Neben der Luftverschmutzung gibt es in vielen italienischen Blogs auch Diskussionen darüber, dass es ja in und um Brescia und Bergamo ab November 2019 eine große kostenlose Grippeimpfungsaktion gegeben hat, vor allem für Risikogruppen und die Alterskohorte ab 65. Damit verbunden ist ein Verweis auf einen Aufsatz in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Vaccine“ (38, 2, 10. Januar 2020, S. 350 ff.; online verfügbar): “Influenza vaccination and respiratory virus interference among Department of Defense personnel during the 2017-2018 influenza season. Abstract / PURPOSE: Receiving influenza vaccination may increase the risk of other respiratory viruses, a phenomenon known as virus interference. ... CONCLUSIONS: ... Vaccine derived virus interference was significantly associated with coronavirus and human metapneumovirus; ... .“
Lieber Johannes Eisleben, ich bin ja auch unsicher, ob der sichere wirtschaftliche Schaden den ungewissen gesundheitlichen Nutzen aufwiegen wird und würde Ihrer Argumentation folglich gerne zustimmen. Nur meine ich, die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Sie schreiben: “Wenn das Virus stark ansteckend ist (hoher R-Wert) und viele Patienten keine Symptome zeigen, hilft Einzelquarantäne der bekannten Fälle nichts.” Wie kommt es dann, dass die Fallzahlen in Taiwan, Japan, Südkorea, China und Singapur in den letzten Wochen nur sehr langsam und insgesamt minimal gestiegen sind, während sie in den westlichen Ländern exponentiell gestiegen sind? Am mangelnden Testen kann es in Südkorea nicht liegen - dort ist so viel getestet worden wie nirgends sonst. Dass die Zahlen dort überhaupt gestiegen sind, zeigt, dass Sie nicht ganz Unrecht haben und sich das Virus nicht zu 100% stoppen lässt. Aber die Geschwindigkeit der Ausbreitung lässt sich sehr wohl stark drosseln, das haben alle diese Länder gezeigt. Unter den 18 Ländern mit den höchsten Fallzahlen sind mittlerweile 15 (!) westliche Länder, die eben das Aufspüren der Infizierten und die Quarantäne der Infizierten und ihrer Kontaktpersonenen allesamt versäumt und bis auf die USA auch sehr lange keinerlei Einreisebeschränkungen und Einreisekontrollen durchgeführt haben. Ostasien steht viel besser da als wir. Daraus gilt es zu lernen. Und dass Gesundheit und Leben höher zu bewerten sind als Geld, dürfte doch auch Konsens sein. Immerhin ist ja auch Deutschland Weltspitze: Nirgends ist die Todesrate so gering wie bei uns. Irgendetwas müssen wir richtig machen! Wahrscheinlich ist es die Abwesenheit des einen großen Ballungsgebietes (wie Madrid), die Tatsache, dass die meisten Deutschen in Städten unter 100.000 Einwohnern leben - und dass unsere Alten nicht mit ihren Familien zusammen leben, sondern allein. Anscheinend hat das, was wir sonst selbst als soziale Kälte bemängeln, ihnen nun das Leben gerettet.
Punkt 2: Missverständnisse über Missverständnisse: Wie gestern bei Plasberg, so auch hier bei einigen Kommentaren. Wenn man besonders gefährdete Personen schützen will, kann man es machen wie hierzulande (Aktivitätsverbot für alle), oder man schützt nur den speziellen Personenkreis. Zweites ist leichter umzusetzen und hätte auch nicht den Nachteil, daß damit die ganze Volkswirschaft zerstört wird (was nur die Stärksten überleben werden). All das trifft aber ohnehin nur zu, wenn man aus Vorsorgeüberreaktion Punkt 3 ignoriert: Nicht nur in pedantischen Bürokratenstaaten werden beim Tot eines Menschen Totenscheine ausgefüllt. Vom Hörensagen meine ich zu wissen, daß auch in Deutschland diese Pedanterie betrieben wird. Es gibt also für jeden Tag (die auf dem Totenschein einzutragene Uhrzeit interessiert jetzt weniger) und Jahr für Jahr einen täglichen Stapel solcher Scheine. Wenn man die Zahl grafisch darstellt, ergibt sich eine Kurve, die wie die Tragkonstuktion der Golden Gate Bridge aussieht - Maxima jeweils um den Frühlingspunkt. Wenn man die aktuellen Tageszahlen mit denen der vergangenen Jahre vergleicht, wird man keine Absonderlichkeiten feststellen - kein zusätzliches Massensterben, kein Grund für Panik. Und diese bürokratische Pedanterie gibt es bestimmt auch in Südeuropa oder Asien. Deren aktuelle Tageszahlen für dieses Jahr im Vergleich mit den der anderen Jahre würde mich interessieren, suche ich schon lange, finde aber nichts. Kann jemand einen Tip geben?
Danke, Herr Eisleben, daß Sie sich die Mühe machen, Punkt für Punkt der panikerzeugenden Angst mit Fakten gegenzusteuern. Auch wenn es wie ein hoffnungsloses Unterfangen aussieht: Angst ist nur ein Ausdruck fehlenden Wissens, Menschen dauerhaft in Angst zu halten erzeugt irgendwann Panik, dagegen hilft nur Information (Wissen). Sonst haben Politpfeifen mit “Leben und Tod”-Parolen leichtes Spiel. Womit ich zu Punkt 1 komme: Merkels schwerste Missetat wird möglicherweise in den Geschichtsbüchern als die Selektion von Pfeifen genannt werden, mit denen Sie sich umgeben hat. Kein Realist erwartet, daß diejenigen am meisten zu sagen haben, die von der jeweiligen Sache am meisten Verstehen. Aber wenn Minister nichteinmal ihre Berater verstehen, sondern noch einen Experten bräuchten, der ihnen übersetzt, was dieser gesagt hat, dann ist das eine Ebene an Dummheit zu viel. Will sagen: Von Anfang an war klar, daß Immunisierung nur durch Infektion geht, da der Weg über Injektion mangels Impstoff derzeit nicht funktioniert. Darum hat man ja sogar einen diplomatischen Eklat mit China produziert, weil man unbedingt potenziell Infizierte kontrolliert mittels Militärmaschine ins Land holen wollte. Doch dies wurde nie so deutlich kommuniziert, weil der Grat zwischen zu großer Infektionslawine (unbeherrschbar), genau angepasst an die med.Leistungsfähigkeit oder gar zu wenig (keine ausreichende Immunisierung) ein schmaler ist. Zu schmal für das Umherwinden eines Politikers für den Fall, daß etwas aus dem Ruder läuft. Und diese Informationspolitik setzt sich fort.
@Jens Richter: Wir brauchen uns doch gar nicht infizieren zu lassen. Es reicht doch, Herrn Merz zu fragen oder eine(n) von denen, die in den Medien als infiziert “geoutet” wurden. Es wäre interessant zu wissen, wie es denen wohl jetzt geht. Aber nichtmal die Bild berichtet - liegt es an dem, was Herr Döpfner heute morgen so nachdenklich-zweifelnd geäußert hat? Mir will außerdem die Frage nicht aus dem Kopf: was, wenn die SARS-CoV2-infizierten mehrheitlich gar nicht am Virus selbst, sondern an einer Sekundärinfektion, z.B. mit einem multiresistenten Krankenhauskeim gestorben sind? Und das ist nicht die einzige Frage, die auf eine Antwort wartet.
“Corona kann man nicht einsperren”. Man nicht, aber die Taiwanesen schon. Vielleicht leben dort ja nur Frauen.
@Heiko Eppens, danke für Ihre Hinweise. @ J. Bernhard, ich stimme Ihnen zu: mit diesem Beitrag hat Achgut sich definitiv disqualifiziert. Es geht um eine Verlangsamung und auch darum, dass Menschen nicht qualvoll sterben müssen.
@Dov Nesher: Werter Herr Nesher, ich hamstere ebenso nicht. Auch kein Klopapier. Und bitte, ich bin nicht sorglos. Nicht ein bisschen, eher vorsichtig. Realitätsverweigerung kann ich nicht ausstehen. Älteren Nachbarn aus näherer und weiterer Umgebung helfe ich wo ich nur kann. Aber eins habe ich bisher gelernt: Klopft einem der Sensenmann auf die Schulter, dann gibt es keine Ausreden und man muss mit. Der Tod ist nie schön und er kommt immer zur Unzeit. Das ist eine ganz nüchterne Erkenntnis. Aber bis es soweit ist, hat man gefälligst sein Bestes zu tun. Fürs eigene Leben und für die Menschen in der Umgebung. Dazu gehört es aber auch, Probleme mit einer gewissen Unaufgeregtheit, mit Pragmatismus anzugehen und nicht die Wäsche wild zu machen. Ängstlichere Zeitgenossen nicht noch mehr zu verunsichern. Zum Beispiel durch verschiedene hiesige Kommentare, mit einer Schilderung wie Corona-Patienten elendig verrecken. So, und nun hole ich meine Leiter und steige ich meiner alten Nachbarin aufs Dach. Die kriegt nämlich einfach keinen Handwerker ran. Und wissen sie was, werter Herr Nesher? Ich scheiss (Verzeihung!) dabei auf das verdammte Virus!
Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.