Georg Etscheit / 29.07.2020 / 12:00 / Foto: Pixabay / 34 / Seite ausdrucken

Corona als Vorwand

Von Georg Etscheit.

Unlängst sah ich in Schwabing am Straßenrand einen echten Straßenkreuzer, ein Cabriolet US-amerikanischer Herkunft, vermutlich Baujahr irgendwann in den Sechzigern. Ein Full-Size Car, mit Heckflossen, riesigem verchromten Kühlergrill und extra breiten Ledersitzen ohne Nackenstützen (in der Urversion natürlich auch ohne Sicherheitsgurte), in die man sich hemmungslos hineinlümmeln konnte. Alles an diesem Autor sagt: Platz da, hier komme ich. Dagegen wirkt selbst ein SUV neuester Bauart wie das Fortbewegungsmittel schüchterner Zwerge.

Mit solchen Schiffen sind Leute wie James Dean in Roadmovies herumkutschiert, Fluppe im Mundwinkel, Arm lässig auf dem Türrahmen. Oder der coole Polizei-Lieutenant Theo Kojak, der seinen „Einsatz in Manhatten“ mit Lolly statt Fluppe absolvierte. Parkplatzsuche und lästige Radler waren damals noch kein Thema. Heute wird es immer schwieriger, selbst für meinen mickrigen Polo-Diesel eine Bleibe unter der Straßenlaterne zu finden, weil immer mehr Stellplätze Fahrradständern weichen müssen, an denen dann zweirädriger Schrott vor sich hin gammelt. 

Die Fünf-Meter-Gefährte mit ihrer Mir-gehört-die-Welt-Attitüde sind mir irgendwie sympathisch, auch wenn ich mir solch einen Oldtimer nie zulegen würde. Wenn man keine Lust am Basteln hat und nicht jedes Wochenende gebeugt unter der Motorhaube in seinen metallenen Eingeweiden herumfummelt, sind die Vintage-Teile unbezahlbar. Vom exorbitanten Spritverbrauch ganz zu schweigen. Solch ein Dickschiff schlürft schon mal zwischen 15 und 20 Liter auf hundert Kilometer. Da liefe man immer Gefahr, dass einem die strammen Klimaaktivisten von Fridays für Future die Karre abfackeln.  

Die protzigen Ami-Schlitten erinnern an Zeiten, als die Straßen noch Freiheit und Abenteuer versprachen, als es noch eine Zukunft gab und die Möglichkeiten unbegrenzt schienen. Mich erfüllt heftige Sehnsucht, wenn ich Corona-maskierte Menschen in ihren frugalen Elektromobilen daherkommen sehe oder, heftig strampelnd, auf dem ökokorrekten Lastenfahrrad. Wo sind sie geblieben, der Optimismus und die große Geste?

„Umverteilung des Straßenraums“

Es muss ein tolles Gefühl sein, wenn man heute in einem schwarzen Cadillac Series 60 Special, Baujahr 1959, oder einem Buick LeSabre Cabriolet vor einer der neuen „Popup“-Biergärten vorfährt, die die Gastronomie vor dem Virus bedingten Untergang retten sollen und denen bislang in München fast 800 Parkplätze geopfert wurden. Nicht dass ich grundsätzlich etwas dagegen einzuwenden hätte, wenn die Leute bei schönem Wetter, das in diesem Sommer trotz Klimawandel eher Mangelware ist, ihre Pizza oder ihren Veggie-Burger unter freiem Himmel verzehren wollen. Mich stört nur, dass man die Corona-Krise dazu nutzt, um politische Ziele, die man unter normalen Umständen nicht so schnell und widerstandslos hätte erreichen können, im Handstreich durchzuziehen. Wie die im Rahmen der „grünen Verkehrswende“ allseits propagierte „Umverteilung des Straßenraums“ zulasten des Autos. 

Zu diesem von Corona getriggerten Projekt zählen auch jene „Popup“-Fahrradwege, wie sie in München und anderen Städten in den vergangenen Wochen und Monaten überfallartig auf den Asphalt markiert wurden. Und zwar lange nach dem Höhepunkt des Lockdowns, als die Straßen wirklich leer waren und viele Menschen aus Angst vor Ansteckung von den öffentlichen Verkehrsmitteln aufs Fahrrad umstiegen. 

„Mit diesen Popup Bike-Lanes reagiert die Stadt auf die veränderten Rahmenbedingungen in der Pandemie-Zeit“, tönte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter zur Eröffnung der ersten von fünf solcher für Radler reservierten Fahrspuren am 22. Juni. „In den nächsten Monaten werden wir die veränderte Situation in den fünf Straßen genau beobachten und auch die Rückmeldungen aus den Bezirksausschüssen und der Bürgerschaft einbeziehen." Doch die veränderte Situation gab es schon zu diesem Zeitpunkt nicht mehr, zumindest nicht in puncto Verkehr.

Sich im Zuge der Pandemie eines bösen Fleischkonzerns entledigen

Reiters Aktion ist, bei Lichte betrachtet, nicht viel besser als die Ankündigung des österreichischen Immobilientycoons René Benko, der die Corona-Krise nutzte, um einen beträchtlichen Teil seiner Kaufhof/Karstadt-Warenhäuser zu schließen, was er wohl ohnehin geplant hatte, jetzt aber als Corona-Maßnahme tarnen kann. Oder der Versuch, im Zuge der Pandemie den bösen Fleischkonsum zu geißeln. 

Wie jüngst eine Studie ergab, waren übrigens nicht die vielfach kritisierten prekären Arbeits- und Lebensbedingungen der ausländischen Billiglöhner der Grund für die Infektionswelle bei Tönnies, sondern die spezifischen Bedingungen in den Zerlegehallen mit geringer Frischluftzufuhr, Luftumwälzung und niedriger Temperatur sowie unbestritten harter Arbeit. Die Debatte um Billigfleisch und ausbeuterische Werkverträge (was seit langem bekannt ist) ist ein ganz anderes Thema. 

Bei der Aufzählung der diversen Corona-Mitnahmeeffekte wollen wir die „Corona-Bonds“ der EU nicht vergessen, mit denen unter Bruch der Lissabon-Verträge endlich die von manchen erhoffte Schuldenunion auf den Weg gebracht worden ist. Corona – ein Gottesgeschenk für Verfechter des europäischen Superstaates. 

Von Brüssel zurück nach München: Die bald mehr als 700 Popup-Freischankflächen im öffentlichen Verkehrsraum, oft liebevoll mit Blumenkübeln und Lichterketten dekoriert, sind zwar zeitlich befristet bis zum Ende der 1,5-Meter-Abstandsregel nach dem bayerischen Infektionsschutzgesetz. Und die neuen Fahrradstreifen gelten ebenfalls als provisorisch. Doch man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass viele dieser „Provisorien“ von Dauer sein werden.

Ganz so wie in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá, wo die zu Beginn der Pandemie eingerichteten Corona-Radwege nicht mehr zurückgebaut werden sollen. Nach dem Beispiel von Claudia Lopez, der grünen Bürgermeisterin von Bogotá, die den Straßen der Acht-Millionen-Metropole 84 Kilometer temporäre Radwege „abgezwackt“ hatte, wie die taz launig-zustimmend berichtet, handelten dann Städte in aller Welt.

Noch einmal: Es geht nicht darum, dass die neuen Radwege oder Freischankflächen im Einzelfall keine sinnvolle Maßnahme sein können. Es geht nur darum, dass hier zum Teil unter Vorspiegelung falscher Tatsachen und unter absichtsvoller Verkürzung demokratischer Entscheidungswege im Zuge eines faktischen Ausnahmezustandes vollendete Tatsachen geschaffen werden.

PS.

Das passt noch gut als „letzte Meldung“.

Die Homepage von Georg Etscheit finden Sie hier.

Foto: Pixabay

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thomas Regentrop / 29.07.2020

Diese “vollendeten Tatsachen” wie Fahrradstreifen könnten bei einem Regierungswechsel auch schnell wieder deinstalliert werden. Es wäre zu schön, wenn man sich derzeit darauf beschränken könnte, solche Sachfragen zu erörtern. Leider werden grade Tatsachen geschaffen, deren Ausmaß alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt. Vielleicht mögen einige sagen auf Großfeste wie Fußball, Oktoberfest usw. kann ich verzichten, aber wenn ich nicht mehr frei Reisen kann, wenn Weihnachtsmärkte nicht mehr stattfinden, und andere Kommentatoren haben hier noch viel mehr aufzählen können, dann sollte es eigentlich jeden irgendwie ins Herz treffen. Jeder sollte sich klar machen, was wir hier grade verlieren. Sei “Corona” einfach eine Lüge, oder auch ein Killer-Virus; Lockdown und Hygieneregeln sind keine Maßnahmen, die etwas Verbessern könnten; Wenn ich den Menschen das Arbeiten unmöglich mache, dann werden alle vor die Hunde gehen, nicht nur diejenigen, welche möglicherweise an einer Krankheit sterben. ... Grünau, am Samstag (01.08.) ist hier in Berlin eine Großdemo angemeldet: Um 10:30 geht vom Brandenburger Tor ein ringförmiger Marsch zur Siegessäule, wo man sich gegen 14:30 einfindet. Um 15:30 beginnt dann dort die Kundgebung. Es werden dort nicht nur Hygiene-Regel-Gegner zu finden sein, sondern es sind alle Betroffenen aufgefordert dort zu erscheinen; So hat sich z.B. eine Initiative der Fernbusfahrer Namens “HonkForHope” angekündigt, die nicht nur aus dem gesamten Bundesgebiet Fahrgäste nach Berlin befördert, sondern die ebenso demonstrativ einen Buskonvoi mit mindestens 1200 Bussen bilden will. Eigentlich sollten sich dort ebenso alle Fußballfans einfinden, denn auch ihre Kultur ist in Gefahr.

Karla Kuhn / 29.07.2020

“AHA-Regeln: RKI verlangt Gehorsam”  Das FUNDSTÜCK,  HEUTE, von Felix Perrefort ist HERVORRAGEND. Herr Wieler soll sich um die Hühner kümmern und uns in Ruhe lassen. ES wird m.M.n. immer offensichtlicher, auf welchen Weg die “GOTTGLEICHE ” ihre “GIGANTISCHE Transformation” mit MACHT durchdrücken will ! Alleine schon, daß hinterfragen nicht gewünscht ist, sollte bei allen SELBER Denkenden die ALARMGLOCKEN läuten lassen. ICH höre auf die WIRKLICH hochkarätigen Experten !! Wieler und sein RKI kann mir gestohlen bleiben. Auch das Fundstück vom 28. Juli 2020 von Gunter Frank, “ZUR WIRKSAMKEIT der MASKEN” ist hoch interessant und kann vielleicht dem einen oder anderen “Maskenfetischisten” von seinem “Wahn” befreien.

Enrique Mechau / 29.07.2020

Die macht- und geldgeile Bagage, die bei uns und anderswo am Ruder ist will zurück zu stalinistischen Zeiten! Vorneweg unsere kadergeschulte Muddi die wahrscheinlich jeden Tag; wenn sie die Schlangen vor Geschäften Tränen der Rührung vergießt wenn die Erinnerung an ihre tolle Jugend in der DDR hochkommt; Marx und Lenin anbetet, dass die überbezahlten sogenannten Wissenschaftler weiter das Pandemiegespenst befeuern, damit sie endlich Ordnung wie früher einführen kann und jeder das Maul hält, sonst kommt die Stasi in Form von sogenannter Ordnungspolizei bewaffnet und mit schusssicherer Weste und einem Popel des Ordnungsamtes um zu sehen ob die “Alltagsmaske” auch gemäß den Vorschriften getragen wird. Bravo, die Demokratie hat in diesem Land verloren - und zwar für immer!

Ilona Grimm / 29.07.2020

Die „letzte Meldung“ passt prima. Haben Madame einen Schaden? Ich teile die Befürchtungen des Autors, dass die Ausnahmesituation plump-frech dazu benutzt wird, grüne Allmachtsphantasien zu verwirklichen. Ich kann mich noch an die Aufstände der Linken im Zusammenhang mit den sog. Notstandsgesetzen von 1968 erinnern. Heute sind es die Linken, die uns ohne Not Notstandsgesetze aufs Auge drücken, aber keiner wehrt sich. Alle ducken sich. Corona for ever…

Rainer Niersberger / 29.07.2020

Tatsaechlich geht es darum, durch Schikane zu konditioniren oder zu dressieren. Die unzähligen kleine und grossen Beispiele auch in Stuttgart und Ludwigsburg zeigen ein klares Ziel : Die Menschen sollen das Autofahren lassen, denn natuerlich gaebe es dieselben Probleme mit einem E-Auto. Den Gruenen sind nicht nur Reisen und Fleischessen ein Dorn im ideologischen Auge, sondern der Individualverkehr, kurz Alles, was ein Individuum so macht, wenn es denn darf. Merkel “arbeitet” nicht mit Verboten, bei denen selbst der Duemmste merkeln koennte, was läuft, sondern mit narrativ begruendete Massnahmen, Preisentwicklungen, Verknappungen etc, die auf das Gleiche hinauslaufen, die totale Erfassung und Erziehung zum linksgruen passenden Menschen. Bei längerer Gewoehnungsphase durch ein offensichtliches mediales Ueberbietungs - und Verlaengerungsszenario in Sachen Corona (entgegen jeder Faktenlage) geht man von einer Anpassung und abgeschlossener Konditionierung zur neuen Normalität aus. Das wird hierzulande auch funktionieren. Stichwort “Transformation” .

Norbert Meiß / 29.07.2020

Ich denke, Frau Habenschaden wird im Kopf einen Schaden haben (konnte ich mir nicht verkneifen).

Rudi Knoth / 29.07.2020

Gestern las ich als Überschrift in der Abendzeitung von München, daß eie Politikerin versprach, die Freischankflächen auf den Parkplätzen auch nach der Corona-Pandemie stehen zhu lassen. Damit gibt es dann für immer 800 Parkplätze weniger.

Ralf Kulbrock / 29.07.2020

Solange es irgendwie erschwinglich und noch erlaubt ist, werde ich viel Fleisch essen , Alkohol trinken, gelegentlich rauchen und meinen Hobby-SUV ( 15 L im Sadtverkehr) so oft wie möglich fahren. Every Day is a good Day to burn some Diesel. Und von diesen vielfliegenden, wasserpredigenden und weinsaufenden grünen Khmer lass ich mir doch nicht den Spass verderben. Ich begreife nur nicht, wer sowas immer wählt.

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