Coronavirus: Beten mit Scholz

Von Felix Schnoor.

„Regierung sagt unbegrenzte Kredite zu“, so liest man aktuell auf allen Nachrichtenportalen. Es geht um die Bundesregierung und die Sprache, die diese dabei wählt, erinnert an Kriegszeiten: „Wir legen alle Waffen auf den Tisch“, so Olaf Scholz, der ergänzte: „Deshalb wird hier nicht gekleckert, sondern es wird geklotzt.“ Dieser zweite Teil erinnert dann allerdings weniger an Kriegszeiten, sondern mehr an den Tag vor dem Waffengang. Noch einmal ordentlich die Sau rauslassen, bevor wir uns alle im Schützengraben wiedersehen. Derartige Sätze sagen sich zudem erfahrungsgemäß auch leichter, wenn das Geklotze aus fremden Taschen finanziert wird. Denn Olaf Scholz stellt diese unbegrenzten Kredite natürlich nicht aus seinem Privatvermögen bereit, sondern beauftragte dafür die KfW, für die wiederum praktischerweise der Bund zu 100 Prozent haftet. 

Nicht weniger martialische Lösungen zieht Wirtschaftsminister Altmaier in Erwägung, der von Verstaatlichungen spricht. Derzeit sehe er aber keine größere Zahl von Verstaatlichungen kommen, liest man weiter. Gut, was nicht ist, kann ja noch werden. Staatseigene Betriebe gegen eine Pandemie. Wenn das die Lösung ist, dann dürfte man ja zumindest beim Bahnfahren in Deutschland Immunität besitzen (Immunität plus WLAN wäre aber wohl etwas zu viel verlangt).

Ein weiterer interessanter Vorschlag kam von der Gewerkschaft ver.di, die Konsum-Schecks für die Bürger forderte. Was einem ein Konsum-Scheck bringen soll, wenn die Lieferketten nicht mehr funktionieren, müsste man vielleicht einmal bei den Arbeitern in Venezuela fragen, die trotz zahlreicher Mindestlohnerhöhungen in der Vergangenheit trotzdem immer häufiger vor leeren Supermarktregalen standen.

Schließlich gibt es dann noch die Stimmen, die die EZB und ihre neue Chefin am Zug sehen. Doch ausgerechnet Lagarde wagte es, die Märkte zu enttäuschen, indem sie eben auf ein „whatever it takes“ 2.0 verzichtete. Die Kursstürze, die Largardes Ankündigungen - oder besser gesagt: ihre Nicht-Ankündigungen - auslösten, zeigten einmal mehr, wie sehr sich die Märkte inzwischen als von der EZB gegen mögliche Verluste versichert sehen und das sollte die eigentlich besorgniserregende Erkenntnis sein.

Ressourcen sind stets begrenzt

Wo ist er nur hin, der ordnungspolitische Rahmen in diesem Land? Betrachten wir die sich anbahnende Wirtschaftskrise 2020 isoliert, so mag man die oben beschriebenen Maßnahmen und Forderungen noch verschmerzen, dies ist aber nicht sachgerecht. Der Bogen ist mindestens bis zur Krise ab 2007 zu spannen, die wohlgemerkt durch eine zu großzügige Kreditvergabe, nicht durch eine zu knauserige, entsprang. Anstatt aber diese Krise, die wir dann hierzulande besonders ab 2008 spürten, als eine Art Marktbereinigung zu interpretieren, entschlossen sich die westlichen Regierungen und allen voran die Notenbanken dazu, den Markt mit Liquidität zu fluten, womit sie diese dringend benötigte Marktbereinigung auf unbestimmte Zeit nach hinten verschoben und Geburtshelfer zahlreicher unproduktiver Zombi-Unternehmen wurden, die viel zu viele Ressourcen bündelten, anstatt diese freizumachen für neue innovative, produktivere Unternehmungen.

Und Ressourcen sind ein gutes Stichwort. Diese sind nämlich stets begrenzt. Es gibt keine unbegrenzten Ressourcen. Knappheiten sind der Grund, warum wir wirtschaften, ohne Knappheiten wäre keine Wirtschaft erforderlich – und das gilt für sämtliche Wirtschaftssysteme. In der Sowjetunion war man davon überzeugt, Knappheiten durch Fünf-Jahres-Pläne am besten begegnen zu können. Der freie Westen setzte auf den Markt. Das Ergebnis ist bekannt. Wenn ein Mario Draghi Märkte und Regierungen damit begeistern kann, im Zweifel unbegrenzt Fiat-Geld erschaffen zu wollen und Olaf Scholz eben heute eine unbegrenzte Kreditvergabe durch eine Staatsbank verspricht, dann geschieht dies unter Missachtung des Prinzips der Knappheit.

Natürlich kann die EZB unbegrenzt Fiat-Geld drucken. Natürlich kann der Bund unbegrenzte Summen an Krediten in einer ungedeckten Währung vergeben. Nur geschieht dies zu einem Preis, da der Staat nun einmal keine eigenen Ressourcen, schon gar keine unbegrenzten, besitzt. Fiat-Geld ist schließlich keine Ressource. Der Preis besteht in einer höheren Staatsverschuldung, längerfristig höheren Steuern, einem schwindenden Vertrauen in die Währung und eben einer zunehmend unproduktiveren Wirtschaft, weil der Staat durch seine Maßnahmen eine effiziente Verteilung von knappen Ressourcen aktiv verhindert.

Gerade letzteres sieht man aber nicht so einfach, weshalb man der Öffentlichkeit diesen Preis leicht verschweigen kann bzw. diese den Preis gerne zahlt. Die größten Gewinner der Politik der unbegrenzten Kredite sind entsprechend die bereits erwähnten Zombi-Unternehmen und diejenigen, die diese finanzieren. Nein, Olaf Scholz rettet auf diese Weite nicht unseren Wohlstand. Der Staat wiegt uns in einer bequemen Schein-Sicherheit, die in Wahrheit unsere Zukunft mehr aufs Spiel setzt, als jeder Virus. Aber bevor er dies eingestehen wird, kommt eher Altmaier mit seinen Verstaatlichungen um die Ecke, womit wir dann auch den Bogen zu den Fünf-Jahres-Plänen geschlagen hätten.

 

Felix Schnoor ist 29 Jahre alt, hat Wirtschaftswissenschaften studiert, lebt in Hamburg und arbeitet bei einer Unternehmensberatung.

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Leserpost

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Rainer Möller / 14.03.2020

Also, ich kann mir - mit Felix Schnoor - problemlos vorstellen, dass eine Menge weniger effiziente Betriebe pleite gehen. Aber wie kommt er eigentlich auf die Idee, statt dessen würde ein Haufen neuer Betriebe aus dem Boden spießen, die effizienter arbeiten und die alten Betriebe ersetzen? Oder meint er damit: in zweihundert Jahren und am anderen Ende der Welt? Tut mir leid, in diesen Zeit- und sonstigen Räumen denkt nur ein Wirtschaftstheoretiker, kein normaler Sterblicher!

Frances Johnson / 14.03.2020

Lieber Herr Grell! Klar gehören Sie zur Risikogruppe. Daher darf ich (MD) Ihnen hoffentlich empfehlen sich selbst zu isolieren, sich möglichst viel einkaufen zu lassen und sich eine möglichst schöne Zeit zu machen mit Patience in beiderlei Hinsicht und guter Musik wie auch schönen Filmen. Ich wünsche Ihnen ein gutes Überstehen und Durchhalten.

Günter Springer / 14.03.2020

Und wenn das Staatssäckel leer ist, zahlt der kleine Mann. Was sich zur Zeit abspielt, zeugt von geistreicher und toller Regierungsarbeit.

Jürgen Fischer / 14.03.2020

@Bernhard Böhringer, seien Sie bloß still, sonst bringen Sie die Frau noch auf komische Gedanken :-) Aber Bargeldabschaffung ist im Zusammenhang mit Hygiene auch kein Argument, solange die PIN-Tastaturen der “bargeldlosen Bezahlsysteme” so häufig *hust* desinfiziert werden. Wie man’s macht: es passt nicht. Und doch könnte es so amüsant sein, wenn wir nicht alles ausbaden müssten am Ende.

helmut rott / 14.03.2020

Beten? Wie bitte?

Andreas Otto Alfred / 14.03.2020

Es ist schon beeindruckend, mit welchen Rezepten die Knalltüten in Berlin, diesmal die Märkte stabilisieren wollen. Plus die geballte Wirtschaftskompetenz von Ferdi mit ihrem Konsumptjebon Vorschlag. Wenn mir jetzt noch eine dieser Koniphären erklärt, wie ich mit dem Geld, das ich vorher nicht erwirtschaftet habe, anschliessend die unbegrenzten Kredite zurück zahle, dann beantrage ich kurzfristig unbegrenzt. In der jetzigen Bedrohungslage wäre aus meiner Sicht eher ein Kredit mit Husarenvaluta (nach dem Lied “es war einmal ein treuer Husar” mit dem Refrain ” ein ganzes Jahr und noch vielmehr”) angebracht, oder auch nachdem die deutsche Wiedervereinigung bereits Geschichte geworden ist, Rückzahlung bis zur Wiedervereinigung von Korea oder Zypern. Immerhin, für Unterhaltung ist gesorgt.

Hans-Peter Dollhopf / 14.03.2020

Herr Dom, Sie schreiben: “Es gibt hier einige, die erklären dass Corona das Vehikel ist, um die große Transformation voranzutreiben.” (Ihr Leserbrief, #43). Das ist wohl falsch. Denn ich habe mir erlaubt, die Suchfunktion auf alle 42 Komemntare vor Ihrem mit der Suche nach der Zeichenkette “transf” anzuwenden. Und es gab nur einen einzigen Treffer. Und der beinhaltende Satz lautete ganz lapidar: “Jeder Hysteriker arbeitet mit, an der großen gesellschaftlichen Transformation.” Wir brauchen hier keine Gerüchte. Darum eine Bitte an Sie! Wenn Sie in Zukunft zu einem Leserbrief etwas zu bemerken haben, richten Sie sich direkt an die Person/en, etwa so: “Herr/Frau XY, Sie schreiben, dass Corona das Vehikel ist, um die große Transformation voranzutreiben. Bitte erläutern Sie mir das genauer!” Ich bitte Sie darum, meinen Ratschlag in Zukunft zu berücksichtigen, danke! Hans-Peter Dollhopf

Rolf Menzen / 14.03.2020

@Sabine Schönfelder: Erzählen Sie das mal den Menschen in Norditalien, so mit “harmloses Virus” und so. Die werden Ihnen bestimmt begeistert zustimmen.

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