Henryk M. Broder / 10.01.2019 / 08:53 / 30 / Seite ausdrucken

Danke, Eva!

Gestern konnte man in der Print-Ausgabe der SZ einen längeren Artikel von Eva Menasse über ihren Bruder Robert lesen. Wie nicht anders zu erwarten, war es ein Plädoyer für den in Erklärungsnot geratenen Zitatenerfinder. Was nicht weiter schlimm wäre, denn Blut ist dicker als Wasser. Außerdem wissen wir: "Das Wort ‚Familienbande‘ hat einen Beigeschmack von Wahrheit." (Karl Kraus)

Leider scheint es so zu sein, dass Eva Menasse weder ihren Bruder noch dessen Werk kennt, das nicht frei ist von totalitären Tagträumen, worauf Jacques Schuster eben in der WELT hingewiesen hat. Menasse hat eine Vision, und für die würde er gerne einiges opfern, was anderen lieb und wertvoll ist.

Schwester Eva bietet sich nun als Charakterzeugin an. Ihr Text in der SZ fängt so an: Als Schwester bin ich natürlich befangen. Vor Gericht jedoch wäre ich als Zeugin gerade durch mein Nahverhältnis zum Beschuldigten wertvoll.

Falsch, Mädel, setzen und weiter häkeln! Vor jedem Gericht, außer dem Obersten Gerichtshof von Nordkorea, würde man dich erst einmal darauf aufmerksam machen, dass du als Verwandte die Aussage verweigern darfst. Und solltest du dich entscheiden, dennoch auszusagen, würde man nicht jedes deiner Worte auf die Goldwaage legen, weil du in einem Nahverhältnis zum Beschuldigten stehst. 

Die Kritik an ihrem Bruder Robert, der erstens zu den grob überschätzten, zweitens meist verhätschelten und drittens innerhalb der großdeutschen Sozialdemokratie bestens vernetzten literarischen Dienstleistern gehört, ist natürlich nicht nur unangemessen, sondern eine Art Anschlag auf dessen Leben: Man will ihn "vernichten", und "man", das sind diejeingen, die verlangen, dass ihm eine Auszeichnung "aberkannt" wird, was insofern falsch ist, als es nicht um die Aberkennung einer Auszeichnung geht, sondern um deren Nicht-Verleihung. Ein feiner, aber nicht unwichtiger Unterschied, denn niemand hat bis jetzt auch nur daran gedacht, ihm einen der zahllosen Preise, die seine Dichterklause schmücken, wieder abzuerkennen. 

In einem Punkt freilich hat Eva Menasse recht. Über mich schreibt sie, ich würde "seit Langem mehrere politische Richtungen gleichzeitig, aber immer mit dem selben Maschinengewehr" bedienen. Das stimmt. Mir war die politische Ausrichtung der Leute, die ich füsiliert habe, immer egal. 

Ein Vorwurf, den man Eva Menasse nicht machen kann. Sie hat immer nur eine Richung bedient und war sich dabei für nichts und keinen zu schade. Günter Grass, Klaus Staeck und Martin Schulz sind meine Zeugen.

Siehe auch: "Das stimmt nicht, Robert. Frag den Papa."

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Leserpost

netiquette:

Helge-Rainer Decke / 10.01.2019

Sehr geehrter Herr Broder, indem Sie die Schwester des Bruders duzen, duellieren Sie sich meines Erachtens auf Augenhöhe die der Schwester, nicht auf der intellektuellen Augenhöhe, die Sie, Herr Broder, auszeichnet. Wer derart naiv, besser unsachlich in Form und Inhalt argumentiert, wie es die Schwester tat, sollte man, wenn überhaupt, mit einem einzigen Satz frittieren, Madame, ich sehe, Sie sind unbewaffnet!

Paul Braun / 10.01.2019

Dieser Artikel zauberte einen breiten Morgengrinser in mein Gesicht.  Maschinengewehre, die man nicht wechseln muss bewähren sich halt. Dem Schützen wünsche ich noch etliche Streifen Munition und ... weiter so.

Herbert Umlauf / 10.01.2019

Aus einem Leserbrief bei Welt online und nachzulesen bei Wikipedia, etc.: Eva ist Stadtschreiberin 2019 in Mainz, dem Sitz der dortigen Landesregierung. Na sowas.

Peter Wachter / 10.01.2019

Ich wollte das Interview der Geschwister auf SPON lesen, aber nach der nachfolgende Aussage, musste ich aufhören:  SPIEGEL: Herr Menasse, die Grundthese Ihres Romans ist: Europa ist unter die Pragmatiker gefallen. Die Pragmatiker haben die Krise verursacht, und sie werden sie nicht lösen. Sondern wir brauchen Träumer und Utopisten. Robert Menasse: Ja, wir brauchen das Träumerische wieder! Das aber erfahrungsgesättigt ist. Das war ja die Stärke der Gründergeneration.

Dr. Gerhard Giesemann / 10.01.2019

Welch Glück, dass von den Menasses nie was gelesen habe - so muss auch nix wissen. Jetzt erst recht nicht.

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