Henryk M. Broder / 12.01.2014 / 20:09 / 13 / Seite ausdrucken

Das große Rothschild-Rätsel

Kennt jemand unter den achgut-Lesern den Journalisten Tilman Knechtel, Verfasser des Buches ”Die Rothschilds – Eine Familie beherrscht die Welt”? Autor und Buch kommen aus der Hofstätter/Willamson/Irving/Mahler-Ecke, wo man der festen Überzeugung ist, das Weltjudentum habe dem Dritten Reich 1933 den Krieg erklärt und alles, was daraufhin geschah, habe sich das Judentum selber zuzuschreiben. Den Holocaust habe es nicht gegeben, und falls doch, dann nur als Selbstverteidigungsmaßnahme der Deutschen gegen die Juden. Damals wie heute seien die Juden/Zionsten eine Gefahr für den Weltfrieden - eine Ansicht, die auch von Günter GraSS poetisch vertreten wird.

In diesem Zusammenhang kommt auch immer wieder die Familie Rothschild vor. Blutsauger in schwarzen Tüchern, die sich am Elend der Menschen bereichern. Die Systeme kommen und gehen, die Rothschilds aber bleiben, “eine unsichtbare Macht auf diesem Planeten, die seit mehr als zwei Jahrhunderten am Rad der Geschichte dreht”. Wobei man sich schon fragen muss, wieso es diese Familie mit all ihrer Macht dann nicht geschafft hat, das Erscheinen dieses Enthüllungsbuches zu verhindern.

Unser Kölner Kollege Gerd Buurmann hat auf seiner Seite auf dieses Buch hingewiesen und dazu angemerkt, Amazon habe den antisemitischen Arsch auf. Worauf sich der angebliche Autor des Buches bei ihm gemeldet, als “das Gegenteil von einem Nazi” vorgestellt und allerlei Drohungen ausgestoßen hat.

Jetzt wartet Buurmann darauf, dass sich, wie versprochen, der Verleger des Drecksbuches bei ihm meldet, derweil wir uns auf die Suche nach Tilman Knechtel gemacht haben. Auf der Seite des Mosquito Verlages in Immenstadt wird das Buch in der Abteiliung “Verschwörung” angeboten. Unter den vielen Autoren des Hauses, die in Immenstadt weltberühmt sind, wird auch Tilman Knechtel genannt, Jahgang 1987, freier Journalist und Autor. In der Rubrik “Bücher von Tilman Knechtel” wird nur ein Buch gelistet, eben “Die Rothschilds - Eine Familie beherrscht die Welt”. Vom Autor ist “kein Bild vorhanden”.

Auf der Seite satansbanker.de wird das Knechtel-Buch ebenfalls angeboten, zusammen mit einem “weltweiten Bestseller”, der zufällig “Satans Banker” heisst. Der Werbetext ist der gleiche wie bei Amazon. Nur über Tilman Knechtel erfährt man nichts. Der gerade mal 27 Jahre junge “freie Journalist und Autor” hat offenbar bis jetzt außer dem Rothschild-Buch nichts geschrieben.

Wer versteckt sich also hinter dem nom de plume Tilman Knechtel? Einer der üblichen Verdächtigen vom Unterdeck der Mavi Marmara? Die dicke Gabi? Der Saxofonspieler aus London? Die Jungs von der Bandbreite? Der phantasiereiche Thor Kunkel (die gleichen Initiale wie Tilman Knechtel!), der sich schon so manche Abenteuergeschichte ausgedacht hat, die vom deutschen Feuilleton ernst genommen wurde?

Tilman Knechtel, bitte melden! Die israelische Botschaft in Berlin möchte gerne einen Empfang zu Ihren Ehren geben!

PS:
Es scheint, als könnte es diesen Buben doch geben. Anfang Mai 2010 stellte sich ein neuer “Trainee” (Lehrling) in der Redaktion des online-Magazins “gamesaktuell” vor: “Mein Name ist Tilman Knechtel. Ich bin 23 Jahre jung und habe heute mit meiner Redaktionsarbeit begonnen. Ich komme aus Aichelberg, einem kleinen Dorf grob in der Nähe von Stuttgart…” Damit wäre eigentlich alles gesagt, aber der neue Trainee machte noch ein paar Fäßchen auf: “Eines meiner größten Hobbies sind natürlich die Computerspiele. Vornehmlich spiele ich Action-Adventures, Ego-Shooter und hin und wieder auch mal ein Rollenspiel (vorausgesetzt es kommt nicht aus Japan). Meine Videospielhistorie mag im Vergleich zu manch anderem Zocker relativ kurz erscheinen. Erst im Jahr 2001 bekam ich mit der Playstation 2 meine erste Konsole, ein Jahr später meinen ersten richtigen Gaming- PC. Ab diesem Moment war ich angefixt und kam bis heute nicht mehr davon los. Großer Fan bin ich vor allem von den etablierten Playstation-Serien wie GTA, Metal Gear Solid und God of War. Lange Zeit war ich auch ambitionierter Counterstrike-Zocker, habe aber inzwischen mangels Talent und zu viel verschwendeter Zeit vor dem Rechner damit aufgehört. Inzwischen habe ich mir eine Playstation 3 zugelegt und nutze diese als einzige Spieleplattform.”

Er verliert allerdings kein Wort über das Rollenspiel seines Lebens - als “das Gegenteil von einem Nazi” und Fachmann für die Geschichte der Rothschild-Familie, “die seit mehr als zwei Jahrhunderten am Rad der Geschichte dreht”. Wann ihn diese Leidenschaft gepackt hat, lässt sich nicht feststellen, jedenfalls taucht er ein grobes Jahr später im Inhaltsverzeichnis von Elässers braun-rotem “Magazin für Souveränität” mit einem Artikel über die Band “Bandbreite” auf. Im selben Heft (“Schwerpunkt Inside 9/11”) phantasieren auch anerkannte Verschwörungstheoretiker wie Andreas von Bülow, Gerhard Wisnewski und Mathias Bröckers darüber, was am 11.9.2001 wirklich geschah. Nur zwei Jahre später, Ende 2013, hat der Junge mit der Playstation sein eigenes Buch auf dem Markt, eben das über die Rothschilds. Jetzt ist er angefixt und kommt davon nicht mehr los.

 

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Leserpost

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Gabi Hermer / 14.01.2014

Lieber Henryk, Bin ebenfalls auf dieses unsägliche Buch gestoßen. Habe auch nie zuvor von dem j k fischer verlag gehört, der dieses Buch herausgibt??? So stehts jedenfalls bei amazon. Der “Verlag” befasst sich wohl auch mit dem Online-Versand von Büchern, fast alle gruselig, die in anderen Verlagen erschienen sind. So auch Dein Buch “Vergesst Auschwitz”. Wusstest Du das? Klar, nicht immer kann man sich seine Freunde aussuchen - aber diesen antisemitischen Tembelim - um es mal freundlich zu formulieren - würde ich so etwas untersagen. Liebe Grüße, Gabi Hermer

Walter Schwer / 13.01.2014

Aber lieber Herr Broker, Sie beschäftigen sich mit so absurden Gedanken/Büchern - und nehmen Sie allen Ernstes ernst und als eine Gefahr? Wenn solche Bücher “(wieder einmal) Erfolg haben”, dann gibt es nichts mehr dagegen zu schreiben. Dann ist Flucht angesagt - fragt sich nur, wohin.

Karl Helger / 13.01.2014

Herr Knechtel könnte mit einer seiner Buchthesen richtig liegen: So behauptet er in dem Intro zu seinem Buch, die Rothschilds hätten das NS-Regime finanziert. Tatsächlich haben sich die Rothschilds vielfach von den Nazis enteignen lassen, bspw. lt. authentisch wirkendem Wikipedia-Eintrag und damit tatsächlich die braune Bande finanziert. Vielleicht ist es ja das, was Herr Knechtel meint, und es ist alles nur ein Missverständnis? sarc off/

Markus Weber / 13.01.2014

Sehr geehrter Herr Broder, noch etwas ganz Kurzes: Veröffentlichen Sie doch mal einen ausführlicheren Artikel dazu, was von jemandem zu halten ist, der dies am BBC Funk gesagt haben soll oder je zu sagen wagte: “Every time we do something you tell me Americans will do this and will do that. I want to tell you something very clear, don’t worry about American pressure on Israel. We, the Jewish people, control America, and the Americans know it.” Ich schicke Ihnen auch gerne den Link, wo ich dieses Zitat gefunden habe. Es würde wirklich viel zur Klarheit beitragen. Besten Dank!

Philipp Derne / 13.01.2014

COMPACT-Magazin online: “Tilman Knechtel ist freier Journalist, verfasst z. B. Beiträge für Games aktuell. Schrieb in COMPACT 08/2011, 09/2011, 10/2011, 08/2012”

Markus Weber / 13.01.2014

Sehr geehrter Herr Broder, gibt und gab es denn gar nie eine Familie Rothschild? Kann es sein, dass die Rothschilds auf jeden Fall in ihren Anfängen äußerst geschickte Bankiers waren, die es damit zu einem für unsereinen schier unerermesslichen Reichtum gebracht haben? Kann es sein, dass Protagonisten des Geschlechts Rothschild zu gegebenen Zeiten das taten, was die allermeisten Reichen tun: ihr Geld zur Beeinflussung von Politikern nutzen, die dann Entscheidungen in die Wege leiten, deren Folgen auf die weiterhin guten Geschäfte der Bankiers er zuträglich als abträglich wirken oder alternativ einem zentralen menschlichen Wert Vorschub leisten, der dem betreffenden Protagonisten in seiner neu hinzu erworbenen Rolle als Philanthrop besonders am Herzen liegt? Gibt es ein Buch über Leben und Wirken des reichsten 0,000001 Promille seines jeweiligen Zeitalters, das Ihren Segen hat? Warum baut ein Bill Gates ein Quasi-Monopol für PC-Betriebssysteme auf und gründet mit all den am Fiskus vorbeigezirkelten Milliarden dann eine Stiftung, die im wesentlichen die Aufgaben wahrnimmt, denen im Normalfall ein funktionierender Sozialstaat nachzukommen in der Lage wäre? Ich glaube, dass der Umstand, dass sich das große Geld politisch und gesellschaftlich notorisch versteckt und dann als z.T. unfassbare Tatsachen wieder auftaucht, maßgeblich dazu beiträgt, dass die Welt der kaufbereiten Leser selbst nach solchen wahrscheinlich höchst unausgegorenen Machwerken (ich habe es nicht gelesen) dürstet. Tragen Sie zur Aufklärung bei und halten Sie ansonsten bitte Maß bei der Verunglimpfung und Kolportage! Sie können doch beides gut. P.S.: Wenn mich je jemand fragen würde, “...aus welcher Ecke denn der H.M. Broder schreibt…”, wäre ich weitgehend ratlos und würde sagen: “Lies ihn mal, dann weißt du’s vielleicht!” Das mit dem links und rechts und Anti- und AntiAnti ist doch heute längst nicht mehr so einfach. Menschen lesen sich Kenntnisse an und berichten - Kenntnisse und Gedanken. Wo die Sachverhalte unwahr sind, muss man sie widerlegen. Wo die Berichterstattung wahrheitsgetreu, aber einseitig ist, muss man sie ergänzen und Werbung für den ergänzenden Teil machen.

Waldemar Undig / 13.01.2014

Wenn das mal alles so stimmt. Könnte ja auch sein, dass der Name Tilman Knechtel doppelt verwendet wurde… Da hilft nix anderes, als den Mann mal persönlich in Augenschein zu nehmen.

Kay-Uwe Klepzig / 13.01.2014

Herr Broder, diesen Artikel kann man nicht zu ihren Glanzleistungen zählen. Möglicherweis’ geht es ja nur mir so, doch es will sich mir nicht erschließen, wohin er mich als Leser führen will. Es kann keine Buchkritik sein. Denn außer dem Titel und dem Thema findet sich dazu nix. Es kann auch keine Autorenkritik sein, denn außer seinem Alter und seiner anderen Tätigkeit haben sie ja nix gefunden. Es kann auch keine Themenkritik sein, denn das Thema “Rothschild” - wobei hier angemerkt sein soll, daß mich die Familie Rotschild nur dann interessieren würde, wenn sie mir einen Job gäbe oder eine Flasche Rotwein zugute kämen ließe - wird gleich im ersten Satz in die rechte Ecke gestellt, was per se jede Diskussion (und damit Kritik) beendet. Es kann aber auch kein Lächerlichmachen über Verschwörungstheorien sein, denn keine andere wird angeführt - zumal sich ja so manche der weniger abstrusen Verschwörungstheorien (Wir werden alle überwacht!...) nicht nur als plausibel, sondern als wahr erwiesen haben. Bitte Herr Broder, erleuchten sie mich, wie sonst auch: was will der Artikel?

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