Thomas Rietzschel / 20.05.2025 / 14:00 / Foto: Montage achgut.com / 35 / Seite ausdrucken

Daniel Günthers kurzer Prozess

CSU-Chef Markus Söder und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann erklärten gerade, dass die Unionsparteien nicht mehr über ein AfD-Verbot reden sollten. Ob das Parteifreunde wie Ministerpräsident Daniel Günther, die "unsere Demokratie" gern mit einem Parteiverbot lenken würden, beeindruckt?

Daniel Günther, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, bläst zur Attacke. Es sei an der Zeit, endlich ein Verbotsverfahren gegen die AfD einzuleiten. „Es ist meine feste Überzeugung, dass ein Staat sich selbst schützen muss.“ Genau, Herr Günther, deshalb gab es ja in der DDR auch die Staatssicherheit, die den Machtapparat vor dem Volk schützte. Sollten Sie das wirklich wollen oder haben Sie nur vergessen nachzudenken, bevor Sie mächtig loslegten? Immerhin liefe es bei einem Verbot der AfD darauf hinaus, große Teile des Volkes zu „verbieten“, nämlich jene mehr als zwölf Millionen, die ihre Stimmen einer Oppositionspartei gaben, mit der Sie jetzt kurzen Prozess machen wollen. 

Nun kann man zwar eine gewählte Partei verbieten, wenn es dafür hinreichend Gründe gibt, was bisher nicht der Fall zu sein scheint – allein, was macht man dann mit ihren Wählern, über den Daumen gepeilt mit einem Drittel des Wahlvolkes? Wie das frühere Machthaber schafften, wissen wir. Dass aber ein CDU-Mann heute in eine ähnliche Richtung navigiert, sprengt den politischen Rahmen der Demokratie.

Die Regierung schützt sich

Und selbst wenn sich Daniel Günther dessen nicht bewusst sein mag, bleibt die Frage, welche Vorstellungen dieser deutsche Ministerpräsident von unserer politischen Ordnung hat. Wovor soll sich nach Günthers „fester Überzeugung“ die Bundesregierung schützen – vor dem Volk, in dessen Dienst sie dem Grundgesetz nach steht? Oder ist der Zweck des Staates unterdessen der Staat selbst? Auch das gibt es, keine Frage. Allerdings reden wir dann von Diktaturen, euphemistisch bemäntelt auch von Bananenrepubliken, nicht jedoch von Demokratien.

Liegt es daran, Herr Günther, dass Sie erst 1972 geboren wurden und bereits in den Zeiten staatlich organisierten Bildungsverfalls aufgewachsen sind, völlig geschichtsvergessen? Oder wie sonst sollen wir uns erklären, dass ein regierender Politiker in Deutschland heute noch derartig bedrohlichen Quatsch bedenkenlos verbreitet? Geht es nur darum, die Macht zu behaupten, den Platz an den Futtertrögen des Staates, um welchen Preis auch immer? 

Gottlob hat Parteichef Friedrich Merz dem emsigen Wichtigtuer Günther schon heimgeleuchtet, als er erklärte, der Staat müsse der AfD erst einmal nachweisen, dass sie „aggressiv kämpferisch“ gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung vorgehe. Deshalb habe er sich immer gewehrt, ein Verbotsverfahren durch den Bundestag zu befürworten. Ihm, Friedrich Merz, hätte das allemal „zu sehr nach politischer Konkurrentenbeseitigung“ gerochen.

Zurück auf die Schulbank

Auf den Punkt getroffen! Nicht, dass der Kanzler die lästige Opposition von rechts nicht auch gern los wäre. Nur ist er alt genug, zu wissen, dass auch Politiker, nur weil sie gerade mal an der Macht sind, nicht jenseits der Gesetze stehen, von demokratischem Anstand ganz zu schweigen.

Wer nun aber gleich wieder aufheulen und Merz nachsagen möchte, er denke insgeheim an eine parlamentarische Zusammenarbeit mit der AfD, würde zuverlässig an der Seite von Daniel Günther landen und mit ihm ins Lager derer abdriften, die den Zweck der Politik im Machterhalt herrschender Politiker sehen. Alles nicht neu, nicht in Deutschland.  

Deshalb Daniel, zurück auf die Schulbank, nachsitzen im Grundkurs „Demokratie“ – und jeden Abend vorm Einschlafen beten: Ich bin klein, mein Herz ist rein. Soll niemand drin wohnen als das Volk allein. 

 

Dr. Thomas Rietzschelgeboren 1951 bei Dresden, Dr. phil, verließ die DDR mit einer Einladung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Er war Kulturkorrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung FAZ und lebt heute wieder als freier Autor in der Nähe von Frankfurt. Verstörend für den Zeitgeist wirkte sein 2012 erschienenes Buch „Die Stunde der Dilettanten“. Henryk M. Broder schrieb damals: „Thomas Rietzschel ist ein renitenter Einzelgänger, dem Gleichstrom der Republik um einige Nasenlängen voraus.“ Die Fortsetzung der Verstörung folgte 2014 mit dem Buch „Geplünderte Demokratie“. Auf Achgut.com kommt immer Neues hinzu.  

Foto: Staatskanzlei Schleswig-Holstein, Presse- und Informationsstelle der Landesregierung, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Andreas Donath / 20.05.2025

Dieser Mensch denkt zutiefst totalitär. Mit welchem Recht maßt er sich an, sich als Demokrat zu bezeichnen?! Mir hat mal eine ältere Dame gesagt, dass Männer mit glatten, ungeprägten Kindergesichtern besonders gefährlich für ihre Mitmenschen wären - da könnte was dran sein.

Talman Rahmenschneider / 20.05.2025

Das Bild passt gut dazu: “Deshalb Daniel, zurück auf die Schulbank, nachsitzen im Grundkurs „Demokratie“ – und jeden Abend vorm Einschlafen beten: Ich bin klein, mein Herz ist rein. Soll niemand drin wohnen als das Volk allein.”

Jochen Lindt / 20.05.2025

Natürlich verliert auch die CDUCSU viele Wähler, wenn die AfD verboten wird.  Insofern müssen auch die vorsichtig sein.

A. Quesseleit / 20.05.2025

Würde ich Kanzler des Universums (in den Grenzen von 1937) werden, es dürften unter mir keinerlei Schwachköpfe aus Schleswig-Holstein, keine ollen Osnabrücker, keine Mauerbauer und anderweitig zu kurz geratenen Louis (Plural) von der Saar, keine Hessen 20 km nördlich und südlich des Mains, prinzipiell keine Mecklenburger, keine Badener, keine Württemberger, keine Mittelfranken, keine evangelischen Oberfranken…ach was, überhaupt keine Lutherischen und anderweitig Gottlosen…keine aus dem Westen in die SBZ Rübergemachten (sowohl vor als auch nach ‘89) und deren Abkömmlinge etc. mit Regierungs- und hoheitlichen Aufgaben betraut werden. Im Gegenteil! Osnabrück darf bei der Dichte von Undichten, die es von dort in hohe Ämter geschafft haben, gerne noch einmal von der Royal Air Force besucht werden, das Saarland wird an Frankreich abgetreten und der so entstandene neue Grenzverlauf vermint, in Schleswig-Holstein werden gewisse Landesteile wieder der Nordsee übergeben, die Mecklenburger werden samt und sonders in die Schule für schwer erziehbare Anstandslose geschickt, Berlin wird Gas, Wasser und Strom abgestellt, für Lutherische gilt der doppelte Steuer- und halbe Tageskaloriensatz, die Namen Kasner und Merkel werden, da aus sechs Buchstaben wie Hitler bestehend, der damnatio memoriae anheimgegeben…ja, hm, soso…dann bleibt eigentlich nicht mehr viel. Muß ich doch alles selber machen? Na egal, schlimmer als wie bisher kann selbst ich es nicht anstellen, aber immerhin haben mich meine Eltern gut erzogen. Und Henryk M. Broder wäre Bundespräsident!

A. Iehsenhain / 20.05.2025

Daniel Günther - ein Kaltblüter, der sich mit Bosheit warmzulabern versucht, aber ein ausgesteckter Kühlschrank bleibt, bei dem vergessen wurde, die Tür geöffnet zu lassen…

Tomas Poth / 20.05.2025

Was ist los in SH, daß ein Hr. Günther MP werden konnte und das Altparteiensyndikat zusammen mehr als 80% der Wahlstimmen auf sich vereinigt haben. Die AfD ist nicht im Landtag vertreten! Der Anteil Ausländer liegt bei ca. 10%. Der Anteil mit muslimisch, kritischem Hintergrund aus arabischen und afrikanischen Ländern liegt bei unter 0,5%. Von daher ist SH wenig in den negativen Schlagzeilen der Migrationsprobleme. SH ist Nettoempfänger im Länderfinanzausgleich und gleichzeitig Standort von Windkraftanlagen mit einer Anschlußleistung von 11500 MW. SH produziert damit einen Stromüberschuß von rd. 24.000 GWh im Jahr, der von uns allen mit dem hohen Strompreis bezahlt wird. SH wird also über den Länderfinanzausgleich, dem teuren Windstrom und auch über die Agrarsubventionen vom Rest der Republik gesponsert! Auf Kosten anderer lebt es sich bekanntlich recht auskömmlich. Nicht ohne Grund haben wir dort eine Schwarz-Grüne Regierungskoalition als Subventionsritter. Das alles weiß auch der Hr. Günther, die Ausgeburt von Mutti und dem sozialistischen Zustand in SH, er will diesen Zustand festnageln, am besten durch ein AfD-Verbot!

Sabine Meyer / 20.05.2025

Wann endlich wird der Antrag auf AfD Verbot, aufgestellt, beschlossen und eingereicht? Es ist nicht so, daß keiner genug Arsch in der Hose hat, nein, es ist politisch so gewollt. Solange alles im Limbo hängt, hü und hott im Land zerredet und nicht vom höchsten Gericht entschieden ist, denn sie wissen es würde keinen Erfolg bringen, können sie weiterhin die größte Opposition diffamieren und versuchen sie durch “fake news” zu zerstören. Aber immer mehr Deutsche wachen auf und sehen was die “unseredemokratie” Parteien antreibt und wie sie das Land in den Abgrund stürzen wollen. Mir ist klar, daß das BVerfG politisch besetzt und beeinflußt ist, aber ich habe immer noch die Hoffnung, daß es eine klare Entscheidung für die Freiheit und die wirkliche Demokratie fällen wird. Das will keiner des Altkartells, deshalb wird es noch weitere Jahre dauern bis endlich das letzte Schlafschaf aufgewacht ist. Bestens zu sehen bei Achim Winters wöchentlichen Bürgerbefragungen.

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