Archi W. Bechlenberg / 13.08.2017 / 06:27 / Foto: Sasha Benedetti / 10 / Seite ausdrucken

Das Antidepressivum zum Sonntag: Können Bücher Wellen schlagen?

Was schöngeistige Werke angeht, schließe ich mich Michel Houellebecqs Urteil an: „Die Literatur führt zu nichts. Wenn sie zu etwas führen würde, hätte das linke Pack, das die intellektuelle Debatte das ganze 20. Jahrhundert an sich gerissen hat, gar nicht existieren können.“

Bei Sachbüchern wird die Antwort differenzierter ausfallen müssen. Wäre ich, vielleicht als ausgesetzter Meuterer, mit einer Nussschale auf dem weiten Meer unterwegs und hätte zwar kein Ruder, aber vielleicht eine Bibel im augenfreundlichen Großdruck, Min Ron Nees Illustrierte Enzyklopädie der Postrevolutionären Havanna-Cigarren oder gar das Telefonbuch von Berlin mit seinen immerhin 1.600 Seiten an Bord, ich würde gewiss den Versuch unternehmen, mich mit der Hilfe einer solchen Scharteke an Land zu rudern, bevorzugt eine friedliche Insel wie Tristan da Cunha, Pitcairn oder Islay. Und schlüge damit einige Wellen.

So weit die Praxis. Im übertragenen Sinne bezweifle ich allerdings auch bei Sachbüchern, dass von ihnen ein nennenswerter Wellenschlag ausgehen kann, möge man es noch so sehr erhoffen. Nehmen wir einige Publikationen der letzten Zeit. Robin Alexanders Dokumentation Die Getriebenen, Zana Ramanis Die verschleierte Gefahr, Constantin Schreibers Inside Islam, Samuel Schirmbecks Der islamische Kreuzzug, Markus Vahlefelds brillante Analyse Mal eben die Welt retten, Rolf-Peter Sieferles Das Migrationsproblem oder Hamed Abdel-Samads Trilogie Mohamed, Der Koran und Der islamische Faschismus – jedes dieser und etlicher weiterer Bücher wäre dazu geeignet, in der deutschen Gesellschaft ein radikales Umdenken in Sachen Merkel-Regierung, Migrationspolitik und Islam auszulösen. Also wuchtige Wellen zu schlagen.

Ich habe davon nichts bemerkt. Was nicht den sachkundigen Verfassern anzulasten ist. Alle diese Autoren sind auf engste persönliche wie berufliche Weise mit den Themen ihrer Bücher vertraut. Doch das zählt im heutigen Deutschland nicht. Statt dessen wird von der breiten Öffentlichkeit weiterhin Leuten geglaubt und vertraut, die außer diversen abgebrochenen Studien, behäbigem Hochbeten im theologischen Abseits oder sozialistischer Sozialisation in allen denkbaren Rotschattierungen keinerlei Kompetenzen und Kenntnisse vorzuweisen haben. Deren Fantastereien, Versprechen und Beschwichtigungen gelangen bis ins schattigste Seitental der Republik, in diesem Auftrag betätigen sich klebrige Moderatoren und Redakteure - bekannt von Funk, Fernsehen und Presse - im Dauereinsatz als Verstärker und Lautsprecher. Und weil ein Bild mehr sagt als tausend Worte, stehen ihnen zur Seite willfährige Musikanten und Mimen, die von Bühnen und Mattscheiben herab das Lied von der Fernstenliebe schmettern. Als Dank winken ihnen  öffentlich-rechtliche Auftritte, wohlwollende Kritiken sowie die Garantie, von linksradikaler Seite nicht gefährdet zu sein.

Gab es im – vorläufig - letzten sozialistischen Deutschland nur einige, recht überschaubare Regionen, die als Tal der Ahnungslosen bezeichnet wurden,  wird Merkelland 2017 flächendeckend vom Mehltau der Einheitsmedien überzogen. Das Ergebnis steht längst, Wochen vor dem Wahlgang fest: Die ewige Kanzlerin wird weiterhin ihre Politik des Durchwurstelns, des Taktierens und Lavierens praktizieren und so regieren, dass sie keine hässlichen Bilder angelastet bekommt. Ob das weitere vier Jahre so klappt, sei dahin gestellt; die Menschen in diesem unserem Lande erkennen trotz aller medialen Beschwichtigungen ja inzwischen durchaus, dass „Einzelfälle“ und massive Einschränkungen und Gefahren im bis dahin eher unbeschwerten Alltagsleben nicht mehr schön geredet werden können. Auch Sören-Maximilian und Anne-Helene werden bald in den gutmenschlichen Vierteln und Reihenhausexklaven auf dem Weg zum Geigenunterricht mit den Folgen der Zuwanderung zu tun bekommen und somit auch deren Eltern, Onkel und Tanten. In anderen Ländern wie Schweden, Italien und Frankreich sowie auf der britischen Insel kennt man das ja bereits.

Meine handtellerkleine Mao-Bibel

Doch zurück aus der nahen Zukunft - alleine die Gewissheit, dass es nach der Wahl im September erst einmal so weiter geht wie bisher, ist erschreckend genug. Machen wir uns nichts vor. Ein  echtes Wellenschlagen, ausgelöst durch kritische, dem Faktischen verbundene Bücher - seien diese noch so profund recherchiert, noch so nachvollziehbar geschrieben, noch so tiefgreifend analysierend - im Sinne einer messbaren, politischen Auswirkung  ist Wunschvorstellung. Die genannten Bücher und weitere Publikationen besitzen ohne Zweifel das Potenzial zum Auslösen eines Bebens. Passiert ist nichts.

Ich habe seit je her ein Faible für kleine Bücher. Kaum, dass ich lesen konnte, schätzte ich die Eigenschaft von kleinen Büchern, rasch unter der Bettdecke verschwinden zu können. Nicht, dass ich zuhause nicht lesen durfte, aber wenn es Zeit fürs Bett war, dann war Zeit zum Schlafen und für nichts sonst. Soweit der elterliche Plan. Ich sah das anders und holte mir nach und nach die hübschen Bände von Insel aus dem elterlichen Schrank unter die Decke. Die Insel-Bücherei war zwar nicht so bunt wie meine Pixi-Bücher, aber es stand mehr drin, und ich liebte das Lesen, auch wenn ich vieles nicht verstand. Ein Jahrzehnt später trug ich in der Schule stets gut sichtbar die handtellerkleine Mao-Bibel (noch mit dem Vorwort von Lin Piao!) vor mir her; es gab kaum ein Druckwerk, das auf Lehrer und andere Erziehungsberechtigte eine derart provozierende Wirkung ausübte, und ein, zwei Mal wurde mir der knallrote Band tatsächlich ebenda abgenommen.

Vor kurzem ist ein neues kleines Buch erschienen, und siehe da, es schlug ein paar Wellen. Im politischen Feuilleton sogar einige, die bis ans Ufer rollten, aber die haben sich inzwischen auch wieder verlaufen. Da die erste Auflage von Finis Germania dank des Streisand-Effekts schnell vergriffen war, bestellte ich mein Exemplar direkt beim Verlag, der es zuverlässig umgehend lieferte. Eine liebe Freundin, die stets für unkonventionelle bis hin zu bizarren Ideen offen ist, versuchte es auf andere Weise: sie ging in eine Buchhandlung und fragte nach dem Buch, „das von der SPIEGEL-Bestsellerliste wegzensiert wurde“. Die Händlerin scheint darüber einer schlagartigen Unterzuckerung anheim gefallen zu sein, und die Kundin musste mehrfach und zunehmend insistierend fragen, ob man ihr das Machwerk denn nicht bestellen könne. Was dann so weiter ging:

Ich: "Könnte ich theoretisch das Buch bei Ihnen bestellen, wenn es wieder lieferbar ist?" - Sie: "Theoretisch ja." (Unterton: Praktisch werde ich dich weiter dran zu hindern versuchen). Dann schiebt sie, mit einem dermaßen drohenden Unterton, dass ich das Gefühl habe, sie ruft gleich irgendeine Geheimpolizei an, um mich verhaften zu lassen, hinterher: "Wir machen das aber sehr ungerne." - Ich: "Warum?" - Sie: "Der Verlag ist verrufen."

„Der Verlag ist verrufen“

Ist es nicht goldig? „Der Verlag ist verrufen.“ Das gefällt mir so gut, dass ich es gleich in meinen Zitatenschatz aufgenommen habe und sicher noch oft verwenden kann. Verrufene Verlage, Autoren, Bücher  - das kommt einem bekannt vor, soweit man ein wenig in Geschichte bewandert ist. Dass solche Machwerke heute nicht mehr verbrannt werden, liegt nicht an einer gegenüber früher aufgeklärteren, freiheitlicheren, demokratischeren Gesellschaft, sondern am technischen Fortschritt und dem zugenommenen Umweltbewusstsein. Das Abfackeln missbeliebiger Druckwerke setzt unzulässig viel Feinstaub frei, vom CO2 ganz zu schweigen. Das geht dank Digitalisierung heute viel sauberer, wie Amazon in Sachen Akif Pirincci* bewies: dessen Bücher wurden einfach nicht mehr gelistet und konnten somit nicht mehr bestellt werden. Eben so leicht lässt sich Schmutz und Schund – der Spiegel praktizierte es mit Finis Germania – mit einem Mausklick aus der faktenbasierten Bestsellerliste löschen. Wer braucht da noch Scheiterhaufen.

In meiner Reichweite liegen derzeit so viele un- und angelesene Bücher, dass man damit eine kleine Buchhandlung erstausrüsten könnte. Unter diesen möchte ich – diese Kolumne hat schließlich auch einen kulturell bereichernden Auftrag – zwei vorstellen. Da ist zum einen Selbstportrait von Helene und Wolfgang Beltracchi. Weniger das Buch als mehr die Gaunereien des Paares haben vor ein paar Jahren in der Kunstwelt tatsächlich hohe Wellen geschlagen. Wolfgang Beltracchi ist es als Maler über viele Jahre hinweg gelungen, Galeristen, Experten, Sachverständige, Auktionshäuser und nicht zuletzt Kunstsammler derart gekonnt übers Ohr zu hauen, dass selbst heute, Jahre nach Aufdeckung seiner Betrügereien, noch immer unentdeckte Fälschungen in Museen und privaten Sammlungen hängen.

Als Sohn eines Kirchenrestaurators entdeckte Wolfgang Fischer, so sein ursprünglicher Name, früh die Liebe zur Malerei und das Talent zum Kopieren. Er studierte (so wie ich, aber zum Glück ohne sein Talent) ab Anfang der 1970er Jahre in Aachen diverse künstlerische Disziplinen und war ansonsten (so wie ich) ein langhaariger Hippie mit entsprechender Gelassenheit. Dass er später einmal ein millionenschwerer Kunsthändler mit prächtigen Häusern in Südfrankreich und Deutschland sein würde, war damals in Aachen nicht absehbar. Dass und wie es dazu kam, erzählen er und seine Frau Helene in ihrem mehr als 600 Seiten starken und üppig bebilderten Buch. Das ist höchst unterhaltsam zu lesen und verrät vieles über die internationale, hochkarätige Kunsthandel- und -sammelszene, eine Szene, in der mit Geld nur so um sich geworfen wird und wo es aus mancherlei Gründen oft gar nicht wirklich interessiert, ob ein Bild echt ist oder nicht.

Die Beltracchis haben das früh erkannt und sich davon verleiten lassen, von diesem schier unendlich verfügbaren Geld für sich einen netten Batzen abzugreifen. Wie viel das am Ende war, ist nicht ganz raus, die Schätzungen schwanken zwischen 20 und 50 Mio Euro. 2010 flog der Schwindel endgültig auf, da hatte der Maler ohne es zu wissen eine Farbe verwendet, die noch nicht existierte, als das Bild angeblich gemalt wurde. 2011 wurde er zu sechs Jahren gefängnis verurteilt, Helene zu vier und ein Komplize zu fünf. Beltracchi schätzt, dass er insgesamt an die 300 Bilder gefälscht hat, von denen seien weit mehr als die Hälfte bis heute nicht aufgeflogen. Seit 2015 ist das Paar auf Bewährung frei und arbeitet an der Begleichung der nachgewiesenen, finanziellen Schuld, wozu auch der Verkauf des Buches beiträgt. Wenn Sie also etwas Gutes tun wollen – kaufen Sie reichlich. Sie werden mit spannenden Lesestunden belohnt.

Wer sich Paris nähern will, der braucht dieses Buch

Das zweite Buch, das ich Ihnen heute nahe legen möchte, heißt Paris – Lichte Straßen im Abglanz der Zeiten, geschrieben hat es der in Freiburg im Breisgau lebende Autor Markus Spiegelhalder. An Parisbüchern mangelt es bei uns zuhause wahrlich nicht, und doch ist es immer wieder spannend, neue Literatur über Frankreichs Hauptstadt zu entdecken. Spiegelhalder hat, ausgelöst durch sein früh entwickeltes Interesse für die Malerei, vor gut 40 Jahren Paris „entdeckt“, die Stadt, in der so viele bedeutende Kunstwerke erschaffen worden sind wie wohl in keiner anderen weltweit. Seither reist er mehrmals im Jahr dorthin und kann ohne Frage für sich beanspruchen, sich dort auszukennen. Sein Buch ist allerdings kein Reiseführer im engeren Sinne, auch wenn man es hervorragend dazu nutzen kann, einen Aufenthalt in Paris vorzubereiten beziehungsweise zu begleiten. Mit großer Sachkenntnis hat der Autor eine kompakte Kulturgeschichte der Stadt verfasst, beginnend mit der Übernahme ein paar sumpfiger Seineinseln, die an strategisch bedeutender Stelle lagen, durch die Römer um 52 vor unserer Zeitrechnung bis hin zum ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts - Spiegelhalters „Paris“ schließt mit dem 13. Juni 1911, der Uraufführung von Igor Strawinskys Ballett Petruschka im Theâtre de Chatelet.

Markus Spiegelhalter führt, stets mit dem Fokus auf die kulturelle Entwicklung der Stadt, den Leser auf ebenso unterhaltsame wie lehrreiche Weise vom Paris der Römer über das christliche Mittelalter, die Renaissance, das Zeitalter des Absolutismus und  die Revolution von 1789 bis hin zu der ab Mitte des 19. Jahrhunderts durchgeführten Neugestaltung  durch Baron Haussmann, die bis in unsere Tage das Bild von Paris bestimmt und die man kennen und verstehen muss, um überhaupt eine Ahnung davon zu bekommen, wo man ist.

Wer sich Paris in seiner unendlichen, auf weitreichend verzweigte Wurzeln abendländischer Kultur basierenden Vielfalt als Besucher nähern will, der findet in Paris – Lichte Straßen im Abglanz der Zeiten eine brillante Zusammenfassung der kulturellen Entwicklungen über mehr als 2000 Jahre hinweg. Kurz: der braucht dieses Buch. Dazu einen möglichst aktuellen Reiseführer mit Adressen für die sonstigen Bedürfnisse, und Sie sind bestens präpariert für einen spätsommerlichen oder herbstlichen Aufenthalt. Am besten in Begleitung des erfahrenen Haudegens in Sachen der persönlichen Sicherheit, General v. Erdacht. Denn Paris ist nicht mehr „die Stadt der Liebe“. Was es eh nie war. Aber das ist eine andere Geschichte.

Die erwähnten Bücher:

Die Bibel – Großdruckausgabe, Katholisches Bibelwer, ISBN-13: 978-3460440197, (Die noch besser zum Rudern geeignete, wasserfeste Ausgabe von „Das Neue Testament nach Martin Luther“ ist leider nicht mehr lieferbar)

Min Ron Nee, Illustrierte Enzyklopädie der Postrevolutionären Havanna-Cigarren, AWM Verlag, ISBN-13: 978-3980930819

Das Telefonbuch Berlin

Pixi-Bücher

Insel-Bücherei

Tse-tung Mao, Worte des Vorsitzenden Mao Tsetung, Verlag Neuer Weg, ISBN-13: 978-3880212374

Robin Alexander, Die Getriebenen, Siedler Verlag, ISBN-13: 978-3827500939

Samuel Schirmbeck, Der islamische Kreuzzug und der ratlose Westen, Verlag: Orell Füssli, ISBN-13: 978-3280056363

Markus Vahlefeld, Mal eben die Welt retten, Verlag: epubli, ISBN-13: 978-3745083767

Rolf-Peter Sieferle, Das Migrationsproblem: Über die Unvereinbarkeit von Sozialstaat und Masseneinwanderung, Verlag: Manuscriptum, ISBN-13: 978-3944872414

Rolf-Peter Sieferle, Finis Germania, Verlag antaios, ISBN-13: 978-3944422503

Constantin Schreiber, Inside Islam: Was in Deutschlands Moscheen gepredigt wird, Verlag: Econ, ISBN-13: 978-3430202183

Zana Ramadani, Die verschleierte Gefahr: Die Macht der muslimischen Mütter und der Toleranzwahn der Deutschen, Europa Verlag, ISBN-13: 978-3958900776

Hamed Abdel-Samad, Mohamed: Eine Abrechnung, Verlag: Droemer, ISBN-13: 978-3426300794

Hamed Abdel-Samad, Der Koran: Botschaft der Liebe. Botschaft des Hasses, Verlag: Droemer, ISBN-13: 978-3426277010

Hamed Abdel-Samad, Der islamische Faschismus: Eine Analyse, Verlag: Droemer , ISBN-13: 978-3426300756

Helene Beltracchi und Wolfgang Beltracchi, Selbstporträt, Verlag Rowohlt, ISBN-13: 978-3498060633

Markus Spiegelhalder, Paris: Lichte Straßen im Abglanz der Zeiten, Provinz Verlag, ISBN-13: 978-8899444082

* Die Bücher von Akif Pirinçci sind inzwischen wieder bei Amazon gelistet, hingegen nicht bei dem von mir bis heute immer vorgezogen Versender JPC. Bis heute.

Foto: Sasha Benedetti CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Ulla Smielowski / 13.08.2017

Danke für diese Informationen. Ich kann ja auch nicht alles selbst machen. Einem Herrn Beltracci so große Aufmerksamkeit zu schenken, finde ich dagegen etwas verfehlt. Ich kann solch einen Mann nicht bewundern, weil er auf schändliche Weise betrogen hat. Malt er Leute, Prominente, so hat er nicht die Gabe eines Künstlers und auch nicht den Blick.  Einige wurden nicht einmal gut getroffen wie z.B.  Barbara Schöneberger. Außerdem hält er sich für ungeheuer schlau. Doch wenn man mit dem Kunstbetrieb vertraut ist, so zeigt es nur, dass er sich das Wissen darum zunutze machte, um es für sich auszubeuten. Das hat weder etwas künstlerisches noch bewunderungswürdiges für mich. Bewundern Sie einen Rechtsanwalt der nichts für Sie tut, Ihnen allerdings das Geld aus der Tasche zieht, weil er sich gut auskennt wie man das macht? Sie sein Opfer sind, weil sie Geld haben.?

Helmut Driesel / 13.08.2017

Literat zu sein ist einfach eine der besten Ausreden, die man haben kann, um sich vor ordinärer Arbeit zu drücken. In solchem Falle zu behaupten, man sei gebildet, genügt nicht immer. Das könnte gut und gerne ein Mao-Zitat sein. Die sogenannte Mao-Bibel war angeblich in der DDR verboten, das war auf die Schnelle hier nicht zu recherchieren, es gab aber mindestens eine DDRkompatibel geprüfte Sammlung von Mao-Zitaten, die jedermann in der Deutschen Bibliothek unbeaufsichtigt in die Hand nehmen konnte. So auch ich. Was ich las, hielt ich für Unfug, und das war sicher auch der Grund, warum es in jenem kleinen sozialistischen Biotop niemandem eingefallen wäre, ein solches Büchlein als potentielle Provokation bei sich zu tragen. In einem Irrenhaus kann man sich mit Unfug nicht brüsten. Insofern muss man sich wohl unter “sozialistischer Sozialisation in allen denkbaren Rotschattierungen” in Ost und West etwas Verschiedenes vorstellen. Ebenso unter dem Begriff “schöngeistig”. Die Frage, ob schöngeistige Literatur Unterhaltung ist, also Konsum, oder sogar Ablenkung sein darf (vom Wesentlichen nämlich) oder bildend oder sogar aufklärend, aufrüttelnd, mithin wellenschlagend, wird sicher in Ost und West verschieden gesehen. Sogar das Zurückblicken (etwa einiger grüner Politiker) auf ihre Maobibelzeiten oder im Osten auf typisch östliche Irrungen geschieht mit völlig unterschiedlichen Gewißheiten darüber, wie man inzwischen klüger zu sein meint. Die bloße Vorstellung nun, die Gedanken im Kopf der Frau Merkel seien ebenso östlich gespeist wie die meinen, sollten nun niemanden entmutigen. Sie ist im Prinzip ja genau der Typ weiblicher Kader, der 1972 an meiner Stelle Abitur gemacht und studiert hat. Der vormundschaftliche Staat war damals doch erstaunlich weitsichtig. Stellen Sie Sich mal vor, es wäre umgekehrt gewesen.

Gisela Tiedt / 13.08.2017

Von “Mal eben kurz die Welt retten” habe ich fünf Exemplare an Freunde verschickt. Reaktion bisher: Null. Noch lieber hätte ich “Das Migrationsproblem” von Sieferle verschickt, aber Sieferle ist inzwischen so verrufen, dass ich mir vorkam, als wollte ich einem Imam eine Bibel in die Hand drücken. Bin ziemlich allein inzwischen. Aber Einsamkeit ist wohl ein angemessener Preis für die Verweigerung der Zustimmung.

Andreas Rochow / 13.08.2017

Solche Texte sind nötiger denn je. Dass sie Wellen schlagen, Soll nicht ihr Hauptziel sein. Sie sind aber geeignet, den dafür Aufgeschlossenen Schwung und Ermutigung zu geben, den Pfad des kultiviert-kritischen Diskurses trotz öffentlich-rechtlich aufgestellter Hindernisse (“klebrige Moderatoren und Redakteure - bekannt von Funk, Fernsehen und Presse - im Dauereinsatz”, Boykott eines “verrufenen” Verlages) nicht zu verlassen. Mit und ohne Leseempfehlungen ein echtes Antidepressivum, das Spaß macht. Herzlichen Dank!

Hjalmar Kreutzer / 13.08.2017

Da kann ich ja noch mal aufatmen, Herr Bechlenberg! Fast zwei Drittel waren ja heute eher ein Depressivum, als ein Antidepressivum. Aber die Zeiten sind so. Den Beltracchi habe ich schon vor ein, zwei Jahren mit großem Vergnügen gelesen. Wenn die Taten auch selbstverständlich kriminell waren, kann man sich einer gewissen Häme nicht enthalten gegenüber “Experten” und der Schickeria, die mit viel offenbar überflüssigem Geld vorgibt eine Szene von Kunstkennern und -liebhabern zu sein. Beltracchis haben ungewollt wieder ein,al den Kaiser als nackt vorgeführt.

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