Beda M. Stadler, Gastautor / 17.07.2020 / 06:00 / Foto: Achgut.com / 102 / Seite ausdrucken

Die Zeugen Coronas

Warum wurde die Maskenpflicht zu einem Zeitpunkt eingeführt, als kein Anstieg an Corona-Fällen ersichtlich war? Wer ist eigentlich dafür verantwortlich, dass kurz vor der Einführung von Gratistests signifikant mehr getestet wurde, so dass der Eindruck eines kleinen Anstiegs entstand? Warum lässt der Bund Medienberichte unwidersprochen im Raum stehen, die aus einem Corona-Fall sogleich eine „Ansteckung“ machen?

Und was wir alle wissen möchten: Wie lange sollen wir mit Lümpchen vor Nase und Mund herumrennen? Bis nach der möglichen zweiten Welle? Bis keine „Fälle“ mehr auftreten? Oder bis alle Viren, an denen man sterben kann, ausgerottet sind?

Die Verunsicherung ist groß. In meiner Wohnregion gibt es seit fast fünf Wochen keinen einzigen Fall mehr. Trotzdem sieht man Mutter-Kind-Paare mit Maske beim Einkaufen. Und das kann noch ewig so weitergehen. Falls man nämlich weiter so intensiv testet, wird es kaum je weniger positive Resultate geben. Und wenn man den Test dann auch noch gratis (also auf Kosten der Steuerzahler) anbietet, ist die Panik schon fast programmiert. Es gehört zwar zum Lehrbuchwissen, dass ein positiver Test nicht gleichbedeutend ist mit einer Ansteckung. Aber Wissen hilft nur, wenn man es auch nutzt.

169 Franken pro Corona-Verdacht

Mit der aktualisierten Beprobungsstrategie des BAG vom 24. Juni 2020 übernimmt der Bund die Kosten der ambulant durchgeführten molekularbiologischen und serologischen Analysen auf Sars-CoV-2 bei Personen, welche die Verdachts- und Meldekriterien erfüllen. Das ist ein Pauschalbetrag von 50 Franken für die ärztliche Konsultation plus 95 Franken für die molekularbiologische Analyse plus 24 Franken für die Auftragsabwicklung. Das macht also stolze 169 Franken pro Corona-Verdacht. Laut BAG wurden bis Anfang letzter Woche 686.349 Tests durchgeführt, was rund 116 Millionen Franken kostete. Die 158.075 Gratistests, welche seit dem 24. Juni durchgeführt wurden, schlugen mit 27 Millionen Franken zu Buche.

Wer so viel Geld ausgibt, sollte zumindest ausweisen, wie oft der Test ein falsches Resultat ergab. Die meisten PCR-Tests, die europaweit im Umlauf sind, haben eine Fehlerquote von über einem Prozent, wie Sars-2-Ringversuche zeigen (www.instand-ev.de). In der Schweiz werden leider weder Angaben zu Ringversuchen noch zur Bestätigung positiver Tests veröffentlicht. Wir müssen demnach davon ausgehen, dass die Mehrzahl der sogenannten Corona-Fälle seit dem 24. Juni „falsch positiv“ sind. Denn auf 158.075 Tests kamen 1.461 positive Resultate – was ziemlich genau der Fehlerquote von einem Prozent entspricht. In diesem Zeitraum sind in der Schweiz übrigens zwei Menschen an oder mit Sars-2 gestorben.

Der herbeigeredete Anstieg von „Infektionen“ hat dazu geführt, dass anscheinend über 70 Prozent der Bevölkerung eine Maskenpflicht im ÖV befürworten. Die frühere Maskenskepsis ist aus unerfindlichen Gründen verflogen. Derweil läuft in Amerika, wo Sars-2 weiterhin wütet (wobei es sich erfreulicherweise um einen neuen, abgeschwächten Virusstamm handelt), seit geraumer Zeit ein Experiment, das die Nutzlosigkeit der Maskenpflicht aufzeigt. Langsam versteht man nämlich, weshalb sich das Virus in den USA, anders als in Europa, hartnäckig hält.

Klimaanlagen als Virenschleudern

Man kann in Amerika wohl vielen eine Maske aufzwingen, aber auf keinen Fall die Klimaanlage wegnehmen. Doch ältere Klimaanlagen sind regelrechte Virenschleudern. Die Menschen versammeln sich drinnen, wie im Winter, allerdings weil es draußen zu heiß ist. Unter diesen Bedingungen werden die Laborstudien, mit denen man krampfhaft aufzeigen wollte, wie wirksam Gesichtsmasken eben doch seien, zur Makulatur. Es wäre daher sinnvoll, wenn man zuerst einmal die Klimaanlagen in unseren Bussen und Zügen unter die Lupe nähme, bevor man den Passagieren eine Placebo-Maske aufzwingt.

Diese nüchterne Betrachtungsweise wird kaum dazu beitragen, dass die Maskenpflicht bei uns aufgehoben wird. Die Gesichtsverhüllung ist längst eine Art Glaubensbekenntnis. Selbst die Ungläubigen werden weiterhin ihre Masken überziehen, da schließlich niemand als Asozialer gebrandmarkt und aus dem Zug geschmissen werden will. Jetzt, da sogar Donald Trump mal eine Maske angezogen hat, besteht höchstens eine leise Hoffnung, dass der missionarische Eifer etwas abflaut. Doch wenn sich maskierte Fussballer im Bus anstecken, kann man immer noch behaupten, es wären die Umarmungen in der Kabine gewesen.

Gute Trockenübung

Unter den gegebenen Umständen sollten wir die Maskenpflicht trotzdem subito abschaffen. Es war eine gute Trockenübung. Taucht mal wieder ein gefährliches Virus auf, kann jeder sein Lieblings-Lümpchen hervorholen, um etwas gegen die eigene Panik zu unternehmen. Selbstverständlich würde die Schweiz bunter, wenn alle, die das wollen, weiter mit Masken herumliefen. Selbst wenn damit das Vermummungsverbot verletzt wird, hätten Menschen ohne Maske sicher Verständnis für die religiösen Ängste.

 

Beda M. Stadler ist emeritierter Professor und ehemaliger Direktor des Instituts für Immunologie an der Uni Bern. Dieser Beitrag erschien zuerst in der Weltwoche.

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Bettina Jung / 17.07.2020

Was ist eigentlich aus der App geworden? Es ist so still geworden. Zu wenig user oder zu wenig Corona?

maco stein / 17.07.2020

In Deutschland wird die Maskenpflicht wohl noch länger andauern. Die Regierung liebt es den Souverän zu demütigen und dem Souverän scheint es mehrheitlich sogar zu gefallen. Der außerpalamentarische Untersuchungsausschuß, der prüfen soll, ob die ganzen Regierungsmaßnahmen korrekt und angebrcht waren wird meiner Meinung nach befinden, dass alles mehr oder weniger rechtens und notwendig war.  Jeder, der das Regierungshandeln in Zweifel stellt wird nach modener demokratischer Sitte dieser Dekade diskreditiert und diffamiert. Es gibt schon genug Klimaleugner, Euro Kitiker und Patrioten in diesem Land, es muss nicht auch noch Coronaleugner geben. Wo kämen wir den hin, wenn es zweite Meinungen gäbe, und die sogar angehört würden. Das wäre Meinungsfreiheit und Demokatie. Deutschland entwickelt sich aber Richtung Idiokratie, da brauch man sowas wiklich nicht.

h.ewerth / 17.07.2020

@Dov NesherTragen Sie eine Maske? Dann ist das hier der „Beipackzettel“, der uns leider bei der Verordnung der Maskenpflicht bislang versagt wurde “WER MASKEN AUFSETZT UNBEDINGT LESEN (Text von Andrea Krüger, OP Schwester)

Karl-Heinz Faller / 17.07.2020

@Frank Danton: Danke, da bin ich ganz bei ihnen. Auch ich kenne keinen einzigen Corona-Erkrankten.

Frank Dom / 17.07.2020

Das neue Normal bereitet ja perfekt auf die verschleierten NeubürgerX vor. Kein mit CDU-ParlamentarierX besetztes Verfassungsgericht wird jetzt noch die Vollverschleierung etc. ablehnen wollen. Brilliant. Wieder ein Hindernis weniger auf dem Weg der großen Transformation. Al-Hamdu LiLlah.

Andreas Rochow / 17.07.2020

@ Dov Nesher - Weil das Argument mit dem Mund-Nasen-Schutz jetzt so oft zu hören ist: Nein, er ist beim Operieren nicht nutzlos. Er ergänzt die sterile Kleidung inkl. Kopfbedeckung und die Handschuhe. Selbstverständlich gelten die Anforderungen sn die Keimfreiheit auch für Implantate, Werkzeuge, Fäden, Tupfer und Nadeln. - Alles ist nach einmaliger Benutzung unsteril und wird entsorgt, soweit eine Sterilisierung nicht möglich ist. Finde den Fehler! In Merkel-D genügt das tragen einer beliebigen DIY-“Alltagsmaske” als Zeichen der Unterwerfung. Sie wird nach Gebrauch in den meisten Fällen nicht desinfiziert oder entsorgt und permanent mit unsterilen Händen berührt. Keine einzige Maske, die Sie im neuen merkeldeutschen Alltag sehen, würde so als Mundnasenschutz für das Personal eines Operationssaales taugen! Lassen Sie sich mal von dem Arzt Ihres Vertrauens erklären, wie unser Körper täglich mit Krankheitserregern aller Art fertig wird. Aber Merkels “neue Normalität” lebt ja davon, dass sich der Mensch hilflos fühlen und sich von staatlichen Ansagen einschränken lassen soll. - Aber ja, beim Niesen kann die Aerosolreichweite etwas reduziert werden. Das gilt für sämtliche Keime, die durch Tröpchen-Emission und Tröpfchen-Aufnahme übertragen werden, also auch für die guten alten und immer wieder neuen Influenzaviren. Aber pssst: Bei der schlechten Trefferquote der Grippe-Impfungen und dem noch fehlenden Impfschutz gegen SARS Covid-19 könnte sonst jemand auf die Idee kommen, die Maskenpflicht “für alle Tage bis an der Welt Ende” ins Grundgesetz zu schreiben.

Robert Schleif / 17.07.2020

@Andreas Leber: Ich habe die von Ihnen zitierte Stelle in Heinrich Manns „Der Untertan“ nicht entdecken können. Oder ist sie nur nachempfunden?

Sieglinde Meyer / 17.07.2020

Lieber Herr @Leber, unsere Gesetze gelten für alle? Wirklich? Unsere Gesetze gelten ganz offenbar nicht für “die Bundesregierung”, speziell für Frau Merkel und ihre Entourage, die seit Jahren massenweise Gesetze brechen, den Bürger ausnehmen, treten und versklaven. Und die über das Infektionsschutzgesetz ein Ermächtigungsgesetz geschaffen haben wider jede Rechtskultur, welches es in dieser Form seit 1933 nicht mehr gegeben hat. Unsere Gesetze gelten offenbar auch nicht für die zahllosen Mitarbeiter in allen möglichen Sozial-, Bildungs,- Kultur- und Verwaltungseinrichtungen, den Sicherheits- und den Gesundheitsbehörden, die sich hier als Wächter des Bürgers aufspielen, und die die verdrehten Anordnungen der Bundesregierung wider das Gesetz ausführen. Belastende Gesetze gelten zudem nur noch für den !lange hier Lebenden! der Köterrasse sowie alle diejenigen, die sich hier über Jahre wirklich integriert haben, niemals von irgendwem verfolgt wurden und sich auch so gar nicht fühlen, wie die Restaurantbesitzer etc. aus dem eh. Jugoslawien, all die vielen friedlichen Italierner, Polen, Türken, Spanier, Portugiesen, Griechen usw., die genauso den Kopf schütteln über den Wahnsinn hier wie die Biodeutschen, die noch was merken. Im Übrigen werden Sie in den nächsten Jahren noch auskosten dürfen, was diese Gesetzlosigkeit alles für Rechtlosigkeit mit sich bringt. Ganz bestimmt werden sie dann für Ihre Psyche weniger rausholen, in dem Sie sich über die bösen Nichtangepassten erheben, voller Unmut darüber, dass es noch welche gibt, die solchen Mut haben, den Sie sich nicht trauen.  

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