Der größte Fehler der politischen und medialen Akteure war das Versprechen, mit Impfen könne die Ausnahmesituation beendet werden, und dabei alles andere zu vernachlässigen. Dieses Erlösungsversprechen stellt sich nun als eine Lüge heraus.
In der Wirtschaftspsychologie gibt es das sogenannte Investmentparadoxon. Dieses lautet, dass, wer einmal eine Wette getätigt und sie verloren hat, dazu neigt, beim nächsten Mal ein Vielfaches zu setzen, um den Verlust zu kompensieren. Dieses Phänomen kennt jeder, der mit Aktien handelt oder gerne in Spielcasinos geht. Das, was wir derzeit von der politischen Führung im Zusammenhang mit einer faktisch verordneten Impfung beobachten können, ähnelt der Wette eines Spielers, der alles auf eine Karte setzt und hofft, die Bank zu sprengen. Der größte Fehler der politischen und medialen Akteure in der sogenannten Pandemie war das Versprechen, mit den mRNA-Impfstoffen könne die Ausnahmesituation beendet werden, und dabei alle anderen notwendigen Vorkehrungen zu vernachlässigen. Wenn jeder ein Impfangebot erhalten habe, wir erinnern uns, sollten ja alle Maßnahmen zurückgefahren werden.
Dieses Erlösungsversprechen stellt sich immer mehr als eine Lüge heraus, auch wenn alles dafür getan wird, diese Tatsache zu verschleiern. Nun soll die für alle ab 18 Jahren empfohlene „Booster-Impfung“ die rasch abnehmende Wirkung der Impfstoffe aufheben. Diese ist prinzipiell bereits zeitlich unbegrenzt angedacht. Wir werden selbstverständlich alle Menschen auf Dauer boostern müssen, um ihnen einen guten Schutz zu geben. Es sei denn, sie wollen sich infizieren, so der Tierarzt und RKI-Chef Lothar Wieler am 3. November dieses Jahres. Albert Einstein sah eine Definition von Wahnsinn darin, immer das Gleiche zu tun und dennoch andere Ergebnisse zu erwarten.
Das größte Problem besteht m.E. aktuell in der enttäuschten Hoffnung der „Spritze als Erlösung.“ Die Wut der Geimpften über das nicht gehaltene Versprechen einer Normalisierung der Situation ist nachvollziehbar und verständlich. Sie haben sich an alle Vorgaben der Regierung gehalten und sehen sich nun als Betrogene, die derzeit sogar Gefahr laufen, ihre Privilegien zu verlieren. Nun sollen weitere Impfungen folgen und auch wieder Tests für Geimpfte, etwa um bestimmte Räume betreten zu können. Wir stehen also buchstäblich wieder am Anfang, zurück auf „Los“.
In dieser Situation kommt nun ein Schuldiger, in der Person des Ungeimpften, gerade recht. Auf ihn projizieren sich nun die ganze Wut, der Hass und die angestaute Aggression. Da ist vom „Terror der Ungeimpften“ die Rede, von ihrer Frechheit, dem Gift, das sie versprühen, von Todesengeln und potenziellen Mördern. Aussagen, die die Fundamente unseres Zusammenlebens erschüttern, werden inzwischen als das Normalste der Welt hingenommen. Es scheint, als ob alle Schleusen geöffnet worden sind, Politiker, Ärztefunktionäre und Hofjournalisten stehen geradezu in einem Überbietungswettbewerb bei der Abwertung der Gruppe der Ungeimpften. Sie sollen in Zukunft, so Politiker und Ärztefunktionäre, auf eine eventuell notwendige Behandlung verzichten oder sie selbst finanzieren, was schlichtweg die Aufkündigung des Solidarprinzips bedeutet. Man stelle sich nur einmal vor, solche Aussagen etwa in Bezug auf AIDS-Kranke oder andere übertragbare Krankheiten zu tätigen. Ein absolutes Tabu.
Primitive Sündenbocktheorie
Politik und Medien können ihr Versagen nicht einfach zugeben und müssen deswegen die Restriktionen verschärfen und den Einsatz stetig erhöhen. Der Ungeimpfte ist hier die ideale Ablenkung, um dem Teil der Bevölkerung, der Staat und Medien immer noch weitgehend vertraut, einen Schuldigen zu präsentieren. Wobei das Absurde darin besteht, dass die Ungeimpften die Vollimmunisierten angesteckt haben sollen, und zwar an Orten, wo sie gar keinen Zutritt haben.
Den politischen und medialen Vorbildern darf sich der brave Bürger guten Gewissens anschließen und beim Ausgrenzen von Anderen munter mitmachen. Vielleicht trägt hier auch eine aufgestaute Aggression mit dazu bei, denn in den letzten Jahren der verordneten Weltoffenheit und Toleranz war es schwierig geworden, seine unterdrückten Triebe auszuleben. Ventil boten höchstens die „Rechten“ oder „Nazis“ (Kritiker der Migrationspolitik oder der Klimahysterie), nun kann der Hass aber noch unter dem Stichwort der Solidarität moralisch aufgeladen werden. Mit den Ungeimpften wurde nun endlich jemand gefunden, auf den man, ohne Rücksicht oder Gefahr, vollkommen gerechtfertigt und von den meisten Medien einmütig gutgeheißen, einschlagen kann. Und das in einem Land, in dem sonst jede kleinste Handlung oder Aussage einen sofortigen Diskriminierungsvorwurf nach sich zieht.
Die dauerbesorgten Kämpfer gegen Rassismus und Exklusion scheinen mir auch besonders stark bei der Abwertung Ungeimpfter dabei zu sein. Beim woken Grünwähler und immer Toleranz predigenden Bürger hat sich offensichtlich vieles aufgestaut. Im Prinzip haben wir es hier mit einer primitiven Sündenbocktheorie zu tun, die aber offensichtlich wie eine anthropologische Konstante funktioniert und jederzeit reaktiviert werden kann, wenn der Ausnahmezustand erklärt wird. Der dünne Firnis der Zivilisation kann offenbar jederzeit reißen, insbesondere dann, wenn Wut, Hass und vor allem Angst regieren. Die Mechanismen der Ausgrenzung, Stigmatisierung und Abwertung der Nächsten bleiben über alle Zeiten dieselben. Auch wenn sich manche Analogien vielleicht (noch) verbieten, man sollte doch die Geschichte als mahnende Instanz im Auge behalten, denn alles beginnt zunächst mit kleinen Schritten, denen aber ein Eskalationspotenzial innewohnt.
Psychologisch erklärt sich der momentan aufflammende Hass gegen eine Gruppe von Abweichenden vielleicht auch über eine dumpfe Ahnung, mit der Impfung eine Fehlentscheidung getroffen zu haben. Gerade weil ich diesen Fehler nicht zugeben kann, muss ich, siehe Investmentparadoxon, meine Handlung umso vehementer verteidigen und jeden, der hier nicht mitmacht, wütend bekämpfen. Er soll dasselbe wie ich erleiden, ich bringe mein Opfer für die Gesellschaft und verhalte mich konform, während der Ungeimpfte die Aufhebung der pandemischen Notlage sabotiert.
In gewisser Weise haben wir es hier mit einer neuen Dolchstoßlegende zu tun, denn so wie in der Auffassung der Gegner der Weimarer Republik im November 1918 Revolution und Politik der Armee von hinten in den Rücken fielen, sind es nun die Ungeimpften, die den „Endsieg“ über das Virus verhindern. Nach 1919 traten aber die Metaphern der Unterwühlung, Verseuchung oder Vergiftung bald in Konkurrenz zu der des Dolchstoßes. Das deutsche Volk war quasi von innen vergiftet worden und entscheidend geschwächt. Es ist vielleicht kein Zufall, wenn der Bayernkönig und Scharfmacher Markus Söder bei Anne Will von Ungeimpften in diesem Sinne sagte: „Wir haben zwei Viren im Land, wir haben Corona und wir haben dieses Gift!“
Erschwerend kommt für eine rationale Betrachtung der Nutzen und Kosten für eine Impfung mit einem bedingt zugelassenen Impfstoff hinzu, dass es sich hier um einen Eingriff in den eigenen Körper handelt, der meine eigene Gesundheit – oder die meiner Kinder, falls ich einer Impfung zugestimmt habe – betrifft. Deshalb muss auch alles, was die eigene Entscheidung infrage stellt, die mangelnde Wirksamkeit des Impfstoffes, die Meldungen über die Zunahme an Nebenwirkungen, die Erkrankung an COVID trotz Doppelimpfung, abgewehrt werden. Jeder von uns weiß, dass es faktisch unmöglich ist, über diese Themen vorbehaltlos zu kommunizieren. Dafür ist die tägliche Propaganda auf allen Kanälen zu stark, dient sie doch auch zur Aufrechterhaltung und Stärkung der eigenen Position. Zudem ist es faktisch nur bedingt möglich, etwa auftretende Erkrankungen nach einer Impfung kausal mit der letzteren in Verbindung zu bringen, auch wenn es bereits vielfach Hinweise darauf gibt.
Lebenslanges Impfabonnement?
Natürlich bekommen auch geimpfte Personen Meldungen über steigende Impfschäden mit, wollen aber auf keinen Fall hier eine Verbindung herstellen oder betrachten diese als eine vernachlässigbare Größe. Das alles ist menschlich verständlich, führt aber in vielen Fällen zu massiven Abwehrreaktionen. Die Angst davor, vielleicht eine falsche Entscheidung getroffen zu haben, wird durch das Nicht-Wissen über die längerfristigen Folgen einer „Spikung“ verstärkt. Dass uns nun „Experten“ wie Lauterbach erklären, es gebe überhaupt keine solchen Folgen und die Impfung sei sicher, kann auf Dauer auch nicht beruhigen.
Die spannende Frage derzeit bleibt, wie groß ist der Anteil derjenigen, die eine weitere (Booster)Impfung ablehnen werden? Betrachte ich mein engeres soziales Umfeld, dann reagieren die meisten mit strikter Ablehnung, doch das mag eine Ausnahme sein. Vielmehr herrscht in meinen Augen eine geradezu maximale Gleichgültigkeit, eine Weigerung, zu begreifen, was die momentanen Eingriffe, über mein eigenes Leben hinaus, politisch bedeuten. Denn die Einschnitte betreffen ja viele Mitmenschen nicht – „ich bin ja geimpft“ – und es stellt sich die Frage, wie weit kann die Regierung gehen, bevor sich ein breiter Widerstand formiert. Ist ein nächster Lockdown für alle möglich? Ich denke ja. Was aber sind die Bürger bereit hinzunehmen, wo ist die Grenze?
Natürlich lässt sich nicht sagen, was passiert, wenn die Daumenschrauben weiter angezogen werden und harsche Restriktionen wieder für alle gelten. Was, wenn immer mehr Geimpfte erkranken und der Schutz der Impfstoffe sich stetig reduziert? Was, wenn die neuerlichen Einschränkungen keinen Einfluss auf das Geschehen haben? Vielen Geimpften wird derzeit von Politik und Medien klargemacht, dass ihr Status nur ein temporärer ist und sie nach 6, 9 oder 12 Monaten (je nach gesetzlichen Bestimmungen) wieder in die Kaste der Unberührbaren zurückfallen. Werden die Bürger das auf Dauer mitmachen und ein lebenslanges Impfabonnement unterschreiben?
Wir wissen es nicht, das Potenzial für Widerstand sehe ich an dieser Stelle auf jeden Fall als gegeben an, denn die Politik wird ihr Versprechen eines Endes der sogenannten Pandemie über noch härtere Einschnitte nicht einlösen können. Folglich werden weiter Schuldige gesucht werden, dabei hat die Spaltung der Gesellschaft bereits jetzt ein unerträgliches Maß angenommen. Steuern wir folglich auf eine Art inneren Bürgerkrieg zu oder gelingt es, den grassierenden Wahn zu stoppen? Wir können wohl nur weiter auf die Wirklichkeit hoffen, die in diesem Land aber mehr und mehr als Korrektiv abgeschafft wurde. Ideologien sind langlebig und ein Eingeständnis eigener Fehler nicht unbedingt Teil der politischen Kultur. Es ist wohl nicht übertrieben, sich um unsere demokratische Kultur Sorgen zu machen.
PS:
Während ich die letzten Zeilen schreibe, erreicht mich gerade die Meldung, dass in meiner Heimat Österreich nun eine Impfpflicht für alle ab 1.2.2022 gelten soll. Die Begründung dafür und die Sprache des Bundeskanzlers Schallenberg sind geradezu atemberaubend und machen sprachlos.
„Wir müssen der Realität ins Auge schauen“, begründete Schallenberg die Entscheidung zur Impfpflicht. „Aufgestachelt von radikalen Impfgegnern und fadenscheinigen Fake-News“ haben sich zu wenige impfen lassen, so Schallenberg. Dann wird er besonders deutlich: „Das ist ein Attentat auf unser Gesundheitssystem.“
Lingua Corona Imperii, im Jahr 2021.