Wolfram Weimer / 26.06.2020 / 06:00 / Foto: Bundesregierung/Bergmann / 80 / Seite ausdrucken

Corona als Kanzlermacher

In der CDU knistert es. Die Kanzlerkandidatur-Frage legt sich wie eine Krimispannung über die Partei. Im Dreikampf und die Merkelnachfolge zwischen Markus Söder, Armin Laschet und Friedrich Merz gibt es Bewegung. Zu Jahresbeginn war Friedrich Merz gefühlter Favorit der Unions-Mehrheit. Im Frühjahr schien Laschet dann alle Trümpfe in der Hand zu haben. Nun im Sommer ist Söder der Kandidat der christdemokratischen Herzen.

Die Corona-Krise hat das Machtgefüge der Partei verschoben. Merz verschwand – da kein Regierungsmandat – von der medialen Bildfläche, Laschet vermasselte mit einer wankelmütigen Politik die große Chance zur Kanzler-Profilierung und Söder startete auf nationaler Bühne als kraftvolle Führungsfigur durch.

Der Fall Tönnies vertieft für Laschet nun das Problem, im Wettbewerb mit Söder der schlechtere Krisenmanager zu sein. In den jüngsten Umfragen stürzt er regelrecht ab, während über Söder die stabile Gunst der Massenakzeptanz zu liegen scheint. Selbst Friedrich Merz, der coronabedingt kaum noch eine Sendeminute Sichtbarkeit bekommt, liegt in aktuellen Befragungen vor Laschet. Und da nun das Thema Wirtschaftskrise zusehends die Agenda bestimmt, dürfte der Wirtschaftsversteher Merz seine Stimmungswerte gegenüber Laschet in der K-Frage eher noch verbessern. Wohingegen Laschets Strategie, sich als Lockerungsmeister der Republik in Szene und sich vom strengen Zuchtmeister Söder abzusetzen, riskant bleibt.

Doch Laschet dräut noch etwas anderes. Während im Frühjahr innerhalb der CDU der Eindruck entstand, der NRW-Ministerpräsident habe – um Friedrich Merz zu verhindern – die Rückendeckung von Angela Merkel, AKK, Markus Söder und Jens Spahn, so wirkt er inzwischen isoliert. Mit Merkel und Söder hat er sich in der Corona-Krise öffentlich zerstritten, AKK verweigert ihm politische Hilfe im Kampf um den Parteivorsitz und die Allianz mit Jens Spahn ist fühlbar mit einem Verfallsdatum versehen.

Am Ende braucht Laschet Söder

Die Unterstützung von Spahn für Laschet war im Februar der akuten CDU-Krise geschuldet. Ein Sonderparteitag stand an und Spahn stellte sich für diesen Moment an die Seite des damals populären Ministerpräsidenten. Nun aber ist die CDU-Krise vergessen, die Partei strotzt vor Akzeptanz, der Sonderparteitag ist abgesagt. Damit werden die Karten im Machtpoker der CDU neu gemischt. Ob der in der Coronakrise gewachsene Spahn den kriselnden Laschet nun auch in der neuen Lage bedingungslos unterstützt, ist inzwischen ungewiss. 

In der CDU-Bundestagsfraktion, in der Spahn einen guten Rückhalt geniesst, wird für den Herbst „eine neue Schlachtordnung“ erwartet. Die Kontakte ins Söder-Lager sind sowohl bei Spahn als auch bei Merz gut, wohingegen Laschet mit jeder neuen Runde der öffentlich zur Schau gestellten Rivalität mit dem Bayern seine eigenen Chancen auf die Kanzlerkandidatur minimiert. Denn am Ende braucht Laschet Söder unbedingt, um Kanzlerkandidat der gesamten Union zu werden. Umgekehrt gilt das nicht.

Jens Spahn wird damit zu einer Schlüsselfigur im Machtpoker der Union. Er meidet inzwischen öffentliche Auftritte mit Laschet, ist seit einiger Zeit auffallend leise und setzt sich – obwohl die Coronakrise das nahelegen würde – nicht in Szene, meidet eher die Scheinwerfer und sondiert lieber im Hintergrund die neue Lage. Sollte Laschet zum Beispiel die Tönnies-Krise weiter entgleiten, müsste Spahn schon in seiner Rolle als Bundesgesundheitsminister auf Abstand gehen. 

Das Schicksal einer Kanzlerkandidatur könnte sich damit ausgerechnet in einem still gelegten Gütersloher Schlachthof entscheiden. Während Laschet beschwichtigend behauptet, das Infektionsgeschehen sei klar bei der Firma Tönnies lokalisierbar und es gebe keinen “signifikanten Übersprung” in die Bevölkerung hinein, warnt der Bundesgesundheitsminister: “Jetzt gilt es, jeden regionalen Ausbruch umgehend einzudämmen.“ Die Warnung zielt auf Laschet. 

 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf The European

Foto: Bundesregierung/Bergmann

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T. Weidner / 26.06.2020

Tönnies-“Affaire”: Wurden WIRKLICH SARS-CoV-2 Infektionen gemessen??? Gerade DAS ist doch der springende Punkt. Im Vogelsberg-Kreis gab es die letzte Zeit in Summe 14 (vierzehn) Testungen auf - ja auf was? Auf irgend einen Coronavirus? Sie fielen jedenfalls ALLE positiv aus (durchgeführt von KV-Labor in Rheinland-Pfalz). NUR: Bei einer Zweittestung in einem anderen Labor, ein Labor eines Krankenhauses, das lokal einen sehr guten Ruf genießt (also auch einen sehr guten Ruf zu verlieren hat) lag bei keinem der vorher positiv auf Corona Getesteten eine SARS-CoV-2-Infektion vor. Bei allen 14 vorher Getesteten war also das erste Testergebnis falsch-positiv. Das ist eine Fehlerquote von 100%. Daran kann ein Wissenschaftler nicht vorbei gehen ! ______ Nicht, dass ich SARS-CoV-2 verharmlosen möchte - aber schon allein bei den Testungen bzw. Testmethoden scheint etwas gewaltig falsch zu laufen !

Harald Hotz / 26.06.2020

Ich weiß garnicht, ob der Job noch so begehrt ist. Gesucht wird ja ein Insolvenzverwalter: politischer Gestaltungsspielraum = Null. Ich denke mal, weder Merz noch Spahn haben wirklich darauf Lust, für Söder gibt´s auf der Welt eh keinen schöneren Posten als bayerischer Ministerpräsident, und falls auch andere Bundesländer dem Berliner Abgeordnetenhaus in den Sozialismus nachfolgen, wobei sie sich diesen von den 3 oder 4 Geberländern bezahlen lassen wollen, ist er mit der Vorbereitung einer Sezession auch völlig ausgelastet. Also muß es wohl oder übel Laschet machen, und als Ordenstäger “Wider den tierischen Ernst” ist er auch bestens qualifiziert. Oder Mutti macht´s nochmal, es werden sich genug Leute finden, die sie bitten werden. Schließlich hat sie uns doch mit überweltlicher Übersicht und Ruhe besonnen und klug durch die Krise (in den Abgrund) geführt. Sie ist schon eine Clevere: normal macht sie einfach garnichts, auch wenn das Kleinkind schon für alle sichtbar seit Tagen immer wieder auf dem Rand des Brunnens herumkrabbelt. Und wenn´s dann endlich hineingefallen ist, dann kommt ihre große Stunde, die Stunde der Retterin, dann überschlagen sich die Ereignisse, ein Feuerwerk von Schlagzeilen, ein Trommelfeuer der Gesinnungspresse, dann wird gerettet koste es was es wolle. Wahrscheinlich hat noch nie ein Politiker von Inkompetenz im Vorfeld und strategischer Untätigkeit so profitiert wie sie.

Alexander Schilling / 26.06.2020

Von Belang ist nicht, wer es wird, sondern, wem dereinst die Folgen vor die Füße fallen werden.

Ilona Grimm / 26.06.2020

@Dov Nesher: Ich empfehle (nicht nur Ihnen) die Rede von Christian Kreiß (in auf knapp 13 Minuten gekürzter Fassung) auf Youtube, gehalten am 22.06.2020 in Ulm. Dank dieser Rede habe ich zum ersten Mal wirklich verstanden, wer alles von der Corona-„Krise“ profitiert und mit aller Kraft daran arbeitet, die Ängstlichen unter uns dauerhaft unter Dampf zu halten. Es dient alles einem ganz großen Ziel: der Vergrößerung der Vermögen und Machtsphäre der Handvoll ULTRAREICHER dieser Welt in unvorstellbarem Ausmaß. Es ist alles so bestechend einleuchtend, wenn es einem ein kluger Mensch mit großem Wissen und Erfahrungsschatz mit einfachen Worten erklärt…

Klaus Klinner / 26.06.2020

Wieso werde ich das Gefühl nicht los, dass alle Aktivitäten auf eine endlose Fortsetzung der Groko unter Merkel hinauslaufen? Und dafür muss zum Glück noch nicht einmal, wie in Russland, das Grundgesetz geändert werden.

Lucius De Geer / 26.06.2020

Die ewige Kanzlerin spielt wie immer über Bande, lässt vermeintliche Hoffnungsträger reihenweise versagen (man denke nur an Annegret K.K.) damit am Ende sonnenklar ist, dass nur sie der Größe der Probleme (die selbst geschaffen hat) gewachsen ist. Sie wird erst dementieren, sich aber dann von den Medien wieder auf den Thron heben lassen. Erste Hymnen wurden ja bereits auf sie gesungen (in der seit Schirrmacher links unterwanderten FAZ)...

Stephan Bender / 26.06.2020

All Chancellors are berufsunfähig. - Please send your application documents (with a sufficiently stamped envelope) to the chancellor’s office, Want- Fire-Street 1 in Berlin. If you are lucky, you will win a business trip to the Maldives to measure the sea level.

Berta Zimmermann / 26.06.2020

Frau Sabine Schönfelder : ins Schwarze getroffen. Hr. Söder ist genauso rücksichtslos und machtbesessen wie Fr. Merkel. Der abgebildete Dino wäre auch nicht schlimmer als Kanzler.

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