News-Redaktion / 12.04.2021 / 13:00 / Foto: Pixabay / 48 / Seite ausdrucken

Corona-Schulurteil: Die Deutungsschlacht um den “Paukenschlag von Weimar”

Das Amtsgericht in Weimar hat ein Aufsehen erregendes Urteil gefällt. Es untersagt Schulleitungen und weiteren Vorgesetzten einer Regelschule und einer Grundschule, die Schüler zum Tragen von Masken, zum Einhalten von Mindestabständen und zur Teilnahme an Corona-Tests zu verpflichten. Da dies weitreichende Folgen haben könnte, tobt jetzt eine Medienschlacht um die Deutungshoheit über das Urteil.

Achgut.com veröffentlicht aus diesem Grund ein Statement des Netzwerkes "Kritische Richter und Staatsanwälte (KRiStA)", da hier sicherlich mehr juristische Expertise für die Einordnung des Urteils vorhanden sein sollte, als in den zahlreichen Medienberichten:

Pressemitteilung #2/21: Gericht ordnet Rückkehr zur Normalität an Schulen an – Netzwerk KRiStA begrüßt „Paukenschlag von Weimar“

Das Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte (KRiStA) begrüßt die Entscheidung des Amtsgerichts Weimar zur Rückkehr zur Normalität an Schulen. Mit Beschluss vom 08.04.2021 (Aktenzeichen: 9 F 148/21) hatte das Gericht im Wege der einstweiligen Anordnung Lehrern, Schulleitungen und weiteren Vorgesetzten einer Regelschule und einer Grundschule untersagt, die Schüler zum Tragen von Masken, zum Einhalten von Mindestabständen und zur Teilnahme an Corona-Tests zu verpflichten. Weiter hatte es angeordnet, den Präsenzbetrieb an den betroffenen Schulen aufrechtzuerhalten.

Die Entscheidung erging auf Anregung von zwei Schülern im Alter von 8 und 14 Jahren. Es handelte sich um ein so genanntes Kinderschutzverfahren nach § 1666 Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Vorschrift bietet Familiengerichten eine Handhabe, zur Abwendung einer Gefahr für das Kindeswohl von Amts wegen Maßnahmen gegen Dritte (wie eben Lehrer, Schulleitungen und Behörden) zu treffen. Die Entscheidung gilt nicht nur für die am Verfahren beteiligten Schüler, sondern für alle Schüler der betroffenen Schulen. 

Das Gericht sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Zwang zum Maskentragen, aber auch die anderen genannten Maßnahmen Schulkinder in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung schädigen könnten, ohne dass dem ein nennenswerter Nutzen gegenüberstehe, erläuterte KRiStA-Sprecher Oliver Nölken die Weimarer Entscheidung. Bemerkenswert sei, dass das Gericht sich zur Beurteilung des Nutzens der Maßnahmen auf drei Sachverständigengutachten von Professoren auf dem Gebiet der Medizin, Psychologie und Biologie gestützt und das gefundene Ergebnis dann sorgfältig gegen die Grundrechte der Kinder abgewogen habe.

„Die Weimarer Entscheidung ist nicht nur ein Paukenschlag in der Sache“, sagte Oliver Nölken. „Sie ist vor allem auch in ihrer Methodik Maßstab und Vorbild für Richterinnen und Richter in ganz Deutschland.“ Gerichte hätten den entscheidungserheblichen Sachverhalt zunächst sorgfältig zu ermitteln und erst dann zu bewerten. Es reiche dazu nicht aus, sich ungeprüft und kritiklos auf amtliche Quellen zu verlassen. Vielmehr müsse ein Richter sich auch die Mühe machen, sich unbefangen mit abweichenden fachlichen Auffassungen auseinandersetzen. Dabei komme es nicht darauf an, die Person derer zu bewerten, die abweichende Ansichten äußerten, sondern das Gewicht ihrer Argumente zu wägen.

Nölken rief den Freistaat Thüringen und seine betroffenen Behörden und Schulen auf, die Gerichtsentscheidung zu befolgen. In einer ersten Stellungnahme hatte das Bildungsministerium in Erfurt die praktische Relevanz des Weimarer Beschlusses angezweifelt und zudem angekündigt, gegen die Entscheidung vor das Oberlandesgericht Jena ziehen zu wollen. Bei sorgfältiger Prüfung der Rechtslage werde der Staatsregierung aber sicher auffallen, dass nach § 57 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) gar kein Rechtsmittel gegen eine einstweilige Anordnung des Familiengerichts gegeben sei. „In einem Rechtsstaat muss man Gerichtsentscheidungen auch dann respektieren, wenn sie einem nicht gefallen. Das gilt auch für die Thüringer Staatsregierung,“ stellte KRiStA-Sprecher Oliver Nölken klar.

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Ulrich Jäger / 12.04.2021

Wie drückte es der russische Dichter Maximilian Woloschin doch so treffend aus? “In der Gesellschaft gibt es zwei Gruppen, für die das Gesetz nicht gilt: Die Regierenden und die Kriminellen. ‘Revolution’ heißt, wenn sie die Plätze tauschen.”

Pia Schubert / 12.04.2021

Manchmal schimpfen hier Leute auf der Achse, dass in Thüringen noch viele alte Kader sitzen.  Hallo, wo stehen denn Menschen in der alten Republik auf??? Ich denke der Westen will den Sozialismus umbedingt kennenlernen. Wir haben uns auf beiden Seiten zu schämen,! Ich frage mich auch immer, warum die Eltern nicht geinsam Klagen. Heute ist es Angst, Neid, Misstrauen. Die Eltern lassen doch schon viel zu. Frühkindliche Sexualisierung, Klimageschrei, am Besten schon als Kind auf Nazis und Rechte zeigen, Coronaauflagen einhalten, sonst tötet man Oma und Opa. Andere Kinder mit Covid ausgrenzsn. Bitte aber keine mit Migru usw. Viele Eltern sind so behämmert, da passt die Maske. Ehrlich, manchmal bin ich glücklich, wenn ich diese Fratzen nicht sehen muss. Allerdings was man mit den kleinen Kinderseelen macht, dass bringt mich mehr und mehr auf die Palme. Es ist nicht anders wie unter Hitler und Honecker. da hat man auch alles hingenommen. Wird ja alles nicht so schlimm!!!                                Danke an den Richter, auch wenn sich nichts ändern wird. Hier in Portugal läuft das gleiche Spiel.

Joaquim Bernhardt / 12.04.2021

Natürlich. Man könnte sagen, Schalke gewinnt seit langem mal wieder ein Spiel.  Absteigen werden sie trotzdem. Das wäre eine Sichtweise. Die andere Möglichkeit wäre, sich zu fragen wie es in der Vergangenheit zu gesellschaftlichen Umwälzungen gekommen ist. Da haben am Anfang immer nur ein paar Leutchen den Mut gehabt aufzustehen - bzw. eine einzelne Frau ( Rosa Parks ) den Mut besessen, nicht aufzustehen - und zu sagen ” Es reicht”. Könnte man ja auch mal so sehen. “The Tipping Point” von Malcolm Gladwell wäre hier eine zum Thema passende Buchempfehlung

dr. michael kubina / 12.04.2021

Ob das juristisch so eine große Bedeutung hat, kann ich nicht beurteilen. Aber für die Debatte in diesem Land ist es wichtig, weill es Argumente auf den Tisch bringt, die man nicht so einfach wieder vom Tisch wischen kann (als “rechts”, “Querdenker”, “Verschwörungstheoretiker”). Was macht ein anderes Amtsgericht, wenn Eltern einer anderen Schule eine ähnliche Klage erheben? Ignoriert es diese Entscheidung, setzt es sich mit ihr auseinander oder schließt es sich an? Es wird doch hoffentlich noch andere Eltern geben, die sich um das Wohl ihrer Kinder sorgen? Die jüngsten Aussagen namhafter Forscher zur Sinnfreiheit von Masken im Freien lässt hoffen. Es muss endlich eine Sachliche Debatte um Ziele und Mittel der Coronapolitik beginnen. Es ist doch einfach absurd, dass ein ganzes Land nach einem Jahr immer noch runtergefahren wird, angeblich weil ein paar Intensivbetten samt Pflegern fehlen. Was kosten 5000 Intensivbetten mehr im Jahr und was kostet diese Irrsinspolitik?

R. Matzen / 12.04.2021

Ratlos, ängstlich, eingeschüchtert. So erlebe ich viele Mitbürger. Und Eltern. Ich glaube nicht, daß ihnen in der Mehrheit egal ist, wie es ihren Kindern geht. Sie fürchten wahrscheinlich auch Nachteile für ihre Kinder in der Schule, wie es übrigens auch in diesem Beschluß anklang, daß eins der Kinder massiv vom Lehrer gemobbt worden war, so daß sie eher stillhalten. Aber es werden täglich mehr, die diese Zonentrulla zum Teufel wünschen. Und an den Argumenten, die in dieser und auch anderer Gerichtsentscheidungen vorgetragen werden, kommt man auch nicht ohne weiteres vorbei. Das war wieder ein guter Tag!

G. Böhm / 12.04.2021

Das Urteil in seiner Herangehensweise und Begründung ist für ein einfaches Amtsgericht sicherlich ein Benchmark, es umfaßt mehr als 170 Seiten, u. a.  unter Heranziehung und Verweis auf internationale Expertisen zur Sache. - Die Vermutung von Kommentator T. Schneegaß, daß es sich um das gleiche Gericht handele, das bereits im Januar ein ‘‘Corona-Maßnahmen’ kritisches Urteil gefällt habe, ist gemäß einem Artikel auf Reitschuster nicht korrekt. Die Entscheidungen hätten zwei verschiedene Richter gefällt. - Weimar fände ich für einen Großen Straf-Prozeß gegen die Regierungs-Täter gar nicht so schlecht. [M. m. wg!]

J. Breitenbach / 12.04.2021

@beat schaller: 1. Das Urteil ist den Verfahrensbeteiligten noch nicht bekanntgemacht worden, was grundlegende Voraussetzung für die Wirksamkeit ist. 2. erstreckt sich das Urteil auf Nichtbeteiligte an dem Verfahren. 3. urteilt ein Familiengericht über eine Frage, die von der Sache her vor das Verwaltungsgericht gehört. Das Urteil ist eine Steilvorlage dafür, daß der Freistaat Thüringen das Urteil wegen offensichtlicher Kompetenzüberschreitung des Gerichts (Punkte 2 und 3) als nichtig annimmt, nicht vollstreckt und man sich vor dem Verwaltungsgericht wiedersieht.

Walter Weimar / 12.04.2021

Die Revolution durch dem Gerichtssaal wird, so schön wie sie sich anhört, nicht funktionieren. Die Obrigkeit schert sich einen Dreck um Urteile und Gesetze. Es zeugt aber vom Anfang des Endes dieser Republik. Die Halbwertzeiten von politische Systemen werden immer kürzer. Nach wie vor gilt: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende!

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