Beda M. Stadler, Gastautor / 12.06.2020 / 06:08 / Foto: Achgut.com / 138 / Seite ausdrucken

Corona-Aufarbeitung: Warum alle falsch lagen

Das Coronavirus verzieht sich allmählich. Was hat sich in den vergangenen Wochen eigentlich abgespielt? Die Experten haben grundlegende Zusammenhänge übersehen. Die Immunantwort gegen das Virus ist viel stärker, als man dachte. 

Dies ist keine Anklageschrift, aber eine schonungslose Bilanz. Ich könnte mich selber ohrfeigen, weil ich das Virus SARS-Cov-2 viel zu lange mit Panik im Nacken betrachtet habe. Ein wenig ärgere ich mich auch über viele meiner Immunologen-Kollegen, die bislang die Diskussion rund um Covid-19 den Virologen und Epidemiologen überlassen haben. Mir scheint, es wäre Zeit, einige der hauptsächlichen und komplett falschen Aussagen rund um dieses Virus in der Öffentlichkeit zu kritisieren.

  • Erstens: Es war falsch, zu behaupten, das Virus sei neu. 
  • Zweitens: Noch falscher war es, zu behaupten, es bestünde in der Bevölkerung keine Immunität gegen dieses Virus.
  • Drittens: Es war sozusagen die Krönung der Dummheit, zu behaupten, man könne die Krankheit Covid-19 symptomlos durchmachen oder andere gar ohne Symptome anstecken. 

Nun aber der Reihe nach:

1. Ein neues Virus?

Ende 2019 tauchte in China das Coronavirus auf, das man als neuartig ansah. Nachdem aber die Gensequenz, also der Bauplan für das Coronavirus, identifiziert war und dieses einen verwandten Namen zu dem 2002 aufgetauchten SARS erhalten hatte, nämlich SARS-Cov-2, hätte man eigentlich bereits fragen sollen, wie weit diese Verwandtschaft eventuell bis zu anderen Coronaviren, die auch uns Menschen krank machen, reichen könnte. Nein, stattdessen hat man diskutiert, von welchem Vieh, das zugleich auch auf dem chinesischen Speiseplan existiert, das Virus wohl abstammen könnte. Inzwischen glauben allerdings viel mehr Menschen sogar daran, die Chinesen seien so dumm, dieses Virus im eigenen Land auf sich selber losgelassen zu haben. 

Jetzt, da es darum geht, Impfstoffe gegen das Virus herzustellen, tauchen hingegen wissenschaftliche Arbeiten auf, die aufzeigen, dass dieses sogenannte neue Virus stark verwandt ist mit SARS sowie mit anderen Beta-Coronaviren, unter denen wir jedes Jahr in der Form von Erkältungen leiden. Neben den reinen Sequenzhomologien, zwischen den verschiedenen für Menschen krankheitserregenden Coronaviren werden derzeit diverse Bereiche auf den Viren definiert, wie sie von den menschlichen Immunzellen erkannt werden. Dabei geht es also nicht mehr bloß um die genetische Verwandschaft, sondern wie das Virus für das Immunsystem aussieht, also welche Teile von SARS-Cov-2 aber auch anderen Coronaviren allenfalls als Impfstoff verwendet werden könnten. 

Also: SARS-Cov-2 ist gar nicht so neu, sondern eben ein saisonales Erkältungsvirus, das mutiert ist und wie alle anderen Erkältungsviren im Sommer verschwindet – was jetzt auch fast überall auf der Welt beobachtbar ist. Grippeviren mutieren übrigens in einem wesentlich höheren Masse, und niemand würde behaupten, ein neuer Grippevirus-Stamm sei etwas komplett Neues. Viele Tierärzte haben sich denn auch über die Behauptung vom komplett neuen Virus geärgert, schließlich verwenden sie seit Jahren Impfstoffe gegen Coronaviren bei Katzen, Hunden, Schweinen und Rindern. 

2. Die Mär von der fehlenden Immunität

Von der Weltgesundheitsorganisation WHO bis zu den Facebook-Virologen haben alle behauptet, das Virus sei besonders gefährlich, weil keine Immunität dagegen vorherrsche, da es ein neues Virus sei. Sogar Anthony Fauci, der wichtigste Berater der Trump-Regierung, betonte anfänglich bei öffentlichen Auftritten jedes Mal, die Gefahr des Virus bestünde darin, dass es dagegen keine Immunität gebe. Tony und ich hatten seinerzeit in den USA oft nebeneinander gesessen in Immunologie-Seminaren am National Institute of Health in Bethesda, weil wir damals auf verwandten Gebieten arbeiteten. Also war ich eine Zeit lang seiner Aussage gegenüber ziemlich unkritisch, schließlich stammte sie von einem respektablen Kollegen.

Der Groschen fiel bei mir erst, als ich realisierte, dass der erste kommerzielle Antikörpertest aus einem alten Antikörper bestand, der eigentlich SARS erkannte. Bei dieser Art von Test schaut man, ob im Blut Antikörper vorhanden sind und die in einem früheren Kampf gegen das Virus so entstanden sind. Aus einem Lama wurden sogar Antikörper isoliert, die gleichermaßen SARS, SARS-Cov-2 und MERS erkennen. Zudem wurde bekannt, dass in China an Orten, wo SARS gewütet hatte, SARS-Cov-2 weniger Unheil anrichtete. Das sind klare Befunde, die zwingend nahelegen, dass unser Immunsystem zumindest SARS und SARS-Cov-2 als teilweise identisch betrachtet und wahrscheinlich das eine Virus uns vor dem anderen schützen könnte.

Ich realisierte da, dass die ganze Welt einfach behauptete, es gebe keine Immunität, aber in Wirklichkeit hatte gar niemand einen Test zur Hand, um eine solche Behauptung zu belegen. Das war keine Wissenschaft, sondern bloß eine Spekulation aus dem Bauchgefühl, die von allen nachgeplappert wurde. Bis heute gibt es nämlich keine Antikörper-Tests, die all die verschiedenen möglichen immunologischen Situationen beschreiben, wie etwa: Ob man immun ist, seit wann, wogegen die neutralisierenden Antikörper gerichtet sind und wie viele Strukturen auf anderen Corona Viren existieren, die ebenfalls zu Immunität führen.

Mitte April erschien dann eine Arbeit aus der Gruppe von Andreas Thiel von der Charité in Berlin. Es war eine Arbeit mit dreißig Autoren, unter anderem auch mit dem Virologen Christian Drosten. Darin wurde gezeigt, dass bei 34 Prozent der Berliner, die nie Kontakt gehabt hatten mit dem SARS-Cov-2 Virus, trotzdem eine T-Zellen-Immunität (eine andere Art der Immunreaktion, siehe unten) dagegen festgestellt werden konnte. Das heißt, unsere T-Zellen, also weiße Blutkörper, erkennen gemeinsame Strukturen auf SARS-Cov-2 und den normalen Erkältungsviren und bekämpfen somit beide.

Eine Studie von John P. A. Ioannidis an der Stanford University, gemäß der Einstein Stiftung in Berlin einer der zehn meistzitierten Wissenschaftler auf der Welt, zeigte zudem auf, dass die Immunität gegen SARS-Cov-2, gemessen mit Antikörpern, wesentlich höher ist als bislang angenommen. Ioannidis ist sicher kein Verschwörungstheoretiker, der bloß gegen den Strom schwimmt, er wird jetzt trotzdem kritisiert, weil keine wirklich präzisen Antikörperteste verwendet worden seien. Die Kritiker geben damit zu, dass auch sie keine solchen Tests haben. Im Übrigen ist John P. A. Ioannidis ein derartiges wissenschaftliches Schwergewicht, dass alle deutschen Virologen zusammengenommen dagegen ein Leichtgewicht sind.

3. Das Versagen der Modellbauer

Die Epidemiologen gingen dem falschen Glauben, es gebe keine Immunität im Volk, ebenfalls auf den Leim. Zudem wollten sie auch nicht wahrhaben, dass Coronaviren eben saisonale Erkältungsviren sind und im Sommer verschwinden. Sonst wären ihre Kurvenmodelle anders ausgefallen. Nachdem die anfänglichen Worst-Case-Szenarien nirgendwo aufgetreten sind, klammern sich manche nun noch an Computer-Modelle, die das Auftreten einer zweiten Welle voraussagen. Lassen wir ihnen diese Hoffnung, ich habe noch nie einen Wissenschaftszweig gesehen, der sich selber derart ins Abseits manövriert hat. Ich habe auch nicht verstanden, weshalb Epidemiologen derart interessiert sind an der Anzahl der Todesfälle anstatt daran, wie viele Leben zu retten wären.

4. Die Immunologie des gesunden Menschenverstandes.

Als Immunologe vertraue ich einem natürlichen Modell, nämlich dem menschlichen Organismus, der ein erprobtes und lernfähiges Immunsystem ausgebildet hat. Ende Februar auf der Rückfahrt nach einer SRF-Arena-Sendung äußerte ich, eingeklemmt im Fiat 500 von Daniel Koch, ihm gegenüber meine Vermutung, dass es im Volk eine Grundimmunität gegen SARS-Cov-2 gibt. Er bestritt diese Ansicht. Ich habe ihn trotzdem später verteidigt, als er darlegte, Kinder seien kein treibendes Moment für diese Pandemie. Er vermutete, Kinder hätten keinen Rezeptor für das Virus, was natürlich Unsinn ist. Aber man muss ihm zugutehalten, dass seine Beobachtung richtig war. Dass ihm dann jedoch Wissenschaftler an den Karren fuhren und entsprechende Studien verlangten, birgt doch eine gewisse Ironie. Schließlich verlangte man auch keine Studien, um zu demonstrieren, dass Menschen aus der Risikogruppe sterben.

Als nach den ersten Statistiken aus China und dann auch aus der weltweiten Datenlage ebenfalls der gleiche Trend zu beobachten war, dass nämlich praktisch nie ein Kind unter zehn Jahren erkrankt, hätte eigentlich jedermann aufs Argument kommen müssen, dass Kinder offensichtlich immun sind. Bei jeder anderen Krankheit, bei der eine bestimmte Gruppe von Menschen nicht krank wird, würde man davon ausgehen, dass diese Gruppe immun ist. Wenn in einem Altersheim Menschen leider sterben, aber am gleichen Ort Pensionäre mit den gleichen Risikofaktoren völlig unbehelligt bleiben, sollte man eigentlich ebenfalls davon ausgehen, dass diese eben immun waren.

Dieser gesunde Menschenverstand ist aber einigen Menschen abhandengekommen, also nennen wir sie hier spaßeshalber "Immunitätsleugner". Diese neue Gattung der Leugner musste beobachten, dass der allergrößte Teil der Menschen, die positiv auf dieses Virus getestet wurden, denen also Viren im Rachen nachgewiesen wurden, gar nicht krank werden. Man hat dafür den Begriff „silent Carrier“ aus dem Hut gezaubert, "stille Träger", und behauptet, man könne krank sein, ohne Symptome zu haben. Das wäre ja pikant. Sollte sich dieses Prinzip in der Medizin von nun an einbürgern, hätten die Krankenkassen ein Problem, aber auch etwa Lehrer, da von nun an Schüler jede Krankheit vorgaukeln können, um die Schule zu schwänzen, schließlich braucht es ja gar keine Symptome mehr, um krank zu sein. 

Der nächste Witz, den gewisse Virologen verbreitet haben, war die Behauptung, dass diese symptomlos Kranken trotzdem andere Menschen anstecken könnten. Diese „gesunden“ Kranken würden im Rachenraum so viele Viren beherbergen, dass bei einer normalen Unterhaltung zwischen zwei Menschen der eine "Gesunde" den anderen Gesunden anstecke. Nun muss man sich vergegenwärtigen, was da alles abläuft. Falls sich irgendwo im Körper, eben auch im Rachen, Viren bilden, heißt das, dass menschliche Zellen zugrunde gehen. Wenn Zellen sterben, wird sogleich das Immunsystem alarmiert, und es entsteht eine Entzündung. Eines der fünf Kardinalsymptome einer Entzündung ist der Schmerz. Es ist verständlich, dass leidende Covid-19-Patienten sich nicht mehr an das anfängliche Kratzen im Hals erinnern können und dann allenfalls behaupten, sie hätten vor ein paar Tagen noch keine Symptome gehabt. Daraus als Arzt oder Virologe eine Story von "gesunden" Kranken zu machen, die Panik verursacht und oft ein Grund war für strengere Lockdown-Massnahmen, zeigt, wie schlecht der Witz in Wirklichkeit war. Wenigstens hat die WHO die Behauptung der asymptomatischen Ansteckung nicht übernommen und zweifelt diese Behauptung sogar auf ihrer Webpage an.

Hier auf griffige Art und speziell für die Immunitätsleugner nochmals eine ganz kurze Zusammenfassung, wie wir Menschen von Keimen angegriffen werden und reagieren: Hat es in unserer Umgebung krank machende Viren, so werden alle Menschen, egal ob immun oder nicht, vom Virus befallen. Ist man immun, beginnt jetzt der Zweikampf mit dem Virus. Als erstes versuchen wir mit Antikörpern zu verhindern, dass sich das Virus an unsere Zellen bindet. Dies gelingt natürlich nur teilweise, nicht alle werden blockiert, und viele Viren werden sich in den geeigneten Zellen einnisten. Das muss nicht zu Symptomen führen, ist aber eben auch keine Krankheit. Denn die zweite Garde des Immunsystems kommt jetzt zur Hilfe. Das sind die oben bereits erwähnten sogenannten T-Zellen, weiße Blutzellen, die von außen feststellen können, in welchen anderen Zellen sich die Viren verstecken, um sich dort zu vermehren. Solche Zellen, die quasi Viren ausbrüten, werden dann im ganzen Körper gesucht und von den T-Zellen umgebracht, bis das letzte Virus ausgerottet ist.

Macht man also bei einem immunen Menschen einen PCR-Corona-Test, wird ja kein Virus detektiert, sondern nur ein kleines Stück des viralen Genoms. Der Test wird so lange positiv sein, bis keine Trümmer des Virus mehr vorhanden sind. Richtig, auch wenn längst keine infektiösen Viren mehr vorhanden sind, kann ein Corona-Test also noch positiv ausfallen, weil durch die PCR-Methode selbst ein kleines Stück des viralen Genmaterials im Test genügend vervielfältigt wird. So geschehen, als aus Korea die Meldung rund um den Globus ging und von der WHO übernommen wurde, dass mehr als zweihundert Koreaner, die Covid-19 durchgemacht hatten, wieder angesteckt worden seien, dass also wahrscheinlich keine Immunität gegen dieses Virus entstehe. Die Erklärung des wahren Sachverhalts und die Entschuldigung kamen erst etwas später, als man feststellte, dass die immunen Koreaner alle kerngesund seien und nur einen kurzen Zweikampf mit dem Virus hatten. Der Haken war eben, dass die Virustrümmer mit dem allzu sensitiven Test noch erfasst wurden und das Signal „positiv“ auslösten. Wahrscheinlich beruhen bei uns eine Großzahl der täglich rapportierten Ansteckungen bloß auf solchen Virustrümmern.

Der PCR Test mit seiner enormen Empfindlichkeit war also am Anfang goldrichtig, um herauszufinden, wo das Virus sein könnte. Der Test kann aber nicht feststellen, ob die Viren noch intakt, also noch ansteckend sind. Leider hat dies auch dazu geführt, dass einige Virologen die Stärke des Test-Signals mit der Viruslast, also der Menge an Viren, gleichgesetzt haben, die man ausatmen könne. Zum Glück blieben unsere Kitas trotzdem offen. Da deutsche Virologen wahrscheinlich aus Prinzip nicht in andere Länder blicken, in den die Fallzahlen schneller sinken als zu Hause, ging das an ihnen vorbei.

5. Corona-Immunität als Problem.

Was heißt das für die Praxis? Die überaus lange Inkubationsperiode von 2 bis 14 Tagen und Berichte über 22 bis 27 Tage sollte jeden Immunologen aufschrecken. Genauso wie die Behauptung, die meisten Patienten würden nach 5 Tagen kein Virus mehr ausscheiden. Beides legt nämlich wiederum den Schluss nahe, dass es – quasi im Hintergrund – eine Grundimmunität geben muss, die zu einer Verzerrung der Vorgänge führt, wie man sie normalerweise erwarten würde – eben zu langen Inkubationszeiten und zu rascher Immunität. 

Genau diese Immunität scheint auch bei den Patienten mit ernsthaftem Verlauf das Problem zu sein. Unsere Antikörpertiter, also die Treffsicherheit des Abwehrsystems, nehmen nämlich mit zunehmendem Alter ab. Aber auch bei Menschen, die falsch oder unterernährt sind, kommt es zu einer Immunschwächung, weshalb das Virus ja nicht nur die medizinischen Probleme eines Landes aufzeigt, sondern auch einen Teil der sozialen Missstände. 

Hat ein Angesteckter also zu wenig Antikörper, also eine zu schwache Immunabwehr, wird sich das Virus langsam, aber stetig über den ganzen Körper verteilen. Jetzt da nicht mehr genügend Antikörper vorhanden sind, bleibt nur noch das zweite Bein der Immunantwort übrig: Die T-Zellen beginnen überall im Körper gegen die vom Virus befallenen Zellen zu kämpfen. Dies kann zu einer überschießenden Immunreaktion führen, quasi zu einem gewaltigen Gemetzel, das wird dann Zytokin-Sturm genannt. Ganz selten kann dies auch bei Kleinkindern passieren und wird dann als Kawasaki Syndrom bezeichnet. Mit diesem Spezialfall bei Kindern hat man auch bei uns versucht, Panik zu schüren. Interessant ist allerdings, dass dieses Syndrom einfach und gut zu behandeln ist. Den Kindern werden nämlich Antikörper von gesunden Blutspendern verabreicht, also von Menschen, die Coronavirus-Erkältungen durchgemacht haben. Somit wird hier die totgeschwiegene Immunität in der Bevölkerung trotzdem therapeutisch eingesetzt.

Was nun?

Das Virus ist erst mal weg. Wahrscheinlich wird es im Winter zurückkommen, das wird aber keine zweite Welle sein, sondern eben eine Erkältung. Wer als gesunder junger Mensch derzeit mit einer Maske herumläuft, sollte deshalb gescheiter einen Helm tragen, da das Risiko, dass einem etwas auf den Kopf fallen könnte, größer ist als eine schwere Erkrankung mit Covid-19. 

Sollte in vierzehn Tagen nun trotzdem ein signifikanter Anstieg an Ansteckungen zu beobachten sein, wüssten wir wenigstens, dass eine der Lockerungsmaßnahmen von vorher eine sinnvolle Einschränkung war. Ansonsten empfehle ich allen die Lektüre von John P. A. Ioannidis’ neuester Arbeit, in der er die Situation bezogen auf die weltweite Datenlage vom 1. Mai 2020 beschreibt: Unter 65-Jährige ohne Vorerkrankung machten demnach bloß 0,7 bis 2,6 Prozent aller Covid-19-Todesfälle aus. Um der Pandemie Herr zu werden, reiche eine Strategie aus, die sich auf den Schutz der über 65-jährigen Risikopersonen beschränke. Wenn ein Top Experte dieser Ansicht ist, wird ein erneuter Shut-Down zu einem No-Go.

Zurück auf dem Weg zur Normalität, würde es uns Bürgern jetzt guttun, wenn sich einige Panikmacher entschuldigen würden. Etwa Ärzte, die eine Triage der über 80-jährigen Covid-19-Patienten forderten, damit diese nicht mehr beatmet werden. Auch Medien, die mehrmals Panik-Videos aus italienischen Spitälern gezeigt haben, um damit etwas zu illustrieren, das so nie existiert hat. Alle Politiker, die TESTEN, TESTEN, TESTEN forderten, ohne überhaupt zu wissen, was der Test misst. Oder der Bund für eine App, die nie funktionieren wird und mich auch dann warnen wird, wenn jemand in meiner Nähe positiv, aber nicht ansteckend ist.

Im Winter, wenn dann die Grippe und andere Erkältungen wieder grassieren werden, können wir uns dann etwas weniger oft küssen, aber die Hände waschen sollte man ja auch ohne Viren. Und Menschen, die trotzdem etwas aufgelesen haben, sollen dann die Masken hervornehmen und allen zeigen, wie viel sie aus dieser Pandemie gelernt haben. Und falls wir immer noch nicht gelernt haben, unsere Risikogruppen zu schützen, müssen wir auf einen Impfstoff warten, der hoffentlich auch bei den Risikopersonen funktionieren wird.

Lesen Sie zum gleichen Thema: Corona-Aufarbeitung: Eine Analyse mit unangenehmen Fragen

 

Professor Dr. Beda M. Stadler ist emeritierter Professor für Immunologie und ehemaliger Direktor des Instituts für Immunologie an der Universität Bern. Neben der wissenschaftlichen Tätigkeit ist er auch publizistisch tätig. Dieser Beitrag erschien auch in der Schweizer Weltwoche.

Foto: Achgut.com

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Sandra Müller / 12.06.2020

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Stadler, ich vermag kaum in Worte zu fassen, wie dankbar ich Ihnen für diesen Artikel bin, wie dankbar ich der Achse bin, die für mich ein ganz klares und zwingend notwendiges Regulativ der Medien ist, insbesondere der ÖR. Diese Art der Aufklärung tut not! Und vielen Dank auch für die fein dosierten Prisen Humor. Auch der fehlt bisweilen, und ich greife ihn überall dankbar auf, scheint es doch vielen “Zeitgeistern” daran zu mangeln… Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und auch ansonsten alles Gute.

Anna Sophia von Velasco / 12.06.2020

Immer wieder wird berichtet, dass es beim Kassenpersonal z. B. in Lebensmittelläden zu keinerlei Sars CoV 2 Ausfällen kam, und zwar auch zu Zeiten, als dort weder Kunden noch die Angestellten Mund Nasen Schutz tragen mussten und von Plastikscheiben etc. “geschützt” wurden. Das dürfte einer im Artikel angesprochenen über viele Viren und Bakterienkontakte erworbenen Hintergrundimmunität verdankt sein. Wie lange hält diese Immunität vor, wenn der Kontakt mit Viren über Monate so minimiert wird wie gegenwärtig??? Das dürfte auch die meisten anderen Menschen betreffen. Basteln wir uns nicht unsere 2. Welle selbst??? , auch wenn diese dann ebenfalls KEINE Killerwelle sein dürfte? Auch die Verbesserung von grauenhaften hygienischen Verhältnissen im Zusammenhang mit sozialen Verbesserungen in Wohnungsbau und Ernährung haben in der Geschichte unerwarteterweise zu eben den Epidemien geführt, die man mit den Maßnahmen bekämpfen wollte.

HaJo Wolf / 12.06.2020

Nachtrag: ich behaupte übrigens seit Jahren, dass eine Impfung gegen Grippe weitestgehend sinnlos ist. Kaum ein Virus, soweit ich weiß, mutiert so schnell und vielfältig wie das Grippevirus. Es gibt keinen Nachweis darüber, dass ein Geimpfter ohne Impfung eine Grippe bekommen hätte, allerdings gibt es Geimpfte, die trotzdem an Grippe erkrankten. Und schon kurz nach dem Auftreten des Virus in China - den Unsinn vom aus dem Biowaffenlabor entfleuchten Virus habe ich nie geglaubt, da erschien die Geschichte der Fledermaus-Professorin schon glaubhafter - also kurz nach dem Auftreten habe ich meiner Meinung Ausdruck verliehen, dass es sich um ein mutiertes Grippevirus handelt. Und ich möchte mich weit aus dem Fenster lehnen und behaupten, wenn die Welle im kommenden Winter erneut über uns schwappt, hat sich das Virus wieder verändert, je mehr geimpft wird, desto schneller. Es wird viel zu schnell geimpft, ebenso wie viel zu schnell Antibiotika gegeben werden, was zu einer Antibiotikum-Resistenz zahlreicher Keime führt. Übrigens sterben in Deutschland jährlich (exakte Zahl unbekannt!) zwischen 10.000 und 15.000 Menschen an Krankenhauskeimen - der Erreger MRSA (eine Abart des Staphylococcus aureus) ist Antibiotikum-resistent. Also vermutlich doppelt so viel Tote wie angeblich durch Corona. Wen wunderts, die kopftuchtragende Putzkraft, die mein Zimmer reinigte (Achillessehnen-OP) putzte mit dem gleichen Lappen meinen Nachttisch, mit dem sie Waschbecken und Klo abwischte und das mutmaßlich schon in allen Zimmern vorher getan hat. Welche Gegenmaßnahmen hat die Regierung ergriffen? Keine. Die weiterhin publizierten absoluten Zahlen gaukeln eine Epidemie vor, tatsächlich sind in USA 0,034% der Bevölkerung verstorben, in D 0,010%, in Italien 0,056, in China 0,003, weltweit 0,055%. Pandemie sieht anders aus. Auf den Cayman Islands, wo wir alle unser Geld liegen haben, übrigens 0,00154% - auf in die Karibik!

Gereon Stupp / 12.06.2020

Ob sich jemand aus Schusseligkeit oder mit Vorsatz in den Kopf schießt, läuft im Ergebnis auf das Gleiche hinaus. Nichts für ungut, aber wozu noch nachkarten? Lernen aus Fehlern tut ohnehin niemand, und es sind ganz andere Motive, die politisches Handeln bestimmen als Leben und Gesundheit von Menschen. Ich bin sehr müde.

Gudrun Dietzel / 12.06.2020

Schluß: Deutschland ist in die schwerste Krise seit dem 2. Weltkrieg hineinmanövriert worden - und zwar durch Merkel selbst und ihre Helfershelfer siehe oben. Das kann nicht ohne Konsequenzen bleiben. Ein Übergleiten zur Tagesordnung ist nach dieser Einschätzung von Angela Merkel als Bundeskanzlerin nicht mehr möglich. 75 Jahre mehr oder minder friedliches Zusammenleben in Deutschland und jetzt eine selbstherbeigeführte schwere Krise, die mit der Schwere der Krise „nach dem 2. Weltkrieg“ von der Bundeskanzlerin gleichgesetzt wird, verlangt sehr harte Maßnahmen.

Gudrun Dietzel / 12.06.2020

Fangen wir bei den die Tragödie vorbereitenden Institutionen an. Die Charité Berlin muß sich sehr intensiv überlegen, ob Prof. Drosten auf seiner Position noch zu halten ist, ich meine nein. Er hat nicht nur den Ruf dieser altehrwürdigen Klinik restlos beschädigt, sondern mit der Reputation der Charité im Rücken die „theoretische“ Grundlage dafür gelegt, Regierung, Bundestag, die Politik insgesamt in eine Verfaßtheit zu befördern, die sie völlig falsche Entscheidungen fällen ließ zum Nachteil der Bundesrepublik und ihrer Bürger. Die Regierung wiederum hat ihr nachgeordnetes Organ, das RKI, vorgeschickt, der Bevölkerung diese unendliche Panik zu vermitteln, deswegen muß mindestens Prof. Wieler zurücktreten. Damit sind wir bei der Qualität der agierenden Politiker: Im Zusammenhang mit diesem SARS-Cov2-Spuk war eindeutig die Bundeskanzlerin ihren Aufgaben nicht gewachsen, wie auch der Bundesgesundheitsminister nicht. Dem Bundesinnenminister bleibt der schwere Vorwurf nicht erspart, Kritiker aus dem eigenen Haus mundtot gemacht zu haben, was zwangsläufig zu der Behauptung führen muß, die Wahrheit sollte nicht ans Licht kommen. Merkel, Spahn, Seehofer müssen sofort zurücktreten. Entschuldigungen, wie sie Spahn schon vor Monaten öffentlich angekündigt hatte, reichen nicht. Und angesichts der Tatsache, daß sich die Abgeordneten des Deutschen Bundestages offensichtlich wochenlang mit Freude haben nach Hause schicken lassen, statt ihre Aufgabe wahrzunehmen, als vom Volk gewählte Vertreter die Interessen der Wähler wahrzunehmen und die Regierung zu KONTROLLIEREN, muß auch über deren Verbleib nachgedacht werden. Im Lichte der humanen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schäden, die seit Februar von Politik und Regierung in Deutschland angerichtet worden und deren Folgen in Gänze noch gar nicht abzuschätzen sind, müssen meiner Meinung nach Neuwahlen sein, denn in dieser Hinsicht hat die Kanzlerin recht: Deutschland ist…. folgt der Schluß sofort…

Ebs Werner / 12.06.2020

Entschuldigungen? Wie naiv ist denn diese Forderung? Die Karawane der Panikmacher zieht doch schon längst weiter. Neben dem ständigen Grundrauschen der Klimakatastrophe und den beginnenden Schuldzuweisungen an die üblichen Verdächtigen für die Wirtschaftskrise wird doch gerade das Thema latenter Rassismus aufgebaut. Damit als Nebenerfolg ja die Grenzen bald wieder offen sind. Es geht weiter wie bisher und man hat wieder einige Scheiben von der Salami abgeschnitten: Die Düngemittelverordnung wurde zu Beginn der Krise nebenbei beschlossen - als die Bauern nicht demonstrieren konnten, die Eurobonds sind da - als solidarisches Hilfspaket verschwurbelt. Und der Michel hat es nicht gemerkt und freut sich über 300 € pro Kind und dass er bald wieder ins Ausland darf.

HaJo Wolf / 12.06.2020

DANKE! Ich hatte ja schon geahnt, was Sie wissenschaftlich fundiert erklären, ich habe mich nur meiner Lebenserfahrung und des gesunden Menschenverstandes bedient. Danke, dass ich meine Meinung jetzt auch wissenschaftlich fundiert untermauern kann. Es wird die Drosten-Hörigen ebensowenig anfechten wie Merkel und ihre Handlanger oder gar den Bankkaufmann, der fürs Bankgeschäft zu dumm war und deshalb Gesundheitsminister wurde. Aber Sie glauben doch nicht ernstlich, dass sich einer der Katastrophen-Auguren entschuldigen wird? Die werden an ihrer Irrmeinungfesthalten, solange noch irgendjemand auf der Erde niest, Merkel wird an der rechtswidrigen Einschränkung der Grundrechte festhalten, solange sie ihren adipösen Arsch auf dem Kanzlersessel halten kann.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Beda M. Stadler, Gastautor / 05.09.2020 / 06:00 / 87

Masken der Angst

Zur Bekämpfung von SARS-CoV-2 gab es in der Schweiz (und auch in Deutschland/ Anm. der Redaktion) anfangs eine Strategie. Sie hieß „Flatten the Curve“ und…/ mehr

Beda M. Stadler, Gastautor / 17.07.2020 / 06:00 / 102

Die Zeugen Coronas

Warum wurde die Maskenpflicht zu einem Zeitpunkt eingeführt, als kein Anstieg an Corona-Fällen ersichtlich war? Wer ist eigentlich dafür verantwortlich, dass kurz vor der Einführung…/ mehr

Beda M. Stadler, Gastautor / 09.10.2015 / 11:15 / 3

Schweine im Schlaraffenland

Wir essen nicht mehr, um zu geniessen, sondern um gesünder zu werden. Was Spass macht, wird verboten. Wenn es so weitergeht, sind die Beipackzettel der…/ mehr

Beda M. Stadler, Gastautor / 09.08.2015 / 06:30 / 5

Wollen sie Ewig leben?

Möchten Sie ewig leben? Was fällt jemanden ein, wenn er sich vorstellt, dass es immer weiterginge? NZZ-Folio hat bei acht Prominenten nachgefragt. Bei mir auch.…/ mehr

Beda M. Stadler, Gastautor / 27.10.2014 / 13:43 / 2

Afrikas unheimliche Krankheiten

Von Aids bis Ebola: Der Schwarze Kontinent bleibt ein riskantes Gelände. Seine Krankheiten haben allerdings mehr mit sozialen Umständen als mit tödlichen Mikroben zu tun.…/ mehr

Beda M. Stadler, Gastautor / 05.04.2014 / 00:07 / 6

Haben die Veganer recht?

«Sentience», auf deutsch Empfindungsfähigkeit, ist die Bezeichnung für zwei Volksinitiativen in Bern und Basel damit Väterchen Staat uns vegane Menus in Kantinen von Schulen, Spitälern,…/ mehr

Beda M. Stadler, Gastautor / 20.03.2014 / 20:22 / 2

Macht Politik krank?

Als Nationalrat und GLP-Chef Martin Bäumle kürzlich einen Herzinfarkt erlitt, haben die Medien gemeinsam die Diagnose gestellt: Politiker führen ein ungesundes Leben. Die Liste der…/ mehr

Beda M. Stadler, Gastautor / 27.02.2014 / 17:37 / 0

Glaube und Demokratie

Wir werden oft gezwungen ja oder nein zu sagen. Ein derartiger Zwang führt aber meist zu einem No-Go. Schreit der brünstige Liebhaber während dem Koitus:…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com