Gastautor / 04.03.2019 / 06:11 / Foto: Rod Waddington / 52 / Seite ausdrucken

Das Clan-System des Nahen Ostens (1)

Von Wolfgang Horst Reuther.

Wenn sich in Europa zwei Menschen begegnen und gegenseitig vorstellen, so verweist man zumeist auf seinen Beruf oder seine Tätigkeit sowie eventuell seinen Wohnort oder aus welcher Gegend oder welchem Land man stammt. Im Nahen Osten wird man dagegen sofort fragen, welchem Clan man angehört, weil damit sehr einfach Rückschlüsse auf die Stellung in der Gesellschaft gezogen werden können. Dies ist ein eindeutiges und sehr anschauliches Kennzeichen für die allumfassende Bedeutung der Clans sowie für die Tatsache, dass der Mensch allein nach seiner gesellschaftlichen Herkunft beurteilt wird. 

Jeder Araber aus einem ehrbaren Clan ist stolz darauf, nachzuweisen, auf welchen Stammbaum bis hin zum Urvater (mindestens Mohamed, gegebenenfalls auch Adam oder Noah) er zurückblicken kann. Dies ist sein wichtigstes Wissen und Kapital, um sich in der Gesellschaft behaupten und sein Leben gestalten zu können. 

Im Grunde handelt es sich bei den Gesellschaften im Nahen Osten bis heute weitestgehend um vaterrechtliche Stammesgesellschaften. Die unangefochtene Grundstruktur der dortigen Gesellschaften ist seit Jahrtausenden ein Flickenteppich von Clans, der das Leben und Schicksal jedes Einzelnen bis ins kleinste Detail bestimmt. Daher ist ohne ein gewisses Maß an Kenntnis dieser Strukturen, ihrer Regeln, ihrer Hierarchien, ihrer Beziehungen untereinander, ihres Einflusses auf das gesellschaftliche und politische Leben der Region und auf jeden einzelnen der dort aufgewachsenen Menschen weder ein Verständnis für die Vorgänge in der Region und die Handlungen und Mentalität ihrer Bewohner noch ein bewusster Umgang mit den von dort stammenden Menschen möglich. 

Familie heißt Verwandtschaft fünften Grades

Selbst wenn es in den letzten Jahren durch Verstädterung und Globalisierung der Kommunikation zu gewissen Aufweichungserscheinungen gekommen ist und sich ein Teil der dortigen Gesellschaften auf den Weg aus der Vor-Moderne in die Moderne aufgemacht hat, so stehen diese Prozesse doch erst ganz am Anfang, und die Clans bleiben bis heute der wichtigste Orientierungspunkt und Schutzraum für alle Menschen. 

Allein mit der Beschreibung des komplizierten Netzes der Clans eines einzelnen Landes und ihrer Hierarchien kann man leicht ganze Bücher füllen. (Die Untersuchung und Beschreibung der Genealogien war im Grunde die erste Wissenschaft im Nahen Osten.) Mit dieser Publikation wird deshalb keinesfalls der Anspruch verfolgt, eine vollständige und exakte Beschreibung der verschiedenen Clans, ihrer Geschichte und Regeln vorzulegen. Es soll hier nur auf einige diesbezüglich wichtige Aspekte aufmerksam gemacht werden, um dem Leser die Tür für ein Grundverständnis dieses Phänomens und der davon geprägten Menschen – sowie weiterer daraus resultierender Aspekte – einen Spalt weit zu öffnen. Die Komplexität der Thematik wird auch durch die Tatsache erhellt, dass die Siedlungsgebiete vieler Clans die Grenzen eines einzelnen Landes überschreiten. 

Allgemein wird von folgender Struktur der arabischen Gesellschaften ausgegangen: Volk – Sippe – genealogische Linie der Stammesväter – Stamm – Stammzweig – Clan – Großfamilie – Familie. Allein die letzte Kategorie umfasst schon die Verwandtschaft der letzten fünf (!) Generationen. Dieses Wissen ist heute auch für uns Mitteleuropäer bedeutsam, beispielsweise wenn über den Familiennachzug von Migranten diskutiert wird. 

Wesentlich älter als der Islam

Die Stammesstruktur selbst ist nichts Ungewöhnliches in der Geschichte der Menschheit. Sie diente überall als erste Grundlage der menschlichen Organisation und des Überlebens in einer menschenunfreundlichen Natur. Als ungewöhnlich empfinden wir allerdings, dass diese Struktur, die uns vor allem aus Erzählungen wie Shakespeares „Romeo und Julia“ bekannt ist, sich bis heute tatsächlich erhalten hat und in weiten Teilen der Welt unangefochten dominiert. Dies betrifft vor allem die muslimisch geprägten Gesellschaften im Nahen Osten und darüber hinaus. Von grundlegender Bedeutung für das Verständnis der Letzteren ist dabei, zu begreifen, dass die Clan-Strukturen weitaus älter sind als der Islam und von diesem im Prozess seiner Entstehung nur absorbiert wurden. 

Das deutet auf eine tiefe Verankerung der Clan-Struktur in den betreffenden Gesellschaften, im Bewusstsein und Handeln der Menschen sowie auf eine hohe Resilienz hin, weshalb diese Struktur noch über viele weitere Generationen andauern wird. Sie hat sich übrigens sogar in der Diaspora, die inmitten der fortgeschrittenen westlichen Gesellschaften lebt, bisher als weitgehend resistent erwiesen, trotz der geografischen Entfernungen zum Stammgebiet des Clans. Feste Bande und moderne Kommunikationsmittel sind der Garant für den Fortbestand des Clans und seiner Regeln auch über geografische Entfernungen hinweg. 

Gleiches kann von den (nicht nur islamisch geprägten) Stammesgesellschaften in anderen Teilen dieser Welt gesagt werden. Ein für Mitteleuropäer anschauliches Beispiel sind möglicherweise die Sinti und Roma, die sich nach dem gleichen Prinzip organisieren und die bis heute ebenso eine erstaunliche Resilienz demonstrieren. 

Zwangsheirat trotz Sowjetunion

Diese Resilienz trifft insbesondere auch auf die kaukasischen und mittelasiatischen Gebiete der ehemaligen Sowjetunion zu, denen 70 Jahre kommunistische Unterdrückung und gleichzeitige moderne Bildung und Aufklärung sowie Zugang zum Wissen über die „Lingua Franca“ des Russischen kaum etwas anhaben konnten. Aus eigener Anschauung und Erfahrung weiß ich, dass sich dort – trotz offiziellen Verbots – die stammesrechtlichen Bräuche und Regeln (wie zum Beispiel Zwangsheiraten oder Heiratsversprechen im Kindesalter) gewissermaßen unter der Oberfläche am Leben erhielten. Dabei versteckten sich die Stammesfürsten oder ihre Vertreter nicht selten hinter den offiziellen staatlichen Strukturen, indem sie in den betreffenden Regionen Stellen im Partei- und Staatsapparat besetzten. Die sowjetische Filmkomödie „Die kaukasische Gefangene“ (1966) belegt das – gewollt oder ungewollt – sehr offen. Der Plot basiert auf einem geheimen Deal zwischen Clan-Chefs, die gleichzeitig staatliche Funktionen innehaben, über den „Verkauf zwecks Verheiratung“ einer jungen Frau „für 21 Schafe und einen Importkühlschrank aus Finnland“. Daraufhin wird die junge Frau vom Käufer zur Hochzeit entführt. Diese wehrt sich jedoch und kann auf abenteuerliche Weise fliehen.

Meine aus Russland stammende Frau hat während der Zeit der Sowjetunion auf einer Konzertreise nach Mittelasien eine ehemalige Mitstudentin getroffen, die zu jener Zeit gerade gegen ihren Willen von ihrem Clan zwangsverheiratet wurde. Dieser Vorgang basierte auf einer inoffiziellen Vereinbarung zwischen den Clans, die bereits in ihrer Kindheit getroffen worden war. Auf die Frage meiner Frau, weshalb sie unter diesen Umständen überhaupt studiert habe, denn die weitere Berufsausübung wurde von ihrem Ehegatten abgelehnt, antwortete sie: „Meine Familie wollte das so, denn das hat meinen Preis wesentlich erhöht.“ 

Es ginge hier zu weit, zu untersuchen, weshalb sich viele nicht gewehrt haben, denn zumindest die zentralen staatlichen Strukturen in der Sowjetunion hätten diese illegalen Praktiken im konkreten Fall sicher unterbunden. Die wichtigste Erklärung ist wohl, dass die jungen Frauen dann vollständig mit der eigenen Familie hätten brechen und sich vor Verfolgung durch den Clan auch hätten verstecken müssen. Dass diese Teilrepubliken nach dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion innerhalb kürzester Zeit offiziell weitgehend zu den vormodernen Gesetzen und Praktiken zurückkehren konnten, hat ebenfalls weitgehend mit dieser außergewöhnlichen Resilienz zu tun sowie der Tatsache, dass sie unter der Oberfläche nie aufgehört haben zu existieren. 

Zu verschieden für denselben Ort

Wenn sich menschliche Gesellschaften in weiten Teilen der Welt bis heute ausschließlich nach jahrtausendealten Bräuchen und Regeln organisieren und orientieren, deutet dies auch auf ein bedeutendes zivilisatorisches Defizit derselben gegenüber solchen Gesellschaften hin, die sich seitdem vor allem in ihren Werten und in ihrer Organisation des Zusammenlebens deutlich weiterentwickelt und in ihrer Funktionsweise ausdifferenziert haben. 

Aus diesen Disproportionen sind auch die meisten der grundlegenden Konflikte zu erklären, die zwischen den von dort stammenden Einwanderern in die Gesellschaften in Europa und deren einheimischer Bevölkerung entstanden sind und weiterhin entstehen. Insofern sind beide Welten wenig kompatibel, wenn nicht die eine Seite ihren Zivilisationsfortschritt wieder aufgibt oder die andere zumindest versucht, diesen über mehrere Generationen hinweg wettzumachen. 

Gerade die Tatsache der unglaublichen Resilienz der Clan-Gesellschaften in den weitgehend islamischen Teilrepubliken der ehemaligen Sowjetunion sowie im Kaukasus sollte Befürwortern einer unregulierten Einwanderung aus solchen Gesellschaften zu denken geben. Sie stützen zusätzlich meine These, dass eine historische Betrachtungsweise einer religiös verbrämten vorgezogen werden sollte.

Dies ist ein Auszug aus Wolfgang Horst Reuthers Buch „Wie ich den Nahen Osten erlebte“, das soeben im Tredition-Verlag erschienen ist. Der Autor war 38 Jahre für die UNESCO tätig, vom Einsatz als Praktikant 1974 bis hin zu seiner Pensionierung 2012, davon knapp 15 Jahre im Dienst als UNESCO-Direktor. Er lebte unter anderem in Amman (Jordanien), Moskau, Paris und San José (Costa Rica).

Lesen Sie morgen im zweiten Teil: Das Ranking der Clans.

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Leserpost

netiquette:

Belo Zibé / 04.03.2019

@Mustafa Nasri: Vielleicht liegt der erwähnte «Selbstzerstörungsmechanismus»  in dem begründet, was Jochen Heistermann vor 2 Jahren in seinem Artikel «Appeasement und Verleugnung im alten Rom» hier am 17.02.17 nachvollziehbar beschrieben hat.

Anders Dairie / 04.03.2019

#Herrn NASRI :  Die arabische Großfamilie ist in Europa und Amerika (Nord wie Süd) untypisch.  Weil die Bibel das Modell vorgibt.  Wie der Koran das seine.  Da der Islam buch- bzw. wisschenschaftsfeindlich ist, wird er mit der Moderne nicht klarkommen.  Mittelalter und eine bis 5-fach gewachsene Bevölkerung passen nicht zusammen. Ägypten, ein zivilisiertes Beispiel, kann 1/5 seiner 83 Mio. Einwohner nicht ausreichend versorgen.  Saudis, EU und Amerika helfen seit 1970 aus. Dieser Deal hält Ägypten seit NASSER   aus der Phalanx der Araber gegen Israel heraus.  Die Großfamilie ist auch die “Großschwäche” im arabischen Patriarchat.  Zieht man die Chefs heraus, wird die Struktur gelähmt.  SADDAM hat die Clans-Chefs bedroht und mit Geld versorgt. Um die Beduinen “auf Kurs” bzw. friedlich zu halten.  Lediglich bei den Kurden im Norden der Levante hat das nicht funktioniert.  Grund ist deren enormer Nationalismus,  der bei den Clans nicht vorliegt.

Frank Holdergrün / 04.03.2019

“Mustafa Nasri / 04.03.2019 @frank holdegrün: Ich stimme zu, aber ich würde es in Erwägung ziehen, dass der westliche Staat eine Technologie mit eingebautem Selbstzerstörungsmechanismus sein könnte. ” >>>>>>>>>>>>>>>Die durch die Aufklärung erzeugten Leistungen sind nicht einem Staat zuzuordnen, sondern mittlerweile global wirksam, mit Ausnahme des muslimischen Raumes. Sie sind weit breiter und weiter zu fassen als auf einen Staat, die Frage ist nur, wie lange sie Clanstrukturen dulden werden. Es ist eben keine Technologie, sondern ein weitgehend auf Humanismus und Menschenrechten gebauter Kulturraum, an dem sich Clanstrukturen und der Islam die Finger ausbeißen werden. Diese Art zu denken und Frauen zu unterdrücken ist völlig dem Untergang geweiht. Siehe Abdel-Samad: der Untergang der islamischen Welt. Nicht Kriege im Nahen Osten sind Auslöser für Massenmigration, der Islam selbst ist es.

Mike Loewe / 04.03.2019

@Mustafa Nasri (“Kinder bekommen von der Familie ihre Kultur und ihre Rolle im Leben vermittelt. Wenn diese studieren wollen, bezahlt die Familie dafür…”) - In der ganzen romantisierenden Clan-Verherrlichung fällt mir dieser eine Satz auf, der wohl beispielhaft für viele Trugschlüsse ist. Denn woher kommen im Clansystem die hervorragenden Universitäten? Woher kommen eigentlich Schulen, Krankenhäuser, Infrastruktur? Wohl kaum von den Clans, deren hunderte oder maximal tausende Mitglieder nur an den eigenen Clan denken. Nein, Bildung, Gesundheitsversorgung und Infrastruktur kann nur eine große Gemeinschaft, ein Staat, vernünftig organisieren. Nun kann man natürlich auch sagen, man kann auch ohne Bildung, Gesundheitsversorgung und Infrastruktur glücklich sein, das ist alles unnützes westliches Teufelszeug, ein Allah-gefälliges Leben im Clan ist viel wichtiger. Aber irgendeine magische Kraft zieht ja die Muslime in Scharen in den Bann der Dinge, die der verhasste Westen mit seinen verhassten Staaten geschaffen hat. Vielleicht ist der Staat ja doch nicht so unnütz und ineffizient.

toni Keller / 04.03.2019

Mustafa Nasri hat einfach recht, die Leute hierzulande haben in ihrer Kindheit und überhaupt viel zu wenig Zeit mit ihrer Familie verbracht und betrachten den Staat als Familienersatz, was man einfach daran sieht, dass man dem Staat gar zu gerne die Vaterrolle überlässt, wie die vielen alleinerziehenden Mütter zeigen. Man, also im konkreten Fall frau, erwartet von dem Staat, was sie vom Vater des Kindes nicht erwartet. Das selbe Spiel im Fall alt und krank gewordener Eltern. Richtig ist natürlich auch, dass sich der einzelne dem nicht entziehen kann und selbst wenn die Tochter die Mutter pflegen will, ihr einfach die Unterstützung der Großfamilie fehlt, weil ja jeder arbeiten gehen muss. Allerdings haben sich diese Verhältnisse erst in den letzten 70 Jahren herausgebildet und der Lohn für die Aufgabe der Familien war ein ungeheurer Reichtum. Richtig ist wohl auch, dass dieser ungeheure Reichtum die, die das nicht haben, einfach anzieht, insbesondere da das ja als westlicher Wert per se gilt, wir setzen ja immer Freiheit, Demokratie und Wohlergehen in eins. Allerdings haben auch die Kritiker der Clanstrukturen recht, mit Freiheit des Individuums hat das wenig zu tun. Es ist eben der alte Konflikt zwischen Freiheit und Sicherheit, und diese Diskussion sollte dringend geführt werden

Marcel Seiler / 04.03.2019

Die Überzeugung der Inkompatibilität der gesellschaftlichen Strukturen unserer modernen Gesellschaften mit den nahöstlichen Stammesgesellschaften teile ich. Ich teile auch die Überzeugung, dass man die Menschen nicht mal eben umerziehen kann, weder durch einen Wochenend-Workshop und eine bebilderte Broschüre (das meinen unserer Integrationsbeauftragten), noch durch lebenslange Beeinflussung. Und schon gar nicht, wenn die Betroffenen das nicht wollen! Die Illusion der Gutmenschen, auch in Gestalt unserer kindlichen Kanzlerin, in dieser Sache ist grenzenlos.

Mustafa Nasri / 04.03.2019

@frank holdegrün: Ich stimme zu, aber ich würde es in Erwägung ziehen, dass der westliche Staat eine Technologie mit eingebautem Selbstzerstörungsmechanismus sein könnte. Erstmal bringt er einen weiter, dann wird man von ihm abhängig, dann zerstört er sich selbst. Den bronzezeitlichen Hochkulturen im Mittelmeerraum ist das passiert, und Rom ist das passiert. Was danach kam, und das Bisschen Zivilisation rettete, das nicht vom Einbruch dieser Staaten mitgerissen wurde, waren Stammesgesellschaften, Klans, und Feudalismus. Trotz der juristischen Schlagworte und der Postulate, die hier angeführt werden - ich verstehe die Philosophie, die damit vorgetäuscht werden soll - glaubt doch niemand ernsthaft daran, dass der Technologiezweig Staat im Westen noch funktioniert. Und wenn doch, so ist das genau so lächerlich, wie der Heilsglauben der Grünen. Es wäre doch sinnvoll, darüber nachzudenken, wo der Fehler liegt, und welche Alternativen es gibt.

Mustafa Nasri / 04.03.2019

Da jeder dritte Kommentar sich hier auf den meinen zu beziehen scheint: 1. “Gewalt in Afrika und der arbischen Welt”: Sinnlose Gewalt ist ein Low-IQ-Problem. Das hat weder etwas mit dem Islam, noch mit Stammesgesellschaften zu tun. “Aufgeklärte Demokratie” hilft dagegen übrigens auch nicht, wie diverse Versuche beweisen. Ich würde davon ausgehen, dass die Möglichkeit, 50 Cousins hinzuzuziehen, deeskalierend wirkt, weil niemand 50 Cousins gegenüberstehen möchte, und diese 50 Cousins ebenfalls kein Interesse an einer Eskalation haben, weil sie ein eigenes Leben haben, um das sie sich kümmern müssen. Aber das nur am Rande. Morde geschehen eher, wenn keine 50 Cousins kommen, und dem Opfer würden 50 Cousins das Leben retten, hätte es diese. Aber das ist alles ein Klischee. 2. Es erscheint mir sehr naheliegend, dass Familien für ihre Angehörigen verantwortlich sind, und diese auch in einer hervorragenden Position sind, um dieser Verantwortung gerecht zu werden. Hier scheint man der Ansicht zu sein, der Staat sei dafür verantwortlich. Mir erscheint das so, als hätten diese Menschen in der Kindheit zu wenig Zeit mit ihrer Familie verbracht, und würden den Staat, als mechanischen Gottesersatz, als ihre Familie betrachten. Dies rationalisiert man mit juristischen Fremdworten, was von außen betrachtet aber ziemlich lächerlich erscheint, und auf eine bemitleidenswerte Geisteshaltung schließen lässt, die mit Freiheitlichkeit rein gar nichts zu tun hat. 3. Es dürfte zudem aufgefallen sein, dass dieser mechanische Elternersatz schlechter funktioniert, als organisch gewachsene Strukturen. Es stellt sich also die Frage, ob man auch weiterhin auf ein Pferd setzen will, das verliert. Es hängt viel an dieser Wette. 4. “Wir hättens aber gerne anders”: Nun ists aber so. 5. “Soll, muss, hat zu, Punkt!”: Wunschdenken, und irgendwie auch die Forderung, von einer Brücke zu springen, weils der Nachbar tut. War “Für sich selbst denken” nicht so eine liberale Grundforderung?

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