Lieber Herr Bechlenberg, es ist ein gutes Gefühl, nicht allein zu sein! Allein die Tatsache, dass ich statt eines Schmartfohns nur ein großtastiges Seniorenhandy habe, das ich als Einwegtelefon nutze (nur 2 Personen kennen meine Nummer) , stößt bei manchen Menschen auf großes Unverständnis. Das Internet empfinde ich als riesige Bereicherung, da ich mich schnell informieren (und z.B. auf ACHSE kommentieren) kann. Alles andere meide ich. Seltsam - obwohl ich von manchen Mitmenschen wegen meiner Schmartfohnverweigerung kopfschüttelnd als rückständig (sie drücken es natürlich netter aus) bezeichnet werde, habe ich den Eindruck, dass ich mehr weiß und umfassender informiert bin als diese Leute. Außerdem kann ich noch z.B. Straßenkarten lesen (durchaus von Vorteil, wenn der Akku des SF den Geist aufgegeben hat) und mich ganz gut auf meine Sinne verlassen, da mein Blick nicht nur nach unten gerichtet ist. Eine besondere “Freude” ist es für mich, wenn bei einem Zusammensein - ganz gleich, welcher Art - plötzlich Menschen ihr SF zücken und mir UNGEFRAGT Fotos zeigen oder gar Filmchen aufdrängen - bevorzugt von Familienangehörigen oder Freunden, die mich nicht die Bohne interessieren - oder netten Urlaubsimpressionen (ICH und die Berge; ICH am Strand; ICH und mein Hund; WIR in unserem Luxushotel; MEINE Enkelin beim Üben auf derTrompete - wie niedlich!). So, nun werde ich bei einbrechender Dunkelheit meine Leinwand aufstellen, den Diaprojektor in Stellung bringen und mich an den Lichtbildern meiner Chinareise von 1983 erfreuen! Da gibt es nur ca. 300 - ein Smartphonebesitzer hätte in der gleichen Zeit heute sicher 3000 Fotos gemacht - die er dann in rasendem Tempo seinen (unfreiwilligen) Mitmenschen vorführt. Es lebe die Langsamkeit - von der Bahn einmal abgesehen!
Es gibt einen schönen Aufsatz von Max Goldt: “Vom Zauber des Seitlich-dran-Vorbeigehens”. Darin geht es zwar um Weihnachtsmärkte aber der Grundgedanke ist derselbe. Das schöne Gefühl, nichts zu verpassen, wenn man nicht überall dabei ist.
Lieber Herr Bechlenberg, again what learned, sagten wir im Englischunterricht in der 7. Klasse der Polytechnischen Oberschule. Zirkus Zamperoni und Die Sendung Mit Dem Claus, darf ich das bei meinen politischen Hetzreden an Brandenburger Stammtischen zitieren? Ja, die „Medien“! So ganz abgehängt wäre ja doch nicht gut. Nur noch die RND-Madsack-Regionalzeitung? Nur noch die Öffis? Ansonsten heißt es aussuchen. Wenn die Community, der man angehört, intern auf der Was‘los-Anwendung kommuniziert, muss man da mitmachen, hat aber den Vorteil, man liest, wenn man Zeit hat, und es muss nicht jeder immer überall anrufbar sein. Da ich den Schlaufernsprecher von meiner Frau geerbt habe und nur im heimischen WLAN nutze, entstehen keine Zusatzkosten. Dafür bin ich nicht im Gesichtsbuch. Mit einem Schlaufernseher kann man sich übrigens auch DuRöhre im Großformat ansehen. Und was wären wir ohne die Beiträge der Achse? Wirklich und wahrhaftig abgehängt. Aber ich gebe zu, das Netz hält mich ab, endlich Bücher, wie „Heerlager der Heiligen oder Sea Changes zu lesen. Einen schönen Sonntag.
Bis vor zwei Wochen wusste ich nicht wer Bibi ist! Da weiss man, das man alt ist. Meine Tochter hat nur den Kopf geschüttelt, obwohl sie Bibi hasst. Das verstehe ich wiederum auch nicht, ist doch ganz hübsch die Dame. So wie Faru Chebli. Es ist halt nicht immer in einem schönen Körper ein .... Aber das kommt von den alten Römern und ist somit mega out.
Wenn Sie selbst entscheiden, was Sie an sich heranlassen und was nicht, sind Sie zumindest ein Gefährder. Das ist jemand, der – jawohl, vorwiegend Männer! – die voreingestellte Harmonie von Kindergarten und Altenheim in unserem Land stört, durch Selberdenken und einen eigenen Willen. Am Ende werden Sie sogar daran zweifeln, dass Angela Merkel auch nach ihrer Abwahl weiter Kanzlerin bleiben muss. Mit Ihnen ist kein Staat zu machen, Sie Defätist Sie, oder wie Erdo sagen würde: Terörist.
Lieber Herr Bechlenberg, die Aufnahmefähigkeit des menschlichen Gehirns ist ja begrenzt. Und die einzige Möglichkeit, eine ständige triviale Informationsflut zu bewältigen, ist die gut entwickelte Fähigkeit zur Ignoranz und zum Vergessen. Wer das nicht hin kriegt, wird irgendwann feststellen: Der Speicher ist voll. Nichts geht mehr. Die neue Festplatte steckt noch in der Entwicklung. Dann heißt es Platz machen für die nächste Generation. Sag Hallo zum Grünen Punkt, mein Freund!
Auch für Angela Merkel ist das alles Neuland, insofern: you never walk alone. Aber im Grunde sind die “neuen Medien” und “sozialen Netzwerke” nur alter Wein in neuen Schläuchen und entsprechen dem anscheinend manchen Menschen inhärenten Bedürfnis nach Selbstdarstellung. Früher musste man den Samstagabend mit Urlaubsdias von Onkel Horst über sich ergehen lassen - Tante Berta auf dem Parkplatz neben dem Auto, Tante Berta vorm Hotel, Tante Berta am Strand von Rimini zusammen mit der Spanischen Inquisition - heutzutage sehen sich die Leute freiwillig “Selfies” von grenzdebil grinsenden Idioten auf Instagram an. Früher wurde in der Kneipe und beim Kaffeekränzchen ein Haufen Mist gelabert, heute labern bei Facebook und Twitter noch viel mehr Leute noch viel mehr Mist und versichern sich gegenseitig, was für Dumpfbacken sie doch sind. Man verpasst also nichts wenn man das meidet wie der Teufel das Weihwasser. Triumph Alexa….gefällt mir, gleich mal liken….
Man darf schon das Medium vom Inhalt trennen. Die Folgen von Heinrich Hertz und Zuse ..., das Fernsehen, Computer oder Internet lassen sich sich nicht mit der Dummheit und Arroganz gleichsetzen, die teilweise auf ihnen verbreitet wird.
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