Von den Medien hofiert, von den Bürgern verschmäht: Die Grünen machen zunehmend Erfahrungen mit scharfen Protesten.
Die Komfortzone steht für Beständigkeit, Sicherheit, Gewohnheit, Berechenbarkeit etc. In diesem Bereich ist alles bekannt, man erlebt keine Überraschungen und hat sich ein Umfeld geschaffen von möglichst gleich tickenden Menschen mit denselben Bedürfnissen.
Jetzt verstehen die Grünen die Welt nicht mehr: Überall im Land schlägt ihnen Ablehnung entgegen. Lassen sich ihre Vertreter irgendwo blicken, bekommen sie diese lautstark zu hören. Erst vorgestern ließen aufgebrachte Bürger sie in Biberach spüren, dass sie nicht willkommen sind. „Hau ab!“, „Pfui“- und Buhrufe. Eben zeigte sich auch die der Partei sehr wohlgesinnte ARD erschüttert: Keine andere Partei erfahre aktuell so viel Gewalt, Hass und Ablehnung. Die Grünen seien „am häufigsten Ziel von Übergriffen“. Dabei las man erst Ende November vergangenen Jahres in der Welt von politisch motivierten Straftaten gegen Parteimitglieder und Parteibüros:
„Die Informationen gehen aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion hervor, die WELT vorliegt. Demnach waren AfD-Mitglieder zwischen dem 1. Januar und dem 30. Juni dieses Jahres am häufigsten von Körperverletzungs- und Eigentumsdelikten betroffen. Von 24 gemeldeten Körperverletzungen waren 19 Mal AfD-Mitglieder betroffen – und zwar 14 Mal von Körperverletzung sowie fünfmal von gefährlicher Körperverletzung. (…) Zweimal traf es Grünen-Mitglieder.“
Und in Sachen Hass und Ablehnung könnten AfDler auch so einiges erzählen. Aber das zählt für die Grünen, die revolutionäre 1.-Mai-Krawalle wohlwollend mitverfolgen, Aufmärsche „gegen rechts“ als Manifestation einer wehrhaften Zivilgesellschaft feiern und Demonstrationen gegen die Grünen als Randale eines entfesselten Mobs wahrnehmen, natürlich nicht.
Gute Gewalt, schlechte Gewalt
Richtig ist allerdings, dass die Grünen, seit ihre bürgerfeindliche Politik ein Preisschild trägt, wie es Achgut-Autor Robert von Loewenstern so treffend ausdrückte, häufiger Ziel von Angriffen werden – nur eben vor allem auf Parteibüros, seltener auf Vertreter (siehe oben). Immerhin hält es auch der Tagesschau-Kommentator für möglich, dass es die „Zumutungen der eigenen Politik“ sein könnten, die die Leute gegen die erklärten Weltverbesserer auf die Barrikaden bringen.
Was das heikle Thema Gewalt betrifft, so pflegen die Grünen dazu ein recht ambivalentes Verhältnis. Solange es die verhassten Rechten trifft, sehen sie „Handarbeit“ außerordentlich flexibel, scheint ihnen ja als „Kampf gegen rechts“ gewissermaßen sogar geboten. Auch ist die Grüne Jugend gern mal bei gewaltsamen Protesten dabei, Seit‘ an Seit‘ mit dem Schwarzen Block, etwa, wenn es gegen einen AfD-Parteitag geht, der von 1.000 Polizisten geschützt werden muss. Auch „Hambi“ und Lützi“ sahen schon Teile der Grünen Jugend mit Leuten demonstrieren, die Molotow-Cocktails und Steine werfen oder Polizisten mit Kotbeuteln beschmeißen. Die von Klimaextremisten zu verantwortenden Fälle von Nötigung oder gefährlichen Eingriffen in den Straßen- oder Luftverkehr trafen bei Grünen ebenso auf Verständnis.
Und warum sollten sie das auch nicht tun? Schon die erste Generation der 1980 gegründeten Grünen hatte mit gewaltsamen Auseinandersetzungen von Atomkraftgegnern in Brokdorf keine Probleme, ebenso wenig wie mit Waffen für Nicaragua. Ein radikaler Sponti wie Joschka Fischer, der in seiner Jugend nach eigener Aussage „kräftig hinlangte“ und auch mal einen Polizisten verprügelte, konnte zur grünen Galionsfigur und zum Außenminister aufsteigen. Dabei waren die Grünen, die sich in ihrem ersten Parteiprogramm von 1980 als „gewaltfrei“ definierten, doch immer soft und betont friedlich aufgetreten: gemütlich im selbstgestrickten Norwegerpullover vorm Stuhlkreis nuschelnd und mit gaanz viel Verständnis für andere. Und so wurden sie auch allgemein wahrgenommen, das war das Bild, das die ihnen bis auf den heutigen Tag zugeneigten Medien stets vermittelten.
Was soll's, ihre eigenen Grundsätze haben die Grünen längst abgeräumt, selbst der Naturschutz, für den zu kämpfen immer als Kern des Selbstverständnisses galt, wird heute vor den Bus gestoßen. Da müssen Bäume für riesige Windräder Platz machen, Kohlekraftwerke wieder hochgefahren werden, und das Naturschutzgebiet vor der Insel Rügen wird dem Bau von LNG-Terminals geopfert. Ehemalige Verbündete wie Greenpeace oder der NABU wenden sich mit Grausen ab.
Grünes Schrumpfen? Gern, aber nur bei Wahlen!
Die Lage der deutschen Wirtschaft bezeichnet der dafür zuständige Minister Habeck als „dramatisch schlecht“, was aber eben auch auf die Performance dieses im Amt völlig überforderten Mannes zutrifft. Die Deindustrialisierung ist in vollem Gange, die mannigfaltig gepiesackten und mit unaufhörlich steigenden Kosten malträtierten Unternehmen machen dicht oder verlagern ins Ausland, und darüber freut sich nur die taz-Redakteurin Ulrike Herrmann (wenig überraschend ebenfalls Mitglied der Grünen), die tatsächlich ins Jahr 1978 zurückwill: „Es läuft auf grünes Schrumpfen hinaus“, und zwar um 30 bis 50 Prozent. Der Rest der Bevölkerung freut sich auf grünes Schrumpfen nur, wenn es um Wahlumfragen geht. Der grüne Gängelungs- und Verbotswahn geht immer mehr Menschen massiv auf den Geist. Sie finden, dass die Grünen ihnen nicht ins Privateste hineinquatschen sollten, und verbitten sich zunehmend die entsprechenden Übergriffigkeiten dieser Partei.
Und da sind sie überrascht, wenn ihnen der Wind da draußen plötzlich so heftig ins Gesicht weht, obwohl es doch im warmen, behaglichen TV-Talkstudio der grüngewirkten Moderatorin eben noch so harmonisch zuging. „Entsetzt und erschüttert“ zeigte sich Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt nach den zum Gefährdungs-Drama hochgejazzten Bauernprotesten am Fährhafen in Schlüttsiel; schlimme Zustände, an die man sich „in einer Demokratie nicht gewöhnen“ dürfe, meinte Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang nach den Buhrufen in Biberach zu erkennen. Und Robert Habeck, der die Versorgung mit zuverlässiger und bezahlbarer Energie zur Disposition gestellt hat, der selbst Traditionsunternehmen und Garanten unseres nun schwindenden Wohlstands aus dem Land treibt, sieht in den Protesten „keine gute Entwicklung“. Der Spiegel zitiert den Minister und Vizekanzler: „Das ist jetzt, glaube ich, der normale Zustand, dass Bundesminister mit Protest empfangen werden. Ich kenne das seit einem Jahr, würde ich sagen.“
So ist das wohl, wenn man seinen Amtseid gepflegt ignoriert und Politik gegen die Bürger macht. Die grüne Partei nimmt ja seit jeher für sich in Anspruch, nicht weniger als den Planeten („oder die Planetin, ganz wie man ihn nennen will“, Katrin Göring-Eckardt) retten zu wollen, zieht den Menschen aber dafür das Fell über die Ohren. Dass die sich das irgendwann nicht mehr länger gefallen lassen könnten, lag aber wohl bei den Mitgliedern einer Partei, die in stolzgeschwellter Weltretter-Pose die Steuermilliarden für hochgradig abenteuerliche Projekte in zahllose Länder schaufelt, bis heute jenseits ihrer Vorstellungskraft. Insofern sei Robert Habeck jetzt doch mal willkommen – in der Realität.
Claudio Casula arbeitet als Autor, Redakteur und Lektor bei der Achse des Guten.