Archi W. Bechlenberg / 19.06.2016 / 06:00 / Foto: Bobek/imuttoo / 1 / Seite ausdrucken

Das Anti-Depressivum zum Sonntag: 2017 - das Manuskript

„Kommen Sie rein! Kommen Sie rein!“ Mit einem jovialen Lächeln im wohlgenährten Gesicht erhob sich der Verleger hinter seinem barocken Schreibtisch und winkte den Autor näher.

„Setzen Sie sich, lieber Päffel! Setzen Sie sich! Cognac?“

„Um diese Zeit?“

„Aber Päffel, was reden Sie? Jeder weiß doch, dass Sie stets für einen guten Tropfen...“

Der Verleger drückte einen Klingelknopf auf dem Tisch, und sofort öffnete sich die mächtige Doppeltüre zum Vorzimmer.

„Fräulein Rothe, zwei Gläser für den Herrn Autor und mich!“

„Dazu eine Cigarre, Päffel? Suerdieck aus Brasilien, handgerollt! Der Vizekanzler persönlich hat mir die Kiste neulich erst mitgebracht! Mein bester Autor soll doch sehen, welche Wertschätzung ich ihm entgegen bringe!“

Nur wenige Augenblicke später waren die Gläser gefüllt, und das Direktionszimmer des Verlegers füllte sich mit fettem Cigarrenrauch. Päffel fühlte sich nicht wohl dabei; er war Nichtraucher, und einen Cognac trank er höchstens mal am Wochenende. Aber wenn der Verleger darauf bestand...

„Wir sollten uns viel öfters so gemütlich treffen, lieber Päffel, und warum nicht einfach mal so mitten am Tag? Sie sind nun einmal das Zugpferd Nummer 1 des Verlags, Ihre Zukunftsromane sind einfach unschlagbar! Und Ihr Pseudonym Conan Doyle-Stewart lässt alle glauben, Sie kämen nicht aus – wo kommen Sie noch mal her?“

„Wermelskirchen...“

„Genau, wo immer das auch ist. Alle denken, Sie genießen jeden Tag die Sonne Kaliforniens, in Miami oder Palm Springs. Haha, Haha! Gut nicht? Wie ist die Cigarre? Der Vizekanzler raucht nur diese Sorte. Und der Cognac?“

Päffel kam kaum zu Wort, zudem die ersten Züge an der schwarzen Tabakrolle ihn furchtbar hatten husten lassen. Doch der Verleger ließ sich nicht stören und redete ungehindert weiter.

„Fünf Millionen Bücher bisher, Päffel! Eins besser als das vorige! Woher nehmen Sie nur diese Fantasie?“

„Nun, was soll ich sagen...“

„Sagen Sie nichts, sagen Sie nichts!“ Der Verleger nahm einen tiefen Zug und einen üppigen Schluck. „Ich kenne natürlich alle Ihre Romane! Wie hieß der letzte noch einmal … nein, sagen Sie nichts! Lavawürmer unter dem Südpol! Was für eine Geschichte! Tausende Meter unter dem ewigen Eis leben 800 Meter lange Wurmwesen, die dabei sind, die Erde zu untergraben! Darauf muss man erst einmal kommen! Und dann klingt alles trotz der einen und anderen Übertreibung so realistisch, als könne es tatsächlich so passieren!“

Warum sollte es nicht eine feindliche Intelligenz da draußen geben?

Päffel nahm einen Schluck von dem in der Tat edlen Cognac und spülte damit den ekligen Geschmack der Cigarre vom Gaumen.

„Nun ja, Herr Verleger, es wirkt ja erst dann wirklich bedrohlich, wenn der Leser sich zumindest vorstellen kann, so etwas sei bei aller Fantastik durchaus möglich...“

„Genau, Päffel, genau! So ging es mir bei Gnadenlose Sternenstrahlen aus dem Crabnebel! Warum sollte es nicht eine feindliche Intelligenz da draußen geben, die bereits vor drei Milliarden Jahren den Plan fasste, die Menschheit mit subatomaren Strahlen … oder Ihre Trilogie Der Wahnsinn von jenseits der Galaxie über die unsichtbaren Wesen von Alpha-Zomo, die sich per Telepathie die Insekten auf der Erde untertan machen und dank deren Hilfe riesige Landebahnen für ihre Raumschiffe im Amazonasbecken freifressen lassen! Selbst die Namen der dort wachsenden Bäume haben Sie korrekt recherchiert! Doch, Päffel, ich ziehe meinen Hut vor Ihnen! Oh, Sie brauchen noch einmal Feuer! Hier, mein nagelneues Rowenta-Feuerzeug, es enthält jede Menge Elektronik. Sogar mit Temperaturregler und Thermostat. Behalten Sie es, ich schenke es Ihnen!“

Päffel wusste nicht, was er sagen sollte. Er hätte nie geahnt, dass der Verleger ihn so hoch schätzte. Das machte ihn ja schon etwas stolz.

„Sie werden sich denken können, lieber Päffel“ - hier wurde die Stimme des Verlegers deutlich ernster und leiser - „dass Sie mit Ihren Büchern und deren Erfolg bei den Lesern eine ganz wesentliche Stütze des Verlages sind. Doch, das sind Sie! Und deshalb ist es meine Pflicht als Verleger und Arbeitgeber und nicht zuletzt auch als väterlicher Freund, dafür zu sorgen, dass das nicht nur so bleibt, sondern von Buch zu Buch neue Dimensionen annimmt.“

Päffel sah leicht getrübten Auges über den tennisplatzgroßen Tisch hinweg in die Augen des Verlegers. Sollte es vielleicht ab sofort höhere Voraushonorare geben? Das käme ihm sehr recht, Anita hatte neulich angedeutet, dass ihr der 190 SL von Mercedes...

„Nun, Päffel, es gibt in diesem Zusammenhang etwas, das ich mit Ihnen bereden muss. Dr. Marottke war vor einigen Tagen bei mir. Sie wissen schon, der Werksarzt und gute Geist des Hauses in allen Gesundheitsfragen...“

„Aber ich fühle mich ausgezeichnet, ich bin kerngesund!“ Päffels Gesäßbacken zogen sich ungewollt zusammen.

„Ja natürlich, lieber Päffel, Sie leben gesund wie kaum jemand! Kein Alkohol, kein Tabak – naja, bis auf kleine Sündenfälle! Höhö!“ Der Verleger hustete ein herzliches Lachen.

„Und um was geht es dann?“

„Cheflektor Goltz war offenbar bei Dr. Marottke...“

„Oh, er wird doch nicht erkrankt sein! Vor kurzem erst habe ich ihm mein neues Manuskript hereingereicht!“

Der Verleger schüttelte den runden Kopf, so dass ihn seine drei Kinne unangenehm am engen Kragen kratzten. „Nein nein, Goltz ist bestens in Form. Es hat ihn allerdings etwas sehr besorgt gemacht, und das hängt mit Ihrem neuen Buch zusammen, genauer mit dem Manuskript. Wie heißt es noch gleich? Richtig, 2017.“

Päffels Gesäß verkrampfte sich zunehmend mehr

Päffels Gesäß verkrampfte sich zunehmend mehr, und er versuchte, durch dezente Rutschbewegungen auf dem Besucherstuhl etwas Erlösung davon zu gewinnen.

„Goltz hat das Manuskript natürlich sorgfältig wie Ihre vorigen durchgearbeitet, und das hat ihn dann nach einiger Überlegung dazu gebracht, sich mit Dr. Marottke zu beraten...“

„Wegen des Manuskriptes? Ich verstehe nicht, Herr Verleger!“

„Goltz hat mir eine Art Zusammenfassung erstellt und vor wenigen Tagen auf Rat von Dr. Marottke zukommen lassen. Ich kenne also den Plot. Und daher kann ich, mein Bester, sowohl Goltz' Meinung als auch den ärztlichen Rat Dr. Marottkes nur zu gut verstehen...“

Päffel fühlte, wie in seinem Kopf, genauer in der linken Schläfe, eine Art Grummeln bildete. Doch ehe er etwas sagen oder fragen konnte, sprach der Verleger weiter.

„Wir, Sie und ich, sind uns ja einig, dass das Besondere Ihrer Zukunftsromane darin liegt, dass bei aller Fiction dennoch das meiste, das Sie schildern, durchaus denkbar wäre. Aber in 2017 haben Sie offenbar alle Dämme brechen lassen. So sehr man sich auch anstrengt zu verstehen, nichts von dem, was Sie darin schildern, hat auch nur den Anflug einer Wahrscheinlichkeit zu bieten!“

„Ich...“

„Sie wollen sagen, Sie halten mich für verrückt?“

„Warten Sie, Päffel! Mir liegt ein medizinisches Gutachten von Dr. Marottke unter Hinzuziehung seines Kollegen Klager von der Privaten Nervenheilanstalt Teer & Feder in Schleiden vor. Nach diesem Gutachten sind Sie, offenbar durch jahrelange geistige Höchstleistungen auf dem Gebiet der Fantasie, momentan vollkommen überreizt, oder anders gesagt: nicht mehr Herr Ihrer Sinne! Was Sie in 2017 schildern...“

Päffel schnellte in die Höhe, so abrupt federnd, dass für einen Moment sogar seine Füße des Boden verließen. „Sie wollen sagen, Sie halten mich für verrückt?“ Päffels Kopf hatte die Farbe einer erstickenden Fuchsienblüte angenommen, das Grummeln hatte jetzt seinen gesamten Kopf erfasst, innerlich wie äußerlich.

„Päffel, mein Bester, beruhigen Sie sich! Verrückt, welch' hässliches Wort! Niemals würde ich so etwas von Ihnen annehmen. Überreizt vielleicht, in gewisser Weise außer Kontrolle, auf jeden Fall derzeit nicht schreibfähig!“

So heftig, wie der Autor in die Höhe geschnellt war, so kraftlos sank er nun wieder auf den Besucherstuhl. Mit letzter Kraft gelang es ihm, sich an den Lehnen festzuhalten, er wäre sonst ohne Zweifel auf den – zum Glück sehr dickflorigen – Perser gesunken, der den Boden des Chefbüros nahezu vollständig schmückte. Ganz zu Boden glitt hingegen die Cigarre, die einen unschönen Brandfleck im Teppich hinterlassen sollte.

„Aber warum nur? Was habe ich denn getan? Was ist denn mit dem Manuskript?“ In Päffels Stimme hörte man den Blanken Hans vibrieren.

„Ganz ruhig, lieber Päffel. Ich will nur Ihr und unser aller Bestes

„Ganz ruhig, lieber Päffel. Ich will nur Ihr und unser aller Bestes. Sehen wir uns 2017 doch einmal an. Sie beschreiben darin die BRD in 60 Jahren. Von der Grundidee her ein ausgezeichneter Plot! Da ist Potential drin! Ungeahnte Technik, paradiesische Lebensumstände im wohl verdienten Wohlstand, aber vielleicht bedroht von chemischen Waffen oder auch riesigen Russen oder auch Würmern. Doch nichts davon findet man! Was um Himmels Willen haben Sie statt dessen daraus gemacht? Eine derartige Ansammlung von Absurditäten und wirren Gestalten habe ich wirklich noch nie vor Augen gehabt...“

Päffel blickte den Verleger an wie NASA-Agent Mike Donegan in Taranzilla und die Röntgenaugen der K-PIX Höllenhunde , als dieser vor sich die erste alle Naturgesetze verspottende, grauenerregende Kreatur auf dem Submond Clito-Ni entdeckt. Kein Laut kam aus seiner Kehle, und so fuhr der Verleger fort.

„Schon auf der ersten Seite geht es doch los, Päffel! Versetzen Sie sich einmal in den Leser! Eine Frau ist 2017 Bundeskanzler! Eine Frau! Ja sind Sie denn bei Sinnen? Was kommt als nächstes? Ein Neger im Weißen Haus?“

Päffel fühlte sich sterbenskrank, dafür geriet der Verleger zunehmend außer sich. „Und diese Frau lässt ganz Deutschland ins Unglück stürzen, und die Leute machen das auch noch mit! Sie schmeißt mit dem Geld im Ausland nur so um sich und lässt lieber hierzulande alles verrotten, damit dann irgendwelche Teufelsanbeter aus Afrika … Mensch Päffel! Sie sind doch wohl kein Morphinist!

Niemand in Ihrer Geschichte stoppt dieses abstruse Wesen!

Und weiter: Niemand in Ihrer Geschichte stoppt dieses abstruse Wesen! Als wären wie in Betschuanaland, wo einer machen kann, was er will! Und sogar die Presse hält dabei still? Wem wollen Sie das denn erzählen? Was glauben Sie denn, was der … wie heißt er gleich, dieser Chefredakteur in Hamburg ...“

Augstein?“ röchelte Päffel. „Der wäre dann aber schon weit über 90...“

„Na dann eben sein Nachfolger. Vielleicht hat er dann einen Sohn – der wäre ja wohl auch nicht gerade ein Kretin... Jedenfalls, damit käme Ihre Kanzlerin doch niemals durch. Diese Frau macht einfach alle Grenzen auf, lässt jeden rein, der behauptet, jemand wolle ihm an den Kragen, sie begrüßt die auch noch persönlich und lässt in der ganzen Welt verkünden, jeder sei willkommen und es gebe keine Obergrenze. Sie nennt diese Leute durch die Bank weg „Flüchtlinge“ und vielen seltsamen roten und grünen Mischwesen in Deutschland geht das noch nicht weit genug, die wollen die ganze Welt herholen!“

„Nur anfangs finden es viele gut...“ wagte Päffel einen Einwand, doch der Verleger hörte gar nicht hin. „Und dann sollen das auch noch alles Mohammedaner sein! Mo ha me da ner!!! Wie kommen Sie denn ausgerechnet auf diese Muselmänner? Warum nicht gleich Eskimos? Der Yeti und seine Familie! Oder finnische Waldschrate? Was haben Sie sich dabei nur gedacht, Päffel??? Mohammedaner! Wie Hadschi Halef Omar und Kara Ben Nemsi?!“

„Nemsi war Sachse...“

„Papperlapapp! Jedenfalls Leute, die aus einer ganz anderen Welt kommen! So wie die Pteng-Ni-Womb aus der Lurch-Galaxie in … ach egal! Wer würde die denn ohne jeden vernünftigen Grund hier rein lassen und damit den eigenen Untergang herbeiführen? Ohne dass auf der Stelle einige verantwortungsbewusste Offiziere das Amtszimmer des Kanzlers stürmen und mit dem Spuk Schluss machen? Schlimmer noch: Diejenigen, die bei allem weiterhin Vernunft bewahren, werden als Volksfeinde dargestellt, als Unmenschen und Rassisten! Geht es noch, guter Mann? Wer sein Land nicht dem Untergang durch die Invasion Fernster preisgeben will, ist ein Orkutolk aus dem Carbugnespiralnebel oder ein Phataläer von 127-Magnumcumlaude im Sternbild Sterbenskranker? Ja sind Sie denn geistig völlig weggebeamt? --- Luft! Ich brauche Luft!!!“

„Schnell, Päffel, einen Cognac!“ flüsterte. „Auf der Stelle!“

Der Verleger hatte sich mit diesem emotionalen Ausbruch voll und ganz verausgabt und ließ sich ächzend in den thronartigen Chefsessel fallen. Seine Stimme brach, er brachte gerade noch ein „Schnell, Päffel, einen Cognac!“ zustande. „Auf der Stelle!“

Päffel erhob sich mühsam, auch er am Ende aller Kräfte und schwerfällig bis zur Hartleibigkeit; doch es gelang ihm schließlich, ein Glas bis über den Rand zu füllen und den Inhalt mit einem Satz in sich hinein zu schütten.

„Nicht Sie, Sie Idiot! Ich brauche einen!“ Die Stimme des Verlegers ließ den Schreibtisch vibrieren. Päffel, den Ernst der Lage nun gar und ganz erfassend, gab seinem Chef ein ebenso volles Glas. Der Verleger trank es leer, ohne abzusetzen. Sodann herrschte im Raum minutenlanges Schweigen, nur unterlegt von vereinzelten, kläglich- amorphen Stöhn- und Seufzgeräuschen. Die Szenerie war an Erbärmlichkeit nicht mehr zu übertreffen und schlug die Szene in Päffels Bestseller „Nonnen erobern den Neptun“, in der Astronaut Cliff Hänger die giften Pilze von Fertane isst und nicht mehr rechtzeitig aus seinem Raumanzug findet.

Eine endlos erscheinende Zeit verstrich, dann rührte sich wieder zaghaftes, intelligentes Leben.

„Päffel?“ „Ja?“„Hören Sie, Päffel, Sie müssen zur Vernunft kommen! Dieses Manuskript ist nicht zu retten! Was immer Sie geritten hat, es muss verschwinden! Wie sollen die Menschen von heute weiter daran arbeiten, aus diesem Land 12 Jahre nach dem Untergang wieder eine lebenswerte Umwelt zu machen, wenn Sie etwas schreiben von unverantwortlicher Regierung und sozialen Unruhen wegen der ungehinderten Invasion von Millionen Neozoen, die sich mit ihren hier völlig unangebrachten Kultur breit machen? So etwas würde Ihnen nie jemand abnehmen, man würde sagen, der Stewart ist verrückt geworden und der denkt sich etwas aus, gegen das eine hundertbeinige Gottesanbeterin, die jeden Tag eine ganze Stadt frisst, Thema für ein rein wissenschaftliches Fachbuch wäre! Eine Invasion oder Völkerwanderung – ok, geschenkt! Das hatten wir schon das eine und andere Mal. Aber so was würde doch niemals von einer deutschen Regierung auch noch gefördert! Da würden doch alle Alarmglocken läuten und alle Sicherheitskräfte mobil gemacht! Und was würden wohl unsere Kirchen sagen, wenn auf einmal die Muselmänner hier die Oberhand bekämen? „Wir freuen uns über die frommen Neubürger?“ Tief holte der Verleger wieder Luft.  „Und das Schlimmste, Päffel das Allerschlimmste: auch mich als den Verleger dieses Machwerks würde man für geistig komplett durchgeknallt halten! Oh weh! Das Ende, das Ende!“

Päffel hatte während der Worte des Verlegers verlegen zu Boden geblickt. Ja, der Mann hatte Recht! Ein noch so grausames Horrorszenario konnte nur dann seinen ganzen Schrecken beim Leser entwickeln, wenn dieser sich zumindest vorstellen konnte, dass so etwas tatsächlich einmal eintreten würde. Aber Päffel hatte beim Schreiben völlig jedes Maß verloren und aus dem finstersten Vorrat an Absurditäten geschöpft. Und was war daraus entstanden? Ein Zukunftsroman über den Untergang Deutschlands, ausgelöst durch sinnloseste Handlungen verkrachter Existenzen in hohen und höchsten Staatsämtern, gegen die die paar alten Nazis, die sich ins Deutschland von 1957 hinüber gerettet hatten, ja harmlose folkloristische Figuren waren! Ganz zu schweigen von den Killervampiren vom Planeten GKE, die durchaus glaubwürdige Züge trugen und mit Rudolf Prack gerade verfilmt wurden! 

Dr. Marottke hat einen Wagen bestellt, der bringt dich ins Sanatorium

Päffels Augen wurden feucht, er blickte zu Boden und ließ den Tränen freien Lauf. Das salzige Sekret hatten ein Gutes: der durch die verlorene Cigarre entstandene Schwelbrand im Teppich erlosch in Päffels bitteren Zähren. „Mich packt Verzweiflung, foltert Not!“ entrang sich lautlos seiner Kehle. Was hatte er getan? Wie konnte es soweit mit ihm kommen? Er, der gefeierte Autor von Karos schmücken keine Untertassen und Dreimal auf einmal – Weltallzombies schänden Ehefrauen hatte sich zu so etwas wie 2017 hinreißen lassen! War er nicht tatsächlich geistig völlig derangiert, oder anders gesagt: komplett verrückt? Päffel verstand weder sich, noch sein Manuskript. Wie hatte er sich nur so etwas ausdenken können wie diese Kanzlerin - ein aus der SBZ stammender Zellklumpen, vom Russen in geheimen Laboren herangezüchtet, um die BRD zu zerstören? Wie um alles in der Welt hatte er nur einen derartigen geistigen Durchfall ablaichen können? Ob es am Stroh Rum lag, den er von seinem letzten Urlaub aus St. Kützelmütz an der Nille mitgebracht hatte und der so gut im Tee schmeckte?

Und als Päffel da so hemmungslos schluchzend saß, da fühlte er auf einmal die väterliche Hand des Verlegers auf der Schulter, und er hörte eine Stimme, die da sagte: „Nun weine nicht, mein Sohn, es wird alles gut, es soll dir verziehen sein. Dr. Marottke hat bereits einen Wagen bestellt, der bringt dich ins Sanatorium Teer&Feder, und dort entspanne ein paar Monate auf Kosten des Verlages und lasse allen Wahn hinaus fahren. Und du wirst sehen: danach bist du wieder ganz der Alte! Was sage ich? Besser als der Alte. Du wirst Romane über magnetisch gesteuerte Atomhummeln schreiben und wie die Menschheit im letzten Moment durch ungepolte Radiowellen vor der Ausrottung durch die unheimlichen Wesen vom Planeten Sogima gerettet werden. Und eine Kanzlerin, die Deutschland abschafft, wird dir dann ebenso absurd erscheinen wie die Alpha 60 Todesstrahlen des Dr. Belzebir Gemini...“

Und siehe, alles wurde gut. Der Autor Päffel schrieb noch viele Romane sowie einige Drehbücher für HB-Fernsehspots, und das Manuskript von 2017 ließ der weise Verleger in einen mit Trichinen verseuchten Tresor legen, so dass niemand es jemals wieder zu Gesicht bekam.

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Magdalena Schubert / 19.06.2016

Beim Lesen des vorhergehenden Beitrages von Wolfram Weimer, der im Grunde sowohl Volker Bouffier (Zitat: “Ich halte Angela Merkel nach wie vor für eine ganz außergewöhnliche Persönlichkeit. Und wenn ich mir vorstelle, wer Europa im Moment überhaupt zusammenhalten soll, wenn es sie nicht gäbe…”) als auch unserer Kanzlerin höchstes Lob zollt, erfasste mich wieder diese grenzenlose Niedergeschlagenheit und Verzweiflung über diese nicht endenwollende Loyalität und Zustimmung zu einer ins sichere Verderben führenden Politik. Dann las ich das Anti-Depressivum zum Sonntag, das mich zwar nicht aus meiner depressiven Stimmung herausholen konnte, aber das den tagtäglichen Wahnsinn in Deutschland furios und genial beschreibt. Kein noch so großer Schriftsteller hätte sich wohl jemals einen solch irren Plot ausdenken und ausmalen können: Die euphorische Selbstzerstörung seines eigenen Landes und die daraus resultierende Destabilisierung eines ganzen Kontinents… Ich wünschte so sehr, es wäre tatsächlich nur Fiktion!

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