Ich lasse mir auch von Gudrun nicht das Essen verderben. Saure Nierchen, lecker. Und Leber mit reichlich Zwiebeln und Kartoffelpüree. Mmh, das Essen meiner Kindheit. Meine Frau kocht sowas leider nicht, meine Kochkünste sind eher bescheiden und meine Mama leider schon lange tot.
Douce France war mal gar nicht so douce, als ich mir in der Normandie, an der Küste, eine Lebensmittelvergiftung zugezogen habe. Austern - lieber nicht. Aber gern pot au feu, Boeuf bourgignon…J’adore. Meine musikalische Empfehlung: “Douce France” von Charles Trenet, neben “La mer”, natürlich.
Meine Komplimente dafür, dass Sie sich zum Verzehr dieser seltsame Wurst überwinden konnten; ich konnte es nicht. Als Dank dafür, da Sie sich jüngst als Fan der hellenischen haute cuisine geoutet haben, einige kulinarische Tipps für den nächste Aufenthalt dort: Um Ostern herum essen die Griechen gern Kokoretsi (vom türkischen Kokorec, unter das c gehört ein Komma, das meine Tastatur nicht hergibt; Aussprache Kokoretsch). Es handelt sich um die mit Lammfett vermengten Därme von Lämmern, die auf einen langen Spieß gewickelt und dann über Holzkohle geröstet werden. Die Därme sollten mit Essigwasser eingehend gereinigt worden sein. Das wird - der griechischen Schlamperei geschuldet – nicht stets sehr sogfältig erledigt; den Grad der Reinigung kann man mit der Nase ermitteln, wenn man sich dem Grill nähert. Härterer Stoff ist die von den 1921 vertriebenen pontischen Griechen hochgeschätzte, also besonders in Thessaloniki verbreitete Suppe „Patsa“ (von türkisch Patsa mit einem Komma unter dem s, mithin gesprochen Patscha). Diese kulinarische Errungenschaft besteht aus Därmen und Kaldaunen. Nach dem Geruch, der die Patsa-Küchen umwabert, wird auf das Waschen der Därme weniger Wert gelegt als bei den Kokoretsi. Ich habe einen halben Teller davon geschafft, diesen freilich mit einer Flasche Rezina von Kourtaki runterspülen müssen. Die Suppe soll, sagen die Pontier, gegen die Folgen übermäßigen Rezina- und Ouzogenusses helfen. Dann gibt es noch das Kochrezept von Nikos Kantzanzakis, ich meine, man findet es in „Griechishe Passion“, womit wir wieder bei den Türken landen. Ein hochrangiger osmanischer Würdenträger inspiziert eine Einrichtung der griechischen Dhimmis um Trapezunt herum und lobt die Qualität der Erbsen in der ihm gereichten Suppe. Der Grieche, von einem Mitgriechen nach dem Rezept befragt, teilt mit, für die Suppe habe man die Hähnchen des gesamten Landkreises kastriert.
Diese Tendenz je mehr desto besser auf dem Teller kenne ich, allerdings nicht von mir. In Frankreich im Restaurant zu essen, lehne ich ab, seitdem ich in Luxemburg aß. In jedem kleinen Dorfgasthaus gibt es hervorragende französische Küche, zu wesentlich mäßigeren Preisen.. Ach und der Herr Wolfram Siebeck. Seine Randnotizen in der Zeit habe ich geliebt, ausgeschnitten und gesammelt. Ein toller Artikel von ihm, kurz vor Weihnachten, über die “Deutsche Plumsküche” mit dem Gänsebraten und den Klößen, um dann einen Rinderbraten mit Rotweinsoße zu empfehlen. Da fand ich Gänsebraten einmal im Jahr aber doch viel besser. Erinnerungen kommen dann auf, an den Küchenherd, der mit Briketts bestückt wurde, eine wohlige Wärme ausstrahlte. Schließlich die Gans, die dann vom Großvater zerteilt wurde, weil er der Hausherr war. Einmal im Jahr Gänsebraten in Gemeinschaft zu verzehren, soetwas kann man sich nicht nehmen lassen.
Liebe Frau Meyer, ich verstehe nicht den Zusammenhang zwischen meinem heutigen Text und Ihrem Einwand. Ich plädiere ja genau dafür, dass möglichst alles vom Tier, wenn es denn zur Verwendung durch den Menschen bestimmt ist, Verwendung findet. Was das Thema “Tierrechte” angeht, kann ich nicht sehen, inwiefern das hier in diesem Kontext eine Rolle spielt. Sicher wollten Sie damit eine Lanze für den Food Aktivisten brechen. Auf “Aktivisten” jeglicher Fachrichtung reagiere ich allerdings allergisch. Und ich gehöre nun einmal zu den Fressfeinden von Hummern und Oktopussen, und ich habe Zweifel, dass deren andere Fressfeinde sich Gedanken über deren Rechte machen. So wie auch Oktopusse nicht lange über das Schicksal ihrer Beute nachdenken.
Ach und zu dem Thema Innereien fällt mir noch eine Geschichte ein. Wenn ich darf, erzähle ich die auch noch. Ich war einmal in Thailand zum Essen bei Thailändern eingeladen. Einfache Leute. Die vierköpfige Familie wohnte in einem Zimmer. Zum Essen saßen wir auf dem Boden. Zur Ehre des Gastes gab es etwas ganz besonderes. Drei Mal dürfen sie raten. Es handelte sich um Innereien. Also etwas völlig anderes als das Essen, welches man gewöhnlich in thailändischen Restaurants serviert bekommt, und welches ich sehr schätze. Bei diesen Innereien, ein Festessen, kam ich an meine Grenze. Denn die Innereien schmeckten nicht nur nach Innereien, sondern sahen auch so aus. Nicht wie unsere gute alte Andouilette, bei der man nicht so genau hinsieht. Ich hatte Riesenhunger und wollte höflich sein, aber es ging nicht. Hab dann nur Reis und ein paar Beilagen gegessen. Am nächsten Tag habe ich die Familie zu einem Essen in einen „normalen“ thailändischen Restaurant eingeladen, um die Schande wieder gutzumachen. Sie haben es mir auch gar nicht übel genommen. Aber es war nicht zu übersehen, dass ihnen die Innereien vom Vorabend besser geschmeckt hatten.
Herrlich dieser kulinarische Frankreich-Trip. Ja, Andouillette ist göttlich. Hab viele davon verzerrt. Und mich niemals danach erkundigt, was eigentlich drin ist. Mir dieser Art des Nichtwissenwollens kann man manche Überraschung erleben. Einmal, mitten im nigerianischen Busch bekam ich in meiner bescheidenen Unterkunft ein leckeres Essen serviert. Eine Auswahl gab es dort ebenfalls nicht. Und ich aß mit Appetit. Beiläufig, zum Ende hin, wollte ich dann doch wissen, was genau mir denn da so gut schmeckte. Es handelte sich um Ratte. Da war ich dann froh, dass ich schon satt war. Das sei eine saubere Art von Ratte wurde mir versichert. Nur mag ich ausgerechnet diese Tiere gar nicht, obwohl ich ein großer Tierfreund bin. Aber so ist das, wenn man nicht weiß, was auf dem Teller liegt.
Danke für diesen köstlichen Bericht aus der französischen Spezialitätenküche. Da fielen mir wieder auch wieder schöne Lokale auf meinen Reiserouten an die Atlantikküste oder das Mittelmeer ein. Ja, die Andoulette kenne ich auch und fand die eigentlich sehr lecker. Was habe ich mit der Familie in 20 Jahren Frankreichurlaub nicht alles an Essbarem ausprobiert und war eigentlich nie enttäuscht. Besonders Gerichte in den Regionen und sozusagen Hausmannskost kann man bedenkenlos bestellen. Ob Casoulette oder Flußaalgerichte ; ein frische Baguette und ein Wein dazu und alles stimmt. Austern können auch köstlich schmecken. Es gibt dazu manchmal eine kleine Zwiebelsoße aus roten Zwiebeln als Geschmacksverstärker. Beim Austernessen muß aber m.E. auch das Ambiente stimmen. Das heißt, Atlantik und Austernbänke in Sichtweite, Geruch nach Meer und das kleine unspektakuläre Lokal. Austern in der Feinkostabteilung bei Kaufhof schmecken da nur “bäh”.
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