Artikeltyp:Meinung

Das große Bauernlegen: Landwirtschaft ohne Landwirtschaft?

Künstlich erzeugte Lebensmitteln sind der neuste Liebling der EU und großer Konzerne. Auf der anderen Seite wird den Bauern das Überleben immer schwerer bis unmöglich gemacht. In England streiken die Bauern, in Berlin ist Samstag eine Großdemo angesagt.

Vom 12. bis 15. November fand in Hannover die Messe EuroTier statt, die sich als „weltweite Leitmesse“ für „die wichtigsten Innovationen, Produkte und Dienstleistungen für die Zucht und Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere“ versteht. Hier präsentierte u.a. die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) ihre neue Plattform „ Feed & Food Show Inhouse Farming“, auf der sie innovative Geschäftsfelder als Agrar- und Food-Systeme der Zukunft bewirbt. Diese hätten jedoch rein gar nichts mit Landwirtschaft zu tun, bemängelt die Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe (die FREIEN BAUERN) in einer Stellungnahme. So kritisiert Jann-Harro Petersen von der Bundesvertretung der FREIEN BAUERN, dass die auf der EuroTier „in englisch-deutschem Kauderwelsch hochgejubelten Verfahren“ alle in geschlossenen Räumen stattfinden und kein Land mehr benötigen sollen. Dabei handele es sich um durch Zellkultivierung im Labor hergestellten Fleischersatz, durch Präzisionsfermentation im Reaktor hergestellte Genmilch und durch Nährlösung und Kunstlicht bodenlos hergestellte Hochregalpflanzen.

Obwohl bäuerliche Betriebe schon immer modernste Produktionstechnik einsetzten, sei der Kern von Landwirtschaft über Jahrtausende derselbe geblieben, argumentiert Petersen: „Wir erzeugen Agrarrohstoffe aus Bodenfruchtbarkeit, Sonnenenergie und menschlicher Arbeit.“ Auf diese natürliche Weise könnten hochwertige Lebensmittel weitaus kostengünstiger produziert werden als durch die von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) als innovativ angepriesenen industriellen Verfahren, die Unmengen an Energie verbrauchen und belastete Abfälle hinterlassen.

Trotzdem würden große Konzerne versuchen, ihre künstlichen Lebensmittel in den Markt zu drücken, beobachtet Petersen und sieht den Wettbewerbsvorteil der Landwirtschaft aktuell durch politisch motivierte Auflagen und Abgaben geschmälert: „In so einer Situation eine Propagandashow für Laborfleisch, Genmilch und Fabrikgemüse zu veranstalten, schadet massiv unseren eigenen Interessen. Früher war in der DLG die ökonomisch-naturwissenschaftliche Elite des Berufsstandes organisiert. Am Ende bleiben wahrscheinlich die übrig, die sich für besonders schlau halten.“ Für Petersen war der Messeauftritt der DLG jedenfalls der letzte Anstoß, seine Mitgliedschaft zu kündigen: „Wenn die Zukunft der Landwirtschaft nach DLG-Auffassung nicht mehr auf dem Land liegt, fühle ich mich als Landwirt fehl am Platz in diesem Verein.“

Schaut man sich auf der Inhouse-Farming-Webseite der DLG um, stößt man tatsächlich nur auf Landwirtschaft ohne Landwirtschaft. Unter dem Schlagwort „Vertical Farming“ (Vertikale Landwirtschaft) wird der Anbau von Pflanzen auf engstem Raum in mehrstöckigen Gebäuden ohne Tageslicht als „moderne und zukunftsweisende Anbautechnologie“ angepriesen. Unter „Alternative Proteine“ wird die Proteingewinnung aus pflanzlichen, mikrobiellen oder zellbasierten Quellen vorgestellt, die im Gegensatz zu Proteinquellen wie Fleisch, Eiern und Milchprodukten ebenfalls rein künstlich erfolgen kann. Zellbasierte Proteine werden zum Beispiel durch die Kultivierung von Tierzellen in vitro (im Glas) hergestellt und haben angeblich hinsichtlich Geschmack, Textur und Nährwert vergleichbare Eigenschaften wie herkömmlich erzeugtes Fleisch. Mit der innovativen Methode der zellulären Landwirtschaft könnten sämtliche tierische Produkte wie Fleisch, Milch oder Eier sowie pflanzliche Produkte wie Obst und Gemüse im Labor produziert werden. 

Außerdem setzt die DLG auf Mikroalgenerzeugung in kontrollierten, geschlossenen Systemen, den sogenannten Photobioreaktoren. In diesen Inhouse Kultivierungssystemen werde das Inokulat (Saatgut) ins Wasser verbracht und die Algen kontrolliert unter Zugabe von Nährsalzen, C02 und einer Lichtquelle gezüchtet. Im Gegensatz zu offenen Systemen wie Teichen könnten Verunreinigungen und Schadstoffakkumulationen vermieden werden. Effektivität, Hygiene, Kontrolle und Qualität stünden im Vordergrund. Schließlich empfiehlt die DLG noch Insekten, die schon seit Jahrtausenden von Menschen weltweit gegessen würden. So hätten Mehlwürmer einen hohen Proteingehalt von etwa 50 Prozent und seien reich an Fett und Kalzium. Heuschrecken und Grillen enthielten etwa 60 Prozent Protein sowie viel Eisen und Vitamine.

Doch nicht nur diejenigen Investoren, die es auf den neuen Markt der künstlich erzeugten Nahrungsmittel abgesehen haben, können sich freuen. Auch Energie-Produzenten werden von der DLG bedacht. Denn künstliches Licht beispielsweise braucht natürlich Energie. Kein Problem: Als mögliche Technologien stünden schon Photovoltaik (PV), durch hydrierte Pflanzenöle betriebene Energieerzeugungsanlagen (HVO), Kleinwindanlagen und Biomasse-Blockheizkraftwerken (BHKW) sowie Energiezentralen mit Elektrolyse und Wasserstoff-Verbrennungsmotoren bereit. 

Fragt sich nur, ob all diese hochfliegenden Ambitionen, die vor allem für entsprechende Konzerne und Investoren äußerst lukrativ sind, auch auf Gegenliebe bei den Konsumenten stoßen werden. Wahrscheinlich wird einfach auf Alternativlosigkeit gesetzt werden. Schließlich arbeitet nicht zuletzt die EU-Kommission etwa durch ihre „Vom Hof auf den Tisch“-Strategie und ihr „Renaturierungsgesetz“ schon eifrig an der Zerstörung herkömmlicher Landwirtschaft. Bon appétit!

Redaktioneller Hinweis: Wenn Sie wissen wollen, welche Stimmung mittlerweile unter deutschen und europäischen Bauern herrscht, dann schauen Sie sich dieses Video von Anthony-Robert Lee an.

Martina Binnig lebt in Köln und arbeitet u.a. als Musikwissenschaftlerin (Historische Musikwissenschaft). Außerdem ist sie als freie Journalistin tätig.

Foto: Montage achgut.com/ Diliff - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

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Leserpost

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hans kloss / 19.11.2024

Wie mit jeder Technologie wird auch diese weiter entwickelt. Wie mit jeder Technologie wird sehr viel Geld damit verdient werden wollen und wo mindestens potenziell Geld verdient werden kann, gibt es Korruption. Das Problem liegt doch in der Ideologisierung des ganzen Gemeinschaftswesen. Alles wird kontrolliert und geregelt, die Abweichler abgestempelt und ihr Daseins ev. zerstört. Es ist wie mit den eFahrzeugen - statt die technologie offen lassen, benutzt man Zwang, statt sich mit Fakten zu beschäftigen lügt man um andere nicht mal richtig versteckte Ziele zu verfolgen. Wie befreien wir uns von diesen Verbrechern?

hans kloss / 19.11.2024

Der kleine Garten ist auch ein Ziel dieser Verbrecher, wenn noch nicht offiziell dann doch in Program schon - ich erinnere mich noch, dass nicht so lange her, ein dieser hellen Köpfe klein Garten als CO2 Quelle identifiziert hat. Das sind Pol Pot ähnliche Ideen und die Leute denken es geht um Schutz der Planeten, so ein Quatsch.

B.Jacobs / 19.11.2024

Nun ja, wir brauchen mal wieder einen saftigen Bauernaufstand, 500 Jahre nach dem Bauernkrieg, damit sich unser Volk gesund und nicht mit Giftfleisch ernähren muss, oder wird es wie im amerikanischen Gruselfilm kommen, wo die Menschen sich selbst wieder als Kannibalen verspeisen? Na ja, eine schwedische Aktivistin brr, schlug schon vor Babys zu gebären um sie als Schlachtvieh zu essen. Einfach nur noch krank, diese Menschen Verachtung und Abwertung des Menschen als Nutzvieh. .

F. Michael / 19.11.2024

Das ist alles von den Globalisten und dem WEF so geplant und Kill the Bill gibt sein Geld dafür, dass er dann wie nach der “Impfung” abkasieren kann. Jetzt wird erstmal Krieg gespielt und die deutschen Kriegstreiber sind vorn dabei (Merz, Bärbock, Habeck, Kiesewetter, Flack-Zimmermann, Söder, Lindner, usw.).

Werner Geiselhart / 19.11.2024

Wenn das jetzt auch das Ziel der Grünen ist, und es scheint so zu sein, Klima und so, dann ist das nach dem rasanten Wandel von der angeblichen Friedenspartei zur Kriegstreiberpartei der nächste Turn, von der Biolandwirtschaft zum Retortenfraß. Die Grünen und ihre Adepten in der EU und den NGOs/Verbänden werden von Tag zu Tag unheimlicher.

Thomas Koch / 19.11.2024

Einfach mal intensiv mit dem Codex Alimentarius beschäftigen. Dann sollte jedem klar sein was Ernährung in Zukunft bedeutet. Salate, Gemüse, Kräuter, die mit künstlichem Licht in einer “Zuckerlösung” auf Watte gedeihen. Wo sollen da z.B. die Nährstoffe oder Vitamine herkommen ? Kein Wind, keine echte Photosythese, keine Jahreszeiten mit Sonne oder auch Kälte, keine Wurzeln ins Erdreich. Die “Pflanzen” haben somit absolut keinen einzigen Nutzen mehr für den Menschen. Da kann man dann auch die Raufaser-Tapete essen oder beim gelben M. Beim künstlich erzeugten Fleisch ist es nicht anders. Zudem können all diese Faktoren sehr leicht kontrolliert und angepasst werden. Wahrscheinlich macht das auch eines Tages die KI ! Damit ist die Landwirtschaft, so wie wir sie heute kennen, in einigen Jahren ein Relikt aus grauer Vorzeit. Traurige aber wahrscheinlich nicht mehr aufhaltbare Entwicklung.

sybille eden / 19.11.2024

Wenn die Ackerflächen nicht mehr für unsere Nahrungsmittellherstellung gebraucht werden, können die ja wieder “rekultiviert” werden. Das heisst in einfacher Sprache, sie wachsen im Laufe der Jahrzehnte wieder zu, bis sie zu undurchdringlichen Urwäldern geworden sind. Dann sieht das Land wieder so aus wie vor eintausend Jahren, wo die sieben Zwerge hausten und Rumpelstilzchen köhlerte. Eine Traumlandschaft für jeden Grünen, aber nicht meine !

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