Wie das Diskriminierungsverbot in Artikel 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte – nämlich Ansprüche insbesondere ohne Ansehung etwa von nationaler Herkunft zu achten – wie selbstverständlich weiter ausgehöhlt wird, zeigt gerade eindrücklich ein Bericht über die „Winter-Flüchtlinge vom Balkan“: „2.700 Menschen kamen in den vergangenen Wochen nach Köln. Alle sind unerlaubt eingereist – aus den Balkanstaaten Albanien, Mazedonien und Serbien. Meist sind es bis zu 100 Personen am Tag!“ Nicht zuletzt betreffend Unterkünfte sei Kölns „Notfallreserve“ für „Flüchtlinge aus Krisengebieten“ nun aufgebraucht. Man habe einen „hohen finanziellen Aufwand für Personal, Verpflegung, Instandhaltung“. Und „jetzt auch noch die Notfallhallen zu betreiben“, sei „für die Stadt enorm und geht in die Zehntausende.“ „Allein schon von der Grundreinigung über die Möbel bis hin zum mehrmaligen Streichen der Wände.“
Die „Winter-Welle aus dem Balkan“ komme regelmäßig, doch nie so stark wie jetzt. „Damit Köln nicht alleine diese Aufgabe schultern muss, sollen die unerlaubt eingereisten Personen auf andere Städte verteilt werden. Die Stadtverwaltung und die Bezirksregierung stehen miteinander im Austausch, um das rechtlich festgelegte Verfahren in der Umsetzung weiter zu optimieren. Und: Das Amt für Wohnungswesen rechnet 2019 mit der Bereitstellung von mehr als 2.000 neuen Plätzen – von Containern bis zu festen Wohnungen.“
Als etwas „Besonderes“ wird dem Leser untergejubelt: „Köln ist verpflichtet, die Menschen aus Südosteuropa aufzunehmen, um ihre Obdachlosigkeit zu verhindern. ‚Da Obdachlosigkeit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt‘, so ein Verantwortlicher der Stadt.“ Das vorgeblich Besondere ist die Regel, wie der Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung aufklärt: „Die Bekämpfung der unfreiwilligen Obdachlosigkeit ist eine staatliche Aufgabe, weil sie nach h.M. als eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung angesehen wird. Zuständig sind hierfür die Städte und Gemeinden als kommunale Ordnungsbehörden.“
Wie es sich juristisch mit der Aufnahme-Verpflichtung von Personen verhält, die trotz fester Unterkunft im (kriegsbefreiten) Heimatland zeitweise freiwillig oder unter subjektiv empfundener Notlage Obdachlosigkeit provozieren, kann hier nicht erörtert werden. Jedenfalls ist „das Pikante“: „Die Personen beantragen kein Asyl, sondern reisen im Frühjahr wieder in die Heimatländer zurück.“ Ein Insider: „Die Leute freuen sich, dass sie im Gegensatz zu ihrer Heimat über die Wintermonate ein warmes, sauberes Heim, gute Verpflegung und medizinische Versorgung haben. Für sie ist das quasi wie ein traumhafter Urlaub. Deswegen kommen viele jedes Jahr mit ihrer Familie nach Köln. Sie mögen es hier.“
Das glaubt man gern. Die soziale Betreuung – inklusive Schlichtung unter verfeindeten Albanern und Serben – gewährleistet das Deutsche Rote Kreuz sowie der Soziale Dienst des Amts für Wohnungswesen. Die medizinische Versorgung übernimmt das Gesundheitsamt. Ein warmes, sauberes Heim und gute Verpflegung würden wohl auch die in Köln über 6.000 wohnungslosen Menschen mögen. „Immer mehr Frauen leben auf der Straße“, heißt es dort, für Studierende ist die „Wohnungsnot eine Katastrophe“, las man schon letztes Jahr, Familien wie Singles finden kaum noch bezahlbaren Wohnraum in der Stadt.
Für die ansässigen Bürger werden hingegen nicht aktiv und unkompliziert 2.000 neue Plätze bereitgestellt. Hierfür hat ein „Kölner Wohnbündnis“ schon vor über einem Jahr versprochen, die Wohnungsnot zu beheben. Präventiv aber warnte Oberbürgermeisterin Henriette Reker „vor übertriebenem Optimismus“: Die angestrebten 6.000 Wohnungen werde man „nicht von heute auf morgen erreichen“. Es müsse nämlich auch Quartierentwicklung, Stadtplanung, Verkehr und Klimaschutz berücksichtigt werden. Das kann dauern, das Zeitpolster ist mit dieser Argumentation beliebig dehnbar. Ein Rat für die einheimischen Wohnungsnotfälle: Bewerben Sie sich beim Deutschen Roten Kreuz. Das baut jetzt in Köln Betriebswohnungen mit Mietpreisen deutlich unterhalb der marktüblichen Preise. „Im Gegenzug dafür bekommt das DRK ortsnahes Personal.“ Das System stellt sich auf.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Susanne Baumstarks Blog Luftwurzel.