Die Theresienwiese ist ein großer, staubiger Platz am Fuße der Bavaria im Münchner Stadtteil Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt. Sie ist der Ort, wo jedes Jahr das Oktoberfest stattfindet, wobei zu fragen ist, ob dieses größtes Volksfest der Welt mit Millionen in engstem Körperkontakt stehenden Besuchern, die Millionen Liter ungesundes Bier trinken und Hunderttausende von Klima schädliche Brathähnchen verspeisen, überhaupt jemals wieder stattfinden wird. Seit einigen Monaten findet man auf der „Wiesn“ auch ein großes Corona-Testzentrum - und schließlich soll sie, zumindest wenn es nach dem Willen der Münchner Ordnungshüter geht, in Zukunft eine Art Müllhalde für unerwünschte Demonstrationen sein. Selbst mehrere tausend Menschen auf dem riesigen Areal erregen in der Reststadt keinerlei Aufmerksamkeit, zumal dann, wenn sie von mehreren Hundertschaften Bereitschaftspolizei bewacht werden. Und das wäre wohl genauso beabsichtigt.
Insofern war es fast ein Wunder, dass am vorletzten Wochenende mitten in der Münchner Innenstadt Tausende von Menschen friedlich und fröhlich gegen die seit Monaten andauernden Corona-Maßnahmen demonstrierten. Veranstalter war die aus Landshut stammende Initiative „Bayern steht zusammen – mir san oans", die allein seit Beginn des zweiten Lockdowns Mitte November 2020 in Bayern fast fünfzig Kundgebungen und Demonstrationen gegen die Corona-Politik von CSU-Ministerpräsident Markus Söder organisiert hat, der gerne, wenn auch mit schwindendem Erfolg, den harten Hund in Sachen Seuchenbekämpfung gibt.
Statt der erwarteten und von der Münchner Ordnungsbehörde, dem Kreisverwaltungsreferat (KVR), genehmigten 500 Teilnehmer, kamen mehrere Tausend, was die Polizei angeblich nicht erwartet hatte. Sie ließ die Protestierer bei der Schlusskundgebung auf der Maximilianstraße im Blickfeld des Münchner Maximilianeums, Tagungsort des Bayerischen Landtags, zunächst gewähren und löste die Veranstaltung erst etwa eine Stunde nach deren offiziellen Beginn auf. Übliche Begründung: Missachtung der Abstandspflichten und des Maskentragens, Gefährdung der öffentlichen Sicherheit in Pandemiezeiten.
Der Veranstalter erklärte die Demonstration pflichtgemäß für beendet, doch hielten sich einige hundert Menschen außerhalb der Absperrungen nicht an die Anweisung, nach Hause zu gehen. Manche setzten sich auf die Straße und wurden, zuweilen recht unsanft, von Polizisten weggetragen. Andere zogen in größeren Gruppen unbehelligt weiter durch die Stadt, unter anderem zum Marienplatz im Herzen der bayerischen Metropole.
Dort formierten sie sich zu einer Polonaise, was Münchens SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung, die dem Casus an zwei Tagen hintereinander die Titelseite ihres Lokalteils widmete, zu markigen Worten animierte: Solche Demonstranten verhöhnten nicht nur „die große Mehrheit der Münchnerinnen und Münchner, die sich aus Rücksicht auf ihre Mitmenschen an die zugegeben einschneidende Maßnahmen“ hielten. Sie gefährdeten auch die öffentliche Sicherheit. Dies sei „nicht nur unsolidarisch, sondern einfach unerträglich“.
„Null Toleranz“ für „Gegner der Corona-Maßnahmen“
Schützenhilfe erhielt Reiter von Dominik Krause, dem grünen Fraktionsvize im Münchner Rathaus – die Ökopartei regiert als stärkste Rathauskraft in einer Koalition mit der SPD. Krause warf der Polizei vor, die Lage nicht im Griff gehabt und trotz der zahlreichen Verstöße der „Corona-Skeptiker“ immer nur auf die Notwendigkeit eines verhältnismäßigen Vorgehens verwiesen zu haben. Krause, ein 1990 geborener Jungpolitiker, hätte es offenbar gerne gesehen, wenn die Polizei nach guter bayerischer Linie hart durchgegriffen hätte.
Einkesselungen, mehr oder weniger kräftige Knüppelhiebe, schmerzhafte Fesselungen mit Kabelbindern und reihenweise Bußgeldbescheide gegen friedliche Demonstranten, das findet heute im Zweifel auch den Beifall der Grünen, die ihren Aufstieg zur möglichen Kanzlerpartei nicht zuletzt einer sehr weitläufigen Inanspruchnahme des Demonstrationsrechts verdankt, bei der Gewalt zum guten Ton gehörte. Und auch die Süddeutschen Zeitung, deren einstiger Starkolumnist Heribert Prantl nicht müde wurde, ein ungehindertes Recht auf freie Meinungsäußerung anzumahnen, forderte in einem markigen Kommentar im Lokalteil „null Toleranz“ für „Gegner der Corona-Maßnahmen“.
Besser als immer nur verbal und pauschal auf die „Corona-Leugner-Szene“ einzuschlagen, wäre es, endlich einmal das Verhalten des Kreisverwaltungsreferates (KVR) zu hinterfragen, das seit den unseligen AIDS-Maßnahmen des früheren Kreisverwaltungsreferenten Peter Gauweiler für robustes Durchgreifen bekannt ist. Denn die aktuelle Praxis, die Zahl von Demonstranten bei Veranstaltungen gegen die Corona-Maßnahmen auf lächerliche 200, 300 oder 500 Teilnehmer zu begrenzen, läuft in der Praxis fast automatisch darauf hinaus, dass die Polizei die Veranstaltung auflösen muss.
Die angeblich dem Gesundheitsschutz dienenden Höchstzahlen laufen nämlich dem Interesse eines Veranstalters, sein Anliegen für andere bestmöglich wahrnehmbar zu vertreten, diametral entgegen. Und eine Versammlung, bei der ein paar wenige Menschen voneinander und vom lebendigen Geschehen einer Stadt isoliert sind, kann niemals eine Dynamik entfalten, die eine wahrnehmbare beziehungsweise „machtvolle“ Meinungsäußerung erlaubt, wobei die Behörden seit der Leitentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Fall Brockdorf gehalten sind, den Bürgern die Ausübung ihres Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit explizit zu ermöglichen und die Polizei zur Kooperation aufgefordert ist, nicht zum Draufschlagen.
Veranstaltungen auf kaltem Weg verhindern
Weil ein generelles Verbot von öffentlichen Kundgebungen selbst in Corona-Zeiten von den Gerichten regelmäßig gekippt wird, versuchen die Behörden nun offenbar, ihnen nicht genehme Veranstaltungen auf kaltem Weg mittels überzogener und wenig praxisgerechter Auflagen zu verhindern. Dass die Gegenseite darauf reagiert, indem sie die Grenzen dieser Auflagen von Fall zu Fall austestet, kann nicht verwundern. Ein solches Vorgehen wird vom politischen und medialen Mainstream regelmäßig nur dann begrüßt, wenn es gegen mißliebige „rechte“ Gruppierungen und Anliegen geht, während etwa massenhaftes Schuleschwänzen von Klimaaktivisten, eine Ordnungswidrigkeit wie die Weigerung zum Masketragen, meist ungeteilten Beifall findet.
Die Münchner Ordnungshüter sähen es natürlich am liebsten, wenn es gelänge, „stationäre Versammlungen auf weitläufige Orte außerhalb der Altstadt festzulegen“, wie es KVR-Chef Thomas Böhle in der SZ andeutete. Damit kann er nur die Theresienwiese gemeint haben, wohl wissend, dass er damit vor Gericht nicht durchkommen wird, denn das Grundecht schützt auch die Wahl des Ortes, eben um eine möglichst große Aufmerksamkeit zu erzielen.
Ob der Ruf nach „null Toleranz“ bei „Corona-Gegnern“ verfängt, bleibt abzuwarten. Die Zurückhaltung der Polizei mag nicht zuletzt darin begründet liegen, dass sich die Polizeiführung der Loyalität der Beamten nicht völlig sichern sein kann. Zweifel an der Weisheit der Regierenden in Sachen Pandemie sind in den Reihen der Ordnungskräfte paradoxerweise wohl weiter verbreitet, als bei grünen und linken Law-and-Order-Fetischisten.
Eskalierende Presse, eskalierende Politiker, deeskalierende Polizei: Das gleiche Bild zeigte sich übrigens gestern in Kassel. "Friedlich und ohne größere Zwischenfälle, Menschen aus der Mitte der Gesellschaft – das war mein Eindruck heute nach mehr als siebeneinhalb Stunden auf den Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen in Kassel", schreibt Beobachter Boris Reitschuster, "umso erstaunter war ich, als ich die Zusammenstellung der Berichte in den großen Medien las. Die gleichen Blätter, die regelmäßig gewalttätige Mobs in Innenstädten als „Party- oder Eventszene“ schönschreiben, sprechen nun von einem „Randale-Mob“ wie etwa die Bild-Zeitung. Das ist eine bewusste Irreführung der Leser."
Beitragsbild: CiberprofeCC BY 3.0 via Wikimedia Commons

@Bernhard Maxara: Ja, Herr Maxara, ich bin manchmal auch am Verzweifeln über den vermeintlich eingeforderten Gehorsam für die Demonstrationen. Aber es sind keine “Genehmigungen”, die eingeholt werden, sondern einfach nur ANMELDUNGEN zu Versammlungen, die dem Zweck dienen, dass die Versammlungen durch die Polizei geschützt bzw. verkehrstechnisch geleitet wird. Dass dieser “Schutz” in leider zu vielen Fällen zu grobem Mißbrauch durch einige gewaltbereite Polizisten führt, ist leider eine traurige Tatsache, weil tlw. unverhältnismäßige Schlägereinheiten eingesetzt werden. Aber glauben Sie mir, wenn sie plötzlich einer Horde wildgewordener Antifanten gegenüberstehen, sind sie froh, wenn die Polizei ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommt. Die letzten Demos haben auch gezeigt, dass die Teilnehmer immer mehr verstehen, dass die “Genehmigung” samt Auflagen ja nicht unbedingt ernstgenommen werden muß.
Die Grünen sollten sich schwer zurückhalten, was sie ja zum Glück nicht tun werden, denn es sind ihre Wähler, die da demonstrieren.
Da werden Erinnerungen wach und man spürt förmlich noch einmal den Schlag in den Kniegelenkehlen ,1989 . Die “Obrigkeit” schlägt zu und die einstige Sekretärin für “Kultur “ scheud dieses Mal nicht die unschönen Bilder . Hatte sie,sie doch schon einmal leif I Ierlebte. Die Bilder die ihren guten Leben im Arbeiter und Bauern Staat ein jähes Ende setzten. Wir waren die Querdenker von 89 von denen wohl keiner sich hätte vorstellen können das noch einmal mit ansehen zu müssen. Wurde uns doch gesagt,wir im Westen hätten es uns nicht gefallen lassen was man Jahrzehnte mit euch gemacht hat. Viele von uns, wenn sie noch leben , die von Schwedt über Berndshof bis Bautzen erleben DURFTEN zu was man imstande war um an der Macht zu bleiben. .Das gleiche Bild,von den Medien bis zu den Parteien der Nationalen Front,den Bewaffneten Organen den Schnüffler alles gleich geschaltet. Hochkonjuktur für Spekulanten und Blockwarten der neuen Generation. Was haben wir doch für ein Glück das die meisten Schrottpanzer der Bundeswehr nicht einsatzfähig sind. Walter wollte sich damals auch nicht die Hände schmutzig machen. Er rief die Russen. Xi könnte aushelfen . Auf dem Platz des himmlichen Friedens hat man doch gezeigt wie man Demokratie durchsetzt.
Noch einen aktuellen Nachtrag zu meiner Antwort an Dr Stefan Lehnhoff: Der Staatssender des sächsischen Statthalters vermeldet, dass der oder die Initiatoren der (von mir eingefügten: verbrecherichen) Aktion “Kinderschuhe vor die Rathaustüren” noch nicht ermittelt werden konnten. Das Aufspüren dieser Staatsfeinde scheint jetzt oberste Aufgabe der Schlapphüte zu sein.
@Dr Stefan Lehnhoff: In Dresden eine Woche vorher nicht anders. Wer die hunderte Videos von den entmenschlichten Söldnern, vor allem aus NRW gesehen hat, fragt sich, von WELCHER Veranstaltung die Staatsmedien am nächsten Tag berichteten. Diese Journaille wird nicht mal rot vor Scham, obwohl es heute ein Leichtes ist, vor aller Welt genau das Gegenteil zu zeigen von dem, was sie “berichten”. Gestern Abend in Aue: Tausende protestieren und laufen bis zum späten Abend durch die Stadt, diesmal fast freundlich begleitet von der sächsischen Polizei. Am heutigen Morgen MDR Radio: Polizei löste illegale Demo in Aue auf. Danach den gesamten heutigen Tag schwere Anschuldigungen in Richtung Polizei, dass diese, anstatt niederzuknüppeln, “mitlief”. Der geneigte Mainstream-Konsument kann sich jezt “seine” Wahrheit heraussuchen. Übrigens empfehle ich allen Lesern hier, sich die heutigen, jeden normalen Menschen tief berührenden Bilder von fast allen Rathäusern im Erzgebirge anzusehen. Tausende Paar Kinderschuhe vor den Eingängen als Protest gegen die Verbrechen an unseren Kindern. Einige Bürgermeister unterstützen offen diese Aktion und wollen selbst in einer gemeinsamen Aktion diese Tausenden Kinderschuhe in die Staatskanzlei nach Dresden bringen. Den sächsischen Sadisten und Statthalter der Alten wird es nicht beeindrucken, deshalb schrieb ich oben von normalen Menschen, die solche Bilder berühren.
Ist Grün bald das neue Braun? Die Qualitätsmedien würden den Faschismus noch nicht mal erkennen, wenn er ihnen auf der Nase herum tanzen würde. Die meisten anderen auch nicht. Am Ende wissen selbst Faschisten nicht, dass sie welche sind . Die Messe ist gelesen. Wer kann, packe seine sieben Sachen und verlasse das Land, so lange es noch geht. Der Faschismus kommt nicht mehr in Uniform daher. Er kommt mit guten Vorsätzen, Visionen von einer digitalen Zukunft im Einklang mit der Natur und Ernährungsvorschriften daher. Er fabuliert von der Volksgesundheit und dem Schutz der Alten. Was er am Ende aber will, ist bevormunden und anderen etwas aufzwingen - notfalls mit Gewalt, für die gute Sache eben. Und willst du nicht mein Bruder sein ......dann sperr ich die Zuhause ein. Kommt mir irgendwie alles bekannt vor. Alte Hüte mit neuen Köpfen eben.
Da der KBW/KB Nord “Arbeiterkampf” sich mit seinen Kadern zu nicht geringen Teilen unschwer in die Grünen integriert hat, verwundert deren Ruf nach staatlicher Autorität, hartem Einsatz der Polizei nicht wirklich. Die Grünen waren nie freundliche Hippies. Das belegt bereits deren interner Umgang in ihren frühen Jahren. Eine autoritäre Kaderpartei, die absolut gewaltaffin ist, wenn es ihren Zwecken dient. Und das gefällt einem autoritär fixierten Teil des Wahlvolks.