Ich stelle mir ein Bild vor, in dem ein Kanzler, ein scheidender und ein künftiger Verteidigungsminister beieinander stehen. Einer mit Bauch, einer mit Glatze und einer mit Bart. Mit anderen Worten: ein Drei-Männer-Bild. Und was geschähe beim Betrachten dieses Bildes? Nichts. Niente. Nada. Nitschewo. Es wären halt drei Männer, nicht im Schnee, sondern im gehobenen Amt. Das Übliche. Kein Grund für irgendeinen Kommentar.
Jetzt aber sitzen da, weil die eine zur Zeit nicht so gut steht, drei Frauen. Eine Bundeskanzlerin, eine scheidende Verteidigungsministerin auf dem Weg zum Top-Job in Brüssel und eine neue Verteidigungsministerin. Die eine in der Mutti-Rolle, die andere auf der Flucht nach oben, die dritte auf dem Weg aus der Leichtgewichtigkeit in einen knochenharten Bewährungs-Job mit Potenzial zur Kanzlerinnen-Reife.
Ein Drei-Mäderl-Power-Haus oder, respektvoller: ein Gruppenbild dreier mächtiger Frauen. Das hat es so bei uns noch nicht gegeben. Die drei Frauen führen vor, was seit Ewigkeiten Männer vorgeführt haben: Old girl's network statt old boy's network. Und wie es scheint, können die old girls das. Und die old boys schauen verblüfft, oder auch hämisch auf die drei old girls und wünschen sich die traditionelle Stutenbissigkeit herbei, die ihnen bisher geholfen hat, sich selber auf den Spitzenposten breit zu machen.
Frecher und zufriedener Blick in die Männerwelt
Wer meint, das Drei-Damen-Bild sei ein Zufall, der glaubt auch an die Weihnachtsfrau. Es gehört schon ein beträchtliches Stück politischer Kunstfertigkeit dazu, ein solches Bild zu komponieren. Auch wenn nicht alles von langer Hand geplant war: Zur Kunst gehört auch die Improvisation, die schließlich doch zu einem ausgesprochen befriedigenden, wenn auch nicht ganz zum ursprünglich angepeilten Ziel führt. Und wenn das ursprünglich angepeilte Ziel über einen Umweg doch erreicht wird, umso besser.
Jedenfalls sitzen sie jetzt da, die drei Frauen in ihren herausgehobenen Positionen und schauen frech und zufrieden in das, was einst die Männerwelt war. Können sie es überhaupt? Merkel hat es bewiesen. Sie hat einiges Gute geschafft und nicht mehr Schaden angerichtet als die meisten Männer vor ihr. Von der Leyen als Kommissionspräsidentin? Sie hat mit ihrem Französisch den Oberfranzosen Macron ins Schwärmen gebracht. Das war schon vor Amtsantritt die halbe Miete. Ob sie die ganze Miete zusammenbringt, weiß man, ob Frau, ob Mann, vorher nie.
Und AKK als Verteidigungsministerin? Sicher, sie muss noch lernen, möglichst stramm und düster dreinblickend eine militärische Ehrenformation abzuschreiten. Im Übrigen besteht die Liste der bundesdeutschen Verteidigungsminister nicht nur aus Knallern. Franz Josef Strauß war als Verteidigungsminister natürlich „a Hund“, wie der Bayer sagt. Er wollte seine Bundeswehr sogar mit Atomwaffen ausstatten. Das fanden die vorhandenen Atommächte ein bisschen übertrieben. Zu stramm ist eben auch nicht gut. Hans Apel? Eher nicht stramm genug. Rudolf Scharping? Also wirklich. Franz Josef Jung? Wie? Wer? Jung? Wirklich? Über die Generalissima von der Leyen ist schon genug Böses gesagt worden. Besser kann ich es auch nicht.
Mit der ministeriellen Kompetenz ist das nun mal so eine Sache. Sogar mit der des Kanzlers. Ich erinnere an Gerhard Schröders verlorene Wahl im Jahr 2005, als er der Siegerin Angela Merkel von oben herab klar machte, dass „mit ihr“ seine SPD ja wohl keine Regierung bilde würde. Inzwischen hat sie ihn an Kanzlerjahren überholt und „seine“ SPD braucht dringend einen Wellness-Urlaub. Ministerkompetenz kommt im Amt oder auch nicht.
Und dann noch ein Satz für den kleinen Zyniker: Kompetenz war noch nie das entscheidende Kriterium beim Posten-Schach. Und im Moment geht es wohl darum, dass nach einer Ewigkeit der Damen-Opfer, die Damen nun ihre Männer-Opfer durchspielen. Als old boy, der nie zum old boy's network gehört hat, beobachte ich das mit einem fröhlichen Schmunzeln.