Donald Trump ist der Lieblingsbösewicht deutscher Titelbildgestalter – und klassisches Anschauungsmaterial für die Verfassung des Medien- und Politpersonals in diesem Lande.
Es ist passiert! Der feurige Meteor rast auf die Welt zu und wird uns alle vernichten. Nicht einmal die heilige Kamala konnte uns noch retten. Jetzt werden die Eltern ihre Kinder wieder bang umarmen und sich um deren Zukunft sorgen. Das Verhängnis ist da.
Insbesondere in Deutschland. Dass der Teufel in Menschengestalt die Wahl zum Präsidenten der USA überraschend deutlich gewonnen hat, löst offenbar bei der Mehrheit der Deutschen Schweißausbrüche aus: An die 70 Prozent der befragten Deutschen hatten ihre Hoffnungen auf Kamala Harris gesetzt. Womöglich nicht, weil sie sich von ihrem Programm überzeugen ließen, darüber äußerte sie sich ja vorsichtshalber nicht. Die Harris-Hysterie speist sich aus der Abneigung gegen Donald Trump. Und die haben die deutschen Medien ihren Konsumenten seit Jahr und Tag eingebläut.
Allein 28-mal war Trump Titelfigur beim Spiegel: Einmal als glühender, auf die Erde zurasender Meteor, Unterzeile: Das Ende der Welt. Dann als jemand, der der Freiheitsstatue den Kopf abgeschlagen hat, den blutigen, den er triumphierend hochhält. Als brüllender Godzilla, als Feuerteufel, als Gefahr für die Welt („5 Minuten vor Trump“), als alles verschlingender Tsunami, als Feind Europas, als Hausbesetzer im Oval Office, als Mitglied des Ku-Klux-Klan.
2017 setzte der „Stern“ Trump aufs Titelbild, gehüllt in die amerikanische Flagge, wie er den Arm zum Hitlergruß in den Himmel reckt. Unterzeile: „Sein Kampf – Neonazis, Ku-Klux-Klan, Rassismus: Wie Donald Trump den Hass in Amerika schürt.“
Und die protzige Weihnachtsdekoration!
Und dann die Frisur! Und die seltsame Gesichtsfarbe! Und die protzige Weihnachtsdekoration! In Deutschland schien es eine verbreitete Sehnsucht zu geben nach dem eleganten Barack Obama, jemand, der nicht so ein Trumpel ist und lieber still im Hinterzimmer die Strippen zieht, als draußen herumzupoltern.
Die bekanntlich stets besonders zurückhaltend-moderate Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat die deutsche Abneigung noch kurz vor der Wahl so zusammengefasst: „Also ich würde erst mal sagen, dass Trump nicht alle Tassen im Schrank hat. Und wenn Sie seine Auftritte sehen, die ja im Grunde genommen, wenn es nicht so dramatisch wäre und so ernst wäre, zum Teil Slapstickcharakter haben, garniert mit ordinären Plattitüden, mit Gewaltfantasien. Das ist schon gespenstisch.“
Auch die FAZ weiß genau, wen die Amerikaner da gewählt haben: einen „rüden, selbstsüchtigen und verurteilten Chaos-Politiker“.
Höchst wahrscheinlich, dass Donald Trump sich die deutschen Invektiven merken wird, dieses anhaltende Trommelfeuer gegen ihn. Er ist empfindlich. Kurz vor der Wahl hat er daran erinnert, dass er während seiner ersten Präsidentschaft in Deutschland eine Art Unperson war. „Mich haben sie nicht geliebt, und ich habe dort Wurzeln“, sagte er mit Verweis auf seine deutschen Vorfahren aus Kallstadt in Rheinland-Pfalz.
Nun wird man gespannt zusehen dürfen, wie sie zurückrudern, die kurzsichtigen Bewohner der deutschen politmedialen Blase. Offenbar haben sich die meisten auf das Unerwartete, das Unaussprechliche nicht vorbereitet. Jetzt Donald Trump mit Heiligenschein aufs Titelbild setzen? Oder als tapferen Ritter, der den Drachen getötet hat? Das wird ihnen niemand abnehmen.
Die Träger der Ampelregierung, sofern es sie demnächst noch gibt, werden Geschmeidigkeit beweisen müssen, aber darin sind ja die meisten geübt. Immer schön geschmeidig sein. Doch Trump wird sie spüren lassen, dass sie sich an Bidens Hand zum Anhängsel der USA haben machen lassen. Jetzt müssen sie alleine gehen lernen. Mal schauen, wie sie sich winden. Trump wird maliziös dabei zusehen.
Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Ihr aktueller Roman heißt „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“.