht. Dazu muss man bei der AfD nicht Hochschulbildung oder Geheimwissen haben. Oder hat die AfD einen Unvereinbarkeitsbeschluss, keine “Zusammenarbeit” mit der Linke? Dann wärs schade, weil die derzeitige Demokratie in Deutschland dringend einen Schuss vor den Bug braucht, um nicht vollends die Volkswirtschaft in das Frühmittelalter sehenden Auges zu führen.

Rita Wiesinger / 07.02.2020

Angenommen AFD Mitglieder halten Merkel für gar nicht so schlecht. Muss Geli dann zurücktreten? Da hätte dann die Bibel wieder Sinn: “Denn Du sollst auch Deine Feinde lieben” Vor Allem weil sie dann zu Unpersonen werden.

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