Cora Stephan / 25.11.2021 / 07:33 / Foto: bundesregierung.de / 49 / Seite ausdrucken

Die Stimme der Provinz: Wer hat das bessere Immunsystem?

Die WELT attestiert Dörflern clan-ähnliche Strukturen, wodurch sie sich nur durch eine Impfpflicht aus dem Diktat der Dorfältesten befreien könnten. Vielleicht sind wir Landbewohner einfach nur gegen Besserwisserei immun.

Wo gibt es mehr Rindviecher, in den Städten oder auf dem Land? Die Frage muss hier unbeantwortet bleiben, obwohl das Aufkommen von Rindern in der Provinz seit Jahren zurückgeht. Insbesondere Milchvieh gibt es hier in meiner Gegend nur noch selten, dafür darf man sich an Kuh mit Kalb auf den Weiden erfreuen. Die Kälber dürfen oft monatelang bei Amme oder Mutterkuh bleiben, denen die Milch nicht mehr abgezapft wird. Die Beziehung zwischen Kalb und Kuh ist eng, heißt es – und das macht aus der einst willigen Milchkuh schon mal eine wildgewordene Furie, ganz wie bei den Menschen auch: Wer, auch noch mit Hund, dem Kalb zu nahe tritt, den trifft der Huf. Gut, dass sich in städtischen Parks nur Kaninchen und Eichhörnchen tummeln – und ab und an ein hübscher Fuchs vorbeischnürt.

Das alles beantwortet natürlich die Eingangsfrage nicht.

Auch wissen wir nicht, wie es um das Rindviehaufkommen in Zeitungsredaktionen bestellt ist. Dort berichtet man offenbar gern über all die Impfunwilligen, die AfD wählen – und/oder auf dem Land hausen. In Sachsen etwa, wo häufig die AfD gewählt wird, sei auch das Virus besonders stark verbreitet. Für Bayern allerdings gilt das nicht – der bayerische Ministerpräsident vermutet dort eher Querdenker, Reichsbürger und Esoteriker, die sich feige dem Impfangebot entziehen.

Zwang also wahrt das Gesicht

Dem widerspricht nun ein kundiger Journalist aus der Hauptstadt: In den Dörfern und kleinen Städten, schreibt er, seien es die „Peer Groups“, die alteingesessenen Familien, die sich ungern etwas vorschreiben lassen, also auch das Impfen nicht, und die damit andere beeinflussen.

Zitieren wir doch der Einfachkeit halber mal in Gänze:

„Die Dörfer kämpfen gerade um ihr Überleben als Gemeinschaften, anders kann man das nicht sagen. Hier würde eine Impfpflicht nur kurzfristig einen weiteren Keil hineintreiben. Schon mittelfristig wäre gerade für die impfunwilligen Peer Groups eine solche Pflicht aber eine Erleichterung. Denn nur die Pflicht würde sie von der Verantwortung entheben, sich selbst für die Impfung entscheiden zu müssen. Das wäre für sie gesichtswahrend. Und für alle eine Erlösung.“

Zwang also wahrt das Gesicht und führt zu Erlösung – welch schöne Geschichte!

So habe ich das noch nicht gesehen: Wir hier auf dem Land leben also in einer Clangesellschaft, in der uns „tonangebende“ Alteingesessene vorschreiben, was wir zu tun oder zu lassen haben? Ganz so wie in den 50er Jahren der Pfarrer auf der Kanzel seine Wahlempfehlung aussprach, an die sich alle Gläubigen selbstverständlich hielten? Klar: Auf dem Land vergeht die Zeit ja weit langsamer als in den weltoffenen Städten. Deshalb gehen wir auch nicht zum Arzt, sondern zum Medizinmann und führen in „Klimasommern“ Regentänze auf.

Keine Dorfältesten, sondern gebildete Städter

Es kann aber auch sein, dass wir hier außerhalb der Weiden weniger Rindviecher haben, sondern stattdessen Menschen mit einem gut entwickelten Immunsystem, an dem manch ein Virus abprallt, auch das Virus zwanghafter Besserwisserei.

Doch vielleicht ist alles noch wieder anders. Eine von der Heinrich-Böll-Stiftung beauftragte Studie über „Querdenker“ in Baden-Württemberg wartet mit der Erkenntnis von „Feldexpert:innen“ auf, dass die Querdenker nicht nur antroposophisch oder christlich-evangelikal orientiert seien, sondern – Obacht! – dem Alternativmilieu und dem bürgerlichen Protestmilieu entstammten, gar Grüne und Linke gewählt hätten.

Keine Dorfältesten also, sondern gebildete Städter, oft Akademiker, gar Alt-68er, die vom Weg der Tugend abgefallen sind?

Das wäre ja geradezu ein Hoffnungsschimmer: Dann wären doch nicht alle, die einst gegen Stuttgart 21 protestierten, zu staatstreuen Anhängern von Impf- und anderen Zwängen geworden – zwecks Erlösung. Gibt es also noch Verstand im Land?

Hoffen wir es. Ich begegne Rindviechern lieber auf der Weide.

 

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Foto: bundesregierung.de

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Leserpost

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H. Krautner / 25.11.2021

„Die WELT attestiert Dörflern clan-ähnliche Strukturen, wodurch sie sich nur durch eine Impfpflicht aus dem Diktat der Dorfältesten befreien könnten.“        -        Für jemand der solchen Unsinn schreibt kommt folgendes in Frage: Er/sie hat keine Ahnung vom Dorfleben, er ist ein großer Fan von Relotius, er/sie schreibt bewusst falsche Sachen, oder er/sie ist einfach nur dumm.

Michael Hofmann / 25.11.2021

Liebe Frau Stephan. Es ist zu verzweifeln, 16 Jahre unter der Abrissbirne aus der Uckermark. Der angerichtete Schaden wird wahrscheinlich die Weltkriegskosten um ein mehrfaches übersteigen. Eine abschließende Bilanz würde es zeigen. Aber bei der Bilanzierung bitte keine gekauften Fachleute beauftragen. Gestern Abend verkündet man stolz, die Ampel steht, Diese Ampelmännchen spotten jeder Beschreibung .Ich wollte mir eine Auflistung ersparen, kann aber nicht. Ein Kanzler, der anscheinend korrupt ist, mit Warburg und Vetternpolitik in Hamburg. Von Wirecard und seinem verlorenen Gedächtnis sprechen wir erst mal gar nicht. Einem Finanzminister, der nie was gearbeitet hat. Einem Hofreiter der laut sein Unverständnis im Bundestag beinahe täglich kundtut .Eine Esken, Gott oder wer auch immer hat ihr auch einen Ministerposten verschafft .Als Vorsitzende des Landeselternbeirates kann es nur Gott gewesen sein. Und zur Krönung Annalena- Wirklich von NIX eine Ahnung, da wars wohl eher Schwab wie Gott, der sie zum Außenminister berufen hat. Putin, Lukaschenko und Xi Jinping werden es zu schätzen wissen. Glauben Sie mir, ich habe jeden Glauben und die Zukunft Deutschlands und Europa verloren.

Lutz Herrmann / 25.11.2021

Eigene Erfahrung: bekennende miRNA-Impfverweigerer werden auf dem Dorf i.d.R. nicht mehr gegrüßt. Soviel zum Diktat der Dorfältesten, die ihre Meinung nicht selbst erworben haben sondern aus der lieben Glotze beziehen. Diese drogenabhängigen, gottlosen und kinderlosen Stadtbewohner haben ein komisches Bild von uns.

Christian Feider / 25.11.2021

Herrlich pointiert auf den Punkt :) Danke für den Lacher am Morgen. Jetzt aber zurück zum Ernst des Artikels :) Es ist mir schon seit den 80ern bekannt,das gerade Westberlin schon damals ein Sammelbecken all jener wr,die es entweder auf dem Dorf nicht schafften oder es dort nicht aushielten aufgrund jedweder individueller “Besonderheiten”. Insofern ist es nicht weiter verwunderlich,das sich auch im “Springer-U-Boot” “die Welt”,die angeblich eine konservative Zeitung sein soll,defakto aber laengst durch TAZ Redakteure gekapert wurde, solche zwielichtigen Gestalten tummeln. “Peer-Groups”,wie süß...hier gibts 4 grosse “Clans”,die haben zwar auf Landkauf und Vereinsvorsitz den Daumen,aber sind politisch so “divers”,da könnte das grüne Kollektiv noch eine Scheibe von gebrauchen… Diese “Clans” sind viel zu sehr damit beschaeftigt,ihre Mitglieder zu verbandeln und in Positionen zu schieben,die haben gar nicht die Idee, gegen die Interessen des Staates zu agieren…so ein Nonsense Was mit den “süssen Kälbchen” nach dem Sommer auf der Weide mit Mutti passiert,verrät der Öko-Bauer aber lieber nicht,oder? dann hört man die Muttertiere naemlich wochenlang blöken,waehrend das organisch wertvoll gezogene Fleisch aus der Region schon längst auf dem Hofladen verhökert wird :)

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