Der Machtkampf in und um Thüringen wächst sich aus. Nicht absehbar, wie die Historiker dereinst diesen in der Geschichte der Bundesrepublik einmaligen Vorgang analysieren und bewerten werden. Die Journalisten müssen im Moment besonders genau hinschauen. Atemberaubend. Ein politisches Shakespeare-Drama. Halten wir uns mit vorschnellen Urteilen zurück, wer weiß, wie sich die Sache noch auswächst.
Und machen wir es bitte nicht wie der Kollege Gerd-Joachim von Fallois gestern Mittag bei Phoenix vor Ort, der formulierte: "Es ist hier etwas passiert, was nicht hätte passieren dürfen... äh... Die AfD unterstützt einen aus der Mitte der Parteienlandschaft kommenden Ministerpräsidenten. Allgemein wird das ja gegeißelt als sehr undemokratisch."
Uff. Das muss man sich mal im Kopf zergehen lassen: Die AfD unterstützt einen aus der Mitte der Gesellschaft kommenden Ministerpräsidenten. Das hätte nie passieren dürfen. Denn das ist undemokratisch.
Wie hätte das denn nie passieren dürfen? Indem Ministerpräsidenten immer nur genau die Politik machen, die die AfD niemals unterstützen würde. Wieviel Macht hätte die AfD in dieser Position?
Denn, wenn der Ministerpräsident nun weiter eine Politik machen würde, die die AfD unterstützen täte, dann wäre das immer undemokratisch?
Demokratisch wäre also nur eine Politik, die die AfD als zweitstärkste politische Kraft im Land nie unterstützen würde? In Thüringen nicht und darüber hinaus.
Macht, unterstützt von ihren medialen Lakaien, scheint immer irgendwann einen Zug ins Totalitäre zu bekommen und muss deshalb kontrolliert und begrenzt werden in Raum und Zeit.
Alexander Mayer, Jahrgang 1962, ist Literaturwissenschaftler, Moderator und Autor im Hörfunk bei MDR KULTUR und MDR AKTUELL.
Teil 2 des großen Thüringen-Rätsels finden Sie hier
Teil 3 des großen Thüringen-Rätsels finden Sie hier