Elisa David, Gastautorin / 14.04.2019 / 06:28 / Foto: Hani.md / 45 / Seite ausdrucken

„Crying Girl on the Border“

Von Elisa David. 

Vor drei Tagen fand in Amsterdam die World Press Photo Award Show 2019 statt, bei der unter anderem der Preis des Weltpressefotos des Jahres 2018 vergeben wurde. Dieser Preis und das damit verbundene Preisgeld von 10.000 Euro ging an den US-Fotographen John Moore. Moore, der für die Agentur Getty Images arbeitet, gewann mit einem Bild, das er im Juni 2018 an der Grenze der USA in Texas machte. „Crying Girl on the Border“ zeigt ein kleines weinendes Flüchtlingskind, ein etwa zwei- oder dreijähriges Mädchen, daneben seine Mutter, eine junge Frau aus Honduras. Sie möchte in Amerika um Asyl bitten, muss sich an einen Wagen lehnen und wird von Beamten durchsucht.

Das Foto wurde von der Vorsitzenden des Wettbewerbs, Whitney C. Johnson als überraschend einzigartig und relevant bezeichnet. Jury-Mitglied Alice Martins lobte, dass das Bild eine „andere, psychologische Art der Gewalt“ zeige. Auch die Presse war davon überaus begeistert – wer hätte etwas anderes erwartet. Aber ich muss ehrlich sein, meiner Meinung nach enthält das Foto so viele Klischees, dass es schon fast langweilig ist. Die „Guten“ auf dem Bild sind offensichtlich die beiden südamerikanischen Flüchtlinge, rein zufällig handelt es sich dabei um eine junge Frau und ein Kleinkind. Kinder verkörpern Unschuld und wenn sie auch noch weinen, hat man immer Mitleid. Auch Frauen sind tendenziell Sympathieträger. Wenn nur Männer auf dem Bild zu sehen wären, würde es überhaupt nicht mehr wirken.

Die Realität zeigte ein anderes Bild

Wir erinnern uns an 2015, wo überdurchschnittlich viele Kinder und Frauen gezeigt wurden – die Realität zeigte ein anderes Bild. Im Sommer 2018 hatte die amerikanische Grenzpolizei tausende Kinder von ihren Eltern getrennt, die versuchten, über die amerikanische Grenze zu kommen. Die von Obama eingeführte Praxis hatte damals viele heftige, auch internationale Proteste ausgelöst, weshalb Donald Trump die Praxis der Familientrennung von Flüchtlingen wieder aufgab. Diesen Kontext braucht man, denn sonst ist es im Grunde absolut nichtssagend. Der Vater des Kindes gab später gegenüber den Medien zu Protokoll, dass das Kind nicht von seiner Mutter gertrennt wurde. Den Anspruch „genaue, faire und visuell überzeugenden Einblicke in unsere Welt“ zu überbringen, erfüllt dieses Bild also nicht.

Wenn Alice Martins von einer psychologischen Art der Gewalt spricht, meint sie dann die Tatsache, dass das Kind weint oder dass die Frau durchsucht wird? Denn niemand außer dem Kind weiß, warum es weint. Auf dem Foto ist es dunkel, vielleicht ist einfach müde? Aber läge dann die Schuld nicht bei der Mutter, die ihr Kleinkind mitten in der Nacht über eine Grenze schleppt?

Nach Angaben der Presse sind die beiden einen Monat durch Guatemala und Mexiko gereist, um die Grenze zur USA zu erreichen. Jeder wäre da müde. Kinder weinen aus vielen Gründen, vor allem, wenn sie noch so klein sind und es ist unwahrscheinlich, dass das Mädchen versteht, was gerade mit ihrer Mutter passiert. Solange der Beamte sie also nicht geschlagen hat, hat das nichts mit dem Kontext zu tun, in den das Bild gebracht wird. Dafür, dass die ganze Relevanz des Bildes bei dem Kind liegt, ist der Sachverhalt aber wirklich schwach.

Wenn Martins das Durchsuchen der Mutter meint, ist das ebenso unsinnig. Grenzkontrollen sind vielleicht nicht in Deutschland, aber doch in den meisten Ländern gängige Praxis. Es ist verständlich, dass man sich versichern will, dass keine Gefahr von den Menschen ausgeht, die man fast bedingungslos in sein Land lässt. Es werden tausende Menschen am Tag an Flughäfen kontrolliert, es ist kein traumatisches Erlebnis und damit auch keine psychologische Gewalt. Es ist einfach nur ein müdes Kind und ein Mann der seinen Job macht – das ist weder „überraschend einzigartig“, noch zehntausend Euro wert.

Elisa David (18) ist Abiturientin aus Lübeck. ihr Beitrag erschien zuerst auf Apollo-news hier.

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Leserpost

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Peter Wachter / 14.04.2019

Diese Woche hat sich Boris Palmer auf einem Spielplatz für ein weinendes Kind eingesetzt, dessen Vater (MannMitMigrationshintergrund) seinen Sohn geistig und körperlich abhärten wollte, das war der MSM auch wieder nicht recht! Recht(s) wäre es gewesen, wenn das Kind blond und blauäugig gewesen wäre.

Albert Pflüger / 14.04.2019

Das ist eine sehr gute Analyse. Die Intention solcher Bilder ist es nicht, einen Sachverhalt zu offenbaren, sondern sie sollen manipulieren. Das gelingt in erschreckendem Maße. Noch ist es üblich, tatsächliche Szenen zu diesem Zweck abzubilden, die Manipulation erfolgt über den Kontext, in den sie gestellt werden. Allerdings ist die Bildbearbeitung, gar die gänzliche Erzeugung von Bildern, durch Software weit fortgeschritten. Vor diesem Hintergrund wird die Frage, welche Ziele mit der Veröffentlichung eines Bildes verfolgt werden, zunehmend wichtiger, als das Bild selbst.

U. Unger / 14.04.2019

Gute Analyse Frau David, bis auf den Punkt “keine zehn tausend Euro wert”. Dies sollten Sie überdenken! Das Preisgeld ist bezahlt, jeder der sich juristisch nach international ähnlichen Bilanzierungsregeln richtet, kommt an der Bewertung des gezahlten Geldes nicht vorbei. Selbst die Steuererklärung des Preisträgers dürfte sich nur mit dem gezahlten Geld befassen. So läuft Werbung / Propaganda, man überlegt sich vorher, was man ausgeben will und kann. Man hat auch einen Plan, was man im Nachgang einer Aktion erwartet. Nun sind Wettbewerbe, Preisausschreiben im Marketing sehr effizient, erhält man doch eine kreative Leistung zum vorher selbst bestimmten Betrag. Und schauen Sie mal in die Teilnahmebedingungen, zu was Sie, um teilnahmeberechtigt zu sein, vorab Ihr Einverständnis geben. Frau Martins als Jury Vorsitzende sagt ja nicht nur, warum man sich für dieses Bild entschieden hat, sondern implizit, dass auch Ihre Auftraggeber mit dem Ergebnis bestens zufrieden sind, da Sie Ihren im Hintergrund liegenden Werbezweck erfüllt sehen. Sicher kennen Sie auch mögliche Gründe, warum dass besprochene Bild hier nicht originär, sondern mittels Verlinkung eingebunden ist? Die wahre psychologische Gewalt (Wirkung, Absicht) des Bildes dürfte Sie, trotz guter kritischer Analyse unterbewusst verleitet haben, im 1. Absatz “um Asyl bitten” zu schreiben. Betrachte ich das Foto, sehe ich nur ein weinendes Kind, eine graue Militärhose, eine Jeans, weißes Auto. Darüber hinaus beginnt die Interpretation / Werbewirkung, der Grund 10000 +x Piepen zu “verballern”.

Frank Stricker / 14.04.2019

Es handelt sich hier um einen x-beliebigen Schnappschuß , der im nachhinein gegen Donald Trump instrumentalisiert wurde.  Das Kind weint ja , obwohl die Mutter physisch unmittelbar anwesend ist . Also wegen der Trennung von der Mutter hat das Kind sicherlich nicht geweint. Ich bezweifle auch stark , dass ein maximal 3 jähriges Kind den Sinn von Grenzkontrollen versteht. Hätte mich mal interessiert , wenn man Frau Alice Martins 2015 ein Foto vom Kölner Hauptbahnhof vorgelegt hätte , wo ein Flüchtling einer Frau untern Rock grapscht . Ob sie dann auch gesagt hätte ,”überraschend einzigartig” ?

beat schaller / 14.04.2019

da haben sie völlig recht frau david. das bild ist schlicht fake. die sprüche von flüchtlingen die keine sind,  hängen mir längst zum hals raus. wenn eine frau und ihr kind einen monat lang auf “der flucht” sind, dann hat man offensichtlich immer saubere und modische kleidung auf vorrat mit dabei!! mit saubern jeans und turnschuhen ,  und das kleine kind mit sauberen kleidern und ebenfalls modischen turnschuhen und speziell coolen kurzen socken, alles farblich abgestimmt.? viel blöder kann man sich nicht verarschen lassen. guter beitrag danke.  b.schaller

Anton Schmidt / 14.04.2019

Eine kurze Recherche ergibt, dass die Praxis nicht von Obama eingeführt wurde, sondern tatsächlich unter Trump. Ansonsten Zustimmung: ein Symbolbild ohne Beweiskraft.

Wilfried Cremer / 14.04.2019

Um den globalen Hass auf Trump auf effizienter Temperatur zu halten, reichen dicke zwei Sekunden Schmalz für zwei Milliarden Glotzemenschen.

Jürgen Gerth / 14.04.2019

Guten Morgen Frau Elisa David, könnte der untersuchende Beamte auf dem Bild nicht auch eine Beamtin sein. Schauen Sie mal auf die Uhr am Handgelenk.

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