Auf seinem Album „Roxy and Elsewhere“ sagt Frank Zappa ein Stück mit dem Titel „Cheapnis“ auf diese Weise an:
„Es gibt einen Science Fiction Film mit dem Titel It conquered the World. Darin kommt ein Monster vor, das wie ein umgedrehtes Eishörnchen aussieht, welches mit Armen und einem Gesicht ausgestattet ist und viele, sehr viele Fangzähne besitzt. Dieses Monster kommt aus einer Höhle heraus (sie kommen immer aus Höhlen), allerdings anders, als der Regisseur es vorgesehen hat, und dann hört man deutlich vernehmbar eine Stimme aus dem Off, die flüstert „Nein, zieh es zurück!“ Das ist Cheapnis (ungefähr mit „Billigkeit“ zu übersetzen).
Sie können im Internet diese beeindruckende Szene sehen, wenn Sie es aushalten, sogar den ganzen Film. Zu den Hauptdarstellern des 1956 entstandenen Sodbrenners gehörten Peter Graves (Mission Impossible) und der später als Westernschurke zu Weltruhm gelangte Lee van Cleef, damals beide noch am Anfang ihrer Karrieren. Van Cleef wird in der von Zappa beschrieben hochdramatischen Szene ein bedauernswertes Opfer des Monsters, dem er naiverweise versucht, mit einem Lötbrenner zu Leibe zu rücken.
Es ist verwunderlich, dass der großartige Ronald M. Hahn und sein Co-Autor Volker Jansen dieses bahnbrechende Werk offenbar nicht kannten, „It conquered the World“ bleibt in ihrem Lexikon des Science Fiction Films nämlich unerwähnt. Eine lässliche Sünde, schließlich entstanden von dieser Art Filmen vor allem in den 1950er Jahren ungezählte Exemplare, einer cheaper als der andere. Da konnte es leicht passieren, dass manches cinematografische Meisterwerk übersehen wurde. „It conquered the World“ ist vielleicht auch nur deshalb etwas prominenter, weil Zappa über ihn referiert hat. Und das womöglich noch ungenau, einige Filmfans merkten später an, dass Zappa in seiner Filmbeschreibung zwei Streifen durcheinander beschrieben hat. Was auch egal ist, das Monster hat er jedenfalls treffend beschrieben, und es hat durchaus einen Platz unter den 500 besten bizarren Wesen verdient, die auf der Leinwand ihr (Un)wesen getrieben haben. In Filmen wie „Godzilla und die Urweltraupen“, „bestien lauern vor Caracas“ oder „Guila, Frankensteins Todes-Ei“
Allgemein als schlechtester Film aller Zeite anerkannt
Berühmt für seine abgrundtief billigen Streifen ist bis heute Ed Wood, ein amerikanischer Filmfanatiker, der sich unglücklicherweise nicht nur für einen passionierten Zuzschauer hielt, sondern aus für einen begnadeten Regisseur. Das Ergebnis seiner stets erfolglosen Bemühungen auf dem Regiestuhl ist der allgemein als schlechtester Film aller Zeite anerkannte „Plan 9 from outer Space“. Wood, der nicht einmal Geld für ein auch nur im Ansatz akzeptables Y-Movie hatte, ließ sich von derartigen Widrigkeiten nicht stören. Da er es nicht schaffte, wenigstens eine billige, aber dennoch sympathische Ausstattung eines Raumschiff-Cockpits zu basteln, musste ein schlichter Vorhang vor einer Türe genügen, links daneben ein Tisch, auf dem irgendwelches Geraffel stand, das er vermutlich aus dem Mülleimer eines C-Movie-Filmstudios gefischt hatte, in dem man noch rechtzeitig zu der Erkenntnis gekommen war, dass man dieses Zeug selbst dem unterbelichtetsten Zuschauer nicht zumuten konnte. („Es scheint, dass die Aliens ihre fliegende Untertasse mit Gerümpel von der Heilsarmee ausgestattet haben“, so ein Bewunderer des Films.)
Wood hatte damit kein Problem, ebenso wenig wie mit dem unerwarteten Ableben seines Hauptdarstellers während der Dreharbeiten, der er ohne große Umstände durch jemand anderen ersetzte. Dieser Andere hatte allerdings weder die Figur noch das Gesicht des Verblichenen. Für Wood kein Problem, die unterschiedliche Größe der Beiden wurde einfach ingnoriert, und in den Szenen, in denen man das Gesicht sehen musste, hielt sich der Ersatzmann einfach seinen Umhang vor das Antlitz.
Eine abgrundtief blöde Story, hölzern agierende Darsteller, billigste Kulissen, Tageszeiten, die nach Belieben zwischen Tag und Nacht wechselten, Autos, die bei der Abfahrt völlig anders aussahen als bei der Ankunft, an Fäden schwebende Radkappen und wenig außerirdisch aussehende Außerirdische, das alles zusammen hat Plan 9 zu einem bis heute sehenswerten Meisterwerk der Billigkeit gemacht. Wer sich den ganzen Film nicht antun möchte, findet eine zehnminütige Zusammenfassung hier, ich möchte Ihnen aber die gesamte 1 Stunde, 20 Minuten dauernde Tortur ans Herz legen, die sie hier online abrufen können.
Eine Sternstunde des Oktopus-Genres
Auch andere Filme Woods (dem es immer irgendwie gelang, zumindest das Geld fürs Filmmaterial und ein paar Stunden im Schneideraum aufzutreiben) besitzen ähnliche Qualitäten. In Tim Burtons filmischer Hommage an Ed Wood im gleichnamigen Spielfilm sieht man Martin Landau als Bela Lugosi mit einem riesigen Oktopus kämpfen, den Wood sich – wo auch immer – ausgeliehen hatte. Da die elektrisch betriebene Maschinerie im Inneren des Ungeheuers defekt war, blieb Lugosi nichts anderes übrig, als die ihn verschlingenden Fangarme selber zu bewegen, was deutlich erkennbar ist. Nicht nur in der Nachverfilmung, sondern auch in Woods Original. Eine Sternstunde des Oktopus-Genres.
Zurück zu den unzähligen Billigproduktionen mit mehr oder weniger tollpatschigen Monstern, Außerirdischen und Mutationen jeder Art. Die entstanden nicht nur in Hollywood, sondern auch in großer Zahl in Asien, vor allem in Japan und Südkorea. Godzilla ist nur eines der immer wieder auftauchenden Ungeheuer, die das ganze Land zu zerstören in der Lage waren; neben diesem wohl bekanntesten Monster gab es weitere Urwesen wie Goldorak, Mothra, Gorgo (der Vampir aus dem Weltall), Gwangi, Hedora oder Guila.
Meist tauchten diese Ungeheuer auf, nachdem sie durch eine atomare Katastrophe aus ihrem seit Jahrmillionen dauernden Schlaf geweckt worden waren, es kam aber auch vor, dass sie Schöpfungen von „Dr. Frankenstein“ waren, der noch fingerfertiger als die Natur übelste Gesellen erschaffen konnte. Dokumentiert wurde das finstere Treiben des Doktors dann durch Filme mit Titeln wie „Frankensteins Kung Fu Monster“, „Frankensteins Monster jagen Godzillas Sohn“ (laut Ronald M. Hahn „nur mit absolut dichter Gummihose zu ertragen“), „Gamera gegen Gaos – Frankensteins Kampf der Ungeheuer“, „Frankenstein – Der Schrecken mit dem Affengesicht“ und „Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster“. Womit wir dem Spuk wirklich nur sehr unvollständig Referenz erwiesen haben.
Für ihr Lexikon des Science Fiction Films haben Ronald M. Hahn und Co-Autor Volker Jansen seinerzeit 720 dieser Streifen durchgehalten. Jedenfalls gehe ich davon aus, wer würde schon ein Filmwerk oder ein Buch oder ein Fußballspiel kritisieren, ohne es überhaupt gesehen bzw. gelesen zu haben? Die meisten dieser kulturell wertlosen Filme wären heute längst vergessen, dank des Internets leben sie in diversen Online-Mediatheken weiter und lassen uns heute an dem teilnehmen, was die Zuschauer vor 60 Jahren das Fürchten lehrte. Manche, wenn auch nicht viele dieser Filme, besitzen durchaus eine Handlung, manche sogar eine Botschaft, manche machten unbekannte Schauspieler bekannt, aus denen später Weltstars wurden, wie Steve McQueen oder Jack Nicholson.
Aber selbst abgrundtief alberne Filme, deren Tiefgang einem Tweet von Sawsan Chebli um nichts nachsteht, lassen sich online finden. Das anzuschauen, macht Spaß, oft sogar sehr viel Spaß. Ich hätte Ihnen gerne noch eine längere Liste mit Links zusammengestellt; leider ist das heutige Antidepressivum eine Art Notausgabe, da in unserem bescheidenen Land Belgien momentan nicht nur der Treibstoff knapp wird, sondern auch das Internet, es läuft seit heute vormittag auf kleinster Sparflamme. Ob daran „Godzillas Todespranke“ schuld ist, ob „Todesstrahlen aus dem Weltall“ das Netz zerschossen haben oder „Das Ungeheuer mit der Feuerklaue“? Ich weiß es nicht, werde es aber bis zum kommenden Sonntag – auf den ich Sie vertrösten muss – in Erfahrung bringen.